Claudio Casula / 17.07.2020 / 06:25 / Foto: Heinrich-Böll-Stiftung / 227 / Seite ausdrucken

Piesches Nische

Was, Sie kennen Peggy Piesche noch nicht?! Dann wird es aber höchste Zeit! Die Referentin für Diversität, Intersektionalität und Dekolonialität (D.I.D.) bei der Bundeszentrale für politische Bildung dürfte wie keine Zweite in der Lage sein, Ihnen alles rund um derzeit angesagte Themen wie Intersektionalität, Diversität-Inklusion, Rassismus- und Machtkritik sowie kritische Weißseinsreflexion in Wissenschaft, Gesellschaft und Politik erklären. Peggy Piesches Arbeitsschwerpunkte liegen, wie man uns wissen lässt, „in den Verschränkungen von Diaspora und Translokalität, Performativität von Erinnerungskulturen (Spatiality and Coloniality of Memories, Postkoloniales Erinnern) sowie Black Feminist Future Studies und Critical Race sowie Whiteness Studies“, was immer das sein mag.

Eine Hansdampfende in allen Gassen also. Peggy Piesche hat gewissermaßen ihre Hautfarbe zum Beruf gemacht und kennt sich auf Feldern aus, von denen wir Normalsterblichen noch nicht einmal gehört haben. 

„Intersektionalität“ etwa musste ich erst einmal googeln. Wenn ich das richtig verstehe, geht es darum, dass z.B. eine sehbehinderte, transsexuelle, zum Judentum konvertierte PoC (Person of Color, also etwa Afrikaner*in) nicht nur wegen ihres Handicaps, Geschlechts, Religion und ethnischer Herkunft diskriminiert werden kann, sondern wegen allem zusammen. Über individuelle Mehrfachidentitäten (also jetzt nicht solche wie die von Anis Amri) und das Zusammenwirken verschiedener Diskriminierungsformen werden offenbar ganze Bücher geschrieben, das ist ein veritables Forschungsgebiet.

Weißer Privilegien-Check

Okay, das ist vergleichsweise leicht zu verstehen. Schwieriger wird es da schon mit der „kritischen Weißseinsreflexion“. Die verdammte Autokorrektur hatte daraus „Weißweinreflexion“ gemacht, weshalb ich irrtümlicherweise bei der Recherche zunächst an einen Önologen und einen Sommelier geriet. Bei der kritischen Weißseinsreflexion geht es aber darum, dass man sich Gedanken über seine weißen Privilegien sowohl auf der strukturellen als auch auf der individuellen Ebene machen soll.

Ich muss zugeben, dass ich das bisher versäumt habe. Bis dato war es mir eigentlich immer gleichgültig, welche Hautfarbe Menschen besitzen, jedenfalls pflege ich sie nicht nach diesem Merkmal zu beurteilen, aber bei den Linken scheint das heutzutage ganz ähnlich auszusehen wie weiland beim Ku-Klux-Klan, nur umgekehrt und ohne die spitzen Hüte (aber mit Fackeln). Tatsächlich fiel mir auf, dass ich recht wenige PoC näher kennengelernt habe, mein medizinischer Fußpfleger z.B. ist aus Ghana, aber das ist mir vollkommen gleichgültig, so lange er verhindert, dass mir ein Zehennagel einwächst. Ich muss zugeben, dass meine Weißseinsreflexion da auch schon an ihre Grenzen stößt. Auf der strukturellen Ebene verstehe ich das mit den weißen Privilegien besser, insbesondere auf dem Feld der Politik: Das Bundeskabinett, also die Kanzlerin und alle 15 Minister, sind sämtlich so weiß wie albinotische Schwanzlurche! Da besteht dringend Handlungsbedarf, will die Große Vorsitzende sich nicht mittelfristig dem Vorwurf des Rassismus aussetzen.

