Peer Ederer, Gastautor / 18.08.2019 / 06:22 / Foto: Pixabay / 56 / Seite ausdrucken

Populäre Fleischirrtümer (4): Falschalarm Sünde

Um ein Stück Fleisch essen zu können, muss ein Tier sterben. Daran führt beim jetzigen Stand der Technik kein Weg vorbei, und das wird auch noch einige Jahrzehnte so bleiben. Diese Tiere haben Emotionen, Gedanken, ein Sozialleben und scheinen den Tod zu fürchten. Damit stellt sich die ethische Frage, ob wir Menschen diese Tiere töten dürfen. Deutschlands aktuell liebster Philosoph und Tierethiker, Prof. Dr. Richard David Precht, Bestsellerautor und Fernsehmoderator mit eigener ZDF-Sendereihe, ist der Ansicht, dass es in Zukunft nur noch drei bis vier Schlachthöfe geben werde – als Gedenkstätten.

Im polnischen Spudlow ist eine solche Gedenkstätte bereits von der deutschen Tierrechtsorganisation „Pro Animale für Tiere in der Not" in einer ehemaligen Kirche errichtet worden. Auch der frühere Landwirtschaftsminister Schleswig-Holsteins behauptete 2017, dass es keine ethische Rechtfertigung für Tierhaltung mehr gebe, wofür er von der internationalen Tierschützerszene ausgiebig gefeiert wurde. Sein Name: Robert Habeck, derzeit als Realo eingestufter Bundesvorsitzender der Grünen. Sollte Habeck der nächste Bundeskanzler werden, dann werden Verbote für Fleischprodukte in Deutschland wohl nicht mehr weit weg sein.       

Die Argumentation der Tierrechtsaktivisten sowie des grünen und vegetarischen Mainstreams in Deutschland, dass Tiere nicht für Menschen sterben oder anderswie leiden dürfen, lautet in etwa so: Genauso wie im 19. Jahrhundert die Sklaverei abgeschafft wurde und im 20. Jahrhundert die Frauengleichberechtigung erzielt wurde, so sei es jetzt an der Zeit, auch den Tieren ihr moralisches Recht auf tötungsfreies und artgerechtes Leben zu garantieren. Wer Tieren dieses Recht nicht gewährt, wird als Speziesist bezeichnet, in Anspielung auf die Begriffe Rassist und Sexist. Tiere nicht mehr zu nutzen, ist für die Tierliebhaber somit Teil einer ethischen Evolution zu einer besseren Welt.

Eine fundierte moralische Argumentation gegen diese Position – dass es ethisch erlaubt ist, Tiere zu töten – ist nicht einfach. Wer Tiere für sich töten lässt, weil er deren Fleisch essen möchte, sollte sich ethisch aufrüsten, um eine Diskussion mit einem Tierrechtler nicht zu verlieren. Das könnte früher notwendig sein als mancher denkt, denn die politische Partei mit entsprechenden Gesetzesvorhaben zur Verbesserung und Rettung unserer Welt, steht kurz davor, die stärkste Kraft in Deutschland zu werden. Daher ein Exkurs in die Ethik. 

Natur: Täglicher Überlebenskrieg

Der Torero setzt zur finalen Estocada an, dann wenige Sekunden später bohrt sich das Schwert an den Rippen vorbei mitten in das Herz des schwarzen Bullen, worauf dieser auf der Stelle in sich zusammensackt. Ist das moralisch gerechtfertigt oder nicht? Aus der Sicht des Bullen muss das bejaht werden. Er wurde von der Natur genetisch darauf programmiert, sich in einen Kampf auf Leben oder Tod zu begeben, damit er seine Gene weitervererben kann. Soweit der Bulle das für sich selbst einschätzen kann, geht dieser Kampf für ihn so in Ordnung. Dass er den Kampf nicht gewinnen konnte, war ihm nicht bewusst. Leiden musste er bei dem Kampf auch nicht. Im Gegenteil, während des Kampfes war er von körpereigenen Amphetaminen so hochgepuscht, dass es vermutlich die schönste Zeit seines Lebens war. Das behaupten jedenfalls tierärztliche Untersuchungen. Schmerzen hat er folglich keine gespürt, und der Tod war ein schneller. Aber auch wenn der Bulle einverstanden ist, sind wir Menschen damit einverstanden?

