Claude Cueni, Gastautor / 25.03.2025 / 12:00 / Foto: Imago / 8 / Seite ausdrucken

Philippinen: Machtkampf der Dynastien

Auf den Philippinen herrscht seit Jahrzehnten ein epischer Krieg zwischen zwei Clans, die versuchen sich gegenseitig zu schwächen und die Macht vollständig für sich zu beanspruchen.

Bei der Verhaftung des ehemaligen philippinischen Präsidenten Rodrigo „Rody“ Duterte („Dirty Harry“) geht es weniger um Gerechtigkeit für die zahlreichen Opfer seines brutalen Drogenkriegs, sondern um den epischen Machtkampf den sich die Familiendynastien der Marcoses und Dutertes seit über einem halben Jahrhundert liefern. Zahlreich sind ihre On-Of-Allianzen. Bereits in den 1960er Jahren diente Dutertes Vater als Kabinettsmitglied unter dem Diktator Ferdinand Marcos Sr., der über 30.000 Oppositionelle in Militärlagern internierte und einige davon zu Tode foltern ließ. In den 1980ern unterstützte Dutertes Mutter den Aufstand gegen die blutige Diktatur. Der Clan musste ins Ausland fliehen, aber er kam zurück.

2016 wurde der damals 70-jährige Rodrigo Duterte zum Präsidenten gewählt. Er war mit dem Versprechen angetreten, die ausufernde Kriminalität mit äußerster Härte zu bekämpfen. „Gott wird weinen, wenn ich gewählt werde“, hatte er prophezeit. Weinen taten später die Angehörigen und Freunde von mindestens 8.663 Menschen (UNO), die von Dutertes rekrutierten Todesschwadronen getötet worden waren. 

Die Kriminalitätsraten sanken, aber die außergerichtlichen Exekutionen sorgten weltweit für Entsetzen. Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) leitete erste Ermittlungen ein, Duterte kündigte postwendend die Mitgliedschaft und glaubte, sich so vor Strafverfolgung ausreichend geschützt zu haben.

Aus den einstigen Verbündeten wurden Rivalen

2022 löste Ferdinand Marcos Jr. Duterte ab, der bei seinem Ausscheiden historische Zustimmungswerte von über 70 Prozent verzeichnete. In den Philippinen ist nur eine einzige sechsjährige Amtszeit möglich. Ursprünglich wollte sich auch Dutertes Tochter Sara um das Amt bewerben. Sie war beliebter als Marcos. Damit sich die beiden nicht gegenseitig Stimmen wegnähmen und ein lachender Dritter Präsident würde, spannten sie zusammen und stiegen als Duo in den Wahlkampf. Als Gegenleistung sollte Vater Duterte juristisch nicht belangt werden. Die Allianz funktionierte. Sie tut es nicht mehr. Aus den einstigen Verbündeten wurden Rivalen, heute sind sie erbitterte Feinde.

Präsident Marcos Jr. brach alle großen Versprechen, die er vor den Wahlen gemacht hatte und verweigerte Sara Duterte später das versprochene Amt der Verteidigungsministerin. Ein Vize kann gleichzeitig Minister sein. Beide beschuldigten sich der Korruption. Sara Duterte drohte darauf ihrem Präsidenten auf Facebook mit dem Tod, falls sie einem Attentat zum Opfer fiele. Sie habe bereits einen Auftragskiller kontaktiert.

Darauf stimmte am 5. Februar 2025 das Repräsentantenhaus mit deutlicher Mehrheit für ihre Amtsenthebung. Ausstehend ist der Entscheid des Senats. Für ein erfolgreiches Impeachment sind die Stimmen von 16 der 24 Senatoren notwendig, im Mai werden 12 von ihnen neu gewählt. Sie entscheiden, ob Sara Duterte lebenslänglich von allen politischen Ämtern ausgeschlossen wird. Vater Rodrigo Duterte eilte seiner Tochter zu Hilfe und empfahl öffentlich, Senatoren in die Luft zu sprengen, damit die freien Sitze von Parteigängern besetzt werden können. Er ahnte, wie Marcos Jr. reagieren würde und sagte: „Falls ich verhaftet werde, wird meine Tochter Sara 2028 Präsidentin der Philippinen.“

