Dushan Wegner, Gastautor / 27.05.2024 / 10:00 / Foto: Pixabay / 56 / Seite ausdrucken

Pendel nun bei „Ausländer raus”

Eine Sylter Prosecco-Crew ruft „Ausländer raus" – und der deutsche Propaganda-Apparat dreht frei! Nein, es ist nicht richtig, das zu rufen, doch zur Wahrheit gehört: Auf gewisse Weise schlägt das Pendel von „alle Ausländer rein" ins andere Extrem aus.

Lasst es mich gleich sagen: „Ausländer raus" und „Deutschland den Deutschen" zu brüllen, ist falsch, und es ist falsch, zu tun, was falsch ist. Erstaunlicherweise ist gar nicht sicher, dass ”Ausländer raus" zu sagen in Deutschland verboten ist. Hadmut Danisch verweist aktuell auf ein entsprechendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts (danisch.de, 26.6.2024). Ich spreche hier von – ihr ahnt es – den jüngsten Fällen, als junge Deutsche, von Schaumwein und Zusammensein beseelt, solche Dinge brüllten. Ja, es ist passiert, und es war falsch. Es passierte jüngst – ungewollt öffentlich – auf Sylt.

Deutschland ist ein Propagandastaat, und „Propagandastaat" bedeutet, dass der Bürger bei Tag und bei Nacht in Propagandabotschaften eingehüllt ist. „Propagandastaat" bedeutet auch, dass der viele Milliarden Euro teure, schwere Propaganda-Apparat beim Ausscheren aus dem zugelassenen Meinungskorridor ein öffentliches Exempel statuieren wird. Und wenn eine Abweichung sowohl unmoralisch ist als auch im „ewigen Wahlkampf" nützlich sein kann, dreht die Propagandamaschine den Lautstärkeregler auf Maximum… und legt noch mal eine Schippe drauf.

Auf Sylt, dem Ballermann der Besserbetuchten, haben ein paar Leute aus jener sozialen Schicht, die auch in der Freizeit freiwillig ein Hemd trägt, böse Dinge gegrölt. Solche Dinge, wie ich sie eingangs erwähnte. (Für nähere Informationen empfehle ich etwa focus.de vom 26.5.2024.)

Tägliche Morde interessieren eher nicht

Aber ach, der eigentliche Skandal im Skandal ist doch, zu welchem Riesenskandal die deutsche Propagandamaschine das saublöde Video von einem Sylter Besäufnis aufbläst. Der deutsche Staatsfunk entblödete sich nicht, in der 20-Uhr-Propaganda gleich zweimal, am 24. Mai und am 25. Mai, vom Skandal-Video zu „berichten".

Im deutschen Propagandastaat interessieren tägliche Morde, Vergewaltigungen und Messerstechereien den Staatsfunk allesamt eher gar nicht, sprich: Sie haben „nur regionale Bedeutung“, wenn bestimmte Eigenschaften von Täter und Opfer dem Propaganda-Narrativ widersprechen. Wenn aber ein paar besoffene reiche Leute auf Sylt etwas Böses grölen, ist es eine Meldung des Tages, an gleich zwei Tagen!

Ich bin nicht sicher, wie viele Artikel und Videos aktuell auf tagesschau.de zu diesem einen Vorfall gepostet sind, ich habe bei 10 aufgehört zu zählen. (Hier die Links: 1, 2, 3 45, 6, 7, 8, 9, 10) Die zehnte der hier verlinkten Meldungen (br.de, 25.5.2024) handelt nur am Rande von dem Sylter Ereignis; es geht tatsächlich um einen ähnlich gelagerten Vorfall in Erlangen. Die übrigen Meldungen zitieren Experten. Auch die Politik gibt sich empört, klar. Empörung, Entsetzen, moralische Panik. (Ich empfehle hierzu den Essay „Kampf gegen Rechts ist ,Moralische Panik'")

Stunde der Empörungsprofis

Ob die Geschehnisse auf Sylt falscher sind als die vielen Ereignisse, die abends in der Tagesschau nicht stattfinden, sei dahingestellt. Doch ich schreibe und spreche hier als einer, gegen den sich diese Sprüche vorgeblich wenden.

Ich kaufe Politikern und anderen Empörungsprofis ihre Sorge nicht ab, dass in Deutschland arme Ausländer wie ich verfolgt werden. Der „Kampf gegen Rechts" ist eine politische Waffe, oft von Deutschen gegen Deutsche angewandt. Doch ich muss gestehen, dass mich diese Art von Heuchelei und Instrumentalisierung nicht mehr schockt (und noch weniger überrascht). Ich halte allerdings eine Theorie zu diesen neuen Meldungen parat. Es ist die Metapher vom Pendel, das in die andere Richtung schlägt.

Auch in Teilen der Bevölkerungen, die längst nicht „sozial verloren" sind, bildet sich ein Gegenmomentum zum suizidalen Deutschlandhass, wie ihn etwa die Grünen leben – und damit eine geführte Mehrheit der Propagandaschaffenden.

Ich bin wahrlich kein Freund eines magischerweise richtigen Mittelwegs, der „goldenen Mitte" (siehe dazu etwa den Essay vom 28.4.2018: „Nichts ist golden in der Mitte zwischen richtig und falsch"). Doch in diesem Fall trifft es tatsächlich zu: Zwischen „Ausländer (alle) raus" und „Ausländer (alle) rein" muss ein Mittelweg liegen: „Ausländer nach bestimmten Kriterien rein – und die anderen Ausländer eben raus, und zwar konsequent".

Ich weiß nicht, wem Deutschland gehören sollte, wenn nicht den Deutschen. Den US-Investoren? Den Chinesen? Ich ahne aber, dass wir Pendelbewegungen erleben. Im Essay „Trümmerfrauen nach dem Merkelsturz" träumte ich 2018 davon, dass es eine Zeit des Aufbruchs nach der antideutschen Merkel-Regentschaft geben würde – damit war