RBB: Cancel-Aktivismus gegen die Budapester Zeitung

Der inzwischen einschlägig beleumundete RBB sollte eigentlich genug damit zu tun haben, die eigenen Skandale aufzudecken. Stattdessen geht von dem gebührenfinanzierten Sender der Versuch aus, eine deutschsprachige Zeitung in Ungarn zu schaden.

Die seit 1999 in Budapest erscheinende Budapester Zeitung (BZ) ist eine grundsolides Nachrichtenmedium. Es versorgt die vielen in Ungarn lebenden Geschäftsleute und auch private Deutschlandflüchtlinge, die vor dem Erlernen der komplexen ungarischen Sprache zurückgeschreckt sind, täglich mit neuesten Nachrichten aus Wirtschaft, Politik und Kultur. Das Blatt pflegt die selten gewordene Tugend, Nachricht und Meinung streng voneinander zu trennen, bei den Meinungsartikeln gibt es häufig Rede und Gegenrede, um mehrere Standpunkte zum gleichen Thema abzubilden. Über die Regierungspolitik wird sachlich berichtet, positiv, wenn man sie vernünftig findet; sie wird aber auch kritisiert, wenn es darauf ankommt. Die Zeitung finanziert sich nicht nur von Abonnements, sondern auch durch Anzeigen, die in der Regel von großen, in Ungarn tätigen deutschen Unternehmen kommen.

Nun geschah es Mitte August, dass die Budapester Zeitung in den Fokus des ARD-Politmagazins Kontraste geriet, die vom im Sumpf der Korruption versinkenden RBB produziert wird. Autor einer geplanten Sendung über die Budapester Zeitung sollte der selbsternannte Nazijäger, Verschwörungstheoretiker und ständige Mitarbeiter von Kontraste, Silvio Duwe (zu seiner Person noch Näheres weiter unten) werden. Duwe, der seine Überzeugung, dass alle, die keine Linksradikalen sind, nur Nazis sein können, zum Kern seiner Kontraste-Berichterstattung gemacht hat (siehe zum Beispiel hier), sandte sechs Fragen an die wichtigsten Werbekunden der Budapester Zeitung, die diese bis zum 18. August beantworten sollten. 

Was jedoch Fragen sein sollten, waren von vornherein Anklagen gegen die angeschriebenen Unternehmen. Das Harmloseste war noch, dass diese detailliert auf Jahre zurück auflisten sollten, mit welchen Summen sie die BZ unterstützt haben. Dann kommt er aber zum Kern der Anklage: „Warum unterstützen Sie eine regierungsnahe Zeitung, die auch radikalen Rechten wie David Engels eine Plattform bietet?“ Es folgt die implizite Unterstellung der Korruption, im Lichte des RBB-Skandals eine besonders pikante Frage: „Welche Gegenleistungen erhalten Sie für Ihr Sponsoring der BZ?“ Und: „Erhoffen Sie sich vom Sponsoring der BZ einen besseren Zugang zur ungarischen Regierung?“ Eine absurde Frage, die von einer völligen Unkenntnis ungarischer Politik und Wirtschaft zeugt.

"Vorsätzliche Rufschädigung"

Die Vorgehensweise wird den Lesern von achgut bekannt vorkommen. Duwe denunziert die BZ bei ihren Anzeigenkunden und übt Druck auf sie aus, um diese dazu zu veranlassen, bei einer „rechten“ – und besonders verwerflich – einer „regierungsnahen“ Publikation keine Anzeigen mehr zu schalten, und sie – so die offenkundige Hoffnung – auf diesem Wege zu ruinieren.

Auch wenn die Vorgehensweise in Deutschland schon vielfach erprobt wurde, hat sie in diesem Falle doch einige besondere Noten. Um mit dem Entscheidenden zu beginnen: Die Budapester Zeitung erscheint im Ausland, ausgerechnet in jenem Ungarn, dem von vielen im deutschen Mainstream, der deutschen politischen Führung, welcher Couleur auch immer, und insbesondere von der EU unterstellt wird, die Medienfreiheit mit Füßen zu treten. Nun schickt sich der RBB an, sich in einem fremden Land in die dortige Medienlandschaft einzumischen und eine ungarische Publikation zu vernichten, weil den Machern von Kontraste die politische Richtung des Blattes – nämlich, dass es nicht links ist – nicht gefällt. 

