Volker Seitz / 09.01.2019 / 11:00 / 6 / Seite ausdrucken

Putschversuch in Zentralafrika gescheitert

Seit der Unabhängigkeit vor über 50 Jahren gab es in afrikanischen Staaten mehr als 100 Staatsstreiche oder Putschversuche. Im zentralafrikanischen Gabun ist im Januar 2019 ein weiterer Militärputsch fehlgeschlagen. Präsident Ali Bongo Ondimba (59) hatte am 24. Oktober letzten Jahres in Saudi Arabien einen Schlaganfall erlitten und ist seither nicht nach Gabun zurückgekehrt. Seit Ende November 2018 wird er in einem Militärkrankenhaus in Marokko behandelt. Von dort äußerte er sich erstmals öffentlich in einer vierminütigen Ansprache zum Jahreswechsel. Angaben über seine Rückkehr machte er nicht.

Regierungssprecher Guy-Bertrand Mapangou sagte laut AFP, dass der Präsident in „einigen Wochen oder einigen Monaten“ zurückkehren wird. Der Militärputsch wurde niedergeschlagen, aber der Präsident ist nicht nur gesundheitlich, sondern auch politisch angeschlagen. Sollte sich sein Gesundheitszustand nicht bessern, ist nicht ausgeschlossen, dass andere Mitglieder des Bongo-Clans nach der Macht greifen.

Trotz einiger Fortschritte in Gabun nimmt die Armut weiter zu und betrifft ein Drittel der etwa 2 Millionen Einwohner. Trotz reicher Ölvorkommen sind Teile der Bevölkerung verarmt. Auf dem Korruptionsindex von "Transparency International" liegt Gabun auf dem Platz 101 von 176.  Die Familie Bongo regiert Gabun seit über 50 Jahren. Omar Bongo war von 1967 bis zu seinem Tod 2009 an der Macht. Er starb in Barcelona, weil staatliche Kliniken in Gabun in einem erbärmlichen Zustand sind.

Die Schmiergeldmaschine zwischen Frankreich und Gabun

Die Familie Bongo gilt als typisches Beispiel für die Françafrique-Politik, mit der Paris versuchte, nach der Unabhängigkeit der Ex-Kolonie Einfluss auf die Politik und Zugriff auf Rohstoffe zu behalten. Omar Bongo, Frankreichs bester Freund im postkolonialen Afrika und 1967 mit kräftiger Nachhilfe des Elysees an die Spitze des kleinen Staats gekommen, hat das Spiel zum gegenseitigen Vorteil sogleich begriffen. Ehemalige Kolonialbeamte übernahmen wichtige Ämter in der neuen Regierung und Verwaltung Gabuns, und Frankreich prägte weiterhin die Politik des unabhängigen Staates. Bis zu seiner Privatisierung 1994 war der Ölmulti Elf Aquitaine die Schmiergeldmaschine zwischen Frankreich und Gabun. Wirklich aufgeklärt wurde das Gestrüpp aus Geld und Politik bis heute nicht.

Französische Medien berichteten, dass die Familie Bongo mindestens 39 Immobilien in Paris und Nizza besitzt. Allerdings untersucht die französische Justiz den Erwerb von Immobilien, die aus „unrechtmäßigen Gewinnen“ (Biens mal acquis) stammen. Hintergrund sind Klagen von mehreren Anti-Korruptions-Verbänden wie Sherpa und Transparency International. Sie prangern die Veruntreuung öffentlicher Gelder durch zahlreiche Mitglieder der Familie Bongo an.

Volker Seitz war von 1965 bis 2008 in verschiedenen Funktionen für das deutsche Auswärtige Amt tätig, zuletzt als Botschafter in Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik und Äquatorialguinea mit Sitz in Jaunde. Er gehört zum Initiativ-Kreis des Bonner Aufrufs zur Reform der Entwicklungshilfe und ist Autor des Buches „Afrika wird armregiert“. Die aktualisierte und erweiterte Taschenbuchausgabe ist am 21. September 2018 erschienen. Volker Seitz publiziert regelmäßig zum Thema Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika und hält Vorträge.

