Gastautor / 08.02.2020 / 16:00 / Foto: Bundesarchiv / 13 / Seite ausdrucken

Pharmakonzern verlost Medikamente – Wohltätig oder pietätlos?

Von Milan Röttger.

Die Spinale Muskelatrophie ist eine Krankheit, bei der bestimmte Nervenzellen im Rückenmark beschädigt sind, so dass die Muskeln sich nicht ausbilden, was später zum Tod führen kann, wenn auch die Atemmuskulatur betroffen ist. Eines von 8.000 Kindern wird mit dieser Krankheit geboren. Der Pharmakonzern Novartis aus Basel hat über eine Tochterfirma ein neues Medikament entwickelt, das eine erkrankte Person nur durch eine einzige Dosis heilen soll. Das Medikament wäre die Alternative zu dem Mittel, das bislang viele Patienten gegen das Muskelleiden eingenommen haben, welches alle vier Monate über eine riskante und schmerzhafte Punktion des Rückenmarks verabreicht werden muss. Dieser qualvolle Prozess soll durch das neue Mittel „Zolgensma“ verhindert werden. Jetzt verlost Novartis weltweit 100 Gentherapien mit der neuen Arznei für erkrankte Babys. Das Mittel selbst kostet rund zwei Millionen Euro. Kinder aus Deutschland dürfen an dieser Verlosung auch teilnehmen.

Schon als der Schweizer Konzern im Dezember letzten Jahres ankündigte, das neu entwickelte Medikament einigen Erkrankten durch ein Losverfahren zur Verfügung zu stellen, war die Empörung darüber riesengroß und Novartis wurde für die geplante Vorgehensweise scharf kritisiert. Dem Konzern wurde vorgeworfen, die Verlosung sei eine reine Marketingkampagne, und man würde eiskalt mit Menschenleben spielen. Denn das neue Mittel ist zwar schon in den USA zugelassen, in Europa aber noch nicht. Man vermutet, der Konzern wolle durch das Losverfahren den Zulassungsprozess beschleunigen, da zu erwarten sei, dass die Familien, die bei der Verlosung verloren haben, bei ihren Regierungen Druck machen werden, um das Medikament zuzulassen und zu bezuschussen. Zahlreiche Ethiker sprachen sich ebenfalls gegen dieses Vorgehen aus.

Freuen wir uns doch einfach für die 100 kleinen Menschen

Ich halte diese starke Empörung für ziemlich sinnlos. Das neue Mittel Zolgensma ist das wohl teuerste Medikament der Welt. Kaum einer kann so viel Geld für eine Behandlung eines Erkrankten aufbringen. Dass sich Novartis entschließt, 100 Babys kostenlos zu helfen, ist ein wohltätiger Akt. Leider scheint das niemand sehen zu wollen. Was wäre denn passiert, wenn sich Novartis gegen dieses Losverfahren entschieden und stattdessen gezielt 100 Erkrankte aus aller Welt ausgesucht hätte? Wäre der Aufschrei geringer gewesen? Ich denke nicht.

Dann hätte man sich vermutlich noch viel eher auf die 100 glücklichen Kinder gestürzt, die ausgewählt wurden. Hat man sich etwa bewusst nur für Kinder aus ärmeren Familien entschieden? Oder für Einzelkinder? Oder sind die Kinder alle hochintelligent und deren Leben deswegen wertvoller? So oder so hätten viele Menschen das Haar in der Suppe gesucht. Das ist heutzutage oft der Fall, wenn wohltätige Spenden getätigt werden. Warum spendet man für den Krefelder Zoo oder Notre Dame, während in Afrika tausende Kinder verhungern? Um es mit den Worten von Klaus Klages zu sagen: „Wie man’s macht, macht man’s falsch. Und macht man’s falsch, ist’s auch nicht richtig.“

Der materielle Wert der Medikament-Dosierungen beträgt knapp 200 Millionen Euro – durch die Spende des Mittels verzichtet Novartis auf diesen finanziellen Gewinn. Freuen wir uns doch einfach für die 100 kleinen Menschen, die möglicherweise durch das neue Medikament geheilt werden können. Denn eins steht fest: Durch die Aktion von Novartis werden nicht unnötig Menschenleben auf’s Spiel gesetzt, sondern bis zu 100 gerettet …

 

Milan Röttger ist Mitglied der Jungen Union und Betreiber des Blogs Patriotisch gedacht. Außerdem schreibt er für den Schülerblog Apollo-News, wo dieser Beitrag zuerst erschien.

