Kurz vor dem Ende benehmen sich Regierungen so wie das derzeitige Kabinett und die Koalitionsfraktionen. Verabredete Gesetzentwürfe scheitern, Reformen werden zwischen Fraktionen kannibalisiert. So läutet man das Ende ein, nicht den Aufbruch.
Das Ende einer Regierung in demokratischen Systemen ist oft davon gekennzeichnet, dass politisch erschöpfte Fraktionen, Parteien und Persönlichkeiten keine tragfähigen Kompromisse mehr zu schließen vermögen. Ganz gleich wie lang die Regierung dauerte, am Ende führt Erfolglosigkeit zur Abwahl oder freiwilligen Resignation.
Das beste historische Beispiel ist vielleicht der NATO-Doppelbeschluss. Bundeskanzler Helmut Schmidt verteidigte dieses später in der Tat erfolgreiche Maßnahmenpaket von Nachrüstung und Abrüstungsverhandlungen, während ihn seine regierungsmüde gewordene SPD im Stich ließ. Der verzweifelte Kampf von Schmidt, samt seiner Mahnung im Deutschen Bundestag, die Oppositionsbänke seien hart, konnte die Regierung nicht mehr retten. Die FDP verließ die Koalition und wandte sich der CDU zu. Der Kanzler hieß weiterhin Helmut, allerdings Kohl, nicht mehr Schmidt. Das blieb 16 Jahre so, bis eine zwar weitgehend erfolgreiche, aber nun politisch müde gewordene Regierung Kohl abgewählt wurde.
Ermüdungserscheinungen zeigen sich vor allem darin, dass dringend erforderliche Reformen nicht oder nur als in Grund und Boden verhandelte Reförmchen möglich sind.
Deutschland ist in der vermutlich schwersten Wirtschaftskrise seit Gründung der Bundesrepublik. Die Energiekosten würgen die Wirtschaft ab und belasten die Haushalte in unzumutbarer Härte. Die Arbeitslosenzahlen haben die Grenze von drei Millionen überschritten und steigen weiter. Zahlreiche Unternehmen kündigen Stellenstreichungen in fünfstelliger Höhe an. Die Rente ist marode. Die Pflegeversicherung ist marode. Das Gesundheitssystem steht kurz vor dem Kollaps. Das Land ist nicht verteidigungsfähig, sieht sich aber mit multiplen Bedrohungen oder zumindest sicherheitspolitischen Herausforderungen konfrontiert. Die Infrastruktur ächzt unter mehreren Jahrzehnten Investitionsstau. Die Bahn kommt bestenfalls zufällig ans Ziel, und auch da nicht immer an das gewünschte.
Und um die Fesselung der Menschen in der Krise auf die Spitze zu treiben, zwingen Bürgerentscheide und Gerichtsurteile die Regierung in einem nicht zu beherrschenden Klimawahnsinn, der ohne entschiedene politische Intervention spätestens 2031 zu massiven Freiheitsbeschränkungen der Bürger führen kann. Diese Liste könnte nun noch um die Absurdität von Fachkräftemangel bei gleichzeitig luxuriösem (nahezu) bedingungslosem Grundeinkommen für Arbeitsunwillige jeglicher Nation ergänzt werden. Unbeherrschbare Kriminalität auf deutschen Straßen soll hier noch am Rande erwähnt sein.
Jedes Problem einer Lösungsillusion zuführen?
Keine Regierung der Welt kann genug Kettensägen erwerben, um alle diese Probleme in überschaubarer Zeit zu lösen. Das muss jedem klar sein. Man könnte zwar die Grenzen radikal schließen, um illegale Migration zu begrenzen. Wir haben rund um unser friedliches, in die EU integriertes Land so viel grüne Grenzen, dass wir auf Sicht wirklich nur begrenzen könnten. Auf mehreren Ebenen muss man klarstellen, dass geschlossene Grenzen das Problem nicht lösen, sondern verlagern. Das kann und wird Entlastung bringen, aber Folgemaßnahmen erfordern.
So kann man jedes Problem einer Lösungsillusion zuführen, die nur dazu führt, dass es in fünf Jahren schlimmer zurückkehrt. Berücksichtigt man dazu noch die sehenden Auges herbeigeführte maßlose Überschuldung unseres Landes und damit unserer Volkswirtschaft, kann Reform – egal in welchem Bereich – nur bedeuten, das maximal mögliche Einsparpotenzial zu identifizieren und in Gesetzesform zu gießen. Es ist ein Irrglaube, dass die Wähler dabei nicht mitmachen würden, wenn sie erkennen können, dass ihr Leben und ihre Freiheit durch solche Einschnitte trotzdem erhalten bleiben.
