Mancher mag auf den Gedanken kommen, dass es sich bei der gestrigen Mega-Antiterror-Razzia um den größten Flop der deutschen Polizeigeschichte handelt. Ich widerspreche aufs Schärfste. Die Aktion war ein voller Erfolg.
Beinah hätte ich’s verpasst. Tagsüber hatte ich zu tun und keine Zeit fürs aktuelle Nachrichtengeschehen. Abends war ich zu einem Vortrag in kleinem Kreis verabredet. Der fiel dann aus wegen Krankheit, was kein Wunder ist, weil ja im Moment alle irgendwas mit Atemwegen haben. Außer mir. Aber reden wir nicht über meinen Premiumkörper, sondern über das Ereignis des Jahres.
Wegen der geänderten Abendplanung stolperte ich in die RTL-Hauptnachrichten. Und da ging’s gleich richtig zur Sache. Aufmacher: „Staatsstreich geplant! Reichsbürger wollten die Macht in Deutschland an sich reißen, doch 3.000 Polizisten nahmen heute 25 Mitglieder der Gruppe fest, darunter eine ehemalige Bundestagsabgeordnete, ein Ex-Elitesoldat und ein Prinz.“
Premiumkörper hin oder her, mein Puls stieg schlagartig. Ich meine, hallo? Ein Putsch in Deutschland? Aus der Mitte der Gesellschaft? Inszeniert von Parlament, Militär und Aristokratie? Maximal gefährlich ganz offensichtlich, denn warum sonst bräuchte man 3.000 Bewaffnete, um 25 Usurpatoren festzusetzen? Macht immerhin 120 Sondereinsatzkräfte pro Verschwörungsnase. Bei der Quote hätte Pablo Escobar mitsamt Privatarmee und Sicarios nicht 20 Jahre, sondern vielleicht 20 Minuten durchgehalten.
Reichsbürger? Ernsthaft?
Andererseits, Reichsbürger? Ernsthaft? Das sind doch die Spinner, die glauben, den Staat gibt’s gar nicht oder nur als GmbH oder Kaiserreich oder was weiß ich. Verirrte, verwirrte Seelen, die sich gegenseitig nutzlose Reisepässe ausstellen und eigenes Geld malen, mit dem sie in heruntergekommenen Erbimmobilien irgendwo auf dem Land den ganzen Tag auf einem Flacherde-Brett Monopoly spielen. Klar, da sollte ab und an mal das Jugendamt vorbeischauen oder jemand von der Caritas – aber 30 Hundertschaften mit Sturmhauben und MP5?
Ehrlich gesagt, mir kam das Ganze etwas spanisch vor. Nichts gegen das Privatfernsehen, aber wenn’s drauf ankommt, verlässt man sich doch lieber auf was Seriöses mit Faktencheckern und allem Drum und Dran. Gut, dass eine Viertelstunde später „heute“ lief.
Ha, dachte ich zu Beginn, erwischt RTL, denn die echten Journalisten vom Öffentlich-Rechtlichen teaserten zum Einstieg keine Staatskrise an, sondern den „DFB-Krisengipfel“. Dann aber doch: „Großrazzia gegen Reichsbürger. Bundesweit wurden 25 Verdächtige festgenommen, die offenbar planten, das politische System zu stürzen.“ Es gehe um eine „rechte mutmaßliche Terrorgruppe“, die „ernstzunehmend organisiert“ und laut Bundesinnenministerin Faeser ein „Abgrund terroristischer Bedrohung“ ist.
Prinz Putsch in brauner Cordhose
Die Eckdaten kannte ich nun schon, den Organisator des Umsturzes auch: eine blaublütige Führerkraft namens „Heinrich, der 13. Prinz Reuß“. Er war nach Niederschlagung des Aufstandes erstaunlich unversehrt in die Hände des Feindes gefallen und ließ sich widerstandslos abführen.
