Rüdiger Stobbe / 03.02.2019 / 12:00 / Foto: Pixabay / 31 / Seite ausdrucken

Prognose: Die Fahrverbote werden fallen

Von Rüdiger Stobbe.

In den Berichten vom 25.1.2019 und vom 28.1.2019 wurde über die fehlende Berücksichtigung des wirklichkeitsnahen Kurzzeitgrenzwertes 200 µg NO2 /m3 Luft in der Grenzwertdebatte berichtet. Die Fragwürdigkeit der Höhe des Jahresdurchschnittsgrenzwertes 40 µg NO2 wurde erörtert. Genau wie die Tatsache, dass immer nur der Wert NO2 der "schlechtesten" Messstelle auf die gesamte Stadt übertragen wird. 

In einem Bericht der dpa-Autoren Teresa DappSascha Meyer und Andreas Hoenig über die aktuellen NO2-Werte wird nach meinem Erkenntnisstand erstmalig bundesweit in Printmedien erläutert, dass eine einzige Messstelle einer Stadt, die den Jahresdurchschnittsgrenzwert 40 µg NO2 / m3 Luft überschreitet, ausreicht, um die ganze Stadt als NO2-belastet zu diskreditieren:

"Gilt der Wert für die Luftqualität der gesamten Stadt? Nein – es geht erstens immer nur um die Luft rund um die Messstellen, zweitens wird meist nur der höchste Jahresmittelwert betrachtet. Ein paar Straßen weiter kann es wieder anders aussehen. Für die Frage, ob geltendes Recht eingehalten wird, ist das aber unerheblich. Die seit 2010 verbindliche EU-Regelung sieht vor, dass 40 Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahresmittel an jeder Messstation einzuhalten sind. Sie gibt auch vor, wo gemessen werden muss. Nämlich nicht nur, aber auch in verkehrsreichen Gegenden, wo die Luftbelastung besonders groß ist."

Das ist insofern neu, als das Umweltbundesamt bei den bisherigen Veröffentlichungen der Werte stets den Eindruck erweckte, dass in der gesamten Stadt der Jahresdurchschnittsgrenzwert überschritten würde.  

Bemerkenswerte Veränderungen in UBA-Tabellen

Heute wird den Bürgern so nebenbei erklärt, dass die Überschreitung des Jahresdurchschnittsgrenzwertes 40 µg an einer einzigen Messstation ausreicht, um ein Fahrverbot einzuklagen. Da kann der Durchschnitt aller Messstellen einer Stadt oder gar einer Region ruhig unter 40 µg NO2 liegen. Nein, das Fahrverbot droht, das Fahrverbot beispielsweise sogar auf einem Teil der Hauptverkehrsader des Ruhrgebiets, der A2. Hauptsache, an wenigstens einer Messstelle wurden die 40 µg NO2 überschritten. Bemerkenswert ist die Veränderung der Legende – der Begriff passt – und der Aufbau der Tabellen des Umweltbundesamtes der Jahre 20162017 und 2018. Welch eine Entwicklung.

Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis "entdeckt" wird, dass die 200 µg NO2 Stundenmesswert, der Wert, mit dem die Menge NO2 gemessen wird, der die Bürger tatsächlich ausgesetzt sind, dass dieser Wert im Jahr 2017 nicht einmal an irgendeiner Messstelle in Deutschland unzulässigerweise überschritten wurde. 2018 wird es genauso gewesen sein. Die bisherigen, automatisiert erhobenen Zahlen für 2018 deuten stark in diese Richtung.

Es wurden lediglich 32 Überschreitungen deutschlandweit gemessen. 18 Überschreitungen sind an jeder einzelnen der 525 Messstellen erlaubt. Der Spitzenreiter 2017, die Messstelle München, Landshuter Allee verzeichnet statt 12 Überschreitungen im Jahr 2017 nur noch eine einzige Überschreitung 2018. Fahrverbote aufrechtzuerhalten oder neu durchzusetzen wird, wenn denn diese Fakten zur Kenntnis genommen werden, schwierig bis unmöglich. Diese Fakten sind ein weiterer Beleg für die bisher sehr gute und immer bessere Luft in Deutschland.

Am Freitag, den 1.2.2019 debattierte ab 13:50 Uhr der Deutsche Bundestag über die Stickstoffoxid-Grenzwerte. Im nächsten Artikel im Rahmen der Dieseldebatte wird neben den bereits angekündigten Punkten darüber berichtet. Nächsten Dienstag werden in der Kolumne „Woher kommt der Strom?“ n. A. wesentliche Aspekte der Aktuellen Stunde des Bundestages vom 31.1.2019 über das Ergebnis der sogenannten Kohlekommission beleuchtet. 

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Anders Dairie / 03.02.2019

Der Umweltminister, Herr SCHEUER / CSU,  ist der Ansicht, dass die Fahrverbote fallen müssen, bevor eine parallele “Gelbwesten”-Bewegung unter Deutschlands ärmeren Kraftfahrern beginnt.  Eine Riesen-Whooling inbegriffen.  Das ist nur noch nicht Allgemeinwissen.  Herr STOBBE liegt im beginnenden Mainstream, der hoffentlich bald in die richtige Richtung geht.  Interessant ist, dass Verwaltungsrichter und Politiker die tatsächliche Rechtslage zur Schadstoffbelastungs-Grenze offenbar nicht begriffen haben ... oder verdummt wurden.  Die grüne Ideologie hat den Menschenverstand vernebelt?  Es “hakt” also nicht bei 40 mg NOx , sondern bei 18 maliger Überschreitung von 200 mg,  die aber kaum je erreicht werden.  Danke, Herr STOBBE !

