Wegen juristischen Ungemachs für Robert Habeck und Hendrik Wüst ist der WDR ganz betroffen und hat investigative Fragen an Joachim Steinhöfel. Dessen Antwort steht hier und soll auch unsere Leser fristgerecht aufheitern.
Dass sich deutsche Spitzenpolitiker für ein Unternehmen einsetzen, dessen Geschäftsmodell das maschinelle Aufspüren der Äußerungen von Staatsbürgern und deren straf- und zivilrechtliche Verfolgung ist, ist fragwürdig genug. Da sowohl Wirtschaftsminister Habeck als auch Ministerpräsident Wüst dies aber in rechtswidriger Weise getan haben, indem sie ihre Amtsbezeichnungen und Fotos, deren Rechte allein beim Staat lagen, zu Werbezwecken für die Abmahn-Agentur „So Done“ auf deren Website einsetzten, habe ich die Bundesrepublik Deutschland und das Land Nordrhein-Westfalen am 21.11.2024 abgemahnt. Schon am Folgetag war die Werbung von Herrn Wüst vollständig entfernt, Herr Habeck hat seinen Ministertitel löschen lassen und ein privates Foto zur Verfügung gestellt. Jetzt recherchiert der WDR und schickte am 25.11.2024 um 12:04 Uhr die nachfolgende Presseanfrage. Unter der Anfrage befindet sich meine Antwort.
Sehr geehrter Herr Steinhöfel,
mein Name ist Arne Hell und ich arbeite für die Landespolitik des WDR in Düsseldorf. Ich beschäftige mich mit Ihrer Abmahnung gegen die Agentur So Done, NRW-Ministerpräsident Wüst und Bundesminister Habeck. Dazu habe ich ein paar Fragen:
1. Wie begründen Sie ihre Einschätzung, die Auftritte von Herrn Wüst und Herrn Habeck auf der homepage von So Done seien „rechtswidrig“?
2. Haben alle drei Abgemahnten die Abmahnung schriftlich akzeptiert, inkl. der Abmahnkosten?
3. Herr Wüsts Auftritt ist inzwischen entfernt worden, Herr Habecks Auftritt ist verändert worden. Ist aus Ihrer Sicht ihrer Abmahnung damit ausreichend genüge getan? Falls nein, was müsste noch geschehen?
4. Planen Sie, weitere juristische Schritte in diesem Fall? Falls ja, welche?
Da wir heute unsere Berichterstattung zu dem Fall aktualisieren, möchte ich Sie bitten, mir die Fragen möglichst bis 15 Uhr heute zu beantworten. Sollte dies nicht möglich sein, geben Sie mir gerne eine Rückmeldung, bis wann eine Antwort klappen kann.
Vielen Dank und freundliche Grüße
Arne Hell
Westdeutscher Rundfunk
Redaktion Landespolitik
Funkhaus Düsseldorf
Hier meine Antwort:
Sehr geehrter Herr Hell,
eine kurze Anmerkung vorab. Der WDR hat über den Sachverhalt im Radio durch Ihren Kollegen Markus Meyer-Gehlen berichtet und dabei von einem „Anwalt aus der rechten Szene“ gesprochen. Mit dieser Bezeichnung, auf die mich eine sehr große Zahl Ihrer Hörer per Mail aufmerksam gemacht hat und die ich inzwischen auch lokalisiert habe, werde ich als für die „rechte Szene“ tätiger beziehungsweise dieser Szene nahestehender Rechtsanwalt bezeichnet. Mit diesen unwahren Behauptungen ist eine Prangerwirkung verbunden, die geeignet ist, das Ansehen einer Person – zumal als Rechtsanwalt – in der Öffentlichkeit herabzusetzen. Sie kann zu einer einen Rechtsanwalt in seiner Existenz gefährdenden Bedrohung werden (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 17.09.2012 - 1 BvR 2979/10 -, juris Rn. 33), vergl. VG Stuttgart 1 K 4176/22.
Ich rate daher zur Vermeidung rechtlicher Schritte von einer Wiederholung ab. Dasselbe gilt für die in dem auf tagesschau.de veröffentlichten Text „Wüst wirbt nicht mehr für Abmahn-Agentur gegen Hetze“ aufgestellte falsche Tatsachenbehauptung „Medienanwalt Joachim Steinhöfel, der sonst zum Beispiel AfD-Chefin Alice Weidel…vertritt.“ Ich vertrete Frau Weidel nicht. Dieses Framing sollte selbst dem WDR zu peinlich sein.
Naheliegender wären vielmehr Hinweise auf die unmittelbar zum Thema passenden zahlreichen (14, soweit man die aktuellen Fälle Wüst und Habeck nicht mitzählt) gerichtlichen Erfolge gegen die Bundesregierung (u.a. Innenministerium, Außenministerium, Entwicklungshilfeministerium, Justizministerium, die Behörden von Frau Roth und Frau Ataman) im Jahre 2024, u.a. vor dem Bundesverfassungsgericht, dem OVG Berlin-Brandenburg, dem Kammergericht, dem LG Hamburg, dem LG Berlin und dem Verwaltungsgericht Berlin. Naheliegender deshalb, weil es sämtlich um Verfahren zwischen Journalisten und dem Staat geht.