Ich gebe zu, der verhinderte König von Deutschland wirkte auf den ersten Blick nicht hundertprozentig furchterregend auf mich. Andererseits, man weiß ja nie. Und bei genauem Hinsehen waren durchaus verräterische Details erkennbar: braune (!) Cordhose, Karo-Jackett (Modell Gauland!) und silberne Nackenrolle (Typ südländischer Heiratsschwindler!).
So oder so, entscheidend war, dass Generalbundesanwalt Peter Frank überzeugend die üblen Ziele von „Prinz Putsch“ (© „Bild“) erläuterte, nämlich „die bestehende staatliche Ordnung in Deutschland, die freiheitlich-demokratische Grundordnung, unter Einsatz von Gewalt und mit militärischen Mitteln zu beseitigen.“
Endlich Butter bei die Fische
Als wäre solch systemischer Umsturz nicht genug, gab Frank Einblick in potenzielle weitere Schreckensvorhaben der kriminellen Vereinigung: „Einzelne Mitglieder“ hätten sich nämlich „auch mit Überlegungen getragen, gewaltsam in den deutschen Bundestag einzudringen.“
Nur Minuten später, im anschließenden „spezial“, war man beim ZDF einen Schritt weiter. Plötzlich hatten sich Franks „auch getragene Überlegungen“ von „einzelnen Mitgliedern“ zu festen Plänen der Gemeinschaft verdichtet. „Sie wollten den Bundestag stürmen, Politiker festnehmen, Unruhen auslösen und so die demokratische Ordnung stürzen“, raunte eine Stimme aus dem Off.
Egal, semantische Debatte. Die für mich interessante News verkündete Verfassungsschutz-Chef Haldenwang im Interview. Nach einigem Geschwurbel über „weite Vernetzung“, „sehr gewaltorientiert“, und dass man „auch die Tötung von Personen durchaus vor Augen“ hatte, kam Butter bei die Fische: Die Sicherheitskräfte, so Haldenwang, beobachteten die Gruppe seit Frühjahr dieses Jahres, hatten „die Situation jederzeit unter Kontrolle“ und „klaren Überblick über die Planungen, dass die Planungen immer konkreter wurden, dass man eben auch schon Waffen beschaffte“.
„Schutzwesten und Ähnliches“
Bam, da war’s, das entscheidende Stichwort: Waffen. Ich wollte endlich Bilder sehen. Es mussten ja nicht gleich Hallen voller Granatwerfer, Panzerfäuste, Kalaschnikows und Munitionskisten sein. Aber eine Zusammenstellung rostiger Jagdgewehre und Wehrmachtspistolen, säuberlich ausgelegt auf einem Resopaltisch, im Hintergrund schwarzvermummte Spezialkräfte mit grimmigem Blick – so was in der Art hatte ich mir als Minimum vorgestellt. Sie wissen schon, wie man das halt aus den USA kennt. Oder manchmal vom hiesigen Zoll.
Tja, und dann? Nichts, nada, niente. Weder Bilder von Waffen noch Angaben zu Art und Umfang, auch nicht eine halbe Stunde später in der „Tagesschau“. Dafür wurde es gleich danach, im ARD-„Brennpunkt“, umso interessanter. Der Generalbundesanwalt Frank war wieder im Interview und klärte die Waffenfrage: Man habe „bei den Durchsuchungsaktionen festgestellt, dass bestimmtes militärisches Equipment wie Schutzwesten und Ähnliches schon vorhanden war“.
Außerdem präzisierte der Herr Frank die Sache mit der Terrorgruppe. Es war nämlich „Teil unserer Überzeugungsbildung, dass hier die Vorbereitung der Bildung einer terroristischen Vereinigung schon relativ weit vorangeschritten war“. Deshalb habe man genau jetzt zugeschlagen.