Gespaltene Meinung

Nun wurde er, wenige Tage vor seinem 80. Geburtstag, gesundheitlich angeschlagen und am Stock gehend, letzte Woche nach seiner Rückkehr aus Hongkong auf dem internationalen Flughafen von Manila von philippinischen Polizeibeamten verhaftet. Grundlage war ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die Philippinen sind zwar seit 2018 nicht mehr Mitglied, aber der IStGH betont seine Zuständigkeit auch für Verbrechen, die während der Mitgliedschaft eines Landes begangen worden sind. Marcos Jr., der die blutige Diktatur seines Vaters stets gutgeheißen hat, beteuerte, er hätte nicht mit dem IStGH kooperiert, sondern mit Interpol.

Die öffentliche Meinung ist gespalten. Massen von Duterte Anhängern versammelten sich in zahlreichen Städten zum öffentlichen Gebet für den Atheisten und bekennenden Sozialisten, während Angehörige der Opfer in Den Haag für Gerechtigkeit demonstrierten. Und selbst im Marcos-Clan wird gestritten: Imee Marcos, 69, die Schwester des Präsidenten, blies aus Protest ihre Wahlkampfveranstaltungen ab, sie will keine fremden Richter. Marcos hat vorsorglich die Unterhaltszahlungen für Armeeangehörige rückwirkend auf den 1. Januar mehr als verdoppelt.

Mao Ning, die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums warnte an einer Pressekonferenz den IStGH vor einer Politisierung und vor Doppelstandards.

Sara Duterte hält die Verhaftung für „politisch motiviert“, die Überführung nach Den Haag bezeichnet sie als „Entführung“. Ihr Vater sagt, er übernehme die volle Verantwortung für seine Taten, er habe es aus Liebe zu seinem Land getan. Die letzten Worte auf philippinischem Boden waren: „So be it“ (so sei es).

Der Beitrag erschien zuerst auf Claude Cuenis Blog.

 

Claude Cueni ist Schriftsteller in Basel. Zuletzt von ihm erschienen: Small Worlds. 70 Dioramen. Edition Künigsstuhl. 164 S., Fr. 39,90.

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Gerhard Schmidt / 25.03.2025

In Deutschland fallen mir da nur die Lambsdorffs (Vater und Sohn), Albrecht (mit Tochter Uschi), Strauss (Vater und Tochter Moni), Schäuble (mit Schwiegersohn), Vogel (zwei Brüder) und Kohl (Enkel) ein. Harmlos gegen so Nummern wie Bhutto, Ghandi/Nehru, Duvalier oder Mobutu oder gar der Assads und Kims!

Sam Lowry / 25.03.2025

“Der Klügere gibt nach” ist völlige Unterwerfung… not me!

Sam Lowry / 25.03.2025

Hier herrschte letztes Jahr auch ein Machtkampf. Zwischen mir und der Alarmanlage im REWE, Jysk, Lohner Bäckerei. Seit einer glasklaren Ansage ging diese nachts nicht mehr an und weckte die halbe Straße. Ein ähnlicher Machtkampf zwischen Eierwerfern und mir wurde auf dieselbe Art und Weise gelöst… wenn nicht ich, wer sonst? Eben…

Else Schrammen / 25.03.2025

... Marcos Jr. brach alle großen Versprechen, die er vor den Wahlen gemacht hatte ... Das wissen wir doch seit Wochen, seit dem Billionendeal - oh, Verzeihung, da steht ja “Marcos” und nicht “Merz”. Anscheinend herrscht auf den Philippinen eine drittklassige Demokratie, zwar mit Wahlen, ansonsten mit Lügen und Betrug, nicht wie bei uns!

