Christian Osthold, Gastautor / 05.12.2022 / 12:00 / Foto: Mil.ru / 51 / Seite ausdrucken

Putin und die Soldatenmütter

Am 25. November 2022 hat sich Wladimir Putin mit Frauen getroffen, deren Söhne in der Ukraine kämpfen. Was als Inszenierung eines fürsorglichen Vaters der Nation geplant war, erweist sich als bizarre Darbietung. Das Wort Krieg kommt im Zusammenhang mit der Ukraine kein Mal vor. 

Putin sollte als fürsorglicher Vater der Nation in Szene gesetzt werden, um dem Tod der bislang in der Ukraine gefallenen Soldaten posthum einen Sinn zu verleihen. Bevor im Folgenden ein näherer Blick auf den Verlauf der über weite Strecken absurden Veranstaltung und seine wesentlichen Momente zu werfen sein wird, sei vorausgeschickt, dass dieses Kalkül nicht aufging. 

Während Putin versuchte, seinen Gesprächspartnerinnen, deren Söhne teilweise bereits gefallen waren, so etwas wie aufrichtige Anteilnahme und Betroffenheit entgegenzubringen, war doch klar ersichtlich, dass er in Wahrheit nichts dergleichen empfand. Dafür wirkte sein Verhalten zu affektiert und bemüht. Die Absurdität des Treffens ergab sich andererseits aber auch daraus, dass die anwesenden Frauen konsequent nach dem ihnen vorgeschriebenen Drehbuch agierten. So stellten sie nicht etwa die Sinnhaftigkeit des Krieges infrage, sondern beschränkten sich darauf, die Regierungspropaganda wiederzugeben. Im Ergebnis steht die bizarre Darbietung eines perfiden Zynismus.

Den Einstieg in das Gespräch suchte der sichtlich angespannte Putin mit einem Verweis auf den bevorstehenden Muttertag:

„Sie wissen, dass wir übermorgen in Russland den Muttertag feiern. Es ist kein auffälliger, lauter Feiertag, aber dennoch ein Tag mit einem besonderen, sehr schönen Inhalt, der die allen Völkern unseres Landes eigene Haltung gegenüber Müttern unterstreicht – Respekt, Ehrfurcht und Bewunderung.

In diesem Zusammenhang möchte ich mich natürlich dieser Tugenden erinnern. Aber ich verstehe sehr gut, dass für Sie, wie für so viele andere Frauen in Russland, deren Söhne an der Front sind, die Einstellung zu diesem Ereignis natürlich nicht so sehr festlich, sondern eher mit einem Gefühl der Angst und Sorge verbunden ist. Sie treibt der Gedanke um, was mit Ihren Jungen geschieht. Denn für eine Mutter ist ihr Sohn, egal wie alt er ist, immer ein Junge, immer ein Kind. Und für diejenigen der hier Anwesenden, die ihren Sohn verloren haben, bedeutet der Muttertag natürlich auch, an den Tod ihres Kindes zu denken.

Wissen Sie, ich kann keine formellen, üblichen Beileidsbekundungen aussprechen. Aber ich möchte Ihnen sagen, dass ich persönlich und die gesamte Führung des Landes diesen Schmerz teilen. Wir verstehen, dass nichts den Verlust eines Sohnes, eines Kindes ersetzen kann. Das gilt vor allem für die Mutter, der wir alle unsere Leben verdanken, die uns aufgezogen hat. Ich möchte, dass Sie wissen, dass wir diesen Schmerz mit Ihnen teilen und natürlich werden wir alles tun, damit Sie sich nicht vergessen fühlen, wir werden alles tun, damit Sie eine Schulter zum Anlehnen haben.[…]

Meine kurzen Eröffnungsbemerkungen beschließend, möchte ich sagen, was ich immer sage: nämlich, dass alles zuallererst aus der Familie kommt. Die Tatsache, dass Ihre Jungs – zumindest die meisten von ihnen – das Schicksal gewählt haben, dem Vaterlande zu dienen, die Heimat, unser Volk, Russland und unsere Leute zu verteidigen, in diesem Fall Neurussland im Donbass – ist zweifelsohne auch die Frucht Ihrer Arbeit. Sie ist nicht das Ergebnis einiger Ermahnungen und moralischer Belehrungen – sie ist das Ergebnis des persönlichen Vorbilds. So verhält es sich immer.

