Martina Binnig, Gastautorin / 01.12.2022 / 06:00 / 138 / Seite ausdrucken

Reguliertes Frieren mit der EU

Mit dem „REPowerEU-Plan“ wird die EU der „erste klimaneutrale Kontinent der Welt“. Kleiner haben sie es nicht. Und das nicht mit Kernkraft, sondern mit den sogenannten „​​​​​​​Erneuerbaren“. Und durch Senkung der Heiztemperaturen, sprich frieren. 

Am 19. Oktober dieses Jahres setzte die EU-Kommission eine „Beratungsgruppe Industrie“ („Industry Advisory Group“, kurz: IAG) ein, die die „EU-Energieplattform“ („EU Energy Platform“) unterstützen soll und die sich am 26. Oktober zum ersten und am 18. November zum zweiten Mal traf. Diese Expertengruppe ist eine von insgesamt 668 Expertengruppen, die sich die EU-Kommission leistet. Ihre Aufgabe besteht unter anderem darin, zu Möglichkeiten der Nachfragebündelung und des gemeinschaftlichen Einkaufs von Erdgas zu beraten sowie Erkenntnisse darüber zu liefern, wie sichergestellt werden kann, dass die Ziele der EU zur Verringerung ihrer Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen im Einklang mit dem „REPowerEU-Plan“ erreicht werden können. 

Als Mitglieder werden 38 Organisationen aufgeführt, die hier einsehbar sind. Aus Deutschland wirken mit: E.ON SEEuropean Energy Exchange AG (EEX)RWE AG (RWE AG)Uniper sowie VNG AG. Außerdem sind auf europäischer Ebene dabei: European Network of Transmission System Operators for Gas (ENTSOG)Gas Infrastructure Europe (GIE)BP p.l.c. (bp)Hydrogen Europe (HE)Energy Community Secretariat und die European Bank for Reconstruction and Development (EBRD)

Für letztere wird als Repräsentant der Brite Harry Boyd-Carpenter angegeben. Laut Webseite der EBRD ist Boyd-Carpenter seit April dieses Jahres deren geschäftsführender Direktor für Klimastrategie und Umsetzung („Managing Director, Climate Strategy and Delivery“) und verantwortlich für die Bereiche grüne Wirtschaft und Klima, mit dem übergeordneten Ziel, die Verpflichtung der Bank zu erfüllen, bis 2025 eine grüne Finanzierungsquote von über 50 Prozent der jährlichen Investitionen zu erreichen.

Die EBRD wurde 1991 gegründet, um eine neue Ära in Mittel- und Osteuropa nach dem Kalten Krieg einzuleiten, hat sich mittlerweile jedoch auf „umweltverträgliche und nachhaltige Entwicklung“ verlegt, indem sie etwa Kunden dabei unterstützt, die „Auswirkungen des Klimawandels zu erkennen, die sich wahrscheinlich auf ihre Geschäfte auswirken werden“.

„Der erste klimaneutrale Kontinent der Welt“

Mit anderen Worten: Der „Green Deal“ der EU lässt grüßen. Auf der offiziellen Webseite zum europäischen Green Deal heißt es nämlich wörtlich:

„Klimawandel und Umweltzerstörung sind existenzielle Bedrohungen für Europa und die Welt. Mit dem europäischen Grünen Deal wollen wir daher den Übergang zu einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft schaffen, die

  • bis 2050 keine Netto-Treibhausgase mehr ausstößt,
  • ihr Wachstum von der Ressourcennutzung abkoppelt,
  • niemanden, weder Mensch noch Region, im Stich lässt.