Ich bin zuversichtlich, dass die kürzliche rechtskräftige Niederlage des WDR gegen den von mir gegen den WDR vertretenen Multimilliardär Alischer Usmanow wegen ihrer rechtswidrigen Verdachtsberichterstattung in der „Sportschau“ keinen Einfluss auf den von Ihnen geplanten Bericht haben wird.
Sie behaupten in Ihrer Mail, ich hätte die „Agentur So Done“ abgemahnt. Das ist falsch. Eine solche Abmahnung existiert nicht. Nun Ihren Fragen:
1. Ausweislich Ihrer Vita kann ich nicht erkennen, dass Sie über juristische Fachkenntnisse verfügen. Natürlich kann man sich aber als geschulter Journalist in das selbst für die meisten Anwälte nicht einfache Wettbewerbsrecht und Verfassungsrecht kurzfristig einlesen. In Ihrer ersten Frage setzen Sie das Wort „rechtswidrig“ in Anführungszeichen. Gestatten Sie mir die Frage, was Sie dazu, außer möglicher Voreingenommenheit oder mir überlegener Rechtskenntnisse, veranlasst hat?
Zunächst liegt die Vermutung nahe, dass nicht nur ich der Einschätzung bin, dass die Werbung des Herrn Bundesministers resp. des Herrn Ministerpräsidenten rechtswidrig ist. Denn Ministerpräsident Wüst hat seine Werbung und den Hinweis auf sein Amt innerhalb von rund 24 Stunden nach Erhalt der Abmahnung löschen lassen. Das gilt auch für „sein“ Foto, dessen Rechte beim Land NRW liegen. Herr Habeck hat im selben Zeitraum den Hinweis auf sein Ministeramt löschen lassen und das Foto, dessen Rechte beim Bundeswirtschaftsministerium liegen, ersetzt.
Diese demütigenden, wenngleich vernünftigen Schritte tut der Staat auch nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nur (vergl. Ziffer 3), wenn der Staat, hier die jeweiligen Rechtsabteilungen von Bundeswirtschaftsministerium und Staatskanzlei, über deren Sachkunde ich nicht zu urteilen habe, zu derselben Schlussfolgerung gelangen, wie ich.
Bundesminister wie Ministerpräsidenten sind aufgrund des ihnen in amtlicher Funktion entgegengebrachten Vertrauens zu einer neutralen und objektiven Amtsführung verpflichtet. Mit der abgemahnten Werbung für einen einzelnen Marktteilnehmer verstoßen sie gegen Ihre Pflicht zur neutralen Amtsführung (vgl. BGH, Urt. v. 12. 7. 2012 – I ZR 54/11, GRUR 2013, 301 mwN) und damit auch gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften, §§ 3 Abs. 1, 3a, 8 UWG in Verbindung mit der Verpflichtung zur neutralen Amtsführung.
2. Die in den Abmahnungen an die Bundesrepublik Deutschland (Habeck) und das Land Nordrhein-Westfalen (Wüst) gesetzten Fristen enden am 27.11.2024, 15:00 Uhr.
3. In einem von uns vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das Land Niedersachsen erwirkten Beschluss (1 BvR911I22 vom 18.05.2022) hat das Verfassungsgericht ausgeführt: „Beseitigt die Öffentliche Gewalt von sich aus den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Akt,..kann…davon ausgegangen werden, dass sie das Begehren des Beschwerdeführers selbst für berechtigt erachtet hat. In einem solchen Fall ist es billig, die Öffentliche Hand ohne weitere Prüfung an ihrer Auffassung festzuhalten und dem Beschwerdeführer die Erstattung seiner Auslagen in gleicher Weise zuzubilligen, wie wenn seiner Verfassungsbeschwerde stattgegeben worden wäre.“
Daraus ergibt sich, dass die Sache – bis auf die Zahlung – erledigt sein könnte. Daraus ergibt sich auch, dass der Staat die Abmahnungen als berechtigt ansah und schließlich, dass er die Kosten zu tragen hat.
4. Die Kosten der Abmahnungen werden die Bundesrepublik Deutschland bzw. das Land Nordrhein-Westfalen vermutlich freiwillig übernehmen. Der Staat hat gegen von uns vertretene Journalisten im Jahr 2024 mehr als ein Dutzend Mal verloren und hat dabei stets prompt, oft freiwillig vor gerichtlicher Entscheidung, gezahlt. Daher werden Klagen auf Kostenerstattung vermutlich nicht erforderlich sein.
Für den von Ihnen geplanten Bericht finden Sie nunmehr die denkbar günstigsten Voraussetzungen dafür vor, Vorwürfe etwaiger Staatsnähe zu widerlegen oder die Annahme, Anwälte die Mandanten vertreten, die Ihrem Sender nicht gefallen, zu framen.
Dabei immer schön aufpassen, dass der gesetzliche Rahmen eingehalten wird.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Nikolaus Steinhöfel
Joachim Nikolaus Steinhöfel, geboren 1962 in Hamburg, ist einer der profiliertesten deutschen Wettbewerbsrechtler, Medienanwalt sowie Publizist. Sein aktueller Spiegel-Bestseller heißt "Die digitale Bevormundung: Wie Facebook, X (Twitter) und Google uns vorschreiben wollen, was wir denken, schreiben und sagen dürfen“, FBV, 18,00 Euro