Egal, was in der Schule gelehrt wird, auch wenn das natürlich sehr wichtig ist: die Basis des Selbstbewusstseins eines Menschen und das Fundament seiner Werte werden in der Familie von den Eltern gelegt. Dies ist die grundlegendste, wichtigste und fundamentalste Methode der Erziehung – das persönliche Vorbild.

Da sich Ihre Jungs so verhalten und damit geradezu heldenhaft agieren, kommt darin vor allem Ihr Verdienst zum Vorschein – und natürlich auch das Ihrer Ehemänner. Denn was innerhalb der Familie passiert, passiert immer auf beiden Seiten. Aber nur sie, die Jungs selbst, wissen, dass sie wirklich Helden sind.

Niemand außer ihnen und ihren engsten Vorgesetzten, die neben ihnen stehen, weiß, was für eine harte Arbeit das ist und wie viel Gefahr für Leib und Leben damit verbunden ist. Sie sind die Einzigen, die das spüren und verstehen. Ich spreche manchmal mit ihnen – am Telefon mit einigen von ihnen direkt, mit den Jungs. Ich habe sogar mit solchen gesprochen, die mich mit ihrer Stimmung, ihrer Einstellung überrascht haben. Sie hatten meine Anrufe nicht erwartet. Das gibt mir allen Grund zu sagen, dass sie Helden sind. 

Das ist alles, was ich eingangs sagen wollte. Lassen Sie uns nun frei heraus sprechen. Wie ich bereits sagte, werde ich unbedingt versuchen, alles zu berücksichtigen, was Sie heute sagen werden.“

Ein bewährtes Mittel aus dem Repertoire Krieg führender Staaten

Ein Jeder möge selbst darüber entscheiden, wie er die Worte Putins deuten will. Für mich aber sind sie Ausfluss eines unerträglichen Zynismus. Soldaten zu Helden zu stilisieren, die auf Geheiß ihrer Regierung auf dem Schlachtfeld sterben, ist ein ebenso altes wie bewährtes Mittel aus dem Repertoire Krieg führender Staaten. Im vorliegenden Fall verhält es sich jedoch anders. So handelt es sich bei den in der Ukraine kämpfenden Truppen vielfach um Soldaten, die schlecht ausgerüstet, miserabel geführt und immer häufiger ohne Ausbildung in den Kampf geschickt worden sind. Das gilt vor allem für die im Zuge der Teilmobilmachung vom 21. September 2022 mobilisierten Kräfte. Wie desaströs die Zustände in der russischen Armee tatsächlich sind, hat der ehemalige Elite-Soldat Pawel Filatjew gerade in einem Buch dargelegt.

Wladimir Putin sind all diese Zusammenhänge wohl bekannt. Und er weiß auch, dass zwischen jedem gefallenen russischen Soldaten und seiner Entscheidung, die Ukraine anzugreifen, ein kausaler Zusammenhang besteht. Obwohl Armeeangehörige für ihn lediglich eine inflationär einsetzbare Ressource darstellen, hat Putin keine Hemmungen, in der Öffentlichkeit eine Märchenstunde über den Heroismus von Menschen abzuhalten, deren Leben er selbst auf dem Gewissen hat und die Opfer seines Despotismus geworden sind. Dass er dieses Schmierentheater dann ausgerechnet auch noch vor betroffenen Müttern vollzieht, stellt bei allem den Gipfel der Perfidie dar.