Der europäische Grüne Deal führt uns auch aus der Corona-Krise: Ein Drittel der Investitionen aus dem Aufbaupaket NextGenerationEU und dem Siebenjahreshaushalt der EU mit einem Umfang von insgesamt 1,8 Billionen EUR fließt in den Grünen Deal.“

Und der Imagefilm auf der Webseite beginnt mit Ursula von der Leyen, die zu optimistischer Hintergrundmusik fordert: „Ich möchte, dass Europa bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent der Welt wird.“ Ob die Grundannahme, auf der der Green Deal beruht, zutrifft ‒ nämlich dass der menschengemachte Klimawandel das derzeit größte Problem überhaupt darstelle und deswegen eine weitgehende Dekarbonisierung in möglichst kurzer Zeit realisiert werden müsse ‒, wird nicht mehr hinterfragt. Dies ist jedoch angesichts der zu erwartenden Folgen des Green Deals für die EU-Bürger in höchstem Maße unverantwortlich.

„EU-Mitgliedstaaten eine verbindliche Senkung des Gasverbrauchs auferlegen“

Unter der Überschrift „Im Blickpunkt“ geht es weiter: „Dadurch, dass Russland mutwillig die Ukraine angegriffen hat und die Lieferung von Gas als Druckmittel einsetzt, ist die EU in eine beispiellose Energiekrise geraten. Es kam zu einem drastischen Anstieg der Energiepreise, was den Menschen in Europa schwer zu schaffen macht. Die EU steuert allerdings vehement gegen.“

Dies tut sie beispielsweise mit dem „europäischen Plan zur Verringerung der Gasnachfrage vom 20. Juli dieses Jahres oder auch mit dem Vorschlag eines „Marktkorrekturmechanismus“ vom 22. November. Ziel sei es, den Gasverbrauch in Europa bis zum 31. März 2023 um 15 Prozent zu verringern, was durch eine Umstellung von Gas auf alternative Kraftstoffe, durch Anreize für einen geringeren Verbrauch sowie durch Senkung des Heiz- und Klimatisierungsbedarfs erreicht werden soll. Außerdem heißt es hier wörtlich:

„Darüber hinaus sieht der Plan die Möglichkeit vor, einen EU-Alarm auszulösen, der allen Mitgliedstaaten eine verbindliche Senkung des Gasverbrauchs auferlegt. Das zeigt, dass die EU alles in ihrer Macht Stehende tun wird, um ihre Versorgungssicherheit zu gewährleisten und die Verbraucher zu schützen.“ Bedeutet im Klartext: Im schlimmsten Fall sorgt die paternalistische EU einfach dafür, dass „allen Mitgliedstaaten eine verbindliche Senkung des Gasverbrauchs auferlegt“ wird.

„Marktkorrekturmechanismus“ als „Gaspreisbremse“

Im „europäischen Plan zur Verringerung der Gasnachfrage“ vom 20. Juli wird tatsächlich auch direkt auf den Green Deal hingewiesen:

„Der europäische Grüne Deal und das Paket 'Fit für 55' stärken die Versorgungssicherheit der EU, indem sie unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen schrittweise beenden und den EU-Energieverbrauch insgesamt durch eine erhöhte Energieeffizienz verringern. Aufbauend auf diesen beiden Vorschlägen zielt der REPowerEU-Plan darauf ab, EU-weit die Einführung der erneuerbaren Energien und die Investitionen in die Energieeffizienz zu beschleunigen. Mehr als 20 % der Energie in der EU stammen derzeit aus erneuerbaren Quellen, und die Kommission hat vorgeschlagen, diesen Anteil bis 2030 auf mindestens 45 % anzuheben und damit mehr als zu verdoppeln. Seit Beginn des Jahres ist Schätzungen zufolge eine zusätzliche Kapazität an erneuerbaren Energien in Höhe von 20 GW hinzugekommen. Dies entspricht mehr als 4 Mrd. m³ Erdgas.“

Mit „Fit für 55“ wird das europäische Klimagesetz bezeichnet, das die Verwirklichung des Klimaziels der EU, die Emissionen in der EU bis 2030 um mindestens 55 Prozent zu senken, zu einer rechtlichen Verpflichtung macht. Dagegen soll der am 22. November vorgeschlagene „Marktkorrekturmechanismus als „Gaspreisbremse“ wirken. 

