Marcus Ermler / 10.04.2022 / 16:00 / Foto: Henry W. / 20 / Seite ausdrucken

Putins Pogo mit der Bloodhound Gang

Auch in Sachen Kunstfreiheit hat Russlands Machthaber eine kurze Zündschnur.

„Kunst ist Magie, befreit von der Lüge, Wahrheit zu sein“, hat Theodor W. Adorno in seiner philosophischen Schrift „Minima Moralia“ einmal geschrieben. In dieser Begriffsdefinition schält sich Kunst in der Demaskierung von Unwahrheit als ein natürlicher Kontrapunkt autokratischer wie totalitärer Systeme heraus, die eben nur diese eine Wahrheit kennen und als solche zur postulierten Objektivität erheben, nämlich ihre eigene.

Wenig verwunderlich, dass die DDR eine ganze andere „Idee der Kunst“ hatte. So sollte diese „der Marschrichtung des politischen Kampfes folgen“. Von Freiheit demnach keine Spur. Dies spiegelt sich im Umgang der DDR-Staatsführung mit der Punkbewegung und ihren musikalischen Ausläufern wider, die in ihrer gesellschaftlichen Subversion von Pogo und Anarchie zwangsläufig an den monolithischen Grundmauern des sozialistischen Einparteienstaates rütteln mussten. Ein weiterer Klassenfeind war geboren, der die DDR-Staatsführung dabei nicht nur durch die Ablehnung der bestehenden Staatsform, sondern mehr noch durch Negation jeder Form von Autorität herausforderte.

So wurde die erste Generation der Punks zu Beginn der 1980er Jahre von den Sicherheitsorganen als „kriminell gefährdet“ eingestuft, beobachtet und bis 1984 von der Staatsmacht nach einem Befehl von Stasi-Chef Erich Mielke „zersetzt“. Konkret bedeutete diese Zersetzung für Punkmusiker, dass Bandmitglieder in den Westen abgeschoben, in die NVA eingezogen, verhaftet und sogar zu Haftstrafen verurteilt wurden. Exemplarisch ist der Umgang mit der Punkrock-Band Namenlos, der zunächst „staatsfeindliche Hetze“ sowie öffentlicher Aufruhr vorgeworfen wurden, und deren Mitglieder in der Folge dann für bis zu anderthalb Jahre ins Gefängnis kamen.

Beim Großen Bruder sah es allerdings auch nicht viel besser aus. So begann die Sowjetunion ab 1983, „nichtsowjetische Lebensstile“ zu verfolgen, darunter auch den der Punks. Jegor Letow, der Frontmann der Punkband Graschdanskaja Oborona, wurde im Herbst 1985 aufgrund seiner provokativen wie politischen Lyrics für mehr als ein halbes Jahr in eine Nervenklinik zwangseingewiesen und sein Bandkollege Konstantin Rjabinow trotz eines Herzleidens in die Armee eingezogen. Doch verhält es sich beim Postkommunisten Putin und dessen KGB-Regime heute tatsächlich substanziell anders?

Bloodhound Gang musste Russland fluchtartig verlassen

Ein Fall, der bald neun Jahre zurück liegt, veranschaulicht gut, was Putins Racket unter Kunstfreiheit versteht. Denn damals war die US-amerikanische Rock- und Punkband Bloodhound Gang rund um ihren Frontsänger Jimmy Pop – den meisten vielleicht noch durch ihren millionenfach verkauften Hit The Bad Touch aus dem Jahr 1999 bekannt, bei dem die Band im Musikvideo in Affenkostümen Paris unsicher macht – als Hauptakt für ein Rockfestival am Schwarzen Meer in Krasnodar eingeplant. Soweit kam es indes gar nicht erst. Die Punkrocker mussten das Land nämlich fluchtartig verlassen, nachdem Putins Regime einen nationalistischen Mob auf sie hetzte.