Jeder vernünftige Mensch wird einsehen, dass eine Vollkasko-Mentalität jeden Staat am Ende in die Knie zwingen wird. Egal ob Pflege, Gesundheit oder Rente, hier gilt es die Eigenverantwortung zu stärken, ohne die soziale Komponente zu schwächen. Ein Patient wird gerne bereit sein, einen Obolus für einen Facharztbesuch zu entrichten, solange dieser ihn nicht in den Ruin treibt und – sehr wichtig – er einen Termin bekommt.
Kraftlos, ideenlos und in Klientelpolitik verzwergt
Politik und Reformen mit Vernunft, Augenmaß und dem Mut, dem Bürger etwas zuzumuten, was langfristig die Situation verbessert, brauchen jedoch durchsetzungsfähige Politiker. Diese findet man auf Grund von Wiederwahlinteressen vor allem zu Beginn einer Legislaturperiode. Ruft man sich nun in Erinnerung, dass der gegenwärtige Kanzler erst seit Mai diesen Jahres im Amt ist und schaut sich die Performance seines Kabinetts und der Koalitionsfraktionen im Deutschen Bundestag an, dann kommt man zwingend zu der Ansicht, dass es sich um eine Regierung von Politgreisen handelt, die dringend eine Verjüngung durch Neuwahlen bräuchten.
Kraftlos, ideenlos und in Klientelpolitik verzwergt, boykottieren sie sich gegenseitig. Ein Teil seiner eigenen Fraktion fällt dem Kanzler bei der Rente in den Rücken. Das hat schon den Geruch von NATO-Doppelbeschluss. Eine schon erzielte Einigung in der Frage des Wehrdienstes wird bei schon einberufener Pressekonferenz noch kassiert. Das ist keine Regierung, das ist eine abgewirtschaftete Gurkentruppe.
Nimmt man dann noch die Gefangenschaft der CDU links der Brandmauer hinzu, wird das Gewurschtel erklärbar. Die Christdemokraten – von Mutti auf Alternativlosigkeit getrimmt – haben tatsächlich keine Alternative, als von linken Koalitionspartnern am Nasenring durch die Politarena gezogen zu werden. Da kommt es nicht von ungefähr, dass derzeit prominente Christdemokraten am Ende der Brandmauer arbeiten. Es wird höchste Zeit, dass mal wieder eine Mauer fällt.
Nicht, dass die AfD die Lösung unserer Probleme wäre. Wer das von einer politischen Kraft erwartet, ist ein Träumer und Phantast. Was hingegen dringend notwendig wird, ist die Beendigung linker Phantasieprojekte und der Wiedereinzug rationaler Entscheidungen in die Politik. Weder das eine noch das andere geht mit linken politischen Kräften. Natürlich ist die AfD noch lange nicht reif für eine Koalition. Doch wo sie vernünftige Projekte und Reformen parlamentarisch mitzutragen bereit ist, sollte man sich ihrer Stimmen im Parlament bedienen. Dass es klare rote Linien gibt, wie es der Historiker Andreas Rödder nennt, sollte außer Frage stehen.
Neuwahlen mit neu gemischten Karten
Ob in der gegenwärtigen parlamentarischen Situation eine Minderheitsregierung der CDU die Lösung wäre, sei dahingestellt. Die jetzigen Fraktions- und Regierungsmitglieder würden ihre lähmende Müdigkeit vermutlich nur in die nächste Regierung migrieren. Neuwahlen mit neu gemischten Karten und dann vielleicht glaubwürdigen Absagen an linke Politik könnten dem Land den benötigten Aufbruch bringen.
Den Ernst der Lage sollte niemand unterschätzen. Neben der massiven Krise haben wir auch eine massive Unzufriedenheit im Land, die irgendwann zu Unruhen und Aufständen führen könnte. Das Risiko sollte man nicht unterschätzen. Diese Regierung jedenfalls ist mit zwei gescheiterten Gesetzen in einer Woche und dem fortgesetzten Dauerstreit in die letzte Phase ihrer Amtszeit eingetreten. Der Kanzler muss sich schon die Frage gefallen lassen, wie viele gescheiterte Gesetzentwürfe pro Sitzungswoche er denn hinnehmen möchte, bevor er die Fruchtlosigkeit seines Tuns anerkennt.
Peter Winnemöller, studierte Elektrotechnik und Theologie, seit 2005 Autor, Blogger und Journalist, 2019 bis 2024 Onlineredakteur bei der Wochenzeitung „Die Tagespost“.