Dass sich für Wladimir Putin daraus kein Konflikt ergibt, liegt wiederum an der ideologischen Verblendung der eingeladenen Frauen. Anstatt den Mann zur Rechenschaft zu ziehen, der das Leid des Krieges über ihre Familien gebracht hat, huldigen sie Putin und seine Politik in einer Weise, die man nur als ferngerückt bezeichnen kann. Auf den fahrenden Zug der Regierungspropaganda aufzuspringen, um nicht unter dessen Räder zu geraten, ist eine typische Verhaltensweise von Menschen, die in Diktaturen leben. Dass jedoch selbst dann keine Kritik geübt wird, wenn die eigenen Kinder bereits in den Mahlstrom der Zerstörung gerissen worden sind, ist ein untrüglicher Beweis für die weit verbreitete Furcht, die in Russland mittlerweile vor dem zunehmend despotisch agierenden Apparat herrscht. 

Ein zentrales Narrativ des Gesprächs

Die erste Frau, die gegenüber Putin das Wort ergreift, wird als Suna Nabijewa aus Dagestan vorgestellt. Sie erzählt von ihrem Sohn Enwer, der bereits zweifach verwundet worden und doch voller Eifer zur Truppe zurückgekehrt sei. Seinen Enthusiasmus habe er mit dem Verweis auf seine beiden Urgroßväter und einen Großvater begründet, die jeweils Veteranen des Großen Vaterländischen Kriegs gewesen seien. Dem setzt Nabijewa hinzu:

„Und auch seine Kameraden an der Front erinnern sich oft an ihre Großväter. Sie kommen aus dem ganzen Land, aus allen Republiken. Sie [Anmerkung: Bezugnahme auf eine Aussage Putins, der bei Kriegsbeginn die Nationen des Kaukasus und Russlands aufzählte] haben einmal gesagt: ‚Ich bin Lake, ich bin Dagestaner, ich bin Tschetschene, Ingusche, Russe, Tatare‘ – und jeder in Dagestan hat diese Rede gehört und gesehen, und sie ist sehr richtig. […] Meine Schwiegermutter ist als ‚Heldenmutter‘ geehrt worden. Sie hat 12 Kinder. Ich möchte Ihnen sehr dafür danken, dass Sie diesen hohen Titel der "Heldenmutter" eingeführt haben. Er ist sehr wichtig für Mütter in Dagestan und Russland.“

Mit dieser Aussage hat das Regime gleich zu Beginn ein zentrales Narrativ des Gesprächs gesetzt: nämlich, dass die Nationen der Russischen Föderation einmütig dem Ruf ihres Präsidenten gefolgt sind, um die Ukraine vom Nazismus zu befreien. In dieser Optik bringen sie dieses Opfer nur allzu gern, da bereits die Generation ihrer Urgroßeltern und Großeltern Helden gewesen sind. Putin wiederum ist der fürsorgende Vater der Nation, der keinen Unterschied macht zwischen der Herkunft seiner Bürger. Hinzu kommt, dass die Rolle der kinderreichen Mutter positiv gewürdigt wird. 

Dass es in diesem Zusammenhang ausgerechnet um die Völker der Kaukasus geht, ist kein Zufall. Als jahrhundertelang umkämpftes Grenzgebiet an der südlichen Peripherie des Imperiums ist die Region seit jeher von großer Bedeutung für die Stabilität in Russland. Dagestan ist zudem auch jene Republik, wo der Protest gegen die Teilmobilmachung besonders scharf ausfiel. In zahlreichen Orten, darunter auch in der Hauptstadt Machatschkala, kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Zivilisten und Sicherheitskräften. Um solche Spannungen zu kompensieren, biedert sich Putin nun bei der kaukasischen Bevölkerung an. 

„Mama, ich werde für Russland kämpfen"

„Ich bin sicher, dass er [Enwer] seine Pflicht mit Würde erfüllt, genau wie russische Soldaten im Allgemeinen und insbesondere Kämpfer aus dem Kaukasus und Dagestan. Die Menschen dort haben ein besonderes Temperament, das wissen wir alle sehr wohl. Ich kenne es noch sehr gut aus dem Jahr 1999 und werde diese Tage und Monate, die mit bekannten Ereignissen für Dagestan verbunden waren, nie vergessen".