Allerdings ist schon in einer Veröffentlichung vom 13. Oktober des Vorjahres in Bezug auf die Energiepreise von einer „Ausnahmesituation“ die Rede. Als Sofortmaßnahmen zum Schutz der Verbraucher und der Unternehmen werden darin unter anderem genannt:

Einkommensunterstützung im Notfall für von Energiearmut betroffene Verbraucher, zum Beispiel durch Gutscheine; Genehmigung von Zahlungsaufschüben für Energierechnungen; Vorkehrungen zum Schutz vor Stromabschaltungen und anderen Netztrennungen; Einführung vorübergehender, gezielter Senkungen der Steuersätze für schutzbedürftige Haushalte; Untersuchung möglicher wettbewerbswidriger Verhaltensweisen auf dem Energiemarkt und Ersuchen der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) um eine weitere Verstärkung der Überwachung der Entwicklungen auf dem CO2-Markt sowie Förderung der Erweiterung des Marktes für Verträge über den Bezug von erneuerbarem Strom und Unterstützung dieser Verträge durch flankierende Maßnahmen.

Und es wird bekräftigt: „Der Übergang zu sauberer Energie ist die beste Absicherung gegen künftige Preisschocks und muss beschleunigt werden.“ Wohlgemerkt: Das war im Oktober 2021. Krisen wie Corona oder der Ukraine-Krieg werden von der EU offensichtlich gerne dafür genutzt, um ihren Green Deal zu beschleunigen.

„Den Übergang zu sauberer Energie drastisch beschleunigen“

Auf der aktuellen EU-Webseite zum Green Deal steht nun unter dem Menüpunkt „Maßnahmen“ an erster Stelle der „REPowerEU-Plan“:

„Als Reaktion auf die Belastungen und Störungen des globalen Energiemarkts, die durch Russlands Invasion der Ukraine verursacht wurden, hat die Europäische Kommission den Plan REPowerEU vorgelegt. REPowerEU dient folgenden Zielen:

  • Senkung des Energieverbrauchs
  • Erzeugung sauberer Energie
  • Diversifizierung der europäischen Energieversorgung

Der Plan wird flankiert von finanziellen und legislativen Maßnahmen zum Aufbau der dafür benötigten neuen Energieinfrastrukturen und -systeme.“

Kein Hinweis mehr darauf, dass die EU-Kommission schon im Oktober 2021 den Anstieg der Energiepreise als besonders dringliches Thema formuliert hatte. Jetzt ist daran nur noch Russland schuld.

Was genau steht nun also im „REPowerEU-Plan“, der am 18. Mai dieses Jahres von der EU-Kommission präsentiert wurde? In etwas abgewandelter Form im Vergleich zu den Formulierungen auf der Green Deal-Webseite ist hier zu lesen: 

„Die neuen geopolitischen Gegebenheiten und die Lage auf dem Energiemarkt zwingen uns, den Übergang zu sauberer Energie drastisch zu beschleunigen und Europa unabhängiger von unzuverlässigen Energielieferanten und schwankungsanfälligen fossilen Brennstoffen zu machen. REPowerEU ist die Strategie, mit der die Europäische Kommission – vor dem Hintergrund der russischen Invasion der Ukraine – Europa schon weit vor 2030 von fossilen Brennstoffen aus Russland unabhängig machen will. 85% der Europäerinnen und Europäer sind der Ansicht, dass die EU ihre Abhängigkeit von russischem Gas und Erdöl so bald wie möglich verringern sollte, um die Ukraine zu unterstützen. Durch geeintes Handeln als Union kann Europa dies schneller erreichen. Der REPowerEU-Plan sieht eine Reihe von Maßnahmen vor, um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland rasch zu verringern, den ökologischen Wandel zu beschleunigen und gleichzeitig die Widerstandsfähigkeit des EU-weiten Energiesystems zu steigern. Der Plan stützt sich auf folgende Komponenten:

  • Diversifizierung der Energieversorgung

Die EU arbeitet mit internationalen Partnern zusammen, um alternative Energiebezugsmöglichkeiten zu erschließen. Kurzfristig brauchen wir so schnell wie möglich alternative Bezugsquellen für Gas, Öl und Kohle, und künftig werden wir auch erneuerbaren Wasserstoff benötigen.

