Nun bin ich aber enttäuscht - aber sowas von. Hatte ich doch gehofft, dass unsere Politiker diesen mutigen Aktivisten und *Innen ein ordentliches Hotelzimmer plus Vollpension zur Verfügung stellen würden. Ich denke zum Beispiel an die Nobelherberge “Hotel Stadt Hamburg” in Westerland. Da gibt es u.a. ein prachtvolles Spa mit großem Pool, der sich vorzüglich fürs Hineinpinkeln eignet. Da versaut man den reichen Nichtstuern doch so richtig den Urlaub. Der Brunnen vor dem Tor des Billigladens ist doch solch kerniger Aktivistin wie FaulenzA und Konsort*innen gar nicht würdig. Am besten die laden Olaf und seine Entourage aus Politik und Medien mal zu so einem tollen Happening ein. Des wird a Gaudi, und alle können mal so richtig die Sau rauslassen. Die taz berichtet dann ausführlich darüber, wer den Wettstreit im Weitpinkeln gewonnen hat. O tempora , o mores! Noch dekadenter kann es im alten Rom kurz vor seinem Zusammenbruch kaum zugegangen sein. Ich sehe durchaus Parallelen zum heutigen Stand unserer total verkommenen Gesellschaft. Salve.
Das kleinste Kaff hat seine trostlosen Bimbes-Spießer.
wenns dieselben Typen wie in den 80ern sind, dann werden sie so um 2062 in gehobenen Poistionen sein, im Bundestag hocken, Sozialamtsleiter sein, Fachanwältunnen für Scheidungsrecht usw. die richtigen Punks haben sich längst totgesoffen, aber die meisten waren Kinder reicher Eltern die ein paar Jahre keinen Bock zu arbeiten hatten. Und war die Parole “No Future” denn so falsch? Vielleicht haben wir ja keine lebenswerte Zukunft vor uns genau wegen solcher Möchtegernpunks die dann doch lieber in die Komfortzone gewechselt sind.
Wer 4 Euro bezahlt, um sich die deutsche Küste ansehen zu dürfen, der setzt auch im schmuddligen Massenverkehrmittel eine Filtertüte auf und läßt sich gegen einen Schnupfen mehrfach abspritzen. Gibt’s so eine Frechheit eigentlich noch woanders als in ’schland? Mir ist das jedenfalls aus anderen Ländern nicht bekannt. Aber mit den Deutschen kann man so was natürlich machen und die finden es noch gut.
Vor 40 Jahren lungerten die vermutlichen Vorfahren dieser Gilde der Sozialschmarotzer schon auf den kanarischen Inseln herum, besonders auf Gomera, dort im Valle Gran Rey, lebten viele in Höhlen oder am Strand, bettelten Touristen an (“Haste ma’ ‘ne Mark, ey?”) oder krochen auf den Abfallhaufen der Bananenversender herum, um noch essbare Früchte zu finden. Am Abend traf man sich an Marias Kneipe an der Ecke am Strand, um dem Untergang der Sonne bei ein paar Bier zuzuschauen, und dem Getrommel irgendeines Bongo-Künstlers zu lauschen. Also insgesamt nichts Neues, die Vorliebe für Inseln bei den Punks hatten wir schon mal, und genug Touris zum Anbetteln gibt es auch reichlich, nur diesmal schon für 9 Euro erreichbar, was will man mehr? Sollen sie noch ein bißchen Spaß haben, bevor die “neue Gesellschaft” sich erst mal installiert hat.
Man kann noch froh sei, dass es nur pinkelnde Punks sind, die abgestandene Gerechtigkeitsparolen dreschen und mit einem naiven „Reichen“-Bild gesegnet sind. Es könnten am Ende (wie am Travemünder Grünstrand) auch die grillfreudigen Damen und Herren aus dem Orient sein, die den Hammel vor dem Edeka schächten, das Blut im Brunnen abwaschen, bei heulender Wummermusik ihre üblichen Revierkämpfe austragen und die Insel als ihr persönliches Eigentum betrachten.