Besonders faszinierend gestaltete sich die Recherche in Sachen „Performativität“. Klar denkt man hier gleich an Judith Butler, die Derridas Iterabilitätskonzept für kultur- und insbesondere gendertheoretische Überlegungen geöffnet hat! Performativität ist für Butler, so belehrt uns Wikipedia, „ein wiederholtes (sprachliches) Tun, das eine produktive und generative Wirkung auf die soziosymbolische Realität entfaltet, gerade weil es auf kontingenten sozialen Grundlagen operiert. Das Sein oder So-Sein eines Geschlechtes ist demnach kein ontologischer Status, der aus einer vordiskursiven Wirklichkeit schöpft, sondern das Ergebnis performativer Inszenierungen, die sich selbst erfolgreich als Sein darstellen, d.h. ihre Konstruiertheit verschleiern und einen Naturalisierungseffekt hervorrufen."

Hört, hört!

„Geschlechtsidentität erscheint damit als das Ergebnis einer rituellen Wiederholungspraxis. Um existieren zu können, muss das Subjekt zunächst in ein kulturelles Dasein hineingerufen worden sein, d.h. diskursiv-machtvoll konstituiert (nicht konstruiert bzw. determiniert) werden.“

Queerfeministisches Bullshitgedöns of Color

Weil ich mir so wirklich konkret nichts darunter vorstellen konnte, fand ich da folgenden exemplarischen Fall recht hilfreich:

„Beispielsweise bekommt das neugeborene Kind durch die performative Direktive der Ärztin: „Es ist ein Mädchen!“ eine Geschlechtsidentität zugewiesen, die im Laufe des Daseins vielfach wiederholt und von verschiedenen Stellen her erneuert werden wird. Im ärztlichen Kategorisieren des Kindes als ‚Mädchen‘ wird also eine Kette konventioneller Äußerungen wiederholt, die „geschichtlich aufgebaut und zugleich verborgen“ ist und der geschlechtlichen Anrufung erst ihre Kraft verleiht. Auch die sprechende Ärztin handelt nicht autonom, da sie, um sprechen zu können, bereits durch machtvolle Anrufungen subjektiviert wurde. Die diskursive Norm der Zweigeschlechtlichkeit ist demnach nicht stabil, sondern auf ihre wiederholten Zitierungen angewiesen, um machtvoll zu bleiben und eine Wirkung zu entfalten, die zugleich produktiv und repressiv ist.“

So ist das also gemeint mit dem Geschlecht als Konstrukt! Bei uns war das ganz ähnlich. Als unsere Tochter zur Welt kam, rief die Geburtshelferin, versaut von den machtvollen Strukturen unserer Gesellschaft, ebenfalls „Es ist ein Mädchen!“ aus, weil sie das Geschlecht unreflektiert am fehlenden Pimpermann der Neugeborenen festmachte. Und ahnungslos, wie wir Eltern waren, behandelten wir die Tochter ebenfalls als Mädchen, zogen ihr Kleider an und so weiter. Noch heute, längst erwachsen, versteht sie sich als weiblich. Und alles nur, weil wir nichts von Menschen wie Peggy Piesche wussten, die es uns vielleicht hätten erklären können.

Sehen Sie: Dieses für den Laien etwas unübersichtliche Gendergedöns in Tateinheit mit Schwarzer Identitätsmagie ist Peggy Piesches täglich Brot. Unablässig muss sie gerade in diesen Zeiten der weißen Mehrheitsgesellschaft in Bullshitbingosemantik verklickern, dass diese von Rassismus, Sexismus, Antifeminismus und etlichen anderen -ismen besessen ist, verdammt in alle Ewigkeit (Stichwort „Postkoloniales Erinnern“!). Und eben diese zahlt, beschämt und dankbar zugleich, ihren Ablass unter anderem in Form von Staatsknete, von der Peggy Piesche lebt. So haben wir alle etwas davon.

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Gerhard Keller / 17.07.2020

Ludwig Wittgenstein: “Wenn zwei Philosophen über die Existenz eines Baumes streiten und ein gewöhnlicher Mensch wundert sich darüber, kann man dem getrost sagen: “Sie sind nicht verrückt; sie philosophieren bloß.”“ Und sichern damit durchaus vorteilhafte Positionen im realen Raum ...