Ich habe nicht vergessen, wie der Zweite-Wahl-Kannns(nicht)ler uns noch im Wahlkampf mit dem angemassten Ton eines politpädagogischen Bundeszuchtmeisters entgegenblaffte, unsere Wählerstimmen (für die Opposition) würden nach der Wahl «nichts mehr wert » sein. Das war nichts anderes als die Aufkündigung der Demokratie. Ludwigshafen ist deshalb keine Überraschung und Zwangsdienstlotterie auch nicht. Was kommt als nächstes ? Eigentlich ist diese Malaise wirklich ganz einfach zu beenden, es reicht wahrscheinlich schon, wenn jeder on seinem Umfeld zur eigenen Meinung steht. Man unterschätze nicht die Sogwirkung. Ich sage, was ich denke, dabei ist es mir egal, wer mich noch mag oder nicht . Inzwischen erfahre ich sogar Respekt und immer öfter auch Sympathie. Manche werden nachdenklich. Andere trauen sich dann auch. Es reicht nämlich langsam. Mir schon lange. Anderen, immer öfter, auch.
Die Koalition wird durch die Mandate zusammengehalten. Bei Neuwahlen wären für die CDU heftige Verluste zu befürchten. Mit Merz könnte sie auch nicht mehr antreten. Also wird das (tote) Pferd möglichst lange geritten, wenn möglich die kommenden 3 Jahre. So geht Zeit verloren, die das Land nicht mehr hat.
Wenn die Katholische Bischofskonferenz das gerichtlich bemängelten Machwerk über das angebliche Geheimtreffen von Potsdam mit einem Preis adelt, ist das ein sicheres Zeichen dafür, daß man aus falsch verstandenem Opportunismus mit den Wölfen heulen will, obwohl politisch gar nicht opportun, da progressiv im krassen Gegensatz zu konservativ steht und jede Anbiederung an politische Manipulateure einfach nur peinlich ist. Man glaubt, durch längst als großer Schwindel entlarvte Storys, mittels Anbiederung an den verwirrten Mainstream eben Teil dessen zu werden, müsste aber um ein echtes Profil zu haben, genau das Gegenteil tun. Widersprechen und nicht ducken. Leider verschwimmt das immer mehr in dem Bestreben, eben auch mal was zur Gesellschaftlichen Situation sagen zu wollen. Als ob es nicht genug Arbeit im Weinberg des Herren zu erledigen gäbe. So verpeilt sind die jetzt schon, statt ihre ureigensten Aufgaben zu erledigen und hinter ihren Gläubigen zu stehn. Ich habe die Tagespost eine Weile gelesen, viele gute, auch politische Artikel, leider auch einige unglaublich Propagandalastige dabei. Was als seriöses Gegengewicht möglich sein könnte, beugt sich wie Dieter Nuhr immer mit kleinen bis großen Ausfällen gegen die bisher noch nie in Regierungsverantwortung stehende Oppositionspartei, als wolle man vorwegnehmen, was alles Schreckliches uns bevorsteht. Da kann man sich anhand des aktuellen Chaos von unfähigen und korrupten Dilettanten, ja geradezu im Paradies fühlen, Bayern hat festgestellt, daß selbst in diesem Vorzeigeland der Bildung alles den Bach runter geht. Immer weniger Kinder beherrschen die einfachsten Fähigkeiten. Das in Verbindung mit dem „Matsch im Kopf: Gefährden KI und „Brain Rot“ die menschliche Intelligenz?“ Artikel aus der Berliner Zeitung, der auch Erwachsene in der Gefahr sieht, sich das eigene Denken aus Trägheit abzugewöhnen und ihre kognitiven Fähigkeiten verkümmern lassen, läßt wenig Hoffnung auf ein Umdenken zu.
@Jörg Themlitz: Sie müssten doch an unserer heutigen Infrastruktur erkennen, dass wir uns in Richtung der von ihnen beschriebenen unterentwickelten DDR bewegen. Es gelingt doch nicht mehr die Straßen und Brücken in dem Tempo zu sanieren wie sie kaputt gehen geschweige denn etwas Neues zu bauen. Auch die Züge verkehren heute weniger pünktlich als noch vor Jahren. An einem Tage X begann das doch alles, das hätten doch die verantwortlichen Politiker merken müssen. Und vergessen sie bitte nicht, dass beispielsweise Sachsen vor dem Krieg viel entwickelter war als viele ländlich geprägten Gebiete im Westen und sich das nach dem Krieg umgekehrt hat. Auch dort gab es diesen Tag Y, der zur Änderung der Politik hätte führen müssen.
Eine Stunde auf dem Laufband. Ich bin so stolz auf mich! Das nächste Mal schalte ich es vielleicht auch ein!"
Mutige und harte Reformen fordern, dann aber gleich wieder "rote Linien" ziehen, passt irgendwie nicht recht zusammen.
Glaubt eigentlich jemand, das mit dieser überwiegend schlaffen CDU Abgeordneten Truppe irgend etwas zu machen ist? Ich kenne selbst persönlich unseren ehemaligen Bundestagsabgeordneten und muss gestehen, dass ich mit ihm keine Freundschaft pflegen möchte, denn mehr Opportunismus geht kaum. Nur so kommt man nach Berlin! Nur charakterlich durch und durch verkommene Parteimitglieder schaffen es den Weg durch die Parteimühle zu gehen.