Thomas Rietzschel / 15.04.2025 / 06:25 / Foto: Montage achgut.com / 103 / Seite ausdrucken

Peng, peng macht die Bundeswehr

Die Bundeswehr ist nur sehr bedingt einsatzfähig. Es mangelt an Soldaten, Geräten und Motivation. Nun soll alles besser werden, mit viel Geld. Das kann aber zum Fluch werden, sagt einer, der es wissen muss.

Käme es einmal soweit, dass die Bundeswehr ausrücken müsste, um Deutschland zu verteidigen – was die gütige Vorsehung verhindern möge –, wären als erstes die Reservisten zu aktivieren, um die geschrumpfte Armee wieder auf eine verteidigungsfähige Stärke zu bringen. Mindestens 260.000 Soldaten wären zu reaktivieren. Allerdings berichtet Patrick Sensburg, der Chef des Verbandes der Reservisten, dass es dafür an den technischen Voraussetzungen fehle, am Fuhrpark zum Beispiel. Im Ernstfall müssten die Reservisten „mit ihren Privatfahrzeugen an die Front fahren“, wo sie dann auf verlorenem Posten stehen würden. Denn an Waffen fehlt es der Bundeswehr ebenso.

„Selbst aktive Soldaten“, so wieder der Chef der Reservisten, „müssen sich Gewehre teilen“. Während einer schießt, warten die anderen, dass sie drankommen, wenn sie nicht vorher von einer gegnerischen Kugel getroffen wurden. Unglaublich, sagen Sie, alles erfunden, ein schlechter Witz. Mitnichten. Es kommt noch schlimmer.

Kein Bewusstsein für den Ernst militärischer Einsätze

Bei Übungen haben die Soldaten statt echter Waffen, Attrappen aus Kunststoff im Anschlag. Den Knall der Büchse müssen sie imitieren:  Peng! Peng! Das haben wir auch als Kinder getan, wenn wir uns mit Spielzeugpistolen als Räuber und Gendarm im Gebüsch tummelten. Wo erwachsene Männer, unterdessen auch Frauen, zu einem derart infantilen Verhalten kommandiert werden, verliert sich schnell das Bewusstsein für den Ernst militärischer Einsätze. Unversehens schleicht sich das Laissez-faire einer Gurkentruppe ein. Den Soldaten ist das nicht anzulasten.

Schuld daran trägt allein ein Staat, der keinen Respekt mehr hat vor der eigenen Armee. Wo sie von der Regierung derart vernachlässigt wird, wird die Truppe der Lächerlichkeit preisgegeben, aus dem gesellschaftlichen Bewusstsein als Relikt überholter Epochen ausgeblendet. Nur wenn es darum geht, dass sich der Staat bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr mächtig aufspielen will, rückt das Militär wieder ins Licht der Öffentlichkeit, vorübergehend. Kontinuierlich gebraucht werden die Uniformierten nur als Statisten. Die Armee schrumpft von einer Kampfeinheit zu einem Repräsentationsverein. Empfängt der Bundespräsident ausländische Staatsgäste, müssen die Männer strammstehen, eine Ehrenformation bilden, die der Gastgeber mit seinen Gästen abschreitet, um ein schönes Bild abzugeben.

Drei Frauen nacheinander auf dem falschen Posten

Beliebt  ist auch die Zeremonie eines Zapfenstreichs, zuletzt veranstaltet bei der Verabschiedung Angela Merkels aus dem Amt der Bundeskanzlerin. Uniformierte Einheiten wurden aufgeboten, um einer Politikerin Ehre zu erweisen, die der Armee mit Missachtung begegnete und zielstrebig auf die Abschaffung der Bundeswehr hingearbeitet hat. Erst mit der Aussetzung der Wehrpflicht, wodurch die „Parlamentsarmee“ zu einer Söldnertruppe mutierte. Und dann weiter dadurch, dass sie nacheinander drei Frauen auf den Posten der Verteidigungsministerin berief. Die erste, Frau von der Leyen, machte sich einen Jux, als sie dafür sorgte, die Spinde der Soldaten mit Schminkspiegel auszustatten. Die militärische Welt sollte ihrer Sonderstellung verlustig gehen. Deshalb auch die Initiative zur Einrichtung von Kitas neben den Exerzierplätzen. Ein symbolischer Akt der Integration der Bundeswehr in das zivile Leben. Sie sollte nicht mehr sein als jedes andere familienfreundlich organisierte Unternehmen.