Robert Rudolph / 17.07.2020

Möglicherweise werde Hebammen und Geburtshelfer demnächst angehalten, nicht mehr mitzuteilen, dass es ein Mädchen oder Junge ist, sondern (nach dem Blick auf den Ultraschall) heißt es dann “Es ist ein Menschenkind!”

U. Lutz / 17.07.2020

Was für ein unglaublicher Quatsch. Aber das geht auch vorbei, wie viele anderen Wellen der Vergangenheit. Wenn nach Corona Kassensturz gemacht wird, stellt man vielleicht fest, das man doch besser Ingenieure und IT-Spezialisten (gerne auch Spezialistinnen) ausbildet, als Genderwissenschaftler*ixe

Johannes Fritz / 17.07.2020

Wie man liest wurden vielen einschlägigen Lehrstühlen die Mittel gekürzt, indem gleich die gesamte Fakultät zugemacht wurde. Haben sie es wohl doch zu “kaputt getrieben” (Danisch). Diese Critical Race Geschichte hat jedoch Potenzial - im negativen Sinne, versteht sich. Es handelt sich wohl um einen Abkömmling der Kritischen Theorie und die ist eigentlich nur da, um zu spalten und zu zerstören. Die ganze neomarxistische Soße samt Unterdrückern und Unterdrückten feiert damit fröhliche Urständ. Siehe beispielsweise BLM, die sind davon wohl nicht unbeeinflusst, geben sie doch selbst an, “trained marxists” zu sein.

Frances Johnson / 17.07.2020

Beide Söhne interessierten sich für Wasserpistolen und “Mellitär”, das Mädchen hatte eine Puppensammlung. Niemand hat das zuerst angeschafft. Es entwickelte sich von selbst. Zusammen spielten sie Lego und Brio. Der zweite Sohn bekam zum Geburtstag eine schwarze! Puppe, übrigens nicht aus Prinzip, sondern weil sie hübsch war. Er betreute sie eine Zeitlang und gab sie dann zur Adoption an seine Schwester frei. Niemand erzählt mir irgend etwas von Konstrukt. Ich sehe aber schon Konstrukte: Vollkommen konstruierte Köpfe, von oben geformt. Der Kopf ist heute ein soziales Konstrukt, fürwahr. Man kann ihm sogar einreden, er hätte bei der Geburt keine Identität gehabt, und Frau Doktor hätte die gemacht. Meistens ist das eher die Hebamme. Herr oder Frau Doktor kommt dann zum Nähen oder zur Not-Op, wenn der Mutterkuchen nicht rauskomnt. Vielleicht sollten wir den heute LGBT-Kuchen nennen. Oder bleiben wir lieber bei Plazenta. Ich werde mein Latein auffrischen und eine Lateinergruppe suchen, dann sind wir außen vor. Cicerociceracicerum dreht sich im Grab um.

Frances Johnson / 17.07.2020

Sie kam ganz schön herum. Offenbar ist das Gebiet das, das für sie übrig blieb. Hat gut studiert, sieht sympathisch aus, und bis 2013 war alles in Ordnung. Dann kam Merkel III mit einer völlig verdrehten SPD. Ich würde sie daher ein Symptom nennen.

Sebastian Weber / 17.07.2020

Niemand*in hat mich gefragt, ob mein Steuergeld für derartige Verbaldiarrhoe ausgegeben werden darf. Bringt uns das Geschwurbel weiter? DAS sollte der Maßstab sein. Die Dame soll mal richtig arbeiten gehen.

Jochen Brühl / 17.07.2020

Wenn man Fotos vom Hengamah und diesem Peggy Piesche sieht, versteht man auch, weshalb nach dem Willen solcher Personen Bewerberfotos abgeschafft werden sollen. Das brächte aber bei dem zu vermutenden Inhalt eines Bewerbungsschreibens dieser beiden auch nichts, wenn es sich nicht um solch überflüssige Beschäftigungspositionen bei ebenso überflüssigen Einrichtungen, wie den “Zentralen für politische Bildung” oder der staatlich gepämpelten Taz handeln würde.

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