Richard Wagner / 18.01.2011 / 09:04 / 0 / Seite ausdrucken

Potztausend! Der Islam wird reformiert

Zu den Charakteristika unserer Öffentlichkeit gehört nicht zuletzt die Überzeugung für alles eine friedliche Lösung suchen und auch finden zu müssen. Zu den jüngsten einschlägigen Beispielen dieses Verhaltens zählt die Ausrufung der Islam- Reform.

Wohl gemerkt, die Ausrufung kam nicht aus bekennenden Kreisen des Islam sondern von den Podien der westlichen Problemlöser. Unsere politisch korrekte Meinungsführerschaft lebt schließlich von der durch immer neue Vorschläge und angebliche Einfälle am Laufen gehaltenen Geschäftigkeit, mit der wiederum die Ernsthaftigkeit der liberalen Parolen demonstriert werden soll.

Ist doch alles ganz einfach, rufen Sie uns zu. Es braucht eine Reform. Und schon ist das ganze Problem aus der Welt, werden sie wohl meinen. Auf den ominösen Podien treffen sich Christen und Atheisten, um den aus der gemeinsamen kulturhistorischen Wurzel herrührenden Masochismus zu pflegen, nicht ohne ihn gleichzeitig mit der Überheblichkeit des kolonialen Blicks zu kombinieren.

Die, die sonst mit Vorliebe gegen das Christentum agieren, und jene, die sich gewöhnlich für das Christentum engagieren, treffen hier sozusagen auf neutralem Boden zusammen, um dem guten, alten Brauch der Europäer, die anderen zu belehren, nachzugehen. Der Kolonialismus ist nach links gerückt!

Im Übrigen zeigt die Debatte auch, das die Betreffenden nicht nur in Bezug auf den Islam recht ahnungslos sind, sondern auch über die Christenheit nicht viel wissen. Die Reformation ging schließlich nicht von einer Modernisierungsnotwendigkeit des Christentums aus. Es ging vielmehr darum einen als dekadent wahrgenommenen Klerus zur Ordnung zu rufen und diesen Ordnungsruf mit der Humanistenparole Ad fontes, zu den Quellen, eventuell zu verbinden. Die Bibel sollte wieder das Zentrum der Kirche einnehmen.

Luther war in zahlreichen Fragen ein Fundamentalist, sein Beichtvater Johannes von Staupitz gehörte sogar den deutschen Mystikern an. Sollte man sich nicht einige Gedanken darüber machen, bevor man die Sache zur Chiffre erklärt?

Unsere Problemlöser sind allerdings schon einen Schritt weiter. Nachdem die Vorgangsweise zur Reform des Islam in den einschlägigen europäischen Medien bereits beschlossene Sache ist, geht es jetzt darum den Reformator zu finden. Dazu hat man sich in den Milieus der Islamkritiker gehörig umgesehen, aber man hat nur Atheisten und Ex- Atheisten gefunden. Namen sind auch schon gefallen, aber was sind schon Namen?

Beim Islam geht es nicht um eine Reform eines außereuropäischen Gesellschaftsmodells, und schon gar nicht um die Normangleichung einer politischen Religion. Die Islamfrage ist nicht lösbar, man kann sie nur eindämmen, und zwar mit den Angeboten der permissiven Gesellschaft überwältigen, und, bei Gelingen, der allgemeinen Beliebigkeit überantworten. Das aber geht nur, wenn der islamischen Bevölkerung ihr Glaube so egal sein wird, wie leider uns, den Europäern, das Christentum, so dass wir mühelos zum Weihnachtsmarkt schreiten konnten.

Moment mal! Dann kriegen wir ja einen Basar. Aber haben wir den nicht schon?

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Richard Wagner / 19.07.2016 / 09:13 / 6

Aus dem Zeitalter der Dummheit

Dass wir im Zeitalter der Dummheit leben, wird uns beinahe täglich vor Augen geführt. So, wenn wir glauben, einen feinen Unterschied zwischen Islam und Islamismus…/ mehr

Richard Wagner / 09.03.2016 / 20:00 / 1

Femme Fatal und Landtagswahl

Noch nie war die Politik in Deutschland seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs so weichenverstellt. Es ist das späte Ergebnis des langen Aufstiegs und noch…/ mehr

Richard Wagner / 11.10.2015 / 06:30 / 0

Traumland Syrien

Ich hatte dieser Tage einen bösen Traum: Man hatte mir die Wohnung gekündigt und meinen Job war ich auch schon seit einer Weile los. Natürlich…/ mehr

Richard Wagner / 29.05.2015 / 07:52 / 1

Warum Bachtin nicht auf den Karneval der Kulturen geht

In Berlin ist der Karneval der Kulturen ein weiteres Mal zu Ende gegangen, und es war schön wie eh und je, wenn die Kreuzberger Straßen…/ mehr

Richard Wagner / 19.11.2014 / 10:51 / 0

Krieg um die Fifth Avenue?

“Für das Individuum mit seinen Wünschen nach Unversehrtheit und Glück ist der Krieg immer sinnlos.  Aber während er das individuelle Leben zerstört, kann er das…/ mehr

Richard Wagner / 12.09.2014 / 11:33 / 4

Von allen guten Geistern

Früher, als die Kirche noch für die öffentliche Moral zuständig war, und damit auch für die Identifikation des Bösen, war im Gegenzug auch die Zuständigkeit…/ mehr

Richard Wagner / 09.09.2014 / 11:45 / 6

Der Narr und die Barbarei

Wer am Morgen Radio hört, ist selber schuld, und wer am Morgen in Berlin Radio hört, muss den Verstand verloren haben. Wie ich, heute. Kaum…/ mehr

Richard Wagner / 24.07.2014 / 08:06 / 3

Die rechten Migranten formieren sich

Wenn Palästinenser in deutschen Städten demonstrieren, geht es immer öfter nicht nur gegen den Staat und die Staatsidee Israels, sondern gegen jüdisches Leben in Deutschland.…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com