Dass der Soldat aber, wenn er bereit sein muss, sein Leben für das Land, die Nation in die Schanze zu werfen, auch das Bewusstsein einer ganz eigenen Stellung in der bürgerlichen Gesellschaft braucht, ging den familiär denkenden Frauen nicht auf, davon wollten sie nichts wissen. Ihr gutes Recht, solange sich die Frauen nicht berufen fühlen, die Armee über den Leisten ihrer privaten, der fraulichen Vorstellung zu schlagen. Genau darauf aber kam es der sozialistisch indoktrinierten Kanzlerin an. Sie stieß die Bundeswehr vom Sockel, um Deutschland zu einer leichten Beute zu machen, für wen auch immer. 

Das viele Geld kann zum Fluch werden

Ob sich der angerichtet Schaden mit den Milliarden, die nun zur Verfügung stehen, beheben lässt, ist fraglich. „Das viele Geld“, so nochmals der Chef der Reservisten, „kann zum Fluch werden. Nämlich dann, wenn es ohne klug durchdachte Prioritätenliste einfach ausgegeben wird.“ Außerdem, eine Truppe, die sich erst einmal an den Schlendrian gewöhnt hat, ist so leicht nicht wieder in die Pflicht zu nehmen. Wie auch sollten die Soldaten den Befehlen ihrer Offiziere trauen, wenn sie gelernt haben, mit Kunststoff-Gewehren und Peng! Peng! vorzurücken.

Diese Ausrüstung macht den Dienst an der Waffe zum Spiel, zum Witz. Der Gedanke, dass daraus einmal Ernst werden könnte, ist verdrängt. Der Staat hat die Moral untergraben. Als Opfer einer wohlstandsverblödeten Konsumgesellschaft, der jede Pflicht verdächtig ist, müssten die Soldaten im Ernstfall ohne die Erfahrung im Umgang mit echten Waffen in die Salven der Angreifer stolpern. Es erginge ihn nicht anders als den jungen Männern, die zu Beginn des Ersten Weltkriegs von senilen Majestäten und ihren politischen Lakaien kurzerhand von der Schulbank oder aus dem Hörsaal an die Fronten verfrachtet wurden. 

Heute freilich besteht immerhin die Hoffnung, dass die Gegner beim Anblick der deutschen Laiendarsteller in Uniform so amüsiert sind, dass sie sich totlachen, bevor es zum Gefecht kommt mit Attrappen, statt mit echten Waffen – und mit Peng! Peng!

 

Dr. Thomas Rietzschel, geboren 1951 bei Dresden, Dr. phil, verließ die DDR mit einer Einladung der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt. Er war Kulturkorrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und lebt heute wieder als freier Autor in der Nähe von Frankfurt. Verstörend für den Zeitgeist wirkte sein 2012 erschienenes Buch „Die Stunde der Dilettanten“. Henryk M. Broder schrieb damals: „Thomas Rietzschel ist ein renitenter Einzelgänger, dem Gleichstrom der Republik um einige Nasenlängen voraus.“ Die Fortsetzung der Verstörung folgte 2014 mit dem Buch „Geplünderte Demokratie“. Auf Achgut.com kommt immer Neues hinzu.

