Thomas Rietzschel / 27.02.2022 / 15:00 / Foto: achgut.com / 55 / Seite ausdrucken

Putin hält Wort und macht, was er versprochen hat

In der vorigen Woche schrieb ich an gleicher Stelle über die Gefahr einer militärischen Intervention Russlands in die Ukraine. Ich warnte, Putin würde das Land überfallen und einnehmen, um seinen Machtbereich zu erweitern, die geopolitische Lage in Europa zu verändern. Dieser Kassandraruf gefiel nicht allen. Man unterstellte mir „bewusste Provokation“, „Voreingenommenheit“ gegenüber den Russen. Von „Hetzerei“, „Quatsch“ und „Fehleinschätzung“ war die Rede. Putin, schrieben viele, wolle „keinen Krieg“, er sei kein Verrückter, nur ein Mann der „gnadenlos“ zeige, was Politik - Machtpolitik - ausmacht!

Das immerhin stimmte. Putin hat sein Wort gehalten. Er tut, was von ihm zu erwarten war: Seit Tagen führt er aus der Luft, zu Lande und vom Wasser her Krieg gegen die Ukraine. Bomben und Raketen schlagen in Kiew ein. Wohnhäuser liegen in Trümmern. Menschen suchen Zuflucht in überfüllten U-Bahn-Stationen, zittern um ihr Leben. Sonderkommandos suchen derweil nach dem Präsidenten und dessen Familie. Als Nazi und Drogenabhängigen verleumdet ihn das staatliche russische Fernsehen.

Und als ob das nicht schon genug wäre, hat Putin die unterworfene Ukraine nun auch noch verhöhnt, indem er Verhandlungen anbot, nicht auf neutralem Boden, sondern in Minsk, der Hauptstadt des bereits von Moskau gelenkten Weißrusslands. Was soll bei solchen Verhandlungen herauskommen als die totale Kapitulation? Wird der ukrainische Präsident aus einem vergitterten Keller in den Saal geschleppt; herausgeholt aus einem Raum, in dem man ihn zuvor, sowjetrussischer Tradition folgend, einer besonderen Behandlung unterzogen hat?

Dank der deutschen Diplomatie

Bevor sich Putin-Versteher gleich wieder vergaloppieren, sollten sie jetzt erst einmal in sich gehen. Rechthaberei ist kein schöner Zug, gewiss nicht. Doch gibt es Momente der Bedrohung, wo man diejenigen, die sich blind stellen, daran erinnern möchte, mit wem sie sich gemein gemacht haben. Auf ihre Weise haben die deutschen Putinisten es erleichtert, einen Krieg vorzubereiten, von dem noch niemand sagen kann, bis an welche Grenze der Aggressor vormarschieren wird. Die strategische Lage war für ihn nie günstiger, nicht zuletzt dank der deutschen Diplomatie. 

Gleich nach Gerhard Schröder, zu Beginn ihrer ersten Kanzlerschaft, hatte Angela Merkel angefangen, mit Putin politisch weiter zu kuscheln. Das passte dazu, Deutschland durch einen Linksruck international neu aufzustellen, stärker nach dem Osten orientiert, während Putin sicher sein durfte, dass sie ihm den Westen, NATO und EU vom Halse halten würde. Als Dritter gesellte sich schließlich Schröder zu diesem Club der „lupenreinen Demokraten“. Kaum aus dem Amt gewählt, heuerte er im Kreml an. Inzwischen zählt er zu den wichtigsten Wirtschaftsbossen Russlands. Sein Einzug in den Aufsichtsrat des staatlichen Ölmultis „Gazprom“ ist beschlossene  Sache. Ein russischer Resident mitten in Deutschland.

Das war alles gut geplant – von langer Hand, mindestens so gut wie der humanistisch verbrämte Rückbau der Bundeswehr zu einer Gurkentruppe, von der die Generäle heute sagen, sie wäre nicht mehr in der Lage, das Land zu verteidigen. Es fehlt an Mannschaften und Material. Die Wehrpflicht ist ausgesetzt. Die Gewehre schießen um die Ecke; die Panzer springen nicht an; und die Hubschrauber zur Ausbildung der Piloten muss sich die Luftwaffe vom ADAC leihen. Dafür hängen nun Schminkspiegel in den Spinden der Soldatinnen. Die Armeeangehörigen haben Anspruch auf geregelte Arbeitszeiten, auch auf eine Halbtagsbeschäftigung; in den Kasernen gibt es Kindergärten und Wickeltische. Von der Leyen und Kramp-Karrenbauer haben sich um die Entmilitarisierung des Militärs verdient gemacht. 