Sylt Nach dem schönen Urlaub im sonnigen, faschistischen Spanien, war meine Lust weiter zur Schule zu gehen, kleiner, als die Ohnmacht dies zu ändern, und nur mein nagelneues superbuntes, im Psychodelic-Stil rot und schwarz gemustertes, unverschämt poppiges Hemd, ließ mich mit leicht affektiertem Stolz, den Gang zum Unterricht in die anstehenden Saison 1969/70 antreten. Zwei wichtige Ereignisse prägten aus meiner Sicht das Jahr 1970; zum einen, die Auflösung der Beatles, die im Gegensatz zu den Rolling Stones so klug waren und sich als Band verabschiedeten, zum anderen, der lange, dreiwöchige gemeinsame Urlaub mit meinen Eltern, der uns zum ersten Mal auf die Insel Sylt führen sollte. So wurde in den siebziger Jahren, die größte deutsche Nordseeinsel unser Lieblingsurlaubziel - wir verbrachten dort in den Jahren 1970, 1972,1973, 1974 und 1977 unseren Sommerurlaub. Meine Eltern hatten in einer privaten Unterkunft einer einheimischen Familie ein Zimmer gemietet, im Stadtteil Westerland am Rande Wenningstedts, nicht weit von der Kurklinik entfernt. Der Hausherr war ein friesischer Klassiker, der seine Sätze oft mit: „Kiek mol“ begann, sie trug ihr Haar streng nach hinten gekämmt, war freundlich und sehr geschäftstüchtig.
Sylt 1 Von unserer Pension aus erreichte man in etwa 15 Minuten den sehr schönen und breiten Sandstrand, der zudem mit vielen Körben ausgestattet war. An diesem Teilstück lagen auch die Patienten der Klinik und so wurde der Anblick von kriegsversehrten Männern etwas Alltägliches. Hier konnte man sehen, was sich hinter den von außen nur unmerklich humpelnden Männern verbarg, wenn sie ihre Hosen auszogen - Beinstümpfe, manchmal auf beiden Seiten, ungleichmäßig lang, einige unter dem Knie abgenommen, mal sehr hoch am gewesenen Oberschenkel. Arme hatten sie oft, bei denen man die Teilung der Elle und der Speiche sehen konnte, bei vielen jedoch schaute nur noch ein Stummel in der Verlängerung des Schulterblattes heraus, ein Stummel, der sich manchmal zusammenkrampfte, wenn der Mann den Muskel des Stumpfs anspannte. Die Männer waren gar nicht so alt, - wer 1944/45 als 16 bis 20jähriger verletzt wurde, war nun, 1970, gerade mal Anfang Vierzig bis 45 Jahre alt, nur eine kleine Minderheit schätzte ich deutlich über 50. Wir frühstückten in der Ferienpension immer in einem kleinen Anbau, wo alle Gäste zusammenkamen. Einer der Gäste war auch gleichzeitig in der Nordseeklinik in Behandlung, denn er war ein so genannter Kriegsversehrter. Ich versuchte ihm bei unserer ersten Begegnung aus dem Weg zu gehen, drückte mich hinter meinen Eltern aus der zweiten Eingangstür. Bemerkenswert und nicht hoch genug zu schätzen ist der Fakt, dass meine Eltern mit mir anschließend über mein Verhalten sprachen und mir klarmachten, wie notwendig es sei, diesem Menschen freundlich zu begegnen und sogar die Hand zu geben, - die Hand, die keine war; denn hierin lag das Problem:
Sylt 2 Der Mann besaß dort nichts was den Namen „Hand“ rechtfertigen würde - es war ein formloser Klumpen Fleisch, vielleicht nicht einmal das. Wie sollte man zudem einem Wesen ins Gesicht schauen, das über keinerlei Gesichtszüge, über keine sichtbaren Regungen dort verfügte, denn: Es war auch kein „richtiges“ Gesicht vorhanden, wo das Gesicht sein sollte. Die Stelle, wo das Gesicht sein musste, war eine einzige Fleischmasse, ein erstarrtes, wächsernes, fast plastikartiges und völlig zerfurchtes Etwas, hinter dem sich Augen bewegten, die aus einem wiederum starren und verzogenen Umfeld blickten. Dieser Mann war nicht einmal 50 Jahre alt und - so erzählte man uns - im letzten Kriegsjahr als 18jähriger Soldat mit einer Brandbombe in Berührung gekommen, die im Grunde seine gesamte sichtbare Hautfläche zerstörte. Aber: Ich gab im am nächsten Morgen zur Begrüßung die Hand - meine Eltern hatten mich ihm vorgestellt und mein eiliges Verschwinden am Tage zuvor irgendwie entschuldigt. Doch es war auch gar nicht so schlimm diese Hand zu spüren, auch wenn ich sie als ungewöhnlich kalt empfand. Nur wenige hundert Meter von diesem Bereich entfernt, begann der FKK-Bereich von Wenningstedt, der mich kurzzeitig interessierte, weil ich dieses Phänomen massenhaft nackter Menschen nicht kannte. Außerdem hatte mir meine Mutter schon erzählt, wie es war, als sie Werner Höfer - oh graus - ohne alles, nein, mit Sandalen bekleidet und mit nichts als Sandalen an den Füßen und den dazu gehörenden Socken(!), gesehen hatte. So ganz ohne Frühschoppen und ohne antisemitische Pamphlete.
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