Was war passiert? Der extrovertierte wie exhibitionistische Bassist Jared Hasselhoff, den das jüngere deutsche Publikum aus diversen ProSieben-Formaten wie „Duell um die Welt“ oder „Die beste Show der Welt“ beziehungsweise unlängst aus dem „Kampf der Realitystars“ bei RTL II kennen dürfte, steckte sich wenige Tage vor dem Auftritt in Russland, Ende Juli 2013, bei einem Konzert im ukrainischen Odessa die russische Flagge in die Unterhose, zog sie sich anschließend durch seinen Schritt und rief dem Publikum zu „Erzählt das nicht Putin!“.

Eine nur allzu typische Aktion für eine Band, bei der sich der Ausspruch „über Geschmack lässt sich nicht streiten“ wirklich jeder Semantik entledigt. Allen voran „Evil Jared“, wie Bassist Hasselhoff auch genannt wird, bei dem der Ekelfaktor immer mit dabei ist: Urinierte Hasselhoff bereits früher auf seine Bandkollegen, aß mal Insekten auf der Bühne oder schüttete gleich einen Maßkrug auf Ex herunter, um ihn dann in das Glas auszuspeien und erneut zu trinken. Die Bloodhound Gang nimmt auf der Bühne wie auch musikalisch keinerlei Rücksicht auf irgendwelche gesellschaftlichen Normen oder politische Korrektheit.

Frontsänger Jimmy Pop beschrieb das Anliegen der Bloodhound Gang überspitzt einst so: „Wir versuchen, jedermanns Gefühle zu verletzen; es gibt uns ein besseres Gefühl über uns selbst.“ Dies dokumentieren ebenso Songs wie „Foxtrot Uniform Charlie Kilo“ (worum es hierin geht, kann jeder nach dem NATO-Alphabet selbst entschlüsseln), „I Wish I Was Queer So I Could Get Chicks“ (das LGBT-Magazin The Advocate taufte die Band sodann „Rock’s Gay wanna-bes“) oder „Diary Of A Stranger“ (im musikalischen Stil der Neuen Deutschen Welle geht es darin um Durchfall). Die taz notierte im Jahr 1999, dass die Band „mit ihren Sounds, Styles und Lyrics so wirkt, als hätte sie sich Beavis, Butthead und die South-Park-Kids auf ihrem Sofa ausgedacht“.

Für Russlands Kommunisten sind Fahne und Hymne heilig

In Deutschland entlockt einem diese Causa sowieso nur ein Achselzucken, spätestens nachdem das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2000 das Lied „Deutschland muss sterben“ der Hamburger Punkband Slime zur „Kunst im Sinne des Grundrechts“ erklärte. In Putins Russland wurde es jedoch zu einer Staatsaffäre.

Gennadi Andrejewitsch Sjuganow, seit 1993 Vorsitzender des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei, reklamierte seinerzeit, dass „für jeden normalen Menschen […] die Fahne und Hymne heilig [sind], man muss dafür sorgen, dass so etwas nicht vorkommt“. Dass für Sjuganow und seine kommunistische Partei selbst tatsächlich russische „Fahne und Hymne heilig“ sind, bezeugt heute ihre öffentliche Verteidigung von Putins Angriffskrieg mit den Worten des Kremlchefs als „Entmilitarisierung und Entnazifizierung der Ukraine“.

Wladimir Wolfowitsch Schirinowski, Vorsitzender der russisch-nationalistischen Liberaldemokraten, ging noch weiter als Sjuganow und äußerte, „Bloodhound-Gang – schon dieser Name ist ja ekelhaft. Niemand soll die mehr irgendwohin einladen!“. Ob Schirinowski, der an eine jüdische Weltverschwörung glaubte und die jüdische Abstammung seines eigenen Vaters jahrzehntelang vehement bestritt (!), sich auch daran störte, dass Frontmann Jimmy Pop auf der väterlichen Linie Rabbiner als Vorfahren hatte, wie dieser der Tageszeitung The News-Times im Jahr 2004 verriet, bleibt Spekulation.