Deutschland steht blank da

Wladimir Putin, dem alten KGB-Spion, dürfte das kaum entgangen sein. Schon das Personal, das der Westen nach Moskau schickt, um ihn zu besänftigen, muss den Mann reizen. Für wie schwach, mag er sich fragen, hält ihn der Westen, dass er glaubt, ihn mit wochenlangen Sanktionsgesäusel  umstimmen zu können. Wieso sollte er überhaupt zuhören, wenn eine Annalena Baerbock ihm in den Ohren liegt? 

Der Westen und Deutschland vor allem stehen, wie ein hochrangiger Offizier neulich sagte, „blank“ da. Putin hat uns längst im Sack. 55 Prozent unseres Erdgases beziehen wir bereits aus dem Osten. Auch ohne Nord Stream 2 kann Putin die hiesige Industrie und das private Leben lahm legen, indem er den Gashahn zudreht.

Es hilft nichts, die Augen vor der Realität zu verschließen. Abzuwarten bleibt, ob den Linken, den Grünen, den  Christen, den im  Wohlstand geistig verarmten Gutmenschen in toto endlich  ein Licht aufgeht oder ob sie ihrem russischen Freund weiter die Stange halten, koste es, was es wolle - die warme Stube, das Licht am Abend oder den freien Ausgang. 

Foto: achgut.com

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lutzgerke / 27.02.2022

Sie glauben auch alles. Seit 30 Jahren werden wir nach Strich und Faden belogen und immer von dem Versprechen begleitet, daß es uns dann allen besser geht. Wo genau ist der Unterschied zwischen Ihrer Meinung und der von Baerbock? Die einen fühlen sich überrumpelt und springen auf den Mainstream auf und Sie bescheinigen sich prophetische Gabe und springen auf den Mainstream auf. Sie zählen nur die Taler. Das tun alle. Gegen Russland waren Sie genau in dem Moment, als der Wind sich gegen Putin drehte. Geben Sie es zu. Und bestimmt haben Sie in Chodorkowskij auch einen Freiheitskämpfer gesehen? Ich glaube, ich bin der einzige, der die Journalistenhandbücher von Wolf Schneider gelesen hat. Dabei bin ich weder Autor noch Journalist. / Ein Chefredakteur war erschüttert zu der Einsicht gelangt, daß unter den Bonner Politikern “die große Verlogenheit” ausgebochen sei. Verlogenheit ist aber nichts, was noch irgendwo ausbrechen könnte. W.S. Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht.    

R. Reger / 27.02.2022

So schwer es mir fällt, aber ich muss folgendes zugestehen. Wie es scheint, wurde es im Taumel des Mauerfalls in sträflicher Weise unterlassen, die verbalen Zusagen bezüglich einer Nato Ausdehnung in Vertragsform zu giessen. Die Schlüsselländer hätten zu diesem Zeitpunkt die UNO NY anrufen müssen, um den rechtlichen Rahmen zu sichern. Das wurde zweifelsfrei nicht getan. Gäbe es solch ein Dokument, dann würde Putin es allen vor die Nase halten. Dass es kurz darauf die UDSSR zerlegte, machte das Chaos komplett, also war die Einbeziehung der UNO um so nötiger. Leider hatte Ban Ki Moon von den UNO Mitgliedstaaten keinen Auftrag zur Klarstellung erhalten. Moskau hatte zugegebener Maßen andere Sachen im Kopf, also blieb als einziges das seichte Zugeständnis der UDSSR an das vereinigte Deutschland, sich der Nato als Ganzes anzuschliessen. Dass zu jenem Zeitpunkt niemand an eine souveräne Ukraine mit Atomwaffen dachte, mag so nachvollziehbar sein, so wie es nachlässig war. Was aber nicht ausschliesst, dass Russland nun ein legitimes Interesse an der nicht Ausweitung der Nato hat. Denn die Aufnahme der Ukraine bedeutet einen bedeutenden Einfluss auf die internationale Ordnung. Zum Budapester Memorandum: Wenn die Zusagen Genschers und Bakers keinen bindenden Charakter hatten, dann hatte das Budapester Memorandum ebenfalls keinen bindenden Charakter, es war ein memo. Man befand sich ab jenem Zeitpunkt in einem gefährlichen Freiflug, und hat fahrlässig ein dringendes Problem ignoriert. Das versucht nun jede Partei für sich auszunutzen. Meine Empfehlung wäre gewesen, Putin hätte sich spätestens 2014 uns vor seinem Einmarsch an die UNO gewandt, und vor der Generalversammlung seine Sicht der Dinge zur Diskussion gebracht. Das hätte die Nato Aggression erst mal entschärft, und das internationale Augenmerk wäre auf Putins Sache gelenkt. So wie es jetzt steht, ist die gesammelte internationale Gemeinschaft gegen den Einmarsch und Putin droht das Schicksal Milosevic’s und Gefolge.