H Eversheim / 25.03.2025

Als jemand, der oft auf den Philippinen unterwegs ist, erfährt man von der breiten Bevölkerung, dass sie sich seit DU30 (lustigerweise so abgekürzt) wesentlich sicherer fühlen, da die Kriminalität durch Drogenbanden wesentlich weniger geworden ist. Das wird von unsern moralisierenden Gutleuten natürlich wieder wesentlich anders gedeutet und man ist einseitig auf der Seite der Opfer. Zum Teil mit Recht.. aber man sollte auch beachten, dass die Polizisten auch auf ihre eigene Sicherheit bedacht sind und keineswegs immer nur unbewaffneten Drogenleuten gegenüberstehen die auch nicht zimperlich sind. Dann wird dann auch schon mal ein Schuss zu früh abgefeuert… Falls es zum Prozess in Den Haag kommt, wird es nicht an weinenden Zeugen fehlen, die die Staatsanwaltschaft auftreibt und die sich freuen können, einmal eine solche Auslandsreise zu machen..  Ja das Volk ist - wie der Autor sagt - gespalten, aber nach meiner Feststellung sind die meisten auf der Seite von DU30 ... kann man gut oder schlecht finden. Clans sind seit jeher das Übel der Philippinen.. Marcos, Estrada, Aquino,Arroyo ...  sie bekämpfen sich und vertragen sich, sind auch untereinander verheiratet und teilen die Macht auf. Die Philippinen sind zwar formal eine Demokratie, aber das ist Makulatur.. die Stimme kriegt der, der am Wahltag die meisten Pesos im Umschlag vorfindet.

Martin Schmitt / 25.03.2025

@Thomas Szabo - Nein, einzig der Remmo-Clan aus ihrer Aufzählung wird bei Clankämpfen mit dabei sein, eine herrschende Dynastie deutscher Herkunft wird es nach der dritteweltisierung nicht geben, Mitglieder dieser von Ihnen aufgezählten “Clans” haben sich dann schon längst verabschiedet aus Deutschland mit dem gestohlenen Geld der arbeitenden Bevölkerung (oftmals selbst Schuld, da deren verblödete, deutsche Wähler). Die leben dann irgendwo an den schönsten Orten auf der Welt, in wunderschönen Naturlandschaften mit schönen Wäldern und ohne Windräder - vermutlich noch das Rotweinglas in der Hand und beweihräuchern sich selbst für ihre großartige Lebensleitung für Deutschland - und ohne sie ist nun alles zusammen gebrochen…..

L. Luhmann / 25.03.2025

“Präsident Marcos Jr. brach alle großen Versprechen, die er vor den Wahlen gemacht hatte (...)” - Die Philippinen sind also auch mit einem Merz belohnt worden - faszinierend.—- “Weinen taten später die Angehörigen und Freunde von mindestens 8.663 Menschen (UNO), die von Dutertes rekrutierten Todesschwadronen getötet worden waren.” Duterte hat rigoros und knallhart durchgegriffen, was sehr wahrscheinlich nötig war. Wer die mexikanischen Drogenkriege beobachtet, weiß, was wirklich auf der Welt los ist. - Sobald die UNO/WHO involviert ist, muss man davon ausgehen, dass gelogen und betrogen wird, wie es bei Sozialisten/Kommunisten selbstverständlich üblich ist.—- Die UNO/WHO hat sich massiv an den Massentötungen durch toxische mRNA-Substanzen beteiligt!—- Wie Geld abgezockt wird: “Bürgerkrieg in Philippinen | Krieg Philippinen -WERBUNG-  Unterstützen Sie die UNICEF Projekte vor Ort in Philippinen und helfen Sie Kindern in Not. Jedes Kind auf der Welt hat das Recht auf eine Kindheit. Wir setzen uns dafür ein.”—- “Philippinen: Drogenkrieg geht unvermindert weiter - Nikka Valenzuela -24.03.202424. März 2024 -Die Zahl der Tötungen im blutigen Kampf gegen illegalen Drogenhandel bleibt unter Präsident Ferdinand Marcos so hoch wie im letzten Amtsjahr seines Vorgängers Rodrigo Duterte.” - Interessanterweise spricht man nicht darüber, was die Fluten an harten Drogen über viele Jahre in den Philippinen angerichtet haben. Wer hat die harten Drogen ins Land gebracht? Die CIA vielleicht? Wenn man eine Weltregierung etablieren will, dann muss man Nationen zersetzen. Wie viele Mörder,  Vergewaltiger und Diebe waren unter den Exekutierten? Die Philippinen haben ihre eigenen Gesetze. Die UNO mischt sich in Angelegenheiten ein, die sie nichts angehen. In Rumänien sorgt die UNO dafür, dass der demokratisch gewählte Präsident nicht regieren darf! Im Iran werden dauernd Leute aufgehängt oder zu Tode gequält, aber an diesem Staat scheint die kriminelle UNO gefallen zu finden.

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