Ein Jahrhunderteinsatz
Ganz nebenbei vermeldete der „Brennpunkt“ noch eine dritte Exklusivnachricht: Die 25 Festgenommenen waren mittlerweile alle vor dem Haftrichter und der hatte für immerhin 19 Untersuchungshaft verfügt. Bei den restlichen sechs einkassierten Superkriminellen drohte offenbar weder Gefahr noch Flucht noch Vertuschung. Vielleicht gehörten sie ja nicht zum „militärischen Arm“ und waren eher so fürs Back-Office zuständig.
Die späteren Sendungen zum Thema brachten keine weiteren Erkenntnisse. Immerhin, bei Maischberger war Nancy Faeser live zu bewundern: „Es gab Umsturzpläne, Verschwörungsmythologien, die nicht ungefährlich waren, weil es zum einen diese Verschwörungsideologien und Umsturzpläne gab, und zusätzlich gab es in dieser Vereinigung offenbar einen bewaffneten Arm. Und bei Reichsbürgern ist die Nähe zur Waffenaffinität eh gegeben, aber in diesem Fall heute […] war das eben sehr real und deswegen war das sehr gefährlich.“
Lanz hatte Sebastian Fiedler zugeschaltet. Der ist ehemaliger Vorsitzender des Bundes deutscher Kriminalbeamter, jetziger SPD-Abgeordneter im Bundestag und ähnlich gut informiert wie die Innenministerin. Außerdem toppte er alle den Abend über wiederholten Superlative. Ein „Jahrhunderteinsatz“ sei das gewesen, zitierte Fiedler einen Ermittler, gegen eine „wahnsinnig gefährliche“ Gruppierung. Die Sicherheitsbehörden hätten „herausragend gute Arbeit geleistet“ gegen „rechten Verschwörungsterrorismus“.
Größter Flop der Polizeigeschichte?
Falls Ihnen das alles zu unübersichtlich war, fasse ich die dramatischen Ereignisse des gestrigen Schicksalstages noch einmal zusammen. Tausende Polizisten haben in einem „Jahrhunderteinsatz“ 25 Mitglieder einer Gruppe festgenommen, die in „Vorbereitung der Bildung einer terroristischen Vereinigung“ waren. Die Noch-nicht-Terroristen hatten einen „militärischen Arm“, der mit „Schutzwesten und Ähnlichem“ bewaffnet war. Mit diesem „militärischen Equipment“ waren sie drauf und dran, das Staatswesen umzustürzen.
Nun mag mancher auf den Gedanken kommen, dass es sich bei der behördlichen Mega-Maßnahme in Wahrheit um den größten Flop der deutschen Polizeigeschichte handelt. Ich widerspreche hiermit aufs Schärfste. Erstens ist es nicht ausgeschlossen, dass in irgendeiner Garagenecke noch ein Luftgewehr oder Obstmesser gefunden wird. Und zweitens hätte es auch viel schlechter laufen können. Immerhin sind von 25 eingefangenen Top-Beinaheterroristen schon mal 19 aus dem Verkehr gezogen. Sicher ist sicher.
Ich jedenfalls habe nach Mitternacht noch einmal bei „Bild“ reingeschaut. „Prinz Putsch und seine Terror-Bande“ war auf der Startseite bereits auf Platz fünf gerutscht, direkt hinter „Fieses Abschiedsgeschenk an Ex Stefan Mross“. Da wusste ich: Die Aktion war ein voller Erfolg. Nancy Faeser hat die rechte Gefahr besiegt, wir sind dem Abgrund entkommen, und ich kann beruhigt schlafen gehen. Aber puh, war das knapp, Menschenskinder.
Beitragsbild: The Conmunity Flickr CC BY 2.0 via Wikimedia Commons

Da werden Linke, Grüne und andere Faesernde noch Jahrzehnte berichten: “Ich habe überlebt”. So knapp war das! Vereinzelt wird auch spekuliert, dass nicht nur Waffen in Form von Schutzwesten, sondern auch Schutzhelme gefunden worden wären, wenn diese nicht von den wackeren Quotenbesetzung eines anderen Ministeriums längst an die Ukraine geschickt worden. Das hätte richtig übel enden können, wer kennt nicht die verheerenden Auswirkungen von Schutzkleidungs-Weitwurf-Operationen. Wer nicht überlebte in diesen Tagen, war Ece S.. Aber das kümmert stramme Linke, Grüne und Faesernde nicht, das ist denen wurscht, wenn real gemessert und gemordet wird. Viel wichtiger ist eine falsche Ideologie - sowas muß unerbittlich verfolgt und medial gut vorbereitet an die große Glocke gehängt werden.