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Leserpost

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Andreas Rochow / 09.01.2019

Inzwischen gilt die klare Forderung nach Demokratie und Rechtstaatlichkeit als faschistisch oder rassistisch oder noch schlimmer. Wer denkt schon noch ernsthaft darüber nach, Demokratie zu “exportieren”, wenn die Schmiergeldmaschine läuft und läuft, auch in vermeintlich ehrbaren Staaten mit einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung? Wenn sich die internationalen Gerichtshöfe permanent in souveräne Entscheidungen demokratischer Nationalstaaten einmischen, demonstrieren Sie damit ein mangelndes Interesse, die Übeltäter und Schwerverbrecher der Entwicklungshilfekultur zu verurteilen. Immerhin könnte dadurch das Rechtsempfinden der abgezockten Steuerzahler aus den “Geberländern” wieder genesen. Es sieht aber nicht danach aus! Der Sumpf ist zu tief und zur Verkommenheit der sonst gern Dauerempörten gehört, dass sie zu all dem dezent schweigen.

Wolfgang Richter / 09.01.2019

Sehr geehrter Herr Seitz, wenn Sie schreiben, daß die Familie Bongo Gabun seit 50 Jahren “regiert”, erlaube ich mir, wegen meines Verständnisses von “Regieren” eher von ““Macht ausüben” verbunden mit Ausplündern auszugehen. Erstaunlich auch in der vorliegenden Beschreibung, daß dieses “Ausplündern” von EU und EU-Ländern wenn nicht unterstützt, zumindest geduldet wird. Ein Anfang wäre, wenn ausländische Staaten diesen und auch anderen Despoten schon mal die medizinische Versorgung verweigern würden, damit sie in den “Genuß’” der Gesundheitsversorgung kommen, die sie ihren Untertanen als ausreichend zumuten. Derartige Machtsysteme sollten vom Westen, dessen Politkasten sich immer so schön auf die angeblich gelebten “Werte” beziehen, mit grundlegenden Sanktionen belegt werden, einschließlich Beschlagnahme der Auslandsvermögen, die der jeweiligen Bevölkerung zustehendes entzogenes Vermögen sind. Und einschließlich der (westlichen) Handlanger selbiger Führungsclans. Auch unter Sanktionen dürfte es den dortigen sog. “kleinen Leuten” kaum schlechter gehen als unter dem Regime der sie Ausplündernden.

Hans Friedrich Tomaschek / 09.01.2019

Was ich an den kenntnisreiche Artikeln von Volker Seitz so schätze ebenso wie an seinen Büchern, ist dass er sich nicht aus Gründen der political correctness auf den weichgespülten Regierungssprech (incl. GIZ und Konsorten) einlässt, sondern ohne falsche Rücksichtnahme die Dinge oder besser die Undinge beim Namen nennt und klar beleuchtet, ob es sich um die Machenschaften unserer Verbündeten oder deutsches Unvermögen handelt.  So auch hier. Er dürfte im BMZ und der gesamten Entwicklungshilfeindustrie der bestgehasste Mensch sein.

Thomas Taterka / 09.01.2019

Ihre Beiträge zu Afrika , - insgesamt, sind von unschätzbarem Wert und gehören zum Allerbesten,  was die “Achse” zu bieten hat.  Vielen Dank !

Dr Hans Hofmann-Reinecke / 09.01.2019

Die Tatsache, dass sich Diktatoren zur medizinischen Behandlung gerne ins Ausland begeben, so wie Ali Bongo Ondimba, hängt sicher mit deren Furcht zusammen, dass sie einen Krankenhausaufenthalt im eigenen Lande nicht überleben würden – sei es, dass die Ärzte (durch politische Gegner) bestechlich sind, oder schlecht ausgebildet, oder beides. Auch Fidel Castro hat letztlich auf Cubas „weltbeste medizinische Versorgung“ verzichtet und sich in eine spanische Klinik abgesetzt. Apropos: Die Beiträge von Volker Seitz auf der Achse sind ein Genuss zu lesen. Sie sind sachlich, informiert und objektiv – man könnte auch sagen das genaue Gegenteil von heutigen Berliner „Narrativ“. Die Inhalte sind allerdings nicht immer so erfreulich – This is Africa…

Bernhard Freiling / 09.01.2019

“...dass die Familie Bongo mindestens 39 Immobilien…..” Dann ist doch Alles in bester Ordnung. So funktioniert Entwicklungshilfe nun mal. Da vergibt Norwegen schnell mal einen Mehrmillionenkredit um eine Fischfabrik in Kenia zu bauen. Wer baut? Norwegische Firmen. Schon ist das Geld wieder in Norwegen. Wenn nun die Bongos französische Entwicklungshilfe dafür verwendeten um Immobilien in Frankreich zu kaufen, ist das doch ok. Ist das nicht eine typische win/win-Situation? ;-)

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