Rapper Kan „Ye“ West hat sich den falschen Antisemitismus ausgesucht

Der Rapper Kanye „Ye“ West steht seit Wochen wegen antisemitischer Äußerungen in der Kritik, er hört nicht auf und lässt seinen Antisemitismus in einer gestörten Sympathie für Hitler gipfeln. Hatte er wirklich erwartet, damit durchzukommen?

Alles begann mit einem merkwürdigen Tweet von „Ye“ am 8. Oktober:

„I’m a bit sleepy tonight but when I wake up I’m going death con 3 On JEWISH PEOPLE The funny thing is I actually can’t be Anti Semitic because black people are actually Jew also You guys have toyed with me and tried to black ball anyone whoever opposes your agenda.” 

(Übersetzt in etwa: „Ich bin heute Nacht ein bisschen müde, aber wenn ich aufwache, werde ich auf (tödlichen) Verteidigungszustand Level 3 gegenüber JÜDISCHEN LEUTEN gehen. Der Witz ist, dass ich tatsächlich nicht antisemitisch sein kann, weil schwarze Menschen eigentlich auch Juden sind. Ihr habt mit mir gespielt und versucht, jeden zu beschuldigen, der sich eurer Agenda widersetzt.“)

Auslöser für diese unlogische, grammatikalisch falsche Tirade war offenbar sein schlechter Umgang mit „Mitgliedern des Stammes“. Einige spekulieren, dass er „Def Con 3“ meinte, eine Bezeichnung für einen amerikanischen militärischen Alarmstatus, als ob das einen Unterschied machen würde. Schließlich machte er sich diese irre Ideologie der „Black Hebrew Israelites“ zu eigen, die behauptet, Schwarze seien die „wahren Juden“.

Immer wieder antijüdische Ausfälle

Die prominente rechte Aktivistin Candace Owens enttäuschte jüdische und nicht-jüdische Konservative gleichermaßen, als sie sagte, eine „anständige Person“ würde Yes Worte nicht als „antisemitisch“ bezeichnen. Das bedeutet, dass ihr Chef bei Daily Wire, Ben Shapiro, keine anständige Person sein kann. (Einige Leute warten immer noch darauf, dass er sie feuert.)

Aber niemand, der ehrlich ist, kann leugnen, dass Ye in den Bereich des echten Antisemitismus vorgedrungen ist, als er in mehr als einem Interview darüber wetterte, dass Juden geldgierige Wichtigtuer in Hollywood, den Medien und der Finanzwelt seien. Als er mit Gegenreaktionen konfrontiert wurde, beschwerte er sich dann über „die Leute“, die man nicht beim Namen nennen kann (d.h. die „Joos“).

Es ist kein Wunder, dass er Milo Yiannopoulos (der behauptet, Jude zu sein, wenn es ihm politisch passt) als (kurzlebigen) „Präsidentschaftskampagnen-Berater“ für seine totgeborene #YE24-Kandidatur ausgewählt hat. In einem Interview mit „Milo“ in Berlin für das Jewish Journal of Los Angeles sagte er im Wesentlichen, dass die „jüdische Lobby“ die Menschen davon abhält, etwas Schlechtes über Juden zu sagen.

Mit Holocaustleugner zu Gast bei Trump 

Ye, ein Freund und treuer Unterstützer von Donald Trump, nahm Milo und einen Holocaust leugnenden Idioten, Nick Fuentes (wie ironisch, dass Weiße Suprematisten jetzt zu einem Schwarzen aufschauen), zu einem Thanksgiving-Dinner in Trumps Residenz in Florida, Mar a Lago, mit.

Es wirkte fast wie ein abgekartetes Spiel, um Trump zu schaden. Als die Medien darüber berichteten, schrieb Trump auf seiner Plattform Truth Social, dass er keine Ahnung hatte, wen Ye mitbrachte und dass er nur „einen ernsthaft gestörten Mann“ beraten wollte. Dennoch brachte ihn die Bewirtung von Ye und seinen ungebetenen Gästen in die Bredouille, selbst bei Verbündeten wie dem ehemaligen Botschafter in Israel, David Friedman, der twitterte, sein Freund sei „besser als das“. (Trumps jüdischer Schwiegersohn und Architekt des Abraham-Abkommens, Jared Kushner, ist derweil abgetaucht).