Es ist zumindest kein unbegründeter Verdacht. Schirinowski, dessen Wahlerfolg im Jahr 1993 zehntausende russische Juden zur Emigration bewegte, schrieb doch 2001 in einem Buch: „Warum sollte ich russisches Blut, russische Kultur, russisches Land ablehnen und mich in das jüdische Volk verlieben, nur wegen dieses einzigen Blutstropfens, den mein Vater im Körper meiner Mutter hinterlassen hat?“

Auf Flughafen von Putins Hilfspolizei tätlich angegriffen

Wie dem auch sei, Schirinowskis Forderung, die Band nicht mehr einzuladen, blieb nicht ungehört. Der 2013 als russische Kulturminister amtierende Putin-Verehrer Wladimir Medinsky – ein mittlerweile überführter Promotionsbetrüger, pathologischer Stalin-Versteher und, trotz alledem (oder gerade deswegen?), der heutige Leiter der mit der Ukraine verhandelnden Moskauer Delegation – verbot nach Bekanntwerden von Hasselhoffs Aktion in Odessa den Auftritt der „Idioten“ in Russland, wie Medinsky es seinerzeit im sozialen Medium Twitter mitteilte.

Medinsky ist ein Kulturminister, der Russland „als den letzten Hüter der europäischen Kultur, der christlichen Werte und der wahrhaft europäischen Zivilisation“ sieht, wie er der russischen Tageszeitung Kommersant im Jahr 2014 sein Russlandbild erklärte. Kunstfreiheit scheint indes bei Medinsky kein Teil dieser „europäischen Kultur“ zu sein. Verbot er doch nicht nur den Auftritt der Band, sondern wies den Gouverneur der Region Krasnodar, Alexander Tkatschjow, an, dass die Bloodhound Gang ihre Koffer packen und abreisen müsse.

Fernab der rhetorischen Kabinettstücke und Boykottmaßnahmen aus Putins Nomenklatura wurde es dann noch handfester. Unter einem faktisch nur vermeintlichen Polizeischutz gelangte die Band zu einem Flughafen in Anapa im Süden Russlands, auf dem sie von selbsternannten „Kosaken“ angegriffen wurden. Bei dieser offenbar von den russischen Behörden geduldeten Aktion ging die kosakische Hilfspolizei Putins, die sich wie der russische Machthaber positiv auf die Zarenzeit bezieht, auf Hasselhoff los und trampelte überdies auf einer US-Fahne herum. Und als Vorspiel zu diesem krönenden Abschluss bewarfen Mitglieder einer kremltreuen Jugendorganisation das Fahrzeug der Band auf dem Weg zum Flughafen mit Eiern und Tomaten.

FSB sanktioniert das Verhalten von Hasselhoff

Die oberste Ermittlungsbehörde in Moskau ordnete schließlich ein Verfahren wegen „Schändung des Staatssymbols“ gegen Hasselhoff an; inklusive der Veröffentlichung eines Fotos von Hasselhoff. Die Folge: Die Band wurde mit einem fünfjährigen Einreiseverbot belegt, womit der für die Grenzsicherung zuständige Inlandsgeheimdienst FSB Hasselhoffs „beschämende[s] Verhalten“ sanktionieren wollte. Wobei die Bloodhound Gang bis dahin noch Glück hatte. Denn in Putins Russland können Gerichte tatsächlich Gefängnisstrafen verhängen, wenn Staatssymbole entehrt werden.

Erinnert sei in diesem Zusammenhang an den Fall zweier Mitglieder der Moskauer Punkband Pussy Riot, die zu zwei Jahre Haft in einem russischen Straflager verurteilt worden waren, nachdem sie in einer Kirche gegen Kremlchef Putin protestiert hatten, indem sie in einem „Punk-Gebet“ Gott anflehten, Russland von Putin „zu erlösen“. Eine Strafe, die einen auch in Putins Vasallenstaat Weißrussland erwartet, wie es die Mittelalter-Folkband Irdorath erleben durfte, die bei den Protesten gegen Dauermachthaber Lukaschenko im Sommer 2020 mit Dudelsäcken den Protestsong „Peremen!“ der russischen Rockband Kino anstimmte. Zwei Bandmitglieder sind mittlerweile zu zwei Jahren Haft verurteilt worden, drei weitere warten in Untersuchungshaft auf ihre Urteile.