  • Energieeinsparungen

Alle Bürger/innen, Unternehmen und Organisationen können Energie sparen. Kleine Verhaltensänderungen können eine große Wirkung haben, wenn alle mitmachen. Außerdem werden wir Notfallmaßnahmen für den Fall von Versorgungsunterbrechungen vorsehen müssen.

  • Beschleunigung der Energiewende

Energie aus erneuerbaren Quellen ist die billigste und sauberste verfügbare Energie, und sie kann in der EU erzeugt werden, sodass weniger Einfuhren benötigt werden. REPowerEU wird den ökologischen Wandel beschleunigen und massive Investitionen in erneuerbare Energien anstoßen. Außerdem müssen wir dafür sorgen, dass fossile Brennstoffe in Industrie und Verkehr schneller ersetzt werden können, damit wir die Emissionen und Abhängigkeiten verringern können.“

Reformen im Umfang von 300 Milliarden Euro

Als kurzfristige Maßnahmen werden genannt: gemeinsame Beschaffung von Gas, Flüssigerdgas und Wasserstoff über die EU-Energieplattform für alle teilnehmenden Mitgliedstaaten sowie die Ukraine, Moldau, Georgien und die Länder des westlichen Balkans; neue Energiepartnerschaften mit zuverlässigen Lieferanten, einschließlich einer künftigen Zusammenarbeit im Bereich erneuerbare Energien und CO2-arme Gase; rasche Verwirklichung von Solar- und Windenergievorhaben sowie Einsatz von erneuerbarem Wasserstoff zur Verringerung der Gaseinfuhren um ca. 50 Mrd. m³.

Ausbau der Biomethanerzeugung zur Verringerung der Gaseinfuhren um weitere 17 Mrd. m³; Genehmigung der ersten EU-weiten Wasserstoffvorhaben bis zum Sommer; EU-Empfehlungen zu Energieeinsparungen für Haushalte und Unternehmen, um Gaseinfuhren im Umfang von rund 13 Mrd. m³ zu vermeiden; Auffüllen der Gasspeicher auf 80 Prozent ihrer Kapazität bis zum 1. November 2022 sowie ein koordinierter EU-Plan zur Nachfrageverringerung für den Fall einer Unterbrechung der Gasversorgung.

Vor allem die beiden letztgenannten Punkte sind interessant: Wenn im ZDF schon Ende August dieses Jahres verkündet wird, dass Wirtschaftsminister Robert Habeck davon ausgehe, dass die von ihm vorgegebenen Zielmarken deutlich früher ‒ nämlich das Oktober-Speicherziel von 85 Prozent schon Anfang September ‒ erreicht werde, handelt es sich eben gerade nicht um eine Zielvorgabe Habecks, sondern lediglich um die über-gewissenhafte Erfüllung einer EU-Vorgabe. Und was unter einem „koordinierten EU-Plan zur Nachfrageverringerung für den Fall einer Unterbrechung der Gasversorgung“ konkret zu verstehen ist, mag man sich lieber nicht so recht ausmalen.

Als mittelfristige Ziele bis 2027 sieht der „REPowerEU-Plan“ vor: neue nationale REPowerEU-Pläne im Rahmen des geänderten Aufbau- und Resilienzfonds – zur Unterstützung von Investitionen und Reformen im Umfang von 300 Milliarden EUR; Förderung der Dekarbonisierung der Industrie durch vorgezogene Projekte im Rahmen des Innovationsfonds im Umfang von 3 Millliarden Euro; neue Rechtsvorschriften und Empfehlungen zur rascheren Projektgenehmigung bei regenerativen Energien namentlich in ökologisch risikoarmen und daher besonders geeigneten Gebieten; Investitionen in ein integriertes und bedarfsgerechtes Gas- und Strominfrastrukturnetz.