Inmitten von Aufrufen jüdischer Führer, Ye zu verurteilen (was er wahrscheinlich aus persönlicher Loyalität zu Ye und aus politischen Erwägungen heraus unterlassen hat),  „thruthete“ Trump auf seiner Plattform, er sei enttäuscht über die mangelnde Loyalität der jüdischen Führer angesichts seiner großen Leistungen für Israel. In der Tat war er ein unglaublicher Präsident für Israel, aber seine unangebrachte Reaktion könnte jüdische Republikaner in die Arme des aufstrebenden Stars der Republikaner, Floridas Gouverneur Ron DeSantis, getrieben haben. (Es wird jetzt berichtet, dass Trump vor einer orthodoxen jüdischen Gruppe in Miami sprechen soll. Schadensbegrenzung?)

Von Musk bei Twitter gesperrt

Es wird noch seltsamer. Ye ging mit schwarzer Maske und Handschuhen bekleidet  – angemessen bekleidet, denn wie könnte er sich auch nur im Spiegel betrachten? – in einem Interview mit Alex Jones voll auf Neonazi-Modus und sagte: „Ich versuche nicht, schockierend zu sein. Ich mag Hitler. Der Holocaust ist nicht das, was passiert ist. Schauen wir uns die Fakten an, und Hitler hat viele gute Eigenschaften.“ (Plötzlich war Candace Owens nicht mehr seine Pressesprecherin.)

In einem weiteren Test der „freien Meinungsäußerung“ postete Ye dann einen mit einem Hakenkreuz verschlungenen Davidstern mit dem Hashtag #LoveSpeech. Selbst Elon Musk, der Ye wegen seines Engagements für die Meinungsfreiheit auf Twitter behalten hatte, teilte ihm in einem durchgesickerten Text mit: „Sorry, aber du bist zu weit gegangen. Das ist keine Liebe.“ Yes Konto ist dauerhaft gesperrt. Ratet mal, wen Ye beschuldigt hat?

Aber Ye hat sich den falschen Antisemitismus ausgesucht, um ihn in den sozialen Medien zu testen. Er hätte sich ein Beispiel an radikalen pro-palästinensischen und anti-israelischen Aktivisten nehmen sollen, die nicht Hitler loben, sondern dessen Bösartigkeit anerkennen, um sogar Juden dazu zu bringen, sich zu schämen, indem sie die israelischen Anführer als Hitler hinstellen. Sie machen israelische Soldaten zu Nazis. Sie beschuldigen „Zionisten“ des Völkermords an den Palästinensern. Aber für Ye funktionieren diese krummen Vergleiche nicht, denn für ihn war Hitler ein guter Mensch.

Ein Martial-Arts-Kämpfer aus Israel weiß Ye zu nehmen

Das Narrativ, Israel sei wie Nazi-Deutschland, ist dasjenige, mit dem man zu intellektuellen Salons und Netflix-Premieren eingeladen wird. Netflix hat kürzlich einen fiktiven Film über den israelischen Unabhängigkeitskrieg ausgestrahlt, in dem jüdische Kämpfer Araber mit Vergnügen ermorden. Ich konnte mich nicht dazu durchringen, ihn zu sehen, aber er wurde allgemein verurteilt als eine weitere neue „Ritualmordlegende“.

Adidas beendete seine Zusammenarbeit mit Ye im Oktober, aber das deutsche Unternehmen arbeitet stolz mit dem pro-palästinensischen Model Bella Hadid zusammen, deren jordanisch-palästinensischer Vater in den sozialen Medien den Zionismus mit dem Nazismus verglich. Sie hat sich nach Yes Äußerungen gegen Antisemitismus ausgesprochen (natürlich auf Anweisung der „jüdischen Lobby“), aber, wie JNS.org berichtet, hat sie diese Verurteilung nicht auf die eher „koscheren“ Anti-Israel-Tiraden ihres Vaters bezogen.

