Rauchfreies Gedenken an berühmte Raucher

Von Christoph Lövenich

Heute ist Weltnichtrauchertag. Passend dazu wird Helmut Schmidt auf einer Gedenkmünze demnächst ohne Zigarette dargestellt. Der verblichene Helmut Schmidt hat’s derzeit nicht leicht. Kürzlich wurde ein Porträt von ihm in Wehrmachtsuniform entfernt, das in der (schon zu Lebzeiten) nach ihm benannten Hamburger Bundeswehr-Uni gehangen hatte. Aber nicht nur das, auch eine viel längere Periode im Leben des früheren Kanzlers soll dem Blick entzogen sein: Die rund 80 Jahre als Raucher. Auf einer vom Bundeskabinett beschlossenen Gedenkmünze wird Schmidt ohne charakteristische Zigarette abgebildet. Auf der Zwei-Euro-Münze, die nächstes Jahr aus Anlass seines 100. Geburtstags erscheint, fehlt das Rauchutensil recht offensichtlich.

Nun könnte Künstler Bodo Broschat, von dem der Entwurf stammt, einwenden, dass auf seinem Motiv Schmidts rechte Hand abgebildet ist, während der alte Hanseat seine Mentholzigarette gewöhnlich in der linken zu halten pflegte. Aber an einen Zufall mag man hier nicht glauben. Nicht bei diesem Thema. Seit Jahren wird zielgerichtet versucht, das Rauchen aus der Kunst zu verbannen, sei es durch staatliche Regulierung, sei es durch vorauseilende Anpassung an einen paternalistischen und gesundheitspuritanischen Zeitgeist.

Wie Novo berichtete, schreckt man dabei nicht einmal vor Retuschen zurück. John Lennon, Deng Xiaoping, Jean-Paul Sartre,  Jacques Tati oder Romy Schneider hat es erwischt, posthum wurden die Rauchwaren aus Abbildungen entfernt. In Frankreich entsprach dies jahrelang sogar der Gesetzeslage, so durften zum Beispiel Werbeplakate für Filme über Raucher (Chanel, Gainsbourg) keine Zigaretten zeigen. Das Rauchen auf Leinwand, Bildschirm und Bühne wird in einigen Ländern eingeschränkt. Nicht nur in Erdoğans Türkei.

„Zensur und Geschichtsklitterung gehören zum Repertoire der Tabakbekämpfung.“

Derartige Zensur und Geschichtsklitterung gehören zum Repertoire der globalen Tabakbekämpfung. Offenbar übt der Künstler Broschat den freiwilligen Kotau vor diesem Monstrum, denn verboten wäre es nicht, einen Raucher auf einer Gedenkmünze abzubilden. Oder hat er befürchtet, dass Antiraucher und Volkserzieher in der Bundesregierung sonst den Daumen gesenkt hätten? Ernährungsminister Christian Schmidt (CSU) mit seinem Feldzug gegen die verbliebenen Reservate der Tabakreklame etwa, oder Personen aus Schmidts eigener SPD, die früher mal von Rauchern geprägt wurde und heute von Lehrern.

Deutschlands berühmtesten Gelegenheitsraucher – er hat bei jeder Gelegenheit geraucht – ohne seine typische Zigarette auf eine Münze zu prägen, wird seinem Andenken jedenfalls nicht gerecht. Immerhin muss der bekennende Antiprohibitionist Schmidt nicht mehr erleben, wie 2020 die Mentholzigaretten in der EU per Verbot ausgelöscht werden. Und auch die bei der Bundeswehr vor zehn Jahren installierten, weitgehenden Rauchverbote hätte es unter ihm als Verteidigungsminister wohl nicht gegeben. Was auch immer man von seiner damaligen Politik halten mag, er hat sich um öffentliche Probleme gekümmert, statt den privaten Lebensstil der Menschen durch Gängelung einzuschnüren.