Ehrgeizigere Energieeinsparungen durch Anhebung des EU-Energieeffizienzziels für 2030 von 9 Prozent auf 13 Prozent; Anhebung des europäischen Ziels für erneuerbare Energien bis 2030 von 40 Prozent auf 45 Prozent; neue EU Vorschläge zur Gewährleistung des Zugangs der Industrie zu kritischen Rohstoffen; Regulierungsmaßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz im Verkehrssektor; Wasserstoff-Accelerator zum Bau von Elektrolyseuren mit einer Gesamtleistung von 17,5 GW bis 2025, um die Industrie der EU mit 10 Millionen Tonnen in der EU erzeugtem erneuerbaren Wasserstoff zu versorgen, sowie ein moderner Rechtsrahmen für Wasserstoff.

Gravierende Gaseinsparungen in der Industrie

Nun spricht generell nichts gegen die Förderung zukunftsweisender Technologien, doch was ist, wenn die ehrgeizigen Top-down-Pläne der zentralistischen EU an einer nicht ganz zu den Zielen passenden Realität scheitern sollten? Der real existierende Sozialismus wich nämlich erfahrungsgemäß auch von einer noch so idealen Planwirtschaft ab. Es klingt ja schön, wenn mit konkreten Zahlen geträumt wird:

„Die EU-Strategie für Solarenergie wird die verstärkte Nutzung von Energie aus Photovoltaik-Anlagen fördern. Im Rahmen des REPowerEU-Plans zielt diese Strategie darauf ab, bis 2025 mehr als 320 GW aus neu installierten Photovoltaikanlage ins Netz einzuspeisen, bis 2030 soll die aus Photovoltaikanlagen gewonnene Leistung fast 600 GW betragen. Diese vorgezogenen zusätzlichen Kapazitäten werden bis 2027 den jährlichen Verbrauch von 9 Mrd. m³ Erdgas ersetzen.“

Doch wo sollen diese ganzen Anlagen installiert werden? Was ist, wenn die Sonne nicht so scheint, wie sie es optimalerweise sollte? Wie wird mit den unvermeidbaren Schwankungen bei der Einspeisung ins Netz umgegangen? Wie umweltschädlich sind Herstellung und Entsorgung von Solarzellen?

Die größten Gas-Einsparungen wären laut „REPowerEU-Plan“ mit nahezu 22 Milliarden Kubikmeter bei der Herstellung von nichtmetallischen Mineralien, Zement, Glas, Keramik und Chemikalien sowie bei den Raffinerien erzielbar. Doch welche Konsequenzen hätten gravierende Gas-Einsparungen gerade bei diesen Industrien tatsächlich für die gesamte Wirtschaft? Euphemistisch geht es weiter:

„Energieeinsparungen sind die kostengünstigste, sicherste und sauberste Möglichkeit, unsere Abhängigkeit von Einfuhren fossiler Brennstoffe aus Russland zu verringern. Wir alle – Verbraucher/innen und Unternehmen aller Industriezweige – können hierzu einfach einen Beitrag leisten, indem wir unseren Energieverbrauch senken. Zusammen mit Energieeffizienzmaßnahmen werden sich unsere Einzelmaßnahmen positiv auf die Preise auswirken – unsere Energierechnungen direkt senken, unsere Wirtschaft widerstandsfähiger machen und die Energiewende in der EU beschleunigen.“ Beispielsweise durch Senkung der Heiztemperaturen.

Moralisch höher zu bewerten als Russland?