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Leserpost

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beat schaller / 08.02.2020

Mindesten Sie, lieber Herr Röttger, schwenken ihren Lichtkegel von einer anderen Seite auf dieses Vorgehen. Ein echter Perspektivenwechsel!  Man könnte natürlich auch sagen, dass der Konzern damit ein gigantisches Risiko eingeht, für den Fall, dass das Medikament nicht anschlägt oder dass gar ein Kind sterben würde. Vielleicht nicht wegen dem Medikament, aber ev. weil die Verabreichung hoch riskant ist, wegen Infektion im Rückenmark. Aber,  wer kein Risiko eingeht, der bekommt eben auch keine Chance! Wenn ich die Wahl hätte und ich in so einem Fall entscheiden könnte oder müsste, dann wüsste ich unverzüglich, für was ich mich entscheiden würde! Ich bin mir fast sicher, dass auch die Eltern die ein solches” Los” in der Familie haben, genau   wüssten, was zu tun wäre. Die würden wohl gar nicht aufhören, mit Beten, um an solch eine Chance zu kommen. Nun gut dann hauen wir eben drauf, auf diese böse Firma, im vollen Wissen, dass es keine Gleichmacherei gibt, weil sie nie funktioniert. Die “Drauf-Hauer” könnten sich ja zusammen tun und Spenden sammeln für diese 8000 kleinen “Pflänzchen”, wissend, dass ein solcher Betrag niemals zusammen käme. Es ist gerade so, wie wenn man zu dritt in der wüste ist und nur noch einen Liter Wasser hat und man weiss, dass damit nur einer von drei es schaffen könnte, wenn er alleine den Weg machen würde, und dann entscheidet man trotzdem, dass alle drei vertrocknen. Dabei könnte derjenige vielleicht schnelle Hilfe holen. Gut gebrüllt Herr Röttger! b.schaller

Karla Kuhn / 08.02.2020

Ene mene Muh und raus bist Du, ein Skandal !  “Das neue Mittel Zolgensma ist das wohl teuerste Medikament der Welt…”  WARUM muß es so teuer sein ??  Wenn Frau Leyen BILLIONEN für einen unsinnigen grünen Deal ausgeben will ist das gegenüber kranken Menschen, die sehr teure Medikamente benötigen ein Skandal. Das Geld wäre wesentlich sinnvoller und vor allem humaner in diese kranken Menschen investiert.  ” Weil Du arm bist, mußt Du früher sterben.” heißt ein Spielfilm aus dem Jahr 1956. “Freuen wir uns doch einfach für die 100 kleinen Menschen”  Natürlich ist es wunderbar, wenn durch die Behandlung 100 kleine Menschen gerettet werden können, was allerdings gar nicht bewiesen ist, es doch wohl ein PILOTPROJEKT ? Der Skandal ist, daß eben mit all den anderen vielen Menschen quasi “russisch Roulett” gespielt wird !! “Der materielle Wert der Medikament-Dosierungen beträgt knapp 200 Millionen Euro – durch die Spende des Mittels verzichtet Novartis auf diesen finanziellen Gewinn.”  Ach Gottchen, mir kommen die Tränen, WIEVIEL MILLIARDEN kann Novartis ansonsten jedes Jahr als Gewinn verbuchen ??

M. Simon / 08.02.2020

Interessanter Artikel, der zum Nachdenken anregt. Vielen Dank dafür!

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