Der Beitrag erschien zuerst auf NovoArgumente hier

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Leserpost

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Archi W. Bechlenberg / 02.06.2017

Als (nur) Zigarrenraucher mit einem geregelten, sozialen Leben, sprich einem ausgesuchten Freundes- und Bekanntenkreis, kenne ich viele Menschen, die ebenfalls gerne eine schöne Corona oder Robusto rauchen, und das teils seit Jahrzehnten. Die Meisten von ihnen sind im hohen Alter, viele deutlich über 80 und für ihr Alter noch fit und gesund. Niemand von ihnen käme auf den Gedanken, im Beisein von Nichtrauchern ihre Havannas und Brasils anzuzünden; das Rauchen von Zigarren soll ein Genuss sein, und in der Nähe von zwanghaften Nörglern kann man nichts genießen.  Es steht außer Frage, dass Rauchen nicht der Gesundheit dient, doch wenn dieses Faktum zum Fetisch von neurotischen Verbotsfanatikern wird, ist es so sicher wie das Amen in der Kirche, dass diese Mucker und Temperenzler die Diaspora ihrer kleinlichen Seele zum Maßstab aller Dinge machen. Wäre (ist) es nicht das Rauchen, wäre (ist) es eben etwas anderes. Wurst und Fleisch, tierische Produkte generell, Alkohol, Diesel und die Pfürze von Kühen. Wenn diese Leute sich so vehement für das generelle Rauchverbot in gastronomischen Betrieben (wozu nicht nur Restaurants, sondern auch ausgewiesene Raucherrefugien gehören) stark machen, dann sollen sie sich auch durchgehend dort aufhalten. Würde mir hingegen jemand selbst unter freiem Himmel in die Zigarre quatschen, gäbe es angemessenes Kontra. Wohlgemerkt: gäbe. Da ich es schon im eigenen Interesse vorziehe (von ihrem ganz zu schweigen), solche Apostel gar nicht erst in meinen Dunstkreis geraten lassen, gibt es derartige Konflikte nicht.

Christian Gerst / 02.06.2017

Apropos Menthol,  in Deutschland sind fertige Click-Zigaretten (Kapsel im Filter, die bei Druck zerplatzen und z.B. Menthol freisetzen) verboten. Die leeren Click-Filterhülsen sind allerdings zum selber befüllen erlaubt. Ab 2020 einfach zur normalen Zigarette einen Pfefferminzbonbon lutschen, überdeckt auch den Tabakgeschmack.

Olaf Romer / 01.06.2017

Gängeln ist das neue Hobby unserer Eliten..und wer sich nicht fügt wird geächtet oder öffentlich bloßgestellt.

Wilfried Cremer / 01.06.2017

Jeanne Calment hat ca. 98 Jahre lang geraucht und erst mit 119 aufgehört. Ich werde versuchen, diese Rekorde zu brechen.

