Thilo Schneider / 28.02.2021 / 14:00 / Foto: Pixabay / 79 / Seite ausdrucken

Polizisten in der Zwickmühle

Ich muss diesem Artikel vielleicht vorausschicken, dass ich ein Kind der 60er Jahre bin. Ich kannte noch den „Schutzmann“ als Bezeichnung für einen Polizisten. Gelegentlich sah man so einen noch auf einer Kreuzung stehen und den Verkehr dirigieren, und für uns Jungs in den 70ern war alleine schon der Anblick eines grünen Polizeikäfers eine kleine Sensation. Die Polizisten waren – wenigstens zu uns Kindern – freundlich, und einmal hatte ich mich verlaufen und wurde im Polizeiauto nach Hause gebracht, nachdem mich ein Polizist, der meine Eltern kannte, heulend im Schtetl aufgefunden hatte.

Dann kamen Wackersdorf und die RAF, und das Bild des Polizisten wandelte sich etwas. Ich lernte, zwischen Verkehrs-, Bereitschafts-, Landes- und Bundespolizei zu unterscheiden und konnte mich doch eines Grinsens nicht erwehren, wenn die Polizei mal wieder ein paar Hippies bei Brokdorf von den Bäumen pflückte. Plötzlich hatten die netten Polizisten vom Käfer auf Audi umgesattelt und die Maschinenpistole wurde Teil der regulären Ausrüstung. Wir Jungs, die wir früher selbst einmal Polizisten werden wollten, begannen, einen Bogen um sie zu schlagen. Trotzdem wäre wohl nur den Wenigsten in den Sinn gekommen, einen Polizisten zu beleidigen, zu bespucken oder zu verletzen. Es gab (und gibt) Dinge, die tut man nicht.

Dann endlich tauchten die pferdebeschwanzten Melanies und Jessicas bei Verkehrskontrollen auf, die ihre fehlende Männlichkeit durch besondere Unfreundlichkeit und Anmaßung kompensierten und einfach nur nervig waren (und immer noch sind!). Vorbei mit dem gemütlichen Dicken, der auf Jammern und Klagen „mal ein Auge zudrückte“, weil er vor sich einen Menschen und nicht einen finsteren Gesetzesbrecher sah.

Heute ist die Polizei beides: Feind des Bürgers und Prügelknabe zugleich. Die Politiker haben aus den Polizisten schlichtweg Idioten gemacht, die sich gefälligst von „guten" Demonstranten beleidigen und bespucken lassen sollen (das nennt man dann „Deeskalation“), auf „böse" Demonstranten (das sind die mit Deutschlandfahnen und mit ohne Masken) aber wie auf nichts Gutes einprügeln sollen. Während die Polizei also Clanbeerdigungen mit ein paar hundert Leuten „deeskalierend“ begleitet, wird sie zum Helden der Demokratie hochgejazzt, wenn sie tapfer die Reichstagstreppe schlagstockwedelnd gegen zehn Handvoll Berlintouristen „verteidigt“, die auf Aufforderung brav das Gelände verlassen.

Und seit diesem Winter wissen wir: Die Polizei ist angehalten, geltende Gesetze auch im winzigen Rahmen zur Anwendung zu bringen und macht davon ausgiebig Gebrauch. Indem sie Skifahrer und Rodler verfolgt, die ohne Maske im Schnee herumtollen. Es gibt traurige Videos von stolpernden und rutschenden Polizisten, die mit wedelnden Armen Schlittenfahrer verfolgen und ihnen ein verzweifeltes „Sie haben keine Maske auf!“ hinterherrufen (den erschütternden Anblick erspare ich Ihnen) oder in filmreifen Verfolgungsjagden eherne Maskenverweigerer mit Streifenwagen zu erhaschen suchen.

Mal lächerlicher Held, mal Prügelknabe – oder Büttel einer übergriffigen Politik

Die Polizisten sind in einer furchtbaren Zwickmühle: Ausgebildet, tatsächlich Kriminelle zu verhaften und bewaffnete Psychos durch Zureden zum Aufgeben zu bringen, sollen sie jetzt harmlosen Bürgern nachstellen, die zwanzig Meter vor dem Ende der „Maskenpflichtzone“ bereits den Gesichtslappen abnehmen. Und das, ohne sich dabei lächerlich zu machen. Wenn es dann aber tatsächlich ernst wird, dann ergreift die uniformierte Staatsmacht lieber die Flucht, statt beispielsweise einem Kollegen zu helfen, oder sie lässt sich entwaffnen oder wird an neuralgischen Positionen auch mal bewaffnet – allerdings ohne Munition. Sie könnte ja versehentlich auf Terroristen schießen. Und dann weint wieder irgendwer. Warum man nicht auf die Beine gezielt habe. Aber am Skilift sind sie gefährlich. Für Familien mit Kindern, die „keinen Mindestabstand halten“.

