Henryk M. Broder / 19.04.2021 / 10:00 / Foto: Franz Richter / 58 / Seite ausdrucken

Petra Pau kann nicht lesen

Am 13. April erschien auf Welt Online ein Beitrag von Hubertus Knabe über ein „Musterbeispiel linker Doppelmoral", wie sie in der Links-Partei praktiziert wird. Illustriert mit einem Foto der neuen und dummdreisten Parteivorsitzenden Susanne Hennig-Wellsow, die den Antifaschismus schon mit der Muttermilch eingesaugt hat, geht es in dem Text um einen inzwischen 95 Jahre alten ehemaligen NSDAP-Funktionär, der im Ältestenrat der Linkspartei dem Endsieg des Sozialismus entgegendämmert.

No big deal, könnte man sagen, was kann der Mann heute noch anrichten? Allerdings schon etwas seltsam, wenn man bedenkt, mit welcher Verve gerade die Linkspartei gegen alte und neue Nazis ankämpft. 

Unser Kollege Benny Weinthal von der Jerusalem Post hatte daraufhin eine Idee. Er wandte sich über Twitter an eine Abgeordnete der Linkspartei, die als "integer" gilt und Israel wohlgesonnen ist, was man von der Linkspartei und ihrer Bundestagsfraktion nicht ohne Weiteres behaupten kann, Petra Pau. Die gelernte Freundschaftspionierleiterin und Diplom-Gesellschaftswissenschaftlerin, die ihr Studium an der Parteihochschule Karl Marx ein Jahr vor dem Mauerfall beendet hatte, gewann bei den Bundestagswahlen von 1998 ein Direktmandat, das sie seitdem erfolgreich verteidigt hat. Nebenbei amtiert sie seit 2006 als Vizepräsidentin des Bundestages, also gefühlt seit der Oktoberrevolution.

Hinter der Schranke

Benny Weinthal bat Frau Pau um eine Stellungnahme zu dem Artikel von Hubertus Knabe über den Asbach-Uralt-Nazi im Ältestenrat der Linkspartei. Worauf Frau Pau, ebenfalls über Twitter, antwortete, sie komme "nicht über die Bezahlschranke" und könne deswegen "nicht antworten".

Als ich das las, spürte ich einen Stich in der Leistengegend. Seit über 22 Jahren sitzt Frau Pau im Bundestag und kann sich kein Abo der WELT leisten? Ist das der Dank des Vaterlandes? Ich sprang über meinen eigenen Schatten und schrieb eine E-Mail an Frau Pau:

verehrte frau pau, stimmt das wirklich? sie können sich kein WELT-abo leisten und deswegen keine artikel lesen, die hinter der bezahlschranke stehen? mit ihren 15.000.. euro monatlich und einer satten zulage für die aufreibende tätigkeit als vize-präsidentIn des bundestages? gibt es irgendwo einen VEB, in dem sie ähnlich viel verdienen könnten? darf ich für sie ein WELT-abo buchen? es wäre mir eine ehre. die kosten übernehmen die weisen von zion. freundschaft!

Jetzt warte ich auf eine Antwort. Frau Pau lässt sich Zeit. Es kann auch daran liegen, dass ich nicht bei Twitter bin.

Foto: Franz Richter CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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A. Ostrovsky / 19.04.2021

Herr Broder, das ist ja jetzt wohl nicht Ihr Ernst? Laut Wikipedia handelt es sich bei Hermann Klenner keineswegs um eine. Funktionär der NSDAP. Jahrgang 1926 war im Frühjahr 1944 schon fast 18 Jahre alt. Wenn Sie hohe Funktionäre und Diesnstgrade unter Hitler suchen, die danach in der BRD hohe Ämter bekleidet haben, können Sie bei der Gründungsmannschaft des BND genauso fündig werden, wie in der Führung der CSU oder der CDU. Vielleicht sagt Ihnen der Name Globke etwas? Demgegenüber würde ich einen 18-Jährigen, der so verblendet war, dass er kurz vor deiner Einberufung zum Kriegsdienst noch Mitglied der NSDAP wurde, obwohl im Frühjahr 1944 das Ende des Tausenjährigen Reiches schon am Horizont zu sehen war, durchaus jugendliche Dummheit zugestehen. Wo bleibt hier die Ausgewogenheit? In einem Lande, wo Fritz Thyssen als Widwerstandskämpfer gegen den Faschismus gilt, nachdem er stramm bei der Finanzierung des Aufstieges der braunen Barbarei mitgearbeitet hat, wirken Ihre Vorwürfe gegen ein 18-jähriges einfaches NSDAP-Mitglied wirklich unangemessen. Ja natürlich darf man mal fragen, aber wenn die Frage zu abwegig ist, soll man sich nicht wundern, wenn die Antwort nicht vollumfänglich erfolgt.  Haban Sie sich schon einmal mit John Jay McCloy befasst? Nein? Na das können Sie ja noch nachholen. Die Informationen sind frei verfügbar, man muss aber schon die Teile zusammen bringen. Oder Prescot S. Bush? Oder wissen Sie um die Hollerith-Maschinen in der Planung und Verwaltung der KZ? Und wissen Sie, dass da meistens IBM drauf stand? Oder haben Sie schon gehört, was Wernher von Braun in Peenemünde und in Mittelbau Dora zu verantworten hatte? Die hohen Nazi-Funktionäre muss man dort suchen, wo sie wirklich waren.