Matthias Junglewitz / 01.06.2017

Was ist eigentlich mit bekannten Comic Figuren wie Lucky Luke? Werden die auch retuschiert oder bekommen einen Schnuller? Ich muss gestehen. Ich bin Nichtraucher und finde das Rauchverbot in Restaurants oder Flugzeugen klasse. Es hat mich immer gestört, dass wenn ich im Restaurant gerade beim Essen war mein Tischnachbar gerade seine Verdauungszigarette anzündete und mir den Rauch ins Gesicht blies. Oder wenn ich am Bahnhof auf meinen Zug warte und es offen Rauchverbotsschilder gibt. Aber so ziemlich jeder dies ignoriert und weil keinen Aschenbecher da sind, die Asche zumindest ins Gleisbett wirft aber meist auf den Boden, oder wenn die S-Bahn einfährt die Kippe schnell an der Tür an der Außenhaut der S-Bahn ausgedrückt wird. Oder mal schnell aus dem fahrenden Auto aus dem Fenster geworfen wird. Oder dass Raucher früher gerne im Nichtraucherabteil der IR saßen (wegen dem Geruch an der Kleidung) und im Raucherabteil eine rauchen gingen wo viele Nichtraucher saßen, die gerne im Nichtraucherabteil sitzen wollten, aber nicht konnten, weil die Raucher die Plätze besetzt hatten Bei uns in der Firma gab es vor ein paar Jahren einen Riesenstreit ob Raucher bei der Raucherpause an der Uhr ausstechen müssen. Hatte auch seinen Grund weil einige so an der Kippe hingen, dass sie bis zu 10mal eine rauchen gingen und natürlich auch Gespräche führten. Bei 5-10 Minuten war mindestens 1 Stunde bezahlte Arbeitszeit weg. Einige Kollegen gingen dann aus Protest mit und tranken nur einen Kaffee.  Es gab eine Aussprache und die Kollegen, die meist die Erfahrensten sind haben ihre Pausen deutlich auf ca. 3-4 eingeschränkt was dann auch den Betriebsfrieden sicherte. Was sich damit sagen will. Ich bin kein Freund des Rauchens und habe auch zugegeben eine gewisse Verachtung für sie, aber einen Kreuzzug sollte man auch nicht machen. Es ist mittlerweile Usus auf dem Balkon zu rauchen und wenn die Kippe nicht auf den Boden sondern in Aschern ausgedrückt wird ist das ok. Bevormundung kann ich nicht ab. Jeder ist für sich selbst verantwortlich. Und wenn Rücksicht von beiden Seiten genommen wird denke ich ist das in Ordnung.

Jürgen Uebber / 01.06.2017

Sehr spaßig, ausgerechnet das “Rauchorakel” der Sozen ohne Zigarette darzustellen grenzt schon an Geschichtsklitterung. Das ist ja wie Jesus ohne Kreuz, Churchill ohne Zigarre oder Nikki Lauda auf einem Fahrrad. Passt aber ins Bild. Als Ex-40-Kippen Raucher bin ich im Oktober letzten Jahres auf die sogenannte “E-Zigarette “sprich “dampfen” umgestiegen. Seitdem spare ich nicht nur rund 350 EUR im Monat sondern tue auch noch eine Menge für meine Gesundheit. Das passt den Volksverarsc… (stopp, um Himmelswillen, der Maas!), also den “Volksvertretern” in Deutschland (darf man letzteres Wort eigentlich noch benutzen oder ist das schon Hate-Speech?) und der EU überhaupt nicht. Nicht nur, dass sie diese Entwicklung wie üblich völlig verpennt haben, Schäuble würden ja auch noch 14 Milliarden von den Steuern der letzten Raucher durch die Lappen gehen, wenn alle umsteigen. Also das Übliche- wir “Dampfer” werden drangsaliert, neuerster Einfall: konnten wir bisher 1 Liter Flaschen nikotinhaltiges Liquid kaufen, das dann mit Aromen anreichern um es anschließend zu “dampfen”, ist die Abgabe der Base neuerdings nur noch in 10 Ml Fläschchen möglich. Was die Geschichte natürlich eklatant verteuert, sehr viel zum Schutz der Umwelt beiträgt (Verpackungsmüll) und eine Nikotinsteuer ist natürlich auch schon in Planung. Well done, EU! :))

Robert Krischik / 01.06.2017

Ein Raucher, der nicht raucht… Helmut Schmidt wird sich im.Grabe umdrehen.

Winfried Sautter / 01.06.2017

Kürzlich habe ich im TV mal wieder den “Schakal” gesehen - eine wahre Raucherorgie. Schnitte man die Fluppen-Szenen heraus, es blieben keine zehn Minuten Film übrig. Lässt man die Säuberungskommissare los, die europäische Geschichte müsste neu geschrieben werden. Ob sie besser wäre, steht auf einem anderen Blatt. Und noch etwas zum Oberleutnant Schmidt: Der größte Führer aller Zeiten, Nichtraucher, Antialkoholiker, Vegetarierer, Esoteriker, wollte in der Wehrmacht ein Rauchverbot einführen, ließ es dann aber auf den Ratschlag seiner Generäle. Die ersten Nichtraucherabteile in Zügen sind immerhin ihm zu verdanken. Genützt hat es letztlich auch nix.

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