[Anmerkung: Ab dem 7. August 1999 kam es in Dagestan zu einem Krieg gegen einfallende tschetschenische Islamisten unter der Führung Schamils Bassajews, der im Gebirge einen islamischen Gottesstaat errichten wollte]. Das Gespräch mit Nabijewa endet, als Putin sich für ihren Sohn Enver bedankt und ihr aufträgt, diesen sowie seine Kameraden ganz herzlich zu grüßen. 

Die nächste Dame, die zu Wort kommt, ist Nina Pschenitschkina aus der Volksrepublik Lugansk. Bevor sie auf die Lage ihres Sohnes zu sprechen kommt, erzählt sie, wie sie und ihre Töchter den 30. September 2022 erlebt haben – als Tag unvorstellbaren Glückes, da es hier endlich zur langersehnten Vereinigung mit Russland gekommen sei. Ihr Sohn sei bereits 2014 auf sie zugekommen und habe gesagt: „Mama, ich werde für Russland kämpfen, ich werde für die russische Welt kämpfen, ich werde für das russische Wort, für das russische Gedächtnis kämpfen.“ Dem setzt sie hinzu:

„Mein Vater hat den ganzen Krieg von 1941 bis 1945 mitgemacht und kehrte als Sieger zurück. Wir haben sehr lange auf dieses Ereignis gewartet, wir hatten einen schweren Weg, wir haben unsere lieben Menschen verloren, aber wir haben die Hoffnung nicht verloren, dass wir in Russland sein werden, dass wir nach Hause kommen werden. Und dieses freudige Ereignis wurde für uns wahr.

Gleichwohl wurde mein Sohn, Konstantin Pschenitschkin, in einem der morgendlichen Gefechte bei der Verteidigung der Stadt getötet. So kam es, dass der Feind in die Nähe ihrer Stellungen kam. Er sprang aus dem Graben, lenkte das Feuer auf sich und seine letzten Worte waren: ‚Auf geht's, Jungs, wir machen diese Ukrainer-Schweine nieder. Er wurde posthum mit der Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet.“

Mit Freude auf dem Schlachtfeld sterben 

Diese Erzählung ist befremdlich und kann nur in ihrer vollen Bedeutung verstanden werden, wenn man sie als Ergänzung zur vorherigen Aussage liest. Während Nabijewa die Bereitschaft, für Wladimir Putin in den Krieg zu ziehen, noch als ehrenvolle Pflichterfüllung bezeichnet hat, geht Pschenitschkina noch weiter, indem sie am Beispiel ihres Sohnes illustriert, dass für Russland kämpfende Soldaten mit Freude auf dem Schlachtfeld stürben. Das ist nicht nur perfide, sondern auch in höchstem Maße zynisch. Es ist aber auch kein Zufall, weil die Milizen der an Russland angegliederten Oblaste Lugansk und Donezk noch schlechter ausgerüstet sind als Angehörige des russischen Militärs. In den wenigen Statistiken zu den Gefallenen kommen sie nicht einmal vor. 

Die dritte Frau im Bunde ist Irina Sumynina, die aus der Stadt Krasnodarsk stammt. Nachdem sie Putin ihre Dankbarkeit für die Einladung entgegengebracht hat, erzählt sie von ihrer Familie. Diese entstamme einer kosakischen Linie [Anmerkung: Kosaken waren ursprünglich Wehrbauern, die die Grenzen des Imperiums schützten und dem Zaren gegenüber besonders loyal waren.] Ihr Mann sowie zwei ihrer Söhne seien freiwillig in den Krieg gezogen, um die Sicherheit Russlands in der Ukraine zu verteidigen. Ersterer sei seit 2014 mehrfach mit Orden ausgezeichnet worden, weshalb es ihren Söhnen schwergefallen sei, dem Beispiel ihres Vaters nicht zu folgen. Putin findet das großartig und beginnt einen Monolog über die historische Rolle der Kosaken. Jetzt ist er in seinem Element. Seine historische Exkursion wirkt deplatziert und pietätlos. Schließlich bringt Sumynina dann doch noch ihre Sorge zum Ausdruck, auch ihr gegenwärtig 17-jähriger Sohn könnte noch mobilisiert werden. Putin beruhigt sie und sagt, das werde sicher nicht passieren. 

