Die EU will den grenzüberschreitenden Stromhandel stärken. Dazu müssen entsprechende Leitungen gebaut werden. Zwischen Deutschland und Polen gibt es bereits zwei sogenannte Interkonnektorenleitungen, die die grenzüberschreitende Stromübertragung ermöglichen – eine bei Schwedt im Norden und eine bei Görlitz im Süden. Nach Angaben von „Tagesspiegel BACKGROUND Energie & Klima“ blockiert die polnische Regierung jedoch offenbar den Bau einer dritten internationalen Strombrücke zwischen den Städten Eisenhüttenstadt und Plewiska.
„Das Projekt dritter Interkonnektor ruht“, zitiert „Tagesspiegel BACKGROUND Energie & Klima“ den deutschen Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz. Auf polnischer Seite könne man keine Regung mehr registrieren. Die geplante Leitung über die Oder wurde von beiden Seiten bereits 2011 vereinbart und hat den Status eines Europäischen Vorrangprojekts gemäß der Verordnung zu Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur. Auch der Bundestag hat den dritten polnisch-deutschen Interkonnektor als vordringlich nach dem Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) eingestuft.
In den vergangenen Jahren hat Deutschland die Netze seiner Nachbarländer immer wieder mit Strom aus den volatilen Quellen Wind und Sonne überschwemmt und damit an ihre Belastungsgrenzen gebracht. Eine Antwort des polnischen Unternehmens PSE legt nahe, dass dies der wahre Grund für den Widerwillen der Polen beim Interkonnektorenausbau ist. Auf Anfrage von „Tagesspiegel BACKGROUND Energie & Klima“ teilte der staatliche Übertragungsnetzbetreiber mit, man wolle zunächst die eigenen Leitungskapazitäten an zwei Standorten nahe der Grenze ausbauen. Diese Lösung sei ökonomischer und würde einen ähnlichen Effekt auf die Stromzuführungskapazitäten haben wie der deutsch-polnische Interkonnektor. Eine dritte Strombrücke komme frühestens 2030 in Frage. Auch der polnische Botschafter in Deutschland, Andrzej Przyłębski, reagierte auf eine Anfrage und warnte, dass die Umsetzung der deutschen Energiewende „keinen negativen Einfluss auf die Systeme der Nachbarländer haben darf“.
Wesentlich reger kooperieren Deutschland und Polen derzeit bei Projekten, die den internationalen Stromtransport nicht erleichtern, sondern verhindern. Nach Angaben von „Tagesspiegel BACKGROUND Energie & Klima“ wurden an den Interkonnektoren Schwedt und Görlitz kürzlich für mehr als 100 Millionen Euro Phasenschieber-Transformatoren installiert, die übermäßigen Stromfluss nach Polen drosseln oder sogar stoppen können. Auch an der Grenze zu Tschechien seien solche Anlagen aufgestellt worden.