Ich gestehe, ich bin da ziemlich ratlos. Ein junger Mensch, der sich entscheidet, zur Polizei zu gehen, tut das doch sicher nicht, um Kindergeburtstage oder das Kaffeekränzchen bei der Oma zu stürmen und illegalen Friseursalons die Kellertüre einzutreten, sondern weil er durchglüht davon ist, das staatliche Gewaltmonopol – notfalls unter Einsatz des eigenen Lebens – gegenüber Kriminellen und Terroristen durchzusetzen und so Menschen zu schützen. Dafür macht er ja Sport- und Schießübungen, wird psychologisch und juristisch geschult und tut sich den Tort mit Spät- und Nachtschichten an. Da gibt es Positionen im öffentlichen Dienst, auf denen die Pension leichter verdient wird. Da musst du doch als junger Mensch Enthusiast sein?

Stattdessen erleben Polizisten, wie sie abwechselnd zu lächerlichen Helden oder zu Prügelknaben gemacht werden, wie sie zu bloßen Handlangern und Bütteln einer hilflosen, aber übergriffigen Politik degradiert werden, statt die friedlichen Bürger zu schützen, von deren Steuergeldern sie letztlich bezahlt werden. Aber es gibt Lichtblicke. Es gibt auch bei der Polizei Rebellen, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten nicht mehr bereit sind, jeden dämlichen Mist, der von oben verordnet wird, mitzumachen. Daher schließe ich diesen Artikel mit stillem Dank an den unbekannten Schreiber einer fiktiven Polizeimeldung der Polizeigewerkschaft Hamburg: „Die Durchsuchung führte zur Ergreifung von einem Bösewicht & zwei Bösewichtinnen, die als Hotelgäste getarnt auf Beutezug gingen. Wobei die Bösewichtinnen tatsächlich als Gästinnen des Hotels eingecheckt waren. An der Durchsuchung nahmen Polizeiende mehrerer Dienststellen teil.“ Danke Mann, echt!

(Weitere kritikwürdige Artikel des Autors unter www.politticker.de)

 

Von Thilo Schneider ist soeben in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro

 

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Leserpost

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Claudius Pappe / 28.02.2021

Ab 2015 durfte/ konnte/wollte man keine Illegalen Grenzübertreter mehr kontrollieren. Macht man heute nur, wenn sie weiß sind und einen Ausweis haben. Leute ohne Ausweis bekommen einen Ausweis zur lebenslangen Alimentierung. Menschen mit Ausweis und ohne Maske bekommen einen Strafzettel. PS : Gerade fuhr wieder eine Ordnungsamtsstreife ( die Autos sehen einen Polizeifahrzeug zum Verwechseln ähnlich) durch die Straßen unseres Vorortes. Komischerweise bleiben Hundegassigeher und Spaziergänger ohne Maske noch unbehelligt. ( Die SPD, CDU und Grünen Wähler sollen wohl nicht verärgert werden)

Frank Stricker / 28.02.2021

Früher hatte die Polizei noch mit echten “Nafris” zu kämpfen, heute muß sie “WRKK” im Zaum halten ( wild, rodelnde Klein-Kinder).........

S. Andersson / 28.02.2021

Sehr schön. Ich hab da mit übergriffigen Scherloks so meine Erfahrung gesammelt die dann bei mir geklingelt haben und sagten mein Auto stehe im Halteverbot. Die erste Runde ging zu Gunsten der weiblichen Scherloks aus. Die haben sich entschuldigt und da die Kollegin mir einen Parkplatz frei gehalten hat, habe ich nett wie ich bin umgeparkt zu gunsten der Gerüstbauer. Im 2 Fall war ein rotzlöffigeler Dauergrinsender Grosskotz am Start. Er hat eine Dienstaufsichtsbeschwerde samt seiner Kollegin am Hals. Man sollte wissen wer einen bezahlt und es ist immer sehr blöd wenn man sich nicht benehmen kann

Romana Blechschmidt / 28.02.2021

Mit den Polizisten habe ich überhaupt kein Mitleid. Wenn die Jungs und Mädels einen Funken Anstand im Leib hätten, hätten sie sich schon längst massenhaft gelbe Urlaubsscheine geholt. Es sind doch Beamte, die haben absolut nichts zu befürchten.

