Vielleicht täte uns ein solches direkt mal gut! Muß ja nicht gleich ein italienisches, sprich ein “spätrömisches” sein, ein belgisches täte es eventuell auch!
Ich finde den Vergleich mit den USA erstaunlich. Deren Ober"clown” kann nämlich nicht einfach jeden Unfug gegen die Bevölkerung durchboxen. Wie unser “alternativloses” “wir schaffen das schon”-System gerade dagegen stabil wirken soll, erschließt sich mir nicht. Bei uns ist die Demokratie längst zu Grabe getragen worden, niemand kämpft noch für Initiativen, stattdessen wartet man einfach bis zur WM oder so wenn man lausige Gesetze durchkriegen will oder macht einfach mal und die Gerichten fangen den Blödsinn dann wieder ein. Da ist keine Stabilität, da ist nur völlige Entrückung zu sehen. Deutschland hat keinen Souverän mehr.
“Zugegeben, in Deutschland ist politisch einiges in Bewegung geraten.” Ach(wie)gut! Nachdem wir vier Jahre lang ein teil- bis ganz- sediertes Parlament ertragen mussten, regiert von einer Frau, die sich unwidersprochen “Mutti” nennen ließ, erscheint jede politische Bewegung wie eine Sauerstoffdusche für einen Erstickenden (oder eine Erstickende oder welchen “Erstickungsgender” auch immer). Allerdings spielt sich die “politische” Bewegung aktuell zum großen Teil noch auf Kindergartenniveau mit offenbar großem Spaßfaktor für alle daran Beteiligten ab. Immerhin geht es um so wichtige “politische” Entscheidungen wie die neue Sitzverteilung im Parlament und die Zuteilung der Abgeordnetenbüros! Aber wie sagte die neue Fraktionsvorsitzende der SPD so schön: “Ab Morgen kriegen sie in die Fresse.” Vielleicht sollten wir doch Angst vor zuviel Bewegung haben? Ansonsten: So(!) ein Geschrei um rund ein Achtel zukünftiger Parlamentarier, die (vielleicht) “mal ordentlich auf den Putz hauen”!? Unglaublich!
Was immer vergessen wird: Beppe Grillo mag von Beruf Komiker sein (hierzulande benutzt man gerne den abwertenderen Begriff “Clown”), er ist aber auch ein Bürger seines Landes, der das verdammte Recht hat, sich politisch zu betätigen und der politischen Klasse in Italien, die seit Jahrzehnten nur Mist baut (aber immer prima zusammenhält), Beine zu machen. Die wohl kalkulierte Herablassung und Verbaldiskriminierung, die an den Tag gelegt wird, wenn außenstehende Gruppierungen oder Einzelpersonen das Establishment aufzumischen versuchen, funktioniert nicht (mehr)...das haben die Wähler zuletzt bei der Bundestagswahl bewiesen und werden es hoffentlich auch in Italien tun. Gut so!
Sehr geehrter Herr Bonhorst, Eine feine Analyse! Daraus geht sehr klar hervor, dass genau mit solchem Verhalten der Elite, nichts anderes als Extremismus gedeihen kann. Hoffentlich merken die noch rechtzeitig, dass das Angehen der wirklichen Probleme der einzige Weg zurück in die “die Mitte” ist. Es braucht nur die politische Verantwortung, die Gesetzestreue und etwas mehr Konsequenz um nicht schlussendlich doch über alles und jedes abstimmen zu müssen. Das ist allerdings nur mit einer total anderen politischen Gesellschaft, in der nicht nur die Eigeninteressen zählen, möglich. Es gibt eigentlich keinen Wahlkampf und der braucht noch vorher und nachher viel zu viel Zeit, sodass man heute schon die Amtszeit auf 5 Jahre hochschrauben will, um dazwischen mehr Zeit zum regieren zu haben! Danke für den anregenden Text und die etwas “sanftere Sicht der Dinge”. b.schaller
Chaos? In Belgien hatten sie 500 Tage keine Regierung - und keiner hats gemerkt. Mittlerweile bin ich mir nicht sicher, ob KEINE Regierung nicht besser ist als die Regierungen, die wir haben. Z.B. haben Macron und die tolle EU wieder einen super Plan, wie mit deutschem Geld die EU jetzt aber wirklich ganz ganz wunderbar gemacht werden kann. Würde es aber ein Jahr lang keine deutsche Regierung geben, würde der Plan nicht umgesetzt werden.
Italien war innenpolitisch nie ein besonders stabiler Staat. Seit 1945 hatte das Land sage und schreibe 63 (!) Regierungen. Etliche waren nur einige Monate an der Macht. In Deutschland konstituierten sich im selben Zeitraum 19 Bundesparlamente und 19 Regierungen unter 8 verschiedenen Kanzlern. Allerdings, werter Herr Bonhorst, halte ich Ihren Vergleich zwischen Trump und Grillo, zwischen dem amerikanischen politischen System und dem italienischen, zwischen den Italienern und den US-Amerikanern für etwas schief. Die Unterschiede zwischen den Genannten dürften wohl ungleich größer sein als die Gemeinsamkeiten. Andererseits könnten Sie in gewisser Hinsicht auch Recht haben: im Zuge der Globalisierung und der damit einhergehenden allmählichen Nivellierung der mentalen Unterschiede zwischen den Völkern, scheint die Dummheit - zumindest die der Politiker - den Sieg davonzutragen. Aber dieser Wettstreit ist noch nicht entschieden.
Grillo hat das Establishment ganz anders behandelt als die AfD. Wenn man seine Wahlkämpfe, insbesondere seine Grossveranstaltungen, verfolgt hat, kann einem das Herz aufgehen. Das war Unterhaltung pur. Und er liess verbal bei den Alt-Parteien keinen Stein mehr auf dem anderen. Er bezeichnete sie schlicht als korrupten Abschaum. Berühmt in Italien ist, wie er auf den Populismus-Vorwurf reagierte: Mit einem triumphierend in die Zuschauermenge gebrüllten “Noi siamo populisti!” (Wir sind Populisten). Er trägt diesen Ausdruck wie einen Ehrentitel vor sich her, zeigt er doch indirekt die Abgehobenheit und Volksferne derjenigen, die diesen Vorwurf erheben. Wenn die AfD die Etablierten bei uns nicht so lammfromm behandeln würde, hätte sie wohl auch mehr Stimmen. - Allerdings müssen wir nicht so weit schauen, um Parallelen zu finden. Die schweizer SVP und die österreichische FPÖ sind äusserst erfolgreich. Wir erinnern uns: Die SVP - grösste schweizer Partei und staatstragend (ohne die geht in der Schweiz nichts) - war die Partei, von der Bernd Lucke einst entsetzt sagte, mit ihrer Politik habe “seine” AfD nichts zu tun, die sei ihm zu extrem.
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