Wer sich heute Abend um 23.30 Uhr auf BR3 “Super Size Me” ansehen mag, dem sei als Vorbereitung dieses sehr unterhaltsame Interview mit achgut-Gastautor Udo Pollmer im Deutschlandradio empfohlen.
Im EU.L.E.n-Spiegel schreibt Pollmer u.A:
Spurlock behauptet, er habe sich einen Monat lang ausschließlich durch die Speisekarte von McDonald‘s gegessen. Vor laufender Kamera bestellte er extragroße („super size“) Portionen und verdrückte diese selbst unter gelegentlichen Brechanfällen. Auch wenn außer Bulimikern kaum jemand eine derart extreme Ernährung über vier Wochen durchhält: Tun wir mal so, als ob wir ihm das alles abkaufen. Überprüfen lässt es sich ohnehin nicht.
Aber wie steht es mit dem Anstieg des Cholesterins? Vor allem der Ausgangswert von 168 Milligramm pro Deziliter mutet merkwürdig an, zumal dieser bei einem jungen Mann wie Spurlock nicht – wie die Presse unisono schreibt – „gesund“ ist, sondern Anlass zur Sorge gibt. Um einen solch niedrigen Pegel zu erreichen, braucht ein durchschnittlicher Erwachsener schon ein paar starke Cholesterinsenker aus der Apotheke. Sobald er sie absetzt, normalisiert sich der Wert natürlich wieder. Wenn Spurlock nach Ende seines Experiments mit angeblich beängstigenden „230“ ins Licht der Öffentlichkeit tritt, dann hat er schlicht einen völlig normalen Cholesterinspiegel für einen 33-jährigen Medienschaffenden.
Auch die Tatsache, dass Spurlock innerhalb von 30 Tagen 12 Kilo zugelegt hat, gibt zu denken. So eine Mastleistung schafft allenfalls ein frohwüchsiges Bio-Schwein auf einem Demeterhof. Für einen Erwachsenen – der im Gegensatz zum Mastvieh nicht mehr wächst – ist es zwar keine Kunst, über die Weihnachtsfeiertage einschließlich Silvester ein oder zwei Kilo zuzulegen. Aber eine kontinuierliche Zunahme von täglich 400 Gramm lässt aufhorchen, umso mehr als geeignete Masthilfen nicht nur jedem Kälbermäster, sondern auch dem Facharzt geläufig sind. Allerdings haben die einschlägigen Anabolika unerfreuliche Nebenwirkungen: Sie belasten die Leber und machen impotent, wie jeder Bodybuilder bestätigen kann.
Allein der gesunde Menschenverstand reicht aus, um an diesem Film zu zweifeln. Denn wenn ein ambitionierter Filmeschaffender so viel Zeit und Geld in ein höchst qualvolles Unternehmen investiert, wird er nichts dem Zufall überlassen wollen. Nehmen wir einmal an, es wäre alles mit rechten Dingen zugegangen und Spurlock wäre „nur“ vier oder fünf Kilo schwerer geworden, ganz ohne Impotenz und Cholesterin: Dann hätte kein Hahn nach ihm gekräht und sein Film wäre allenfalls als das Werk eines Verrückten in die Filmgeschichte eingegangen. Das Publikum hat für jemanden, der sich mutwillig überfrisst – egal ob mit Fritten, Bratwürsten oder Schokoriegeln – nur stille Verachtung übrig. Wer auf die Medien spekuliert, braucht dramatische Befunde. Und was Studien nicht leisten, gelingt mit Kamera und Filmschnitt scheinbar mühelos.
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