Putins Regime scheint die Causa der Bloodhound Gang später als Vorbild für den Umgang mit unbequemen ausländischen Bands herangezogen zu haben. Denn ein Jahr später traf Putins Bannstrahl eine obrigkeitskritische und religionsfeindliche polnische Death-Metal-Band, deren Konzerte zunächst von orthodoxen wie auch rechtsradikalen Aktivisten gestört worden waren und die vor ihrer Ausweisung aus Russland unter fadenscheinigen Gründen für eine Nacht in eine Gefängniszelle in Jekaterinburg gesteckt wurden, deren Wände mit Exkrementen beschmiert waren. Wie im Fall der Bloodhound Gang wurde die Death-Metal-Band ebenfalls mit einem Einreiseverbot für die nächsten fünf Jahre bestraft.

Versuchte Russland eine Red Notice von Interpol zu erreichen?

Auch der Fall der Bloodhound Gang nahm noch weitere Wendungen. Im September 2013 schrieben Russlands Behörden die Band wegen Verunglimpfung des russischen Nationalsymbols und Erniedrigung des Nationalgefühls des Volkes zur Fahndung aus. Das Ermittlungskomitee habe darüber hinaus den Verdacht geäußert, dass die Mitglieder der Band sich gegen die Menschenwürde russischer Staatsbürger verschworen haben sollen. Es drohten im Fall der Auslieferung so doch mehrere Jahre Gefängnis, möglicherweise bis zu fünf Jahre Lagerhaft.

Zudem behauptete die russische Justiz von da ab, Frontmann Jimmy Pop hätte in der Ukraine „beleidigende Ausdrücke auf Englisch gegen Russland“ verwendet. Ein auf Youtube hochgeladenes Video dokumentierte indes Gegenteiliges, nämlich seine Missbilligung von Hasselhoffs Aktion. An diesem Punkt werden die Vorwürfe von Putins Justiz ohnehin vollständig kontrafaktisch. Jimmy Pop setzt Tweets für die russisch-amerikanische Freundschaft ab und arbeitet musikalisch mit der Sankt Petersburger Elektromusik-Gruppe „Russian Village Boys“ zusammen.

Im November 2013 leitete die Justiz in Moskau gegen die gesamte Band ein Strafverfahren wegen „Schändung“ der russischen Nationalflagge ein. Der Sprecher der zuständigen Ermittlungsbehörde erklärte dies damit, dass Hasselhoff „ein Nationalsymbol verunglimpft und die Gefühle der Russen gedemütigt“ und die anderen Bandmitglieder ihn bei dessen „verbrecherischen Handlungen“ unterstützt hätten.

Jimmy Pop berichtete Anfang März dieses Jahres auf Twitter ferner davon, dass Russland zu jener Zeit eine rote Fahndungsausschreibung von Interpol gegen die Band erreichen wollte, eine sogenannte Red Notice, die ein Ersuchen um Festnahme oder vorläufige Festnahme mit dem Ziel der Auslieferung beinhaltet.

Wie dieser Vorfall überhaupt in Russland solch eine Öffentlichkeit erlangen konnte, erklärt sich ein Stück weit nicht nur durch ein publik gewordenes Video von Hasselhoffs Aktion, sondern mehr noch durch den Bürgermeister von Odessa im Jahr 2013, der der Putin-nahen „Partei der Regionen“ angehörte, die vom 25. Februar 2010 bis zum Euromaidan 2014 mit Wiktor Janukowytsch den Präsidenten der Ukraine stellte. Die Drähte nach Moskau müssen seinerzeit geglüht haben.

Was die Band ins Publikum wirft, geht vorher durch Hasselhoffs Hose

Wenig verwunderlich, dass auch Janukowytschs Ukraine Hasselhoff im Jahr 2013 ebenfalls mit einem Einreiseverbot belegte, da dieser zuvor während eines Konzerts in Kiew sogar auf eine ukrainische Flagge urinierte. Putins ukrainische Stellvertreter wollten ihrem Potentaten in Sachen Kunstfreiheit wohl in nichts nachstehen. Dass Hasselhoff jedoch alles andere als eine anti-ukrainische Agenda verfolgt, dokumentiert eine von ihm vor wenigen Tagen organisierte Spendensammlung zur Beschaffung von Schutzwesten für die Ukraine.

