Wolfram Weimer / 07.08.2019 / 14:30 / Foto: kremlin.ru / 31 / Seite ausdrucken

Putins goldene Nase

Wladimir Putin lässt seine Zentralbank derzeit 4 bis 5 Tonnen Gold kaufen. Und zwar jede Woche. Seit vielen Monaten macht er das so. Fast unbemerkt von der Weltöffentlichkeit hat Putin die größte globale Goldspekulation seit Jahrzehnten gestartet. Die Goldreserven Russlands betragen nun mehr als 2000 Tonnen. Allein im Juni hat Moskau 18,66 Tonnen des Edelmetalls zugekauft. Seit Jahresbeginn ist Putins Goldschatz um 100 Tonnen gewachsen.

Putins Spekulation scheint aufzugehen. Da der Goldpreis binnen Jahresfrist um 20 Prozent gestiegen ist und inzwischen ein Sechsjahreshoch erreicht, mehren sich die russischen Reserven rechnerisch um etwa 20 Milliarden Dollar. Analysten beziffern den Wert des Edelmetalls in den russischen Zentralbank-Tresoren auf inzwischen mehr als 100 Milliarden US-Dollar. Putin verkündet stolz: “Zum ersten Mal in unserer Geschichte decken unsere Reserven die gesamte Auslandsverschuldung, sowohl staatliche als auch private, ab.”

Der World Gold Council hat ermittelt, dass die russische Zentralbank bereits im vergangenen Jahr der weltgrößte Goldkäufer war – 274,3 Tonnen seien in Moskau neu eingebunkert worden, unter anderem mit den Dollar, die man aus dem Verkauf der US-Staatsanleihen erlöst hatte.

Insgesamt stieg der weltweite Goldanteil bei den Zentralbanken innerhalb eines Jahres um 651 Tonnen. Das ist der größte Kennwert seit 1971, als die USA auf den Goldstandard verzichteten. Fast die Hälfte davon entfällt auf die Zentralbank Russlands. Und der von Putin ausgelöste Goldrausch geht Woche für Woche weiter.

Die amerikanische Dollardominanz schwächen

Putin verfolgt mit seinen Goldkäufen primär ein politisches Motiv. Russland will die US-amerikanische Dollardominanz schwächen und strebt eine “Entdollarisierung” seiner Reserven und seiner Handelswährung an. Importe und Exporte werden mit immer mehr Staaten systematisch auf Landeswährungen umgestellt. Nach einer Bloomberg-Analyse werden inzwischen gewaltige Handelsströme von und nach Russland völlig ohne Dollarfakturierungen abgewickelt.

Und weil der Dollar – aus Sicht Moskaus – als politische Waffe gegen Russland benutzt wird, ist Gold die perfekte Anlage, um sich gegen Dollar-Sanktionen zu schützen. Während die Goldreserven also auf absolute Rekordstände emporschießen, verfügt die russische Zentralbank nur noch über US-Staatsanleihen im Wert von 12,8 Milliarden Dollar. 2010 waren es noch fast 180 Milliarden Dollar.

Der anti-amerikanisch motivierte Einstieg ins Gold hat für Putin nun zwei überraschend spekulative Effekte. Zum einen steigt der Goldpreis mit jeder weiteren Verschärfung des amerikanisch-chinesischen Handelsstreites. Jede dadurch ausgelöste Verunsicherung an den Weltfinanzmärkten führt zu steigenden Goldpreisen. Denn Gold gilt vielen Anlegern rund um den Erdball als sicherer Hafen für Krisenfälle. Je heftiger sich also US-Präsident Donald Trump mit China in Handelsscharmützel verstrickt, desto wertvoller wird Putins Goldschatz. Selten galt in der Weltpolitik der Spruch “Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte” so goldig wie in dieser Konstellation.

Zum anderen profitiert Putins Goldspekulation auch von Trumps Politik des billigen Geldes. Je niedriger Washington und die Fed die Zinsen drücken, desto interessanter wird Gold als globale Geldanlage. Und so genießt Putin die Zufalls-Profite der US-amerikanischen Politik gleich doppelt.

Ein weltpolitischer Coup der kapitalistischen Art

Aber er befördert seine Spekulation auch durch gezielte Eigeninitiative. So wird fast das gesamte Gold, das russische Minen derzeit fördern, mittlerweile von der Zentralbank aufgekauft. Im vergangenen Jahr kaufte die Zentralbank 274 von den 314 Tonnen in Russland geschürften Goldes. Die Produktionsmenge fehlt natürlich auf dem Weltmarkt, so dass die Preise dort tendenziell weiter steigen. Denn die globalen Fördermengen stagnieren. Laut einer Prognose von Goldman Sachs werden die Mengen der globalen Goldförderung in den kommenden Jahren sogar zurückgehen.

