Zu den Charakteristika unserer Öffentlichkeit gehört nicht zuletzt die Überzeugung für alles eine friedliche Lösung suchen und auch finden zu müssen. Zu den jüngsten einschlägigen Beispielen dieses Verhaltens zählt die Ausrufung der Islam- Reform.
Wohl gemerkt, die Ausrufung kam nicht aus bekennenden Kreisen des Islam sondern von den Podien der westlichen Problemlöser. Unsere politisch korrekte Meinungsführerschaft lebt schließlich von der durch immer neue Vorschläge und angebliche Einfälle am Laufen gehaltenen Geschäftigkeit, mit der wiederum die Ernsthaftigkeit der liberalen Parolen demonstriert werden soll.
Ist doch alles ganz einfach, rufen Sie uns zu. Es braucht eine Reform. Und schon ist das ganze Problem aus der Welt, werden sie wohl meinen. Auf den ominösen Podien treffen sich Christen und Atheisten, um den aus der gemeinsamen kulturhistorischen Wurzel herrührenden Masochismus zu pflegen, nicht ohne ihn gleichzeitig mit der Überheblichkeit des kolonialen Blicks zu kombinieren.
Die, die sonst mit Vorliebe gegen das Christentum agieren, und jene, die sich gewöhnlich für das Christentum engagieren, treffen hier sozusagen auf neutralem Boden zusammen, um dem guten, alten Brauch der Europäer, die anderen zu belehren, nachzugehen. Der Kolonialismus ist nach links gerückt!
Im Übrigen zeigt die Debatte auch, das die Betreffenden nicht nur in Bezug auf den Islam recht ahnungslos sind, sondern auch über die Christenheit nicht viel wissen. Die Reformation ging schließlich nicht von einer Modernisierungsnotwendigkeit des Christentums aus. Es ging vielmehr darum einen als dekadent wahrgenommenen Klerus zur Ordnung zu rufen und diesen Ordnungsruf mit der Humanistenparole Ad fontes, zu den Quellen, eventuell zu verbinden. Die Bibel sollte wieder das Zentrum der Kirche einnehmen.
Luther war in zahlreichen Fragen ein Fundamentalist, sein Beichtvater Johannes von Staupitz gehörte sogar den deutschen Mystikern an. Sollte man sich nicht einige Gedanken darüber machen, bevor man die Sache zur Chiffre erklärt?
Unsere Problemlöser sind allerdings schon einen Schritt weiter. Nachdem die Vorgangsweise zur Reform des Islam in den einschlägigen europäischen Medien bereits beschlossene Sache ist, geht es jetzt darum den Reformator zu finden. Dazu hat man sich in den Milieus der Islamkritiker gehörig umgesehen, aber man hat nur Atheisten und Ex- Atheisten gefunden. Namen sind auch schon gefallen, aber was sind schon Namen?
Beim Islam geht es nicht um eine Reform eines außereuropäischen Gesellschaftsmodells, und schon gar nicht um die Normangleichung einer politischen Religion. Die Islamfrage ist nicht lösbar, man kann sie nur eindämmen, und zwar mit den Angeboten der permissiven Gesellschaft überwältigen, und, bei Gelingen, der allgemeinen Beliebigkeit überantworten. Das aber geht nur, wenn der islamischen Bevölkerung ihr Glaube so egal sein wird, wie leider uns, den Europäern, das Christentum, so dass wir mühelos zum Weihnachtsmarkt schreiten konnten.
Moment mal! Dann kriegen wir ja einen Basar. Aber haben wir den nicht schon?