Henryk M. Broder / 06.07.2022 / 14:00 / Foto: Achgut.com / 76 / Seite ausdrucken

Prioritäten zwischen Krieg und Klima

Der Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar, der schon zwei offene Briefe zum Krieg in der Ukraine unterschrieben hat, gab kürzlich t-online ein Interview, in dem er einen sofortigen Waffenstillstand fordert, ohne zu sagen, ob die Russen aufhören sollen, die Ukraine zu verwüsten, oder ob die Ukrainer sich ergeben sollten. Diese wichtige Frage lässt der Klima- und Katastrophenexperte offen. Dafür sagt er etwas über die "Prioritäten", die neu definiert werden müssten: Blickt man auf die echt großen Herausforderungen unserer Zeit, dann ist die Bewältigung der Klimakrise ohne Zweifel global die wichtigste Aufgabe. Wäre die Welt ein großes Haus, erleben wir beim Ukraine-Krieg so etwas wie den Streit in einer bestimmten Etage, wer denn nun in welches Zimmer darf. Auf der anderen Seite ist es so, dass der Dachstuhl brennt. 

Und was ist es, das den stets gut gelaunten Wetterfrosch zu dieser Aussage qualifiziert? Folgendes: Ich habe viele Dokumentationen über Tschernobyl gemacht, also ich kenne auch die Ukraine von innen, das letzte Mal war ich 2016 da und davor viele Male. Meine Töchter studieren in Berlin und haben auch eine junge Ukrainerin in ihrer Wohnung aufgenommen. Insofern gibt es immer wieder Kontakt. Um es konkret zu machen: Ich stand letztens in der Supermarktschlange und vor mir war eine junge ukrainische Mutter mit ihrem Kind. Sie sprach englisch und da die Schlange sehr lang war, haben wir uns lange unterhalten.

Und dann hat es bei Ranga Yogeshwar klick gemacht

Was der kann, kann ich auch. Ich gehe gleich zum nächsten ALDI, warte, bis eine Frau vorbeikommt, der bei der Geburt die äußeren Merkmale einer Chinesin zugewiesen wurden, tratsche mit ihr und melde mich beim „Weltspiegel" als China-Experte an. Außerdem war ich schon mal in Hongkong und in Singapur und kann eine Frühlingsrolle von einer Mozart-Rolle unterscheiden.

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A. Ostrovsky / 06.07.2022

Ja, wir müssen jetzt dringend über die Person Yogeshwar reden. Wir müssen reden! Der ist wohl gar nicht gebrieft, macht hier Vorschläge, die nicht gegenseitig abgestimmt sind und wundert sich dann, wenn er ins Kreuzfeuer gerät. Also ad hominem ist gut, wenn einer die falsche Haltung hat. Da muss man darauf abzielen, ob der in Berlin-Heinerdorf geboren ist oder in Steglitz! Ich bin voll dafür. Dann muss man nicht darüber reden, was der sagt. Also mal als Beispiel, nur mal als Beispiel. Wenn mir einer sagt “Also ich liebe doch alle Menschen. Und Jesus liebt mich auch.”, dann muss man dem natürlich antworten, “Aber du hast eine schiefe Nase und dein Bruder hat mich früher nie gegrüßt.” Man darf nicht sagen “Schau mal, wie du aussiehst, ganz schwarz!”. Das geht gar nicht, obwohl es dem Ziel auch dienen würde, dass niemand mehr nachdenken muss, über das was der gesagt hat. Jetzt aber auch ehrlich. Waffenstillstand, so ein Quatsch! Wenn man sich zurückziehen muss, weil man gar keine Munition mehr hat, dann muss man ganz laut rufen “ICH KOMME WIEDER, MIT DEN WAFFEN VOM WELTHERRSCHER!!!” Frieden kann nur herrschen, wenn einer am Boden liegt und winselt. Es kommt nur am Ende darauf an, wer das ist. Und es gibt auch keine Garantie für Frieden. Wenn der winselt, könnte man ihm doch immer noch in die Knie schießen, FALLS man noch Munition hat. Deshalb ist absolute Waffengleichheit ganz wichtig und dieses Prinzip verteidigen hauptsächlich die, die vom Kampfgebiet weit genug entfernt sind. Es geht überhaupt in der internationalen Politik hauptsächlich um Prinzipien. Und seltsam, die Kriegsführung der Ukrainer ist wie im ersten Weltkrieg. Hää? Achso, die alten Waffen müssen erst weg, sonst wird ja nicht erneuert.

Ulrich Müller / 06.07.2022

Damit Verhandlungen/Waffenstillstände was bringen müssen beide Seiten daran interesiert sein. Die Ukraine hat in Istanbul eine Riesenchance verschenkt und die ist damit vom Tisch, Russland gewinnt gerade auf dem Schlachtfeld und die Ukraine verliert. Da dürfte es der russischen Führung herzlich egal sein, ob sich irgendwo in Germanija die Herren Broder und Yogeshwar oder sonstwer mit scharfen Worten und spitzfindigen Argumenten streiten. Die Russen machen jetzt einfach die ukr Armee platt und dann wird “verhandelt”.