Nicht dass der blaublütler noch in Festungshaft muss und auf die irrwitzige Idee kaeme, mein kampf neu aufzulegen. Immerhin - Abnehmer in politisch islamistischen Kreisen gaebs wohl zuhauf. Im Kampf gegen Rechts könnte auch ein lieber Mitarbeiter (div.) die Achse des Guten ein bisschen mit ins Boot nehmen …der Zweck heiligt schließlich jedes Mittel, das wussten schon die von Horch und guck beim heldenhaften antifaschistischen kampf
WELT berichtetr heute über Nancys Maischberger-Auftritt. Von der SPD ist geplant, jetzt die nächsten Umfragewerte abzuwarten und dann entscheidet Nancy, ob sie es wagen kann, den sicheren Innenposten gegen die Kandidatur um die lukrative Hessenmutterschaft abzugeben. Da steht plötzlich ein Verdacht im Raum. Ein wahltaktischer Propaganda-Coup also? Ergo: Machtmissbrauch zur persönlichen Vorteilsnahme?
Bürgergeld, Ein-Messermann, Gasunterversorung , Pass für alle, Inflation von 25%, neue Erbschaftssteuer, Bindendebakel, 800 Milliarden Urteil, Diversity not wins….............da müssen Erfolge her. Die V-Männer und U-Boote haben sehr gute Arbeit geleistet. Und ARD und ZDF bringen den lang erwarteten Brennpunkt, nicht für das getötete 14 jährige Mädchen, sondern….........für Nancy, die Aufrechte der Linken.
Danke Herr Löwenstern für die überzeugende Würdigung des grandiosen Einsatzes unserer Sicherheitskräfte. In Jena heulten um 11.30 Uhr die Sirenen! Vermutlich hatte die Stadtverwaltung Ihre Entwarnung noch nicht gelesen. Da ich Herrn Steinmeier nicht mehr sehen kann, bin ich erst durch Sie auf die existentielle Bedrohung unserer Demokratie aufmerksam geworden, die schon einmal durch “rückgängig machen” eines Wahlergebnisses vor dem Untergang gerettet wurde.
Köstlicher Artikel! Auch ich - ich bekenne es - habe Angst bekommen. Offenbar hatten die Schlimmen der Schlimmsten den Kaiser schon ausgebuddelt. Aber noch vor meiner Flucht in den Luftschutzkeller kam Entwarnung. Die Näntzie und der Fränkie war´n helle und haben den finsteren Finsterlingen mit Hilfe der Dreitausend und mit Todesmut die rostige Gartenschere und das stumpfe Küchenmesser aus den Klauen gerisssen. DANKE! DANKE! DANKE! Da kann es ja bei uns weiter seinen (Unter)Gang gehen…
Unsere “ewig Unverantwortlichen” wollten wahrscheinlich der Konkurrenz endgültig das Wasser abgraben, sind sie doch mit einer Ministergarde angetreten, die mit festem Willen sowie Heil, Faeser u. a. das umsetzen wollen, was man diesen verrückten “Reichsbürgern” nun unterstellt. Es wäre schon lustig gewesen, wenn sich diese muntere Rentnertruppe mit Schreckschuss- und Wasserpistolen sowie Handschellen bewaffnet auf dem Weg gemacht hätten, um diese Regierung zu verhaften, dann hätte eigentlich nur noch Alice Schwarzer als “Kriegberichterstatterin” gefehlt. Eigenartig auch, dass man die Polizei überall hinschickt, nur nicht da, wo es dringend erforderlich ist.