Detlef Fiedler / 03.02.2019

Hallo Herr Stobbe. Sie könnten mit Ihrer Prognose richtig liegen! Denn das Sturmgeschütz der Demokratie hat sich heute auf seiner Online-Präsenz um 16:09 Uhr ähnlich geäussert. Dort gibt es jetzt nämlich einen Leitfaden zur Klimadebatte, speziell wie man “Schwätzer entlarven” kann. Die Nazis im Kindergarten sind ja anhand eines anderen Leitfadens alle schon aufgedeckt. Der Kolumnist führt voller Inbrunst aus, für ihn sei klar, man könne dieses “Menschheitsproblem” (Klimawandel) nicht mit individueller Tugendhaftigkeit lösen. Aufhänger für diese bemerkenswerte Erkenntnis war, unter anderem, die Kritik an der heiligen Greta (fährt mit der Bahn) und die Kritik an der grünen Katharina Schulze (verzehrt Eis in Kalifornien aus einem Plastikbecher). Diese Kritik sei völlig daneben gewesen, denn die Verantwortung für die Lösung des Menschheitsproblems (Klimawandel) zum Individuum hin zu verlegen, erkennt der Verfasser als absurd. Na dann ist ja alles prima! Folgt man also der Logik des Verfassers, dann ist der individuelle Verzicht auf ein Dieselfahrzeug zur Rettung des Weltklimas nämlich genauso absurd.

Michael Scheffler / 03.02.2019

Diese “Pflichtbewusstsein” oder auch der Untertanengeist hat uns schon mehrfach in den Untergang getrieben. Es scheint etwas typisch Deutsches zu sein.

J. Braun / 03.02.2019

Eigentlich finde ich als Fahrer eines japanischen Benziners es sehr schade, daß die Verbote jetzt dann doch wieder gekippt werden könnten. Ich hoffte schon darauf, daß die ganzen Weiber mit dem Bankert auf dem Rücksitz und dem Ohr am Mobiltelefon durch ein Diesel-Fahrverbot aus dem Verkehr gefischt würden. Die Straßen sind ohnehin schon verstopft, da wäre ich als derzeit Nichtbetroffener froh, wenn sich die Zahl der Fahrzeuge auf den Straßen etwas reduzierte. Und ja, das Geld für den Hybrid, natürlich auch aus Japan,  wäre auch da. Kein Problem. Deutsche Autos kaufe ich ohnehin seit 30 Jahren nicht mehr, den Schrott tue ich mir schon lang nicht mehr an :-))

Peter Wachter / 03.02.2019

In Stuttgart wird das absolute Fahrverbot für Diesel absolut umgesetzt, das hat unser Kretschi am Freitag im ÖR nochmals absolut verdeutlicht, weil ein deutsches Gericht dazu ein Urteil im Namen des Volkes gesprochen hat! Und das MUSS befolgt werden, wo kämen wir hin, wenn Recht nicht befolgt wird?

Richard Kaufmann / 03.02.2019

@Dr. Inge Frigge-Hagemann: Ich glaube auch, dass die Deutschen schlauer sind. Es ist ja nicht das erste Mal, dass sie alle anderen an Schlauheit übertreffen. Leider scheint diese Schlauheit virotisch zu sein und befällt alle Schichten der Bevölkerung. Es ist ja nicht das Land der Dichter und Denker (so schön sich das auch aliterarisch reimen mag), sondern der Pfände und Verbote. Die Welt lacht über die Deutschen (die Washington Post hat die deutsche Regierungsspitze für die dümmste Energiepolitik geadelt), und die Deutschen freuen sich, dass jemandcsie beachtet.

Wolfgang Kaufmann / 03.02.2019

Viel einschneidender sind die Messerergebnisse an Bahnhöfen und Bushaltestellen. Und da wird ein Kurzzeitmesser auch gern als Einzelfall abgetan, solange die atmende Obergrenze von 1000 Millireker im Jahresmittel nicht überschritten wird. Nur mal so als Stichpunkt.

Dr. Inge Frigge-Hagemann / 03.02.2019

Findet unsere entzückende Regierung es nicht irgendwie merkwürdig, dass bestimmte Ereignisse und die völlig überzogenen Reaktionen darauf nur in Deutschland Thema sind? U.a. Waldsterben, saurer Regen, ad hoc Atomausstieg, Energiewende, (Diesel-) Fahrverbote, böööses CO2, menschengemachter Klimawandel, fortschreitende Deindustrialisierung.  Ist Deutschland schlauer als die Nachbarländer? Ich meine, Deutschland ist den anderen Ländern, die nicht einen solchen Unsinn betreiben nicht überlegen, sondern eindeutig unterlegen auf dem Wege zur Selbstauflösung, falls das so weitergeht. Vgl. auch den Artikel im Wall Street Journal, das A. Merkel die ‘dümmste Energiepolitik der Welt’ bescheinigt.

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