H. Krautner / 28.02.2021

Jeder Beruf zieht vorwiegend bestimmte Charaktere an. Beim Beruf Polizist ist diese Feststellung besonders zutreffend. Meine Erfahrung zeigt außerdem, dass es „außergewöhnlich intelligente Personen“ sind, die diesen Job auswählen. Deshalb gibt es keinen Grund Mitleid mit Polizisten zu haben. Sie tun genau das, was ihnen großen Spaß macht. Es sind nicht die Politiker, die Polizisten zu Idioten gemacht haben, wie Herr Schneider oben im Artikel schreibt. Das passt schon alles zusammen. Stecke eine Person in eine Uniform. dann kannst du was erleben.

Gudrun Meyer / 28.02.2021

Der Witz ist gut, reicht aber nicht. Auch 1000 gute Witze reichen nicht. Die Polizeibeamten besonders in Berlin, die ja schon dafür bekannt sind, fast geschlossen AfD zu wählen, müssten endlich mal auch ÖFFENTLICH sichtbar und geschlossen idiotische Befehle verweigern. Für einen Polizisten ist das weitaus schwerer als für einen Gastwirt oder eine Friseurin, ich weiß. Trotzdem müsste es geschehen, um die Polizei wieder zum Freund und Helfer zu machen, bevor es dafür zu spät ist. In weiten Teilen der USA ist es zu spät, weil die Beamten dort in ständiger Angst vor bewaffneten Kriminellen und Psychopathen leben müssen. Polizistenmorde anlässlich von Verkehrskontrollen sind in amerikanischen Großstädten fast normal. Entsprechend benehmen sich die Polizisten! In D und Europa, wo die Zivilbevölkerung zum Glück weitgehend unbewaffnet ist und sich das leisten kann, wäre es noch möglich, der Polizei ihre Würde und ihre echte, soziale Bedeutung zurück zu geben. Aber nicht im Merkel-Regime!

Wolf Hagen / 28.02.2021

Bei den weitaus meisten Polizistinnen trifft leider der Spruch: “Große Fresse und nix dahinter” zu. Das habe ich schon des Öfteren selbst gesehen. Während der harmlose und eigentlich gesetzestreue deutsche Bürger, ohne Migrationshintergrund, großmäulig belehrt und behandelt wird, bevor man ihn abkassiert, guckt man bei eher orientalischen aussehenden Sündern lieber weg. Kommt es mit Letzteren denn dann doch mal zum Konflikt, ist es meist der männliche Kollege, der der nicht-männlichen Polizei-DarstellerIn helfen muss. Mein Vater war auch Polizist und schon der regte sich in den seligen 90ern darüber auf, dass nur noch “Sternchenjäger” und “Püppchen” (heute Schneeflöckchen) eingestellt wurden. Man muss leider sagen, die Polizei hat selbst viel dazu beigetragen, nicht mehr als Freund und Helfer wahrgenommen zu werden.

Ulrich Jäger / 28.02.2021

“Ein junger Mensch, der sich entscheidet, zur Polizei zu gehen, tut das doch sicher nicht, um Kindergeburtstage ... zu stürmen.” Doch, Herr Schneider, das ist wohl aktuell der wichtigste Grund: Macht über andere ausüben. Der Schutz des Bürgers ist “lästiger Beifang”, um es mal in der Sprache der Berufsfischer auszudrücken. Ich kann mich, obwohl es schon mehr als 30 Jahre her ist, gut an die Polizistern an der DDR-Grenze zur Tschechoslowakei erinnern. Wie sie dastanden: breitbeinig in ihrer Reitshosen mit Lederstiefeln, die Arme auf dem Rücken verschränkt, um den nächsten “Gealtverbrecher” zu filzen, der es wagte, die Grenze zu überschreiten. Dasselbe Auftreten wie ihre Kollegen im Geiste in schwarzer Uniform, nur einige Jahrzehnte zuvor an der Rampe eines bestimmten Lagers bei der Ankunft der Züge. Das eint sie wohl alle: das Bewußtsein, macht gegenüber anderen ausüben zu können. Und “die da oben” können nur handeln, weil sie solche Vollstrecker haben.

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