Die inquisitorischen Fragen Duwes zeigen, wie weit es mit der deutschen politischen Kultur inzwischen gekommen ist: Rechts gehört verboten, die sachliche Darstellung der Politik der ungarischen Regierung ebenso. Kurzum, der RBB wollte mit der geplanten Sendung genau jene Gleichschaltung betreiben, die der ungarischen Regierung – fälschlicherweise – unentwegt vorgeworfen wird. 

Jan Mainka, Gründer und Chefredakteur der BZ, bezeichnet den Brief zu Recht als „vorsätzliche Rufschädigung“ und weist auf den wettbewerbsrechtlichen Aspekt hin, schließlich schwärzt er ein Medium an, das mit dem RBB gemeinsame Anzeigenkunden hat. Er hat inzwischen Tom Buhrow, den ARD-Vorsitzenden, den Geschäftsführenden Intendanten des RBB und den Redaktionsleiter Kontraste abmahnen lassen und aufgefordert, dafür zu sorgen, dass keinerlei weitere Rufschädigungsversuche durch die ARD-Anstalten vorgenommen werden. Die von Kontraste angeschriebenen Unternehmen haben auf die Anfrage bisher höflich reagiert, die Fragen jedoch nicht im einzelnen beantwortet. Einige unter ihnen haben die BZ vom Brief in Kenntnis gesetzt.

Rückendeckung vom Chef

Aber zurück zu Silvio Duwe. Der freie „Journalist“ ist bekannt dafür, dass er auf Querdenker-Demonstrationen mit dem Teleobjektiv auf die Jagd nach kompromittierenden Bildern über die Demonstranten gegangen ist, und auch in Ungarn ging er keiner Provokation aus dem Weg. Auf der im Mai in Budapest stattgefundenen CPAC-Konferenz hat er versucht, sich ohne gültige Akkreditierung Einlass zu verschaffen, in der Hoffnung, für Ungarn peinliche Fernsehbilder zu provozieren. 

In einer anderen Kontraste-Sendung nahm er sich das Mathias-Corvinus-College in Budapest, ein interdisziplinäres Hochschul- und Postgraduierten-Kolleg, vor. Um das Bildungsprogramm des MCC zu diskreditieren, stellte er es als die Kaderschmiede der Regierungspartei Fidesz vor, indem er es mit so „berüchtigten“ Persönlichkeiten wie Werner Patzelt („Pegida-Versteher“) und der „rechten“ Konrad-Adenauer-Stiftung in Verbindung brachte. In der gleichen Sendung durfte Katharina Barley unwidersprochen von der Notwendigkeit reden, das „ganze Orbán-System“ müsse „entflochten und gesprengt sowie von ideologischer Indoktrination“ befreit werden. Auch in dieser Sendung kommt der „radikale rechte“ Althistoriker David Engels vor, der ein besonderes Zielobjekt Duwes zu sein scheint, nebst dem „Nazi“ Rolf-Peter Sieferle. 

Duwe hat natürlich auch einen Chef bei Kontraste, der dieses Treiben offensichtlich gutheißt. Dieser ist niemand anderes als Georg Heil, der kleine Bruder des Bundesministers für Arbeit und Soziales, Hubertus Heil. Auf eine Stellungnahme Heils zum Agieren seines Mitarbeiters wartete man bislang vergeblich.

Vor wenigen Tagen reagierte der Ungarische Nationale Medienverband in einer Erklärung auf den Vorstoß des RBB. „Der Medienverband hält das Vorgehen des sich öffentlich-rechtlich nennenden RBB erschütternd, alarmierend und empörend, dass er mit Behauptungen, die als Interviewfragen getarnt sind, versucht, ein in Ungarn erscheinendes deutsches Blatt vor seinen Anzeigenkunden anzuschwärzen. (...) Unser Verband protestiert entschieden gegen den grenzübergreifenden Medienterror...“

Kontraste hat inzwischen die geplante Sendung aus seinem Programm genommen – vorläufig, oder endgültig, wer weiß. Wir werden weiter berichten.

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Martin Schmitt / 08.09.2022

Typen wie Silvio Duwe sind doch genau die schmierigen, verblendeten, ideologischen Handlanger dieses Systems. Ich hoffe er wird irgendwann seine entsprechende Strafe erhalten für seine Taten.

Michael Wirth / 08.09.2022

Jemand, der David Engels einen “radikalen Rechten” nennt, kann schlichtweg nicht ganz dicht sein. Wenn die ÖR Ernst machen wollen mit dem Entrümpeln (aber das wollen sie nicht, schätze ich mal), müssten sie Herrn Duwe feuern bzw. nicht weiter mit Aufträgen versorgen.

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