Obwohl Putins Gespräch mit den Frauen an dieser Stelle noch weitere eineinhalb Stunden dauert, möchte ich es an dieser Stelle dabei belassen. Es ist deutlich geworden, dass das Regime die eingeladenen Soldatenmütter nicht betrauert, sondern als Reflexionsfläche für seine eigene Kriegspropaganda instrumentiert hat. Das ist umso perfider, als es sich bei ihnen trotz allem um Frauen handelt, deren Kinder aktuell in Lebensgefahr schweben und teilweise bereits tot sind. 

Es ist unklar, inwieweit die Frauen tatsächlich hinter der Politik Putins stehen. Während man kaum echte Begeisterung erkennen kann, wirken ihre vielfach mutlosen und von Trauer geplagten Gesichter zutiefst authentisch. Dass der russische Präsident persönlich mit ihnen gesprochen hat, dürfte ihr Leid indes nur wenig mildern. Dies gilt umso mehr, als sie eines Tages erkennen werden, dass ihre Kinder umsonst gestorben sind – gefallen für die weltanschauliche Obsession eines Mannes, der sich selbst als Erlöser des russischen Volkes sieht und in Wahrheit doch der Totengräber seiner Kinder ist.

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Franz Klar / 05.12.2022

“Der Putin ist ein Schinder, das seh’n wir hier genau, zu Waisen macht er Kinder, zur Witwe jede Frau”. ( nach Lucie Mannheim & Lili Marleen )

Dietrich Herrmann / 05.12.2022

»Die zehn Grundsätze der Kriegspropaganda« von Lord Arthur Ponsonby, verfasst nach dem ersten Weltkrieg; »Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit«. 1. Wir wollen den Krieg nicht. 2. Das gegnerische Lager trägt die Verantwortung. 3. Der Führer des Gegners ist ein Teufel. 4. Wir kämpfen für eine gute Sache. 5. Der Gegner kämpft mit unerlaubten Waffen. 6. Der Gegner begeht mit Absicht Grausamkeiten, wir nur versehentlich. 7. Unsere Verluste sind gering, die des Gegners enorm. 8. Künstler und Intellektuelle unterstützen unsere Sache. 9. Unsere Mission ist »heilig«. 10. Wer unsere Berichterstattung in Zweifel zieht, ist ein Verräter.

Emil.Meins / 05.12.2022

@ A. Ausländer:“Die Verbindung zur Krim war mit dem Bau der Brücke gesichert. Und für das größte Land der Welt - mit 17 Mio. km² fast 30mal so groß wie die Ukraine - sind ein paar Quadratkilometer mehr kein nennenswerter Gewinn. Schon gar nicht einen Krieg wert. ” Kann man so sehen, stimmt aber nicht: Nachdem die “Rückeroberung der Krim” mehr oder weniger immer von der Ukraine vertreten wurde, inzwischen ist das ja offizielles Ziel, war die Krim nie sicher, die Brücke erleichterte nur den Zugang für die russische Seite. Aber nachdem die dortige Stationierung der Russischen Flotte für RU essentiell ist, sollte klar sein, daß Putin niemals solchen Bestrebungen tatenlos zugeschaut hätte, dabei steht auch seine eigene Existenz auf dem Spiel. Es blieben nur die teilweise vereisten Häfen am A.. der Welt und der Weg über die Nordpol-Route für russische Kriegsschiffe/U-Boote, das ist inakzeptabel, wird aber auch von den USA genau so angestrebt, um strategische Vorteile zu haben und die Russen zu düpieren, neben allen anderen Nachteilen. Und nach dem Angriff auf die Brücke weiß man, daß das auch in Zukunft so bleiben wird, und das war auch der Anlass für RU, seine Strategie zu ändern, und die ukrainische Infrastruktur massiv anzugreifen, nach dem ersten Rückzug aus Kiew. Hier hatte UA die rote Linie überschritten. Würde Putin die Krim einfach aufgeben, könnte er sich gleich an seinem Schreibtisch die Kugel geben. Es gibt mehrere Filme, die dieses Dilemma russischer Führer thematisieren, zuletzt “The sum of all fears/Der Anschlag”, die zeigen, daß russische Hardliner nur zu gern einen atomaren Krieg vom Zaum brechen würden, sobald ihr Präsident eine Schwäche zeigt. Ich wollte nicht in seiner Haut stecken.