Hans-Peter Dollhopf / 19.04.2021

Aber hallo, da tun sich ja vollkommen neue Einsichten zur Bedeutungslosigkeit der “vierten Gewalt” auf!

Lutz Gütter / 19.04.2021

Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) war halt eine sozialistische Partei , so wie die SED eine war und “Die Linke” als deren Rechtsnachfolgerin eine ist. Es war also nur konsequent, von der NSDAP zur SED zu wechseln (siehe auch “Wahlwerbung um Nazi-Stimmen in Thüringen” auf Achgut vom 12.02. 2020). Diese ganze Aufregung ist doch eigentlich für die Katz oder anders gesagt, ich finde es immer wieder erstaunlich, daß nur wenige Leute es verstanden haben, daß der der nationale Sozialist in erster Linie halt ein Sozialist ist.

Marion Sönnichsen / 19.04.2021

Habe mal nachgeschaut; er steht drauf: Klenner, Hermann auf der „Liste ehemaliger NSDAP-Mitglieder, die nach Mai 1945 politisch tätig waren“ (siehe Wikipedia). Man sollte auch für andere NS-Organisationen solche Listen erstellen; da treten sicherlich noch einige Überraschungen in Sachen Doppelmoral zutage. Gustav Heinemann z. B. steht auf der Liste jetzt nicht drauf. Dieser war in drei anderen NS Organisationen Mitglied: dem Nationalsozialistischen Rechtswahrerbund, der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt und dem Reichsluftschutzbund. Nicht nur die Linke, auch die SPD ist ebenfalls doppelmoralisch unterwegs, wie dieser interessante Disput zwischen SPD und NPD über die, aus Sicht der SPD und einer Staatsanwaltschaft, Verunglimpfung Gustav Heinemanns, zeigt. Die NDP sieht das nämlich anders als die SPD und klärt über diese NS-Organisationen wie folgt auf (müsste es nicht umgekehrt sein, die SPD sollte aufklären und die NPD verneinen?) und zwar mit dem Argument, die NSDAP sei anderen NS-Organisationen gleichzusetzen: Zitat NPD: „Dagegen (Anmerkung: gemeint eben diese Streitfrage, die vor Gericht landete) legte die Staatsanwaltschaft nun Beschwerde ein mit der erstaunlichen Begründung, der Nationalsozialistische Rechtswahrerbund und die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt hätten - „bei aller Gleichschaltung - eigene soziale (NSV) oder berufsständische (NSRB) Aufgaben und Ziele verfolgt, die nicht per se mit den rechtsstaatsfeindlichen und menschenverachtenden Zielen der NSDAP selbst auf eine Stufe gestellt werden können.“ Dabei hatte der NSRB einen wesentlichen Anteil an der Verdrängung der Juden aus dem Rechtswesen! Aber die zuständige Staatsanwaltschaft entdeckt auf einmal das Gute in NS-Organisationen, nach dem Motto: „Es war ja nicht alles schlecht“. Fehlt nur noch ein Lob für die Autobahnen…“ Zitatende NPD. Vielleicht lohnt auch eine Nachfrage bei der SPD, ob man an dieser Sichtweise noch festhält?

Johannes Schuster / 19.04.2021

Wenn das eine Kriterium gewesen wäre, daß die SEDler nicht über “die Bezahlschranke” gekommen wären, hätten wir heute einige Problem weniger und säßen bei 2 Mark Fufzig Kuchen immer noch glücklich im Westen. Stereotyp Ende, Mono: AN.

Volker Kleinophorst / 19.04.2021

@ E. Jäger Da haben Sie natürlich recht. Fanatiker sind immer gleich, ob politisch, religiös, ideologisch… Nur: “Ich möchte nicht relativieren.” Wieso nicht? Fakten sind Fakten. Es hat nichts “verniedlichendes”, seinen Verstand zu benutzen.

Claudius Pappe / 19.04.2021

Jetzt noch die Jelpke, darauf einen Dujardin…............................

Martin Müller / 19.04.2021

Petra Pau sieht nicht nur aus, wie der neue Sozialismus, sie redet auch so. War ja auch schon in der DDR voll engagiert bei der FDJ. Eine Person, die nichts aus der Geschichte gelernt hat…...Die Frau gibt wohl auch nur in Rot-Front-Blättern ihren verbalen Senf ab…

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