Der heutige ukrainische Präsident Wolodymyr Selenski, der früher als Komiker reüssierte, hätte ohnehin wohl einen entspannteren Umgang mit dieser Causa gepflegt als die damaligen Handlanger Putins in der Ukraine. Erinnert sei an einen Auftritt Selenskis, bei dem er und drei seiner Kollegen mit heruntergelassenen Hosen auf einem Klavier freihändig das hebräische Volkslied „Hava Nagila“ spielten. Mit welchem Körperteil sie dies vermeintlich taten, überlasse ich an dieser Stelle der Phantasie des Lesers. Hasselhoff hätte dies sicherlich mit Interesse verfolgt, ließ er doch vor Jahren bei TV Total buchstäblich die Hosen herunter und hielt sein bestes Stück in die Kamera.

Und was sagte Hasselhoff nun zu den Vorwürfen aus Russland? In einer Bitte um Entschuldigung erklärte er im Nachgang ausdrücklich, keine russischen Gefühle verletzt haben zu wollen, sondern stattdessen nur die Bandregel befolgt zu haben, dass das, was die Band ins Publikum werfe, vorher den Weg durch seine Hose nehmen müsse. Und darüber hinaus sei die vermeintliche Schändung der ukrainischen Flagge in Kiew auch nur gespielt gewesen: „Es war nur Wasser aus einer Röhre, und ich habe kaum getroffen“, so Hasselhoff gegenüber dem TV-Sender Ukraina. „Ich wollte niemanden kränken“, ergänzte der Bassist. Dazu passt Hasselhoffs Aussage in einem Interview aus dem Jahr 2015, dass er eine Rolle spiele, wie es auch Show-Wrestler tun.

„Die Leute wollen eben keine Partyband, die über Politik redet“

Aus dem anarchistischen Klamauk der Bloodhound Gang überhaupt irgendeine Ernsthaftigkeit oder gar ein politisches Statement herauslesen beziehungsweise ableiten zu wollen, wie es die Putin-hörige Nomenklatura in beiden Ländern mittelbar nach Hasselhoffs Aktionen tat, ist schlicht tatsachenfremd. Zweitsänger DJ Q-Ball wurde 2006 recht deutlich über die politischen Ambitionen der Band: „Es gibt schon genug ‚Bonos’ da draußen, also, lassen wir das U2 machen, oder Rage Against the Machine. […] Und die Leute wollen eben keine Partyband, die über Politik redet – das funktioniert nicht.“

Während die Bloodhound Gang also aufgrund einer für sie typischen Provokation angegriffen und von russischen Behörden verfolgt worden ist, konnte der pathologische Antisemit Schirinowski ohne Konsequenzen im russischen Fernsehen übrigens Folgendes im Jahr 2015 von sich geben: „Die Juden besitzen alle Banken und Zeitungen, die Russen kämpfen gegen die Ukrainer um Donbass, nicht um Stalingrad, und die ganze Posse lenkt ein Neger aus Amerika.“ Dass der Inlandsgeheimdienst FSB nun Schirinowski für ein „beschämende[s] Verhalten“ sanktionierte, wie er es im Fall von Hasselhoff vor neun Jahren vorexerzierte, ist dabei nicht überliefert.

Das auf und neben der Bühne zelebrierte anarchistische Verhalten der Band stößt demnach bei Putins humorbefreitem Regime auf keinerlei Gegenliebe und wurde mit dem ganzen zur Verfügung stehenden Repressionsapparat sowie dessen Sanktionsmechanismen beantwortet: Von plumper verbaler Einschüchterung über die rohe Gewalt des Mobs bis hin zu politisch motivierten Strafverfahren. Putins Pogo mit der Bloodhound Gang. So kann man denn am Ende auch wieder mit Adorno schließen, der einst festhielt: „Kunst heißt nicht: Alternativen pointieren, sondern, durch nichts anderes als ihre Gestalt, dem Weltlauf widerstehen, der den Menschen immerzu die Pistole auf die Brust setzt.“

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Wolf Hagen / 10.04.2022

Der Autor mag ein begnadeter Mathematiker sein, ein Kenner des Punk ist er offenbar nicht. Nicht nur, dass die “erste Generation” des Punk bereits in den 70ern firmierte und nicht erst in den 80ern, nein, auch der Glaube, die Bloodhound Gang sei eine Punk-Band ist schon eher lustig. Sie wurde in den 90ern, zu Zeiten des “Grunge” bekannt, dem sie musikalisch auch viel näher steht, als dem Punk. Aber sei es drum, die Band ist eine Party-Band, nicht mehr und nicht weniger. Und zwar eine ziemlich gute. Ihre “Provokationen” waren und sind allesamt Show. Um in den wirklich (zumindest im Westen) ziemlich freien 90ern, überhaupt wahrgenommen zu werden, mussten sie schon ziemlich drastisch sein. Was sie auch taten, in den 90ern wurde das bestenfalls mit einem Lächeln und Schulterzucken quittiert. Das man diesen Albernheiten heute eine solche Aufmerksamkeit zollt, obwohl sich die Band dafür schon peinlicherweise entschuldigt hat, zeigt nur einmal mehr, wie spießig und verklemmt die Welt mittlerweile wieder ist. Im Westen dieses Mal nur eben mit linken Vorzeichen und in Russland dagegen mit rechten. Aber albern verklemmt ist man derzeit links, wie rechts, im Westen, wie im Osten. In diesem Sinne: “The roof, the roof, the roof is on fire We don’t need no water, let the motherfucker burn Burn motherfucker, burn!”

Michael Lorenz / 10.04.2022

Die Russlandflagge durch den Schritt ziehen fand also Putin nicht lustig? Da habe ich was für sie. Zitat: “Wegen Verunglimpfung: Mann hisst Deutschlandflagge mit Banane - jetzt droht eine Strafanzeige”. Wer ist das denn hierzulande, der da die kurze Zündschnur hat? Oder sind solche Reaktionen vielleicht einfach nur kennzeichnend für freiheitsfeindliche Systeme?

Christian Feider / 10.04.2022

tja,der Author scheint übersehen zu haben,da eit Neuestem die !EU-Fahne! auch sanktionsgechützt in Deutschland ist,waehrend die gute alte 1848er BRD-Fahne dieses nicht ist…Fun-Fact sozusagen. Ich kenne die Punkszene seit den frühen achzigern,solche “billigen” Provokationen haben eigentlich immer nur die schlechtesten Bands gezogen,um so Aufmerkamkeit zu erregen. Das kann durchaus auch mal schiefgehen und ich denke,in der Türkei haette die Band nicht weniger,eher MEHR Probleme bekommen. @ Marek,ja, Lancaster schaue ich mir auch oft an,allerdings muss man erwaehnen,das er auf russischer Seite berichtet. Aber das mit den Asow-Irren stimmt in Mariupolmeingekesselt im Stahlwerk,die sind wie tolle Hunde

Walter Weimar / 10.04.2022

“Für Russlands Kommunisten sind Fahne und Hymne heilig”. Gilt das nicht normalerweise für jedes Land und Volk? Oder gilt das nur für Rußland und hier zum Vorwurf? Dem Autor muß ich noch darauf hinweisen, in den USA wird immer ein ganz großes Aufhebens gemacht um Hymne und Flagge. Also Vorsicht, sonst sind sie ein Amerikafeind und werden nicht mehr gedruckt und gelesen.

Franz Klar / 10.04.2022

Puck Futins Torpedos und Dicke Berthas sind auch nicht von schlechten Eltern ... Gergiev und Netrebko sollen “dem Westen” wohl weismachen , daß nur Russen wirklich Noten lesen und singen können . Westeuropa fiel drauf rein . Die Ensembles selbst vieler Stadttheater werden mittlerweile kyrillisch geschrieben ...

Ludwig Luhmann / 10.04.2022

***Die unerkannte russische Volkshomophilie***—- Ich meine, dass der “Sozialistische Bruderkuss” doch schon sehr deutlich zeigt, was an den Seelen der Russen zerrt: Einerseits das demonstrativ zur Schau gestellte Machogehabe der Männchen und andererseits die gleichzeitig mit einem Deutungstabu versehene, aber offen ausgelebte Homophilie derselben Männchen. - Es ist also kein Wunder, dass die immer wiederkehrende Reaktion auf die eigenen, als tabuisiert geltenden, homophilen Impulse durch “Eroberungsversuche” mit vernichtenden Phallussymbolen (z.B. Raketen) sind. Auch die ubiquitäre Anwendung des zerstörerischen Volksgesöffs “Vodka” zur Verhinderung der Reflexion weist deutlich auf diesen inneren Homo-Macho-Konflikt hin. Zusammgefasst: Putin und seine Anhänger wollen zweifellos die Zeugen der sehr weit verbreiteten Homosexualität russischer Männer beseitigen. Selenskijs Regenbogenschar muss Putin schmerzhaft vor Agen führen, wie sehr er seine Neigungen verleugnet! - Ich gehe mal davon aus, dass es tuntenhafte Eifersüchteleien waren, die im Umfeld des “Stählernen” für all die völlig irrationalen Morde gesorgt haben. Ein echter Mann hätte sich nicht die Mühe gemacht, den Kopf des Trotzki in der Ferne penetrieren zu lassen.

S. Marek / 10.04.2022

Der US-Marine-Veteran und unabhängige crowd-finanzierte Journalist Patrick Lancaster, auf rairfoundation.com RAIR, ist in der südukrainischen Hafenstadt Mariupol, wo die russische Armee auf dem Vormarsch ist. Die ukrainische Nazigruppe Asow-Bataillon hat Maripol seit langem besetzt. Asow ist ein wichtiger Teil der ukrainischen Armee. Lancaster befragte Anwohner in der Nähe von Azovstal, einer großen Stahlfabrik, in der sich das ukrainische Militär verschanzt hat.  Ein Mann erzählte Lancaster, ein Scharfschütze habe ihn zweimal fast getroffen. Lancaster hörte die Kugeln um seine Ohren fliegen. Er erklärte, daß es nicht die Russen waren, die ihn fast getötet hätten, sondern ein Scharfschütze des Asow-Bataillons. “Sie schießen auf Zivilisten”, betonte der Mann. “Sie schießen nicht auf Soldaten, sondern auf Zivilisten. Sie töten Zivilisten und zerstören Gebäude. Diese Banderisten, oder Faschisten, oder Nazis oder SS-Leute, ich weiß nicht, wie ich sie nennen soll.”  Ukrainische Nazis töten Menschen -  Ein anderer Mann sagte dem Reporter, die Scharfschützen seien “Nazis”. “Ukrainische Nazis schießen auf Menschen und töten Menschen. Sie töten Zivilisten. Frauen, Männer, alle.”  Der Bewohner von Maripol sagte, daß sie Männer aus dem Gefängnis entlassen. Sie bekommen viel Geld, um Menschen grundlos zu töten. Lancaster erzählte dem Mann, daß die amerikanischen und europäischen Medien behaupten, Rußland zerstöre Städte und töte Menschen. “Rußland schießt überhaupt nicht auf Menschen”, erklärte der Mann. - Ukrainische Panzer zerstören Wohnhäuser - Eine weinende Frau erzählte dem Journalisten, daß sie ohne die russische Hilfe hungern und verdursten müßte. Die Frau, die sich bei den Russen bedankte, sagte, ukrainische Panzer hätten ihre Wohnung zerstört, und sie lebe in ständiger Angst.  Ein Mitglied der Volksmiliz sagte gegenüber Lancaster, die ukrainische Armee schieße aus nächster Nähe auf Zivilisten. “Sie verstecken sich hinter Zivilisten und schießen! ...

Gerd Quallo / 10.04.2022

Soweit ich weiß, war der Punk ein Marketinggag eines Musikproduzenten. Von der beknackten Musik mal abgesehen; was ist von Leuten zu halten, die sich gegen die Uniformität der Gesellschaft auflehnen und sich dazu uniform kostümieren? Die Bloodhound Gang hat aber ein paar echt liebenswerte Songs verzapft: A lap dance is so much better (when the stripper is cryin’) oder I hope you die. Oder Hooray for Boobies.

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