Irmgard Grünberg / 27.02.2022

Endlich hat die Bundesregierung die Realität erkannt, die Sie Herr Rietschel richtig vorhergesehen haben und beschreiben, und die 180 Grad -Wende geschafft, das gibt etwas Hoffnung.  Einige Kommentare hier auf der Achse dazu sind mindestens etwas merkwürdig .

M.Mueller / 27.02.2022

Ich finde, das Wort Putinversteher wird völlig zu Unrecht den Putin-Verteidigern vorbehalten. Es ist genau anders herum. Ebenso unverständlich ist es, diesen Überfall als eventuelle Befreiung (Broder am 14.02.) zu nennen.

Sepp Kneip / 27.02.2022

Ja. Herr Rietzschel, auch ich habe Ihren letzten Beitrag kritisch gesehen. Dass Putin in die Ostukraine, in der überwiegend Russen leben, einmarschieren würde, war für mich eigentlich klar. Diese wurde nämlich von der Westukraine immer wieder attackiert. Dass Putin aber die ganze Ukraine angreifen würde, lag außerhalb meiner Vorstellung, weil das doch mit vielen Opfern auf neiden Seiten verbunden sein wird. Ich finde es daher auch nicht richtig, aber dennoch finde ich es nachvollziehbar. Mit dem von den USA mit fünf Milliarden Dollar gesponserten Majdan-Putsch wurde ein Funke an eine Zündschnur gelegt, der jetzt den Sprengsatz erreicht hat.. Der Westen hat die Warnungen Putins, die es wirklich zur Genüge gab, nicht gehört oder nicht hören wollen. Mit dem Majdan-Putsch hat der Westen die Ukraine erobert. Putin versucht nun mit diesem Krieg diese Eroberung rückgängig zu machen. Ob es der richtige Weg ist, mag jeder für sich entscheiden. Jedenfalls sah Putin durch das Verlangen der NATO, sich die Ukraine einzuverleiben,, die Interessen Russlands gefährdet und er handelte. Mit den Folgen muss er leben .              

Helmut Bühler / 27.02.2022

Bei aller Verurteilung der russischen Aggression sollten wir jetzt aber nicht anfangen, das Opfer Ukraine kritklos zu verklären. Da gibt es massenhaft Nazis. das wird nicht dadurch falsch, dass Putin diese als Vorwand für seinen Krieg nimmt. Außerdem ist die Ukraine das korrupteste Land Europas. Da hat nicht nur der Biden-Clan seine schmutzigen Finger im Spiel. Und hätte der Westen nicht versucht, in und mit der Ukraine anti-Russlandpolitik zu machen ohne jede Rücksicht auf die Ukraine selbst, dann wäre es nicht so weit gekommen. Man kann nicht negieren, dass der Staat Ukraine ein synthetisches Gebilde ist und jenseits des Dnjeper Menschen wohnen, die etnisch Russen sind und sich auch so fühlen. Diese Tatsachen klar zu sehen und zu benennen rechtfertigt nicht, jemand das abwertend gemeinte Etikett “Putin-Versteher” anzuheften.

Esther Braun / 27.02.2022

Der Bundeswehr fehlen warme Unterhosen. WARME UNTERHOSEN!!! Wie damals vor Stalingrad…da hätte man wohl doch dem Oppa zuhören sollen, wenn er vom Krieg erzählt!

Peter Holschke / 27.02.2022

Jeder steht es frei, für die glorreiche ukrainischen Sache sein Leben zu geben. Freiwillige bitte an die Ostfront. Aber bitte nicht die Söhne fremder Leute ins Feuer schicken wollen. Krieg ist Scheiße und trifft immer die Falschen, dieser Krieg schwelt aber schon seit 2014, kaum jemand hat es gejuckt. Wer nun meint, Benzin ins Feuer gießen zu müssen, etwa durch Waffenlieferungen, macht sich mitschuldig.

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