Kulturhistorisch könnte der Wendepunkt vielleicht auf das Jahr 1977 gelegt werden, als Disney seinen 23. Animationsfilm herausgab: Bernard und Bianca. Die Geschichte von zwei Mäusen und ihren putzigen Freunden von der Rettungsgesellschaft auf der guten Seite, und den Menschen, die entweder böse oder blöde oder beides sind, auf der schlechten Seite. Mit Bernard und Bianca und allen weiteren Disney-Filmen mit sprechenden Tieren seit den 70er Jahren hat sich das Bild der guten und lieben Tiere, die genauso denken und fühlen wie wir Menschen, in jedes Kinderherz eingebrannt. Diese Kinder sind mittlerweile nicht nur erwachsen geworden, sondern meistens auch in Städten aufgewachsen, in denen Lebensmittel im Supermarkt gekauft werden. Eine natürliche Beziehung zur Natur haben diese mittlerweile erwachsen gewordenen Kinder meist nicht mehr, stattdessen haben sie ein disneyesques Verhältnis zu Tieren und Pflanzen.

Die Natur ist jedoch weder ein Disney-Schmusezoo, noch ist sie ein Jean-Jacques Rousseau-artiger edler Wilder. Die Natur ist ein täglicher Überlebenskrieg für seine Teilnehmer, der mit Giften, Dornen, Klauen und Zähnen erbittert geführt wird. Es ist ein Fressen und Gefressenwerden. Im Vergleich zu ihrer natürlichen Situation ergeht es den Tieren in menschlicher Obhut fast immer wesentlich besser als in freier Wildbahn. Vor die Wahl gestellt und bei rationaler Betrachtung würde jedes Tier die Bedingungen der Massentierhaltung über das Leben in der Wildnis bevorzugen. Aber Tiere besitzen keine rationale Betrachtungsfähigkeit. Sie handeln ihrem evolutionären Auftrag entsprechend, und der heißt: Meine Gene muss ich weitergeben. Eine Tiergattung, die das nicht tut, stirbt relativ schnell aus – das ist das Gesetz der natürlichen Evolution.   

Genetisch ähnlich, ethisch verschieden

In der Disney-Ethik dagegen hat der Bulle, dem der Torero gerade das Leben ausgelöscht hat, dasselbe gute Herz und dieselbe schützenswerte Persönlichkeit wie ein Mensch. In der Disney-Ethik könnte sich dieser Bulle mit uns unterhalten, uns seine Wünsche und Sehnsüchte mitteilen, so wie er es in den Disneyfilmen auch tut. Nichts davon ist real.

Parallel zu den sprechenden Tieren der Disneywelt haben wir in den Wissenschaften erkannt, dass diese Tiere tatsächlich hochkomplexe Sozialstrukturen entwickeln, intelligent handeln können, miteinander differenziert kommunizieren, und sogar so etwas wie Kultur entwickeln – alles, um möglichst fit für die Evolution zu sein und um ihre Gene weitergeben zu können. Wir wissen mittlerweile auch, dass Menschen zu 97 Prozent dasselbe Genmaterial haben wie Orang-Utans – und übrigens auch zu 60 Prozent dieselben Gene wie Fruchtfliegen und Bananen besitzen. In unseren Gehirnen sind es dieselben Regionen und dieselben chemischen Vorgänge, die bei Mensch wie Tier Freude oder Leid, Wohlfühlen oder Schmerzen empfinden lassen. Der biologische Abstand zwischen Mensch und Tier ist in den letzten Jahrzehnten der Forschung auf ein Minimum geschrumpft. Ethisch aber haben sich Mensch und Tier voneinander weg entwickelt: Tiere fressen weiterhin Tiere, selbst ihre Artgenossen und Nachkommen, während die Menschenfresserei weitgehend ausgestorben ist und mit harten Strafen sanktioniert wird.           