S. Andersson / 05.12.2022

Was soll das wieder?? Putin ist mal wieder was?? Wir haben hier in D und der EU mehr als genug Aufgaben. Und das: “Mit Freude auf dem Schlachtfeld sterben” kann ich umdeuten in : Mit Freude den Untergang der Wirtschaft & Wohlstand beklatschen ... LEUTE…. erst mal vor der eigenen Haustür auf räumen. Und die USA & Co die alle Angriffskriege machen/ gemacht haben .... die sind natürlich viel besser ... oder doch nicht….. die sterben bestimmt auch alle mit Freude ....

Marcel Seiler / 05.12.2022

Dass Mütter stolz auf die gefallenen Söhne sind – trotz oder vielleicht sogar wegen des Schmerzes –, halte ich für normal. Palästinensermütter sind stolz auf ihre Kinder, die sich in Selbstmordattentaten umbringen. Die Aufopferung für die Gemeinschaft ist tief in uns angelegt; nur so funktionieren Gemeinschaften. Ich halte es eher für ein Krisensymptom der westlichen Länder, dass uns so etwas völlig unglaubwürdig, ja absurd erscheint. – Ich selbst halte Putins Angriffskrieg für ein Verbrechen. Aber ich bin nicht so dumm anzunehmen, dass automatisch alle Russen dies so sehen müssen.

Arne Ausländer / 05.12.2022

Ein Treffen mit Soldatenmüttern wurde seit einiger Zeit von Müttern gefordert, die sich - ganz wie schon in den Tschetschenienkriegen - zusammengefunden haben, um einander bei den Problemen durch Tod und Traumatisierung ihrer Söhne beistehen zu können. Dieses Treffen war eine Reaktion darauf, aber nicht ganz so, wie die Frauen von der Basis sich das gewünscht hätten. Die auserwählten Frauen zweifellos fest hinter der Politik Putins. Russischen Quellen zufolge hatten nur die drei hier genannten Frauen wirklich einen Sohn im Kampfgebiet, wobei Konstantin Pschenitschkin wohl schon vor einigen Jahren im Donbass gefallen ist. Generell wurden Frauen ausgewählt, die sich durch ihre Unterstützung der offiziellen Politik hervorgetan hatten, sei es als Führungsmitglied bei der Regierungspartei “Einiges Rußland” oder in der “Allrussischen Volksfront” oder durch die Produktion patriotischer Filme. Ein Schautreffen, wie auch wir sie von Merkel und Steinmeier kennen. Aber bei uns ist man noch nicht so weit, den Frauen zu empfehlen, doch mehrere söhne zu bekommen, damit es nicht so schlimm sein, wenn mal einer im Krieg zu Tode kommt. So wie es letztens im russischen Fernsehen gesagt wurde. - Entscheidend ist doch, daß dieser Krieg für Rußland völlig sinnlos ist. Die Verbindung zur Krim war mit dem Bau der Brücke gesichert. Und für das größte Land der Welt - mit 17 Mio. km² fast 30mal so groß wie die Ukraine - sind ein paar Quadratkilometer mehr kein nennenswerter Gewinn. Schon gar nicht einen Krieg wert. Und wer mit dem Einkreisungsunsinn ankommt, soll doch mal auf eine Landkarte schauen: bei Kasakhstan könnte so ein Argument zählen, nicht bei der Ukraine an der Südwestecke des Riesenlandes. Daniele Ganser bringt das Argument des fehlenden Gebirges als sicherer Grenze. Aber im Süden gehen die Russen ja sogar über den Kaukasus hinaus, der doch eine schöne Grenze wäre… Alles imperialer Schwachsinn. Und dafür läßt man sterben.

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