Foto: Montage achgut.com/ Mehlauge - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Wolfgang Richter / 15.04.2025

@ Jochen Lindt - “der gehört wegen absoluter Blödheit entmündigt.” - Wenn gerade die Polizei Hamburg wegen einer 60%-Durchfallquote das Diktat eines deutschsprachigen Textes aus den Prüfungsanforderungen nimmt, immerhin für einen Beruf, wo Sprachverständnis und teils ellenlange schriftliche Berichte und Dokumentationen zum Berufsbild gehören, anders als im Fernsehkrimi gelebt, dann möchte ich nicht wissen, auf welchem Niveau sich der übliche “Bundeswehrler” durch sein dienstliches Leben schlägt.

Wolfgang Richter / 15.04.2025

@ P. Bruder - “Baerböck in grüner Schutzweste und mit Stahlhelm war einem Drohung genug.” - Ob sie dank ihres letzten Pöstchens schon mehr weiß und sich deshalb mit ihrem Nachwuchs zur UNO nach New York in Sicherheit bringt???

Wolfgang Richter / 15.04.2025

“Schuld daran trägt allein ein Staat, der keinen Respekt mehr hat vor der eigenen Armee.” - Einem Land, wo es rechtlich nicht zu beanstanden ist, wenn dessen Soldaten öffentlich als “Mörder” beschimpft werden, während jede auch satirische Politdarstellerbenennung inzwischen juristisch verfolgt wird. Für diese Werte finden sich ernsthaft “Kandidaten”, die bereit wären, auch ihr Leben dafür herzugeben ???

Wolfgang Richter / 15.04.2025

“Käme es einmal soweit, dass die Bundeswehr ausrücken müsste, um Deutschland zu verteidigen – “, um “Alles für ...” zu geben, also Einsatz, ggf. die Gesundheit und das Leben?  und sich damit schon begrifflich strafrechtlicher Verfolgung auszusetzen? So blöd kann doch ernsthaft niemand sein.

Holger Kammel / 15.04.2025

Eins wollte ich noch sagen! Die Verachtung, die ich mittlerweile für das höhere Offizierskorps der Bundeswehr, sprich die Generalität empfinde, kann ich nicht mehr in Worten ausdrücken. Ihr habt die Zustände zugelassen, ohne angemessen dagegen vorzugehen. Ihr habt eure Soldaten ohne angemessene Ausrüstung und Unterstützung nach Afghanistan geschickt. Euer Dummgeschwätz rund um den Ukrainekrieg ist atemberaubend. Ihr könnt zu Ostern neben den Pfäffinen auf der Kanzel stehen, für Buntheit werben und dann auf einem Einhorn rausreiten, Charakterlos, opportunistisch, karrieregeil. Vermutlich unfähig. Ist natürlich nicht auf Euch bezogen, sondern fiel mir spontan ein. Freie Assoziation!

A. Ostrovsky / 15.04.2025

@L. Luhmann : >>@Lutz Herrmann / 15.04.2025 - “Als Kind war ich damit deutlich besser bewaffnet, als die heutigen Bundeswehrsoldaten im Übungsgefecht.” Wenn ich meine Erbsenpistole auf dem Dachboden vom Elternhaus wiederfinde, gelingt der Staatsstreich im Nu.<< ## Gab es die Erbsenpistole auch mit langem Lauf und Dreibock? Wenn nicht muss das was anderes gewesen sein, was ich hatte. Wurde aber konfisziert. Beim Übertritt. Beim Übertritt in die Mittelstufe. Da haben wir dann eher mit reaktiven Objekten gearbeitet, also die dann selber beschleunigen. War aber auch mehr Abschreckung, weil man die Richtung nur bedingt beeinflussen konnte. Das brachte manchmal Ärger. Da war Beschleunigung des eigenen Körpers wichtig. Später haben wir dann mit Aluminium-Magnesium-Gemischen gearbeitet. Das war ortsfest. Weitgehend jedenfalls.

Lutz Herrmann / 15.04.2025

“Putin wird sich wundern!” Natürlich wird er das. Erbsenpistolen feuern bekanntermaßen extraballistische Geschosse. Damit haben die Chinesen erste Erfolge gegen russische Hyperschallwaffen auf Haselnussbasis erzielt.

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