Michael Müller / 06.07.2022

Der Wissenschaftsjournalist Eckart Roloff bezeichnete Yogeshwar und Jean Pütz einmal als “Magier des TV-Geschäfts, als Meister des Scientainments, die an Gaukler erinnern und verlernt haben, normal zu sprechen ... Die Quotenjagt lässt keine andere Wahl.” Das Ganze muss bei Yogeshwar auch irgendwie auf das Denken durchgeschlagen sein. Was er von sich gibt, klingt immer so, als wäre er gerade dabei, die Quote zu boostern. Es ist lieb und nett, es ist Frieden schaffen ohne Waffen, es ist Experte durch unverbindliche Gespräche an der Kasse, es ist irgendwie der totale Durchblick und es ist vor allen Dingen eins: durchgeknallt.

Geert Aufderhaydn / 06.07.2022

Der hat, als er merkte, multikulti ist im kommen, keine Gelegenheit ausgelassen, auf seine indische Herkunft zu verweisen.  Auch ein sehr engagierter Sarrazin-ans-Bein-Pinkler. Man muß ihn einfach mögen.

Gerd Kistner / 06.07.2022

Danke, Herr Broder. Ich schätzte Ihr geistliches Niveau.

D.Hüttig / 06.07.2022

Fortsetzung: Zitat Y: Wir erleben eine fast noch nie dagewesene einseitige Berichterstattung in Deutschland. Waffen, Waffen, Waffen, ständig die gleiche Forderung. Auch in öffentlich-rechtlichen Sendungen wird das Gebot der fairen und ausgewogenen Berichterstattung aufgegeben und da muss ich ganz ehrlich sagen, das kann nicht sein. (jetzt die scharfe Bemerkung - Anmerkung des Verfassers) Aber Sie werden doch in Talksendungen der Öffentlich-Rechtlichen eingeladen.
 Der kleine Unterschied ist, dass ich allein auf der einen Seite sitze und vier oder fünf mit der gegenteiligen Meinung auf der anderen Seite. Das ist eine mediale Verzerrung, die ich zum Anlass genommen habe, Einladungen in solche Sendungen nicht mehr zu folgen, ehe sich das nicht ändert. Zitat Ende Oh, ist der Junge aber hart, für seine Meinung auf zukünftiges Einkommen zu verzichten, das nötigt mich zum Respekt. Mal schauen wann er bei den Atlernativen auftaucht - werde dann spenden.

D. Hüttig / 06.07.2022

Hab es kapiert. „Waffenstillstand jetzt“ ist OUT, Verhandlungen OUT, Waffenlieferungen sind IN. Es geht um Augenhöhe, um Waffengleichheit! In meiner, von obigen Prämissen (ein schönes Wort, ähnlich wie alternativlos) genährtenVorstellung müssen wir folgendes tun: Wir liefern amerikanische (oder wer noch welche hat) Atomwaffen an die Ukraine. Da der nicht an diesen Waffen ausgebildet Ukrainer diese nicht zünden kann, müssen wir noch einen „Fachmann“ mitliefern. Um Konflikte zu vermeiden sollte dieser eine ukrainischen Migrationshintergrund haben. Eine Probedemonstration dieser „ukrainischen“ Atomwaffen sollte in Tschernobyl stattfinden (hält die Kollateralschäden klein - siehe Kraftwerk)! Nun können wir beobachten, wie Putin erbleicht und zitternd auf seine Knie fällt. Er bittet um Vergebung und verspricht kein böser Junge mehr zu sein. Wir haben Waffengleichheit hergestellt (fast, beachte es fehlt noch B und C)! Jetzt können wir verhandeln, was, wer bekommt! Von unserem Erfolg berauscht liefern wir allen Staaten A-B- C-Waffen. Jetzt sind alle auf Augenhöhe. Und wenn dann einer doch am Rad dreht und mit der Zündelei anfängt (es sieht am Anfang so schön aus) und alle mitspielen wollen, was soll es, haben wir doch dann unsere Klimaziele vollständig erreicht! Die restlichen paar Million Menschen werden von unseren göttlichen Mission berichten. Moralisch gesehen werde ich nun jede Gewaltsituation befeuern. Mit „mach den platt“ oder ähnliche anfeuerten Zurufen bin ich Moralisch ein Gott. Verhandelt wird nach Krankenhaus oder Friedhof… LEIDER habe ich eine Aspirin eingenommen und das Fieber ist gesunken - Mist - jetzt bin ich wieder so ein blöder Pazifist. PS.: Habe das journalistisch straff geführte Interview (harte Fragen müssen sein) bis zu Ende gelesen und noch folgendes gefunden: Fortsetzung folgt!

Olaf Nitzsche / 06.07.2022

Der Kerl ist uns bei unseren Arbeiten in der Chernobyl Exclusion Zone über den Weg gelaufen. Von der Sache dort hat der ungefähr soviel Ahnung wie der Papst von Familienplanung. Ich vermute, vom Land selbst ebensoviel.

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