Dennoch glaube ich nicht, dass es hilfreich ist, hysterisch Verurteilungen von Judenhassern zu fordern. Es nährt nicht nur Stereotypen über die „jüdische Lobby“, sondern ist, wie der Redakteur des Jewish Journal, David Suissa, schrieb, auch ineffektiv. Es macht Juden zu Jammerlappen, nicht zu Gewinnern. Die beste Antwort, weise und unerschrocken, kam von dem israelischen MMA-Champion Natan Levy. In einem Interview nach einem Sieg sagte er: „Das Leben ist zu kurz, um zu hassen, also an alle diese hasserfüllten Menschen: Ihr tut mir leid. Ich bemitleide euch. Abgesehen davon, Kanye West: Wenn du ein Problem mit mir oder meinen Leuten hast, komm zu mir, Bruder.“

Foto: David Shankbone via Wikimedia Commons

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Patrick Meiser / 17.12.2022

Dass dieser Kanye West bzw. “Ye” und DJT zusammen ungefähr den IQ einer Holztür haben ist nicht wirklich neu, warum aber die Zusammenarbeit zwischen adidas und dem Model Bella Hadid nur wegen deren Herkunft als problematisch gesehen wird, erschließt sich mir nicht. Ein Unternehmen wie adidas, das seine Klamotten über die online-Plattform “Balenciaga” vertreibt, hat ohnehin sämtlichen Kredit verspielt - bei mir zumindest. Man kann den Holocaust verurteilen und trotzdem durchaus objektiv bleiben, dazu gehört auch, Kritik an Israel anzubringen, wo diese berechtigt ist.

Arthur Sonnenschein / 17.12.2022

Das geht komplett am Thema vorbei, weil die hiesigen Neurosen in den USA einfach nicht vorhanden sind. Ye sieht sich mit der Reaktion der üblichen Verdächtigen auf seine Auslassungen bestaetigt. Damit hat man jetzt ein Erdbeben ausgelöst und eine starke Polarisierung gegen die Position von Wests Gegnern erzeugt, die deren Sache nicht dienlich ist. Gerade im Hinblick auf die YE24-Kampagne könnte das den Sound bestimmen.

Franz Klar / 17.12.2022

Das Geschäftsmodell funzt . Alle reden über ihn . Streisand - Effekt mit doppelter Schraube , you know ... Lange nichts von Nuhr & Eckhart gehört , vielleicht sollten die mal über betagte Putschisten witzeln ?

Wilfried Cremer / 17.12.2022

Hi, im Ganzen hockt jedweder Antisemitismus nicht nur ethisch, sondern auch ästhetisch sowie logisch außerhalb der Maße der Vernunft. Man kann mit einer Bestie nicht diskutieren. Übrigens ist Trump ein Mann von gestern.

giesemann gerhard / 17.12.2022

Ein durchgeknallter B…lödmann.

walter weissmann / 17.12.2022

Es ist wahrscheinlich so, dass “Juden” tatsächlich in Hollywood, Big Tech und Wallstreet überproportional vertreten sind. Da das Thema so toxisch ist, gibt es aber nie sachliche Studien und Informationen dazu.  Die Ursache liegt zunächst natürlich im Talent, Ehrgeiz und familiärer Unterstützung. Dass es unlautere Gründe gebe, wie eine globale Verschwörung, ist eine boshafte These, die man natürlich aufstellen kann, wenn man will. Wenn es also so ist, dass “Juden” auffällig erfolgreich sind, wird dies natürlich Gestörte aller Art magisch anziehen, um ihre Aggressionen und verzweifelten Welterklärungsversuche daran zu docken. “Juden” setze ich in Anführungszeichen, da die meisten vermutlich sich selbst gar nicht als Juden im religiösen und traditionellen Sinne identifizieren. Insofern ist diese Eigenschaft nur eine unbedeutende von den vielen, die jeder Mensch hat. Ich möchte auch nicht als “Christ” sondern einfach als Mensch identifiziert werden (auch wenn ich Jesus neben Buddha für den segensreichsten Menschen halte). Wirklich übel wird das Thema dadurch, dass nicht nur die traditionellen Nazis und eine Handvoll Verrückte Antisemitismus pflegen, sondern auch die Linken und die Lieblinge der Linken, die Moslems. Sogar manche “Juden” selbst kultivieren das, aus dem Selbsthass, der ohnehin im Westen grassiert. Ein verdammter Mist ist das, Produkt menschlicher Dummheit und Unberechenbarkeit. Man kann nur hoffen, dass die Welt einen natürlichen Hang zum Besseren hat, und sich allmählich dahin entwickelt. Natürlich muss man dafür aktiv handeln, nicht nur darauf warten.

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