Henryk M. Broder / 06.02.2019 / 09:33 / 21 / Seite ausdrucken

Qantara und der Weg dorthin

"Qantara.de ist ein Internetportal der Deutschen Welle, das in den Sprachen Deutsch, Englisch, Arabisch und Türkisch den intellektuellen Dialog mit der Kultur des Islam fördern soll", so lesen wir es auf Wikipedia. Nach dem Schock der Terroranschläge vom 11.9.2001 auf Initiative des deutschen Außenministeriums ins Leben gerufen und finanziert, hat Quantara sich zur Aufgabe gemacht, "die Verständigung zwischen den verschiedenen Kulturkreisen zu fördern, mit dem Ziel, vorhandene Wissensdefizite aufzuheben und Vorurteilen entgegenzuwirken." Kooperationspartner der Internetplattform sind die Bundeszentrale für politische Bildung, das Goethe-Institut und das Institut für Auslands-beziehungen. Seriöser gehts nimmer.

Qantara kommt aus dem Arabischen und bedeutet "Brücke". Auf der Seite findet man lesenswerte Beiträge, zum Beispiel über die tunesische "Zivilgesellschaft", die "Gelbwesten von Khartoum" und Erdogans Kampf gegen "Kulturschaffende" in der Türkei. Dafür muss man das übliche sozio-kulturelle Gewäsch in anderen Beiträgen hinnehmen, unter anderem über eine in Berlin lebende israelische Künstlerin, die "Identitätssuche als Provokation" betreibt, indem sie "bestehende Narrative über Heimat, Weiblichkeit und Identität" herausfordert. Oder ein Programm für Arme in Marokko, das "die Menschen vor Ort einbeziehen" will und einen "partizipatorischen Ansatz" praktiziert, "der Dorfbewohnern die Möglichkeit verschafft, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen". Klingt nach Heiko Maas, ist es aber nicht.

Am 4.2. erschien auf Qantara ein kurzer Bericht über einen Vortrag zum Thema "Israels rechte Freunde in Europa und den USA", zu dem die Palästinensische Gemeinde Deutschland eingeladen hatte, unterstützt von der "Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost", der Bonner Jugendbewegung, der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft NRW-Süd und der BDS-Gruppe Bonn. Ursprünglich sollte der Vortrag am 24. Januar in einem städtischen Raum stattfinden. Dass es nicht dazu kam, hatte mit einer Intervention zu tun: Ein rechtes Netzwerk um die sogenannten Journalisten Benjamin Weinthal und Henry M. Broder attackierte den Oberbürgermeister und die Vermieter der ursprünglich geplanten Veranstaltungsorte, woraufhin der Vortag auf den 4. Februar verschoben wurde.

Ein Screenshot sagt mehr als 1000 Worte

Besonders ärgerlich an dieser Ankündigung war, dass mein Name falsch geschrieben wurde. Das, nehme ich an, war auch der Grund, warum der Beitrag noch im Laufe des Tages offline genommen wurde. Zudem hatte er ausgedient, da der Vortrag über "Israels rechte Freunde in Europa und den USA", wie angekündigt, gehalten wurde. Wir hatten allerdings beizeiten einen Screenshot gemacht und ihn an einem sicheren Ort deponiert.

Benny Weinthal war das freilich nicht genug. Er wandte sich an die Bundeszentrale für politische Bildung in Bonn, einen der "Kooperationspartner" von Quantara.de, und bekam die folgende Antwort:

Die Bundeszentrale für politische Bildung fördert das Projekt nicht. Es liegt in der ausschließlichen redaktionellen Verantwortung der Deutschen Welle, die hier als öffentlich-rechtlicher Sender arbeitet und auf deren redaktionellen Entscheidungen wir keinerlei Einfluss haben. Wir sind nur beratendes Mitglied des Projektbeirates. Die Bundeszentrale für politische Bildung lehnt BDS selbstverständlich und mit Nachdruck ab und wir werden Ihre berechtigte Kritik umgehend der Redaktion vortragen und auch nochmals in die nächste Sitzung des Projektbeirats mitnehmen.

Von der Deutschen Welle gab es ebenfalls eine erschöpfende Auskunft zu dem Vorgang:

Die Termininformation auf die Sie sich beziehen, ist keine Meldung im redaktionellen Sinne. Das vorab. Die Redaktion von Qantara erhält regelmäßig Terminangebote von Dritten. Einige werden veröffentlicht. Im Falle dieses Terminangebots eines externen Veranstalters wurde die irrtümliche Veröffentlichung umgehend wieder von der Seite genommen.

So, jetzt wissen wir, wie beim Projekt Qantara gearbeitet wird. Es sind Leute am Werk, die eine schlichte Terminankündigung nicht lesen können und BDS vermutlich für eine Abkürzung halten, hinter der sich der Bund dummer Sozialisten versteckt. Mehr darüber demnächst auf Qantara.de, dem Internetportal der Deutschen Welle, das den "intellektuellen Dialog mit der Kultur des Islam fördern" will. Das hat "der Islam" wirklich nicht verdient.

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Leserpost

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Klaus Klinner / 06.02.2019

Lieber Herr Broder, immer die kleinen Nicklichkeiten. Wahrscheinlich haben die ansonsten der jüdischen Sache äußerst Wohlmeinenden lediglich die Abkürzung BDS mit BDSM verwechselt. So viel Toleranz muss dann von Ihrer Seite schon sein. Ansonsten habe ich das gleiche Gefühl wie sie, die Stimmung im Lande scheint sich wieder einmal zu drehen, und dies nicht zu Gunsten der jüdischen Mitbürger und des Staates Israel. Ich erinnere mich dabei öfter wieder an meine Großmutter selig, eine zu uns Enkeln herzensgute Frau, aber dem “Führer” auch nach seinem schmählichen Ende noch lange innig zugetan, die immer mal wieder murmelte: “Wartet nur, es kommt auch wieder andersrum.” Als Kinder haben wir darüber gelacht, heute befürchte ich, dass sie so Unrecht gar nicht hatte.

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