Wenn wir also den Tieren so ähnlich sind und unser auf Bernard und Bianca getrimmtes Gefühl sagt, dass diese Tiere auch genauso fühlen und wertvoll sind wie wir, dann lautet die logische Schlussfolgerung vieler Philosophen und Ethiker, dass es an der Zeit ist, diesen Tieren denselben grundgesetzrechtlichen Schutz zu gewähren, wie wir Menschen ihn genießen. Mindestens aber sollte für alle empfindungsfähigen Säugetiere und Vögel derselbe Würdeschutz gelten, wie die Menschenrechte es für Menschen etabliert haben. Daraus würde zwingend folgen, dass keines dieser Tiere mehr für Menschen getötet werden darf, und auch Tiere nur noch so gehalten werden dürfen, wie sie es in freier Wildbahn täten. Zum Beispiel könnte es noch Milch geben, aber nur gemolken von Kühen, die sich frei auf der Wiese bewegen können und nicht gesundheitliche Schäden durch Intensivhaltung oder Züchtung erleiden müssen und deren Milch nicht von den Kälbern selbst benötigt wird. Milch würde es nur noch in pharmakologischen Mengen geben.

Die kumulative kulturelle Evolution

Wenn Sie nun sagen, so ein Quatsch, Mensch ist Mensch und Tier ist Tier, dann sind Sie bereits in die Speziesmus-Falle der Tierrechtler getappt, aus der Sie argumentativ kaum herauskommen. Denn genauso haben Rassisten und Sexisten bis vor gar nicht langer Zeit auch argumentiert und dennoch haben wir uns anschließend zu einer besseren Welt entwickelt.

In diesem Beitrag ist nicht der Platz, um in die wissenschaftlichen Tiefen einer Ethik-Diskussion einzugehen, um die neusten Konzepte der Teleologie oder Deontologie zu ergründen, und wie schwierig es ist, die Tierrechtsethik argumentativ auszuhebeln. Ich möchte hier wenigstens ein geeignetes ethisches Argument schildern, warum Tierrechte nicht gerechtfertigt sind, und warum Tiere weiterhin für das Wohl der Menschen genutzt und getötet werden können und dürfen.

Es gibt keine einzige Tiergattung, die kumulative kulturelle Evolution erzielt hat. Tiere haben sehr wohl Kultur und Wissen. Elefantenherden unterscheiden sich kulturell voneinander und die Mutterkühe sammeln erstaunlich viel Wissen an. Sowohl Elefanten wie Wale scheinen zu lernen, welche Art von Menschen ihnen gefährlich sind (in der Regel Mitbewohner derselben Gegend), und welche Art von Menschen ihnen helfen würden (in der Regel Touristen und Wissenschaftler). Sie scheinen dieses Wissen auch an ihre Kinder weiterzugeben. Aber selbst Elefanten und Delphine lernen nicht kumulativ kulturell. Die Menge ihres potenziellen Wissens steigt nicht an. Das hat nur die menschliche Spezies geschafft.

Wie, wann und warum die Menschen anfingen kumulativ kulturell zu lernen, ist noch umstritten, aber irgendwann in der Steinzeit fing unsere Spezies an und malte Bilder an die Wand, begann den Lauf der Himmelskörper zu berechnen und bildete eine abstrakte Sprache aus, die synthetisiertes Wissen vermitteln konnte. Vor etwa 6.000 Jahren kam dann Schrift hinzu, und seitdem wuchs die kumulative kulturelle Evolution immer schneller an.

Ohne Pflichten keine Rechte

Diese kumulativ kulturelle Evolution erlaubte es der Menschheit, eine Moral zu entwickeln, in der das Individuum sich der Erfüllung von gemeinschaftlichen Zielen zuwenden kann (oder soll), die nicht mit der Weitergabe seines eigenen persönlichen Erbguts an die nächste Generation verknüpft sind. Diese Moralfähigkeit wiederum ist die Basis für Rechte und Pflichten in einer Gemeinschaft – auch der Menschenrechte.