Außerdem sind laut Plan vorgesehen:

„Aufstockung der Lieferungen von Flüssigerdgas (LNG) aus den USA und Kanada sowie Pipeline- und LNG-Gas aus Norwegen; engere Zusammenarbeit mit Aserbaidschan, insbesondere beim südlichen Gaskorridor; politische Vereinbarungen mit Gaslieferanten wie Ägypten und Israel zur Steigerung der LNG-Importe; Wiederaufnahme des Energiedialogs mit Algerien; Fortsetzung der Zusammenarbeit mit wichtigen Produzenten in der Golfregion (u.a. Katar) sowie mit Australien; Koordinierung mit Gaskäufern wie Japan, China und Korea sowie Sondierung des Exportpotenzials afrikanischer Länder südlich der Sahara wie Nigeria, Senegal und Angola.“

Stellt sich die Frage: Ist beispielsweise Katar tatsächlich ein „zuverlässigerer Energielieferant“ und moralisch höher zu bewerten als Russland? Gut, dass „die Mannschaft“ gerade schon mal so einen positiven Eindruck in Katar hinterlässt.

Schließlich wird betont, dass zur Erreichung all der hehren Zielen der neuen EU-Energieplattform eine zentrale Rolle zukomme. Diese EU-Energieplattform wurde am 7. April dieses Jahres ins Leben gerufen und ist „ein freiwilliger Koordinierungsmechanismus, der eine Schlüsselrolle bei der Bündelung der Nachfrage, der Koordinierung der Infrastrukturnutzung, der Verhandlung mit internationalen Partnern und der Vorbereitung gemeinsamer Gas- und Wasserstoffkäufe spielt. Sie gewährleistet die Zusammenarbeit in Bereichen, in denen ein koordiniertes Vorgehen auf EU-Ebene wirksamer ist als auf nationaler Ebene. Über die Plattform können sich die EU-Länder zusammentun, um erschwingliche Energielieferungen von zuverlässigen Partnern zu sichern.“

Beschleunigung des Übergangs zu sauberer Energie

Dabei schließen sich die EU-Länder und die industriellen Akteure in einem Lenkungsausschuss, einer regionalen Gruppen und der „Industry Advisory Group“ (IAG) zusammen. Der Lenkungsausschuss besteht aus Vertretern der Kommission, Vertretern aller EU-Länder sowie Vertretern der Vertragsparteien der Energiegemeinschaft. Die Plattform agiert über regionale Gruppen, wobei die Regionalgruppe Nordwesteuropa im Juli 2022 gebildet worden ist.

Zum aktuellen Treffen der IAG gibt es zwar keine Veröffentlichung, jedoch zum ersten Treffen am 26. Oktober. Darin werden ebenfalls Maßnahmen formuliert wie gemeinsame EU-Gaseinkäufe bis hin zu einem europäischen Gaseinkaufskonsortium, Preisbegrenzungsmechanismen, Senkung der Gasnachfrage, Schaffung einer neuen Benchmark für LNG-Preise bis März 2023, Solidaritätsregeln zwischen den Mitgliedstaaten für den Fall von Versorgungsengpässen, Beschleunigung des Übergangs zu sauberer Energie und neue rechtliche Instrumente für den gemeinsamen Gaseinkauf. Außerdem wird angeführt, dass die Energiepreise in den Sommermonaten weiter angestiegen seien, da durch den Klimawandel verursachte Dürreperioden und extreme Hitze Auswirkungen auf die Stromerzeugung aus Wasserkraft und Kernenergie gehabt hätten.

Zu guter Letzt kommen noch Vertreter der EU-Kommissare zu Wort. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird etwa zitiert mit:

„Der Krieg Russlands gegen die Ukraine hat schwerwiegende Folgen für die globalen und europäischen Energiemärkte. Wir handeln geschlossen und haben uns gut auf den kommenden Winter vorbereitet, unsere Gasspeicher gefüllt, Energie gespart und neue Lieferanten gefunden. Jetzt können wir den überhöhten und volatilen Preisen mit mehr Sicherheit begegnen. Wir werden einen vorübergehenden Mechanismus einführen, um überhöhte Preise in diesem Winter zu begrenzen, während wir eine neue Benchmark entwickeln, damit LNG zu einem faireren Preis gehandelt wird. Wir stellen rechtliche Instrumente für den gemeinsamen EU-Einkauf von Gas bereit, sorgen für eine solidarische Versorgungssicherheit für alle Mitgliedstaaten und verhandeln mit unseren zuverlässigen Gaslieferanten, um Gas zu erschwinglichen Preisen zu sichern. Aber wir müssen auch die Investitionen in erneuerbare Energien und die Infrastruktur beschleunigen. Mehr und schneller in die saubere Energiewende zu investieren, ist unsere strukturelle Antwort auf diese Energiekrise.“

„Die nächsten Winter werden hart werden“

Und Vizepräsident Frans Timmermans pflichtet bei:

„Die nächsten Winter werden hart werden, aber das heutige Paket trägt dazu bei, dass die europäischen Familien im Warmen bleiben und die Industrie in Gang bleibt. Wenn wir jetzt Maßnahmen ergreifen und die Instrumente entwickeln, um gemeinsam Gas zu kaufen, anstatt uns gegenseitig zu überbieten, können wir in die nächste Heizperiode wieder mit genügend Gas in den Speichern gehen. Als Reaktion auf die extrem schwankenden Preise, die durch Putins Energiewaffe verursacht wurden, arbeitet die Kommission auch daran, die Stabilität des Energiemarktes wiederherzustellen. Aber billige fossile Brennstoffe werden nicht zurückkehren, und wir müssen den Übergang zu erneuerbaren Energien beschleunigen. Deshalb müssen wir überlegen, wie wir über REPowerEU zusätzliche Investitionen in die grüne Energiewende Europas finanzieren können.“

Die für Energie zuständige Kommissarin Kadri Simson stößt ins selbe Horn:

„Der Einmarsch Russlands in die Ukraine hat die Situation auf dem EU-Energiemarkt grundlegend verändert. Die Instrumente und Regeln, die uns zuvor gute Dienste geleistet haben, reichen nicht mehr aus, um eine sichere und erschwingliche Energieversorgung zu gewährleisten. Um diese Krise wirksam zu bewältigen, müssen wir in der Lage sein, gemeinsam Gas zu kaufen, übermäßig hohe Preise anzugehen und die Solidarität zwischen unseren Mitgliedstaaten im Falle von Engpässen zu gewährleisten. Die bisher ergriffenen Maßnahmen zeigen Wirkung: Die Preise sind gesunken und die Nachfrage ist zurückgegangen. Die heutigen Vorschläge sind jedoch notwendig, um sich besser auf diesen Winter und darüber hinaus vorzubereiten.“

Du bist die EU

Die Richtung ist eindeutig: Die Energiepolitik der EU soll immer weiter zentralisiert sowie auf den Green Deal und konkret auch auf Flüssiggas ausgerichtet werden. Und das Großartige ist, dass sich nach der Vorstellung der EU-Kommission jeder daran beteiligen kann respektive sogar soll! Ihre Kampagne „You are EU“ richtet sich nämlich an uns alle:

„'You are EU' ist eine Aufforderung an alle Europäerinnen und Europäer, sich zu beteiligen und dazu beizutragen, die vor uns liegenden Herausforderungen anzugehen, um eine bessere Zukunft mit sauberer, in Europa erzeugter Energie zu schaffen.“ Unter dem Motto „Freiheit, Frieden und Energieunabhängigkeit“ sowie mit dem Slogan „Gemeinsam schaffen wir es“ (wer hat so was Ähnliches nicht schon mal gesagt?) wird beschworen:

„Demokratie, Freiheit, Gleichheit, Toleranz und Solidarität. Das sind unsere gemeinsamen europäischen Werte. Die Invasion der Ukraine durch Russland hat unter anderem gezeigt, dass unsere Demokratie, unsere Wirtschaft und unsere Energieunabhängigkeit eng miteinander verflochten sind. Sorgen wir gemeinsam dafür, dass wir über saubere, erneuerbare Energie verfügen, die in Europa erzeugt wird. Nur mit vereinten Kräften können wir diese Ziele erreichen. Treten wir für unsere Werte ein, um unsere Zukunft und die Zukunft unserer Familien, das Klima und den Planeten zu schützen. You are EU!“

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A. Ostrovsky / 01.12.2022

Schon der Vater hat ein Loch. In der Außenmauer der Strafvollzugsanstalt hinterlassen. Spötter behaupten, er wollte rein und nicht raus.

A. Ostrovsky / 01.12.2022

Es gibt Mensch*innen, deren Lebensweg*in man an der breiten Schneise der Verwüstungen erkennt.

A. Ostrovsky / 01.12.2022

es gibt Menschen, die halten Hans im Glück für einen Vollidioten. Das ist aber nicht richtig, denn erstens heißt es Häns*In im Glück*In und zweitens ist alles eine Schuld der Vorgänger*Innen. Und zur Generationengerechtigkeit gehört es auch, dass wir nachfolgenden Generationen einfach kein Deutschland zum Kaputtspielen übrig lassen sollten. Das kommt davon, wenn der Machtanspruch hinter dem Intellekt zurückbleibt. Uschi hätte eigentlich das Zeug zur Weltärztepräsident*In, aber nun scheitert sie schon an Europa.

Wolfgang Richter / 01.12.2022

@ T. Schneegaß - “Ich prophezeie unseren woken Eliten ein heißes Erwachen sobald die ersten in ihren Wohnungen erfrieren.” —Die werden Sie genauso wenig zur Kenntnis bekommen, wie die politmediale Mafia die “mRNA-Toten” medial bekannt macht, Und so wie aktuell “Long Covid” eine Folge der Viren-Infektion ist und nix mit der Spritze zu tun hat, werden vereinsamt in kalter Bude mit leerem und nicht mehr mit Strom versorgtem Kühlschrank Verstorbene nix mit dem “Frieren für den Frieden” zu tun haben. Es sind dann genauso schicksalhaft Verstorbene wie die plötzlich und unerwartet Dahingegangenen, bei denen man den Spritzstatus nicht erwähnt. Und wenn es wirklich zur Revolte kommt, kann s nur einen Schuldigen geben. Und der sitzt in Moskau. Daß der Schlafmichel es entweder genau so wünscht, meinetwegen beseelt vom Glauben an die von ihm durchzusetzende Weltenrettung oder schlicht wegen seiner Bildungsdifizite, haben dier letzten Wahlen unmißverständlich gezeigt.

Wolfgang Richter / 01.12.2022

@ Fui Fujicato - “überwiegende Mehrheit der geistig behinderten + psychisch gestörten, von denen eine Gefährdung anderer Personen ausgehen würde, würde sich in den geschlossenen Abteilungen” Oder anders: Wir werden von Psychopathen regiert, und deren Nachwuchs klebt sich auf den Straßen (alt. Werken alter Meister) fest.

Wolfgang Richter / 01.12.2022

Diesen Artikel zu dem “Brüsseler Mist” konnte ich auch nur noch anlesen. Wenn ich bisher mit einem Auswandern zB nach Ungarn geliebäugelt haben, um den diversen politirren linksgrünen Regulierern aus dem Weg zu gehen, sehe ich im Moment eigentlich neben dem langsamen “Sterben” hier nur noch als Alternativen das Warten auf den “Exit” der Visegrad-Staaten oder eine Prüfung der Lebensbedingungen am Asowschen Meer. Alternativ wären “europäische Gelbwesten” auf die Straße zu bringen.

Wilfried Grün / 01.12.2022

Frieren für den Endsieg, und alles weil der Gasstreit zwischen Ukraine und Russland eskaliert ist.

Rid Banks / 01.12.2022

Fussball…DEUTSCHLAND has fallen… juhu

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