Inzwischen folgen auch die Chinesen der Goldfinger-Politik Putins. Peking verkauft jetzt US-Staatsanleihen in größerem Stil und kauft an deren Stelle Gold. Im ersten Halbjahr fügte es seinem Goldvermögen weitere 74 Tonnen hinzu. China und Russland wollen sich demonstrativ von der Dominanz der US-Währung emanzipieren. Sogar die Türkei, Polen, Ungarn und Kasachstan kopieren plötzlich die Strategie und kurbeln Goldkäufe an. Alleine im ersten Halbjahr 2019 haben Zentralbanken nach Angaben des World Gold Council 374,1 Tonnen hinzugekauft. So viel wie seit 19 Jahren nicht mehr. Putins Plan “Weg mit dem Dollar, her mit dem Gold” macht also Schule. Es ist zu seinem 20-jährigen Machtjubiläum in dieser Woche ein weltpolitischer Coup der kapitalistischen Art. Er will die USA mit deren eigenen Mitteln schlagen.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf The European hier.

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Leserpost

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Roland Müller / 07.08.2019

Putin macht goldige Geschäfte in dem er den Handelsstreit zwischen den USA und China für seine politischen Zwecke nutzt und die EU, die sich die antirussische Politik von den Amerikanern hat aufzwingen lassen, spielt den Deppen.

Ulrich Jäger / 07.08.2019

@Michael Behringer: Wer profitiert vom Preisanstieg? Doch wohl derjenige, der verkauft. Und das sind weder die von Ihnen genannten 3 noch Russland, das gerade kauft. Russland geht es eher um das Ziel,  seinen Außenhandel ohne Dollarbasis abzuwickeln (wie im Artikel beschrieben). Ebenso wie China. Der letzte, der das versucht hatte, war Libyens Machthaber Gadaffi mit seinem Gold-Dinar. Es ist ihm bekanntlich nicht gut bekommen. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer. Für denjenigen, der die Weltreservewährung druckt, ist es wohl unerträglich, das andere erhebliche Anstrengungen unternehmen, davon wegzukommen. Genaueres dazu kann Ihnen der Dealer Ihres Vertrauens sagen.

Steffen Huebner / 07.08.2019

Da sieht man gleich wieder den hinterhältigen Charakter von Putin. Statt die schönen grünen Dollars oder bunten Euros in Zahlung zu nehmen, kauft der Mann einfach das Gold weg und verknappt es. Noch dazu, wo man “Gold nicht essen” kann, so aufwendig und umweltschädlich zu fördern ist. Da lobe ich mir unsere Bundesbank: Die nimmt die umweltfreundlichen, von der EZB in beliebiger Menge für Alle gedruckten Papierscheine (die, mit den schönen bunten Bildern darauf) und hamstert sie regelrecht, sozusagen als Gegenleistung für Sachwerte auf Target2 - Konten, deren Rückzahlung völlig ungeklärt ist.  Da kann man nur sagen: Prost!

F. Jung / 07.08.2019

@Michel Behringer:  Ihre Frage ist: “2000 Tonnen? da hat USA mehr als viermal soviel, Deutshland fast das Doppelte Frankreich auch noch satte 800 Tonnen mehr. Also wer profitiert vom Preisanstieg?”  Das lässt sich mit einem Satz aus dem Beitrag recht einfach beantworten: “Zum ersten Mal in unserer Geschichte decken unsere Reserven die gesamte Auslandsverschuldung, sowohl staatliche als auch private, ab.”  ..... Davon sind die von Ihnen genannten Staaten derzeit wohl weit entfernt…....  ;-)

beat schaller / 07.08.2019

Die “Guten” bauten die Golddeckung der eigenen Währung ab und die “Schlechten”  bauen sie vorsorglich für knappe Zeiten wieder auf. Ob man dem nun einen Anti US Namen gibt oder nicht ist zweitrangig. Hauptsache den Finger auf den bösen Anderen zu zeigen. Mir persönlich wäre es wohler, wenn wir heute noch die ursprüngliche Golddeckung hätten. b.schaller

Heinrich Moser / 07.08.2019

Gold ist Geld.  Alles andere ist Papier.

Thoma Pönisch / 07.08.2019

Goldspekulation? Im Leben nicht, er bildet Reserven und das ist sein gutes Recht.

Gunther Helms / 07.08.2019

Nur die Goldreserven der Bundesbank hat seit Jahr und Tag niemand zu Gesicht bekommen.

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