Keine einzige Tiergattung ist zur kumulativen kulturellen Evolution fähig, kann daher auch per Definition kein Mitglied einer moralischen Gemeinschaft werden und kann daher auch nicht gemeinschaftliche Pflichten eingehen oder gemeinschaftliche Rechte genießen. Ein Tierrecht kann es nicht geben, weil es auch keine Tierpflichten geben kann. Tiere sind nicht rechtsfähig, weil sie nicht pflichtfähig sind. Sie sind daher im Ergebnis tatsächlich der menschlichen Spezies untergeordnet und dürfen von der menschlichen Spezies zum Zweck ihres eigenen Wohlergehens genutzt werden. Im Gegenteil, aus der Sicht der Tiere ist ihre Benutzung sogar vorteilhaft, denn auf diese Weise werden enorm viele ihrer Artgenossen erzeugt und ihrer Gene an folgende Generationen weitergegeben. Die evolutionäre Aufgabe des Tieres, für seinen Fortbestand zu sorgen, ist durch die Indienst-Stellung beim Menschen bestmöglich erfüllt.

In einem Punkt haben die Tierrechtler recht: Nur weil Dinge schon immer so waren, ist diese Feststellung keine Rechtfertigung für die Zukunft. Sklaventum und Frauenunterdrückung waren zehntausende von Jahren der Standard der menschlichen Existenz und wurden selbst von den führenden Ethikern der früheren Zeit nicht hinterfragt. Ethik entwickelt sich, sie ist selbst auch kumulativ fortschrittlich. Wer sich für sein Steak entscheidet, nur weil das schon immer so richtig war, der bewegt sich auf eher schwachem ethischen Terrain. Sich argumentativ aufzurüsten, hilft nicht nur für die eigene Position, sondern auch für den gesellschaftlichen Rahmen, in dem man leben möchte. Die Tierrechtler haben hier bereits einen großen argumentativen Vorsprung erarbeitet.

Lesen Sie morgen: Falschalarm Welthunger-Faktor

Teil 1 finden Sie hier.

Teil 2 finden Sie hier.

Teil 3 finden Sie hier.

Prof. Dr. Peer Ederer hat an der Sophia Universität in Tokyo (BA) und der Harvard Business School in Boston, USA (MBA) studiert. Er promovierte an der Universität Witten-Herdecke in Finanzökonomie. Er ist unter anderem Honorarprofessor der Zeppelin Universität in Friedrichshafen mit den Schwerpunkten Humankapital, Wachstum und Innovation und leitet das „Global Food and Agribusiness Network“ mit Unterstützung der China Europe International Business School Zurich Campus.

Im Rahmen seiner Tätigkeiten berät er Firmen aus aller Welt, die in der Agrarwirtschaft und Lebensmittelindustrie arbeiten. Nur objektive und wissenschaftliche Erkenntnisse sind dabei gefragt. Auftragsforschungen mit Zielvorgaben oder Lobbyarbeit in jedweder Form sind nicht Bestandteil seiner Arbeit.

Weiterführende Informationen und Quellen finden Sie unter den folgenden Links:

www.foodandagribusiness.org/quo-vadis-meat-2050-part-3-ethics/

Richard David Precht:

www.kulturbuchtipps.de/archives/1729

Robert Habeck:

www.topagrar.com/schwein/news/habeck-toetung-von-nutztieren-ist-nicht-mehr-zu-rechtfertigen-9569854.html 

Foto: Pixabay

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Archi W Bechlenberg / 18.08.2019

Ohne Fleischkonsum gäbe es seit ewigen Zeiten keine Schweine und Rinder und Schafe und Ziegen und Hühner und vieles vieles mehr an Getier. Warum auch hätte der Mensch die kultivieren sollen? Auch Hunde gäbe es nicht, weil sie früher ja nicht zum Hüten der Herden oder bei der Jagd gebraucht worden wären, da Vegetarier keine Herden hielten und keine Jagd betrieben. Die Gelegenheit, später Kuschelhunde zu züchten, wäre somit nicht gegeben gewesen. Es gäbe auch keine Katzen, denn früher waren Katzen keine Schmusetiere, sondern ausschließlich Ratten- und Mäusejäger, aber diese Nager wollen doch auch leben und haben ein Recht darauf, in Würde zu altern. Und heute wären Katzen völlig undenkbar, Kitekat und Co wird nun einmal aus tierischen Bestandteilen gefertigt. Es gäbe auch kein Bioobst und - gemüse, das wird nämlich mit Abfallprodukten der Tierzucht gedüngt. Ach, es gäbe die ganze Menschheit nicht. Eine Vision, die durchaus erfreuliche Seiten hat.

Rudolf George / 18.08.2019

Wer Tiere mit Menschen gleichsetzt, setzt auch Menschen mit Tieren gleich. Und wer das tut, sollte sich die viel zitierte Geschichte der Sklaverei anschauen, um zu erkennen, dass er auf dem Holzweg ist.

Rudolf George / 18.08.2019

Das Problem an den meisten progressiven Argumentationslinien ist die dümmliche Gleichsetzung von Unvergleichbarem. Die Sklaverei von Menschen afrikanischer Abkunft war ein spezielles Phänomen unter speziellen Bedingungen, mit entsprechenden historischen Wurzeln. Sie war eine Sünde, durch nichts moralisch zu rechtfertigen. Dieses Phänomen aber mit der Unterdrückung von anderen Menschengruppen, z.B. Frauen oder Homosexuellen zu vergleichen ist schon sehr zweifelhaft, weil Ausprägung und historischer Hintergrund meist vollkommen anders sind. Einen Fleischesser mit einem Sklavenhalter gleichzusetzen ist hingegen vollkommen lächerlich. Es ist Ausweis von geistiger Armut und eines Mangels an schlüssigen Argumenten.

Winfried Kellmann / 18.08.2019

Der wesentliche Unterschied zwischen Tier und Mensch ist doch der, daß Tiere zwar konkrete Todesangst durchleiden, jedoch kein Bewußtsein für den Tod und damit kein Bewußtsein für die Zukunft haben. Es ist deshalb ethisch vertretbar, Tiere so zu halten, daß es ihnen tatsächlich gut geht (also keine Turbokühe, keine Qualzüchtungen) und sie zu töten, ohne daß sie Todesangst erleiden müssen. Das dürfte doch möglich sein. Es dürfte auch möglich sein, zu erforschen, bei welcher Haltung die Tiere am wenigsten leiden. Z.B. kann man die Ausschüttung von Glückshormonen messen. Der Vergleich des überraschenden Todes eines Tieres mit dem überraschenden Genickschuß  eines Menschen führt, wie immer bei solchen grundsätzlichen Diskussionen, die auf ein widerspruchsloses,  göttlich-reines Leben zielen, in’s Absurde. Die Conditio humana ist nunmal gegeben, und jede, absolute jede Lebensregel franst an ihren Grenzen aus. Es gibt kein widerspruchsloses Leben. Noch nicht einmal die Grenze zwischen Leben und Tod ist einwandfrei bestimmbar. Es ist wohl das besondere deutsche Erbe der Richter und Henker, das das Abwägen zugunsten der logischen Konsequenz vernachlässigt und für die Verwirklichung des, nur scheinbar widerspruchsfreien logischen Gedankens, zur Not über menschliche Leichen geht. Denn der Mensch ist ja nicht mehr wert, als ein Tier. Da lobe ich mir den christlichen und v.a. den katholischen Glauben im Spannungsverhältnis zwischen Gut und Böse: Wir sind alle Sünder, weil wir Menschen sind. Im Vergleich mit den totalitären Welterlösungsphantasien ist das ganz schön realistisch und menschenfreundlich.

Peter Vettermann / 18.08.2019

Jedes Leben basiert auf dem Tod anderen Lebens. Dieses biologische Naturgesetz wird bei den Gegnern der Tiernutzung immer geleugnet. Ohne Tiernutzung ist menschliches Leben überhaupt nicht möglich; das müssen sogar die hartgeottensten Veganer kleinlaut zugeben, wenn man sie darauf hinweist, wo überall Tierleid enthalten ist. Wer also für die Abschaffung der Tiernutzung ist, ist letztlich für die Abschaffung menschlichen Lebens. Wenn es den Veganern tatsächlich um die Verringerung von Tierleid ginge, müßten sie überzeugte Rindfleischesser werden. Allein bei der Erzeugung und Lagerung von “veganem” Getreide und dem Betrieb moderner Obstplantagen werden Unmengen an Mäusen und anderen Ackerschädlingen grausam vergiftet. Dazu kommen die getöteten Tiere beim Einsatz von Maschinen in der Landwirtschaft: Rehkitze, die vom Mähdrescher zerfetzt werden, Bodenbrüter, die vom Pflug zermatscht werden usw. Auf Proteine umgerechnet sterben für dieselbe Menge ungefähr 25mal so viele Ackerschädlinge wie Rinder. Ein Rind wird aber in aller Regel betäubt, bevor es in wenigen Sekunden getötet wird, während der Todeskampf bei vergifteten Ackerschädlingen sich über Tage hinzieht und die Brut elendig verhungert. Veganer sollte man daher bei jeder Gelegenheit darauf hinweisen, daß ein Rindersteak weitaus weniger Tierleid enthält als ein veganes Müsli.

Robert Krischik / 18.08.2019

Wenn wir Menschen keine Tiere töten dürfen, wird es auch kein Tierfutter mehr geben. Da sehe ich schon, wie unsere Veganer mit ihren Hunden heimlich auf die Jagd gehen werden…

B. Ollo / 18.08.2019

Ergänzung: Mit Tierrechtlern zu diskutieren, spielt sich auf dem selben Niveau ab, wie mit Animisten zu diskutieren. Da gibt es keine Logik. Das Schlimme ist, dass sich diese Form des Animismus bis ins Völkerrecht zieht. Ein Beispiel: Naturvölkern und solchen, die sich dafür halten, bis hin zu solchen, die etwas angeblich traditionell schon immer so machten, gesteht man etliche Ausnahmen im Hinblick auf Nutzung natürlicher Ressourcen zu. Die Inuit dürfen beispielsweise Wale erlegen. Sie leben in Regionen, wo es abgesehen von teilweise noch Karibus nennenswert nur Meerestiere gibt. Interessant ist hier nicht die Sichtweise von Tierrechtlern dazu, sondern der allgemeine Umstand, dass man ihnen bisher und auch 2019 dafür eine Ausnahme zulässt. Warum? Weil die sich kein Tofu kaufen können? Weil die dümmer, weniger entwickelt sind, als andere? Weil sie Tiere sind? Weil sie deshalb Tierrechte auf Töten haben? Man verlangt von Afrikanern Elefanten zu schützen, die deren Felder zerstören. Inuit haben noch nie in der Nordsee oder im südlicheren Atlantik Wale gejagt. Das haben dort stets andere getan. Es gibt keinen logischen Grund, warum die einen es heute dürfen und die anderen nicht. Das hat mit Logik nichts zu tun. Jede Begründung ist an den Haaren herbeigezogen, hinkt gewaltig. Es gibt so viele Beispiele für Naturvölker, die man anführen könnte. Wer Ausnahmen zulässt, muss ein Rassist sein.

Uwe Hartmann / 18.08.2019

In Ergänzung zu den Betrachtungen des Autors kann ich das Buch “Die Botanik der Begierde” von Michael Pollan empfehlen. Hier wird am Beispiel von vier Kulturpflanzen die interessante Frage gestellt: Nutzt der Mensch die Pflanzen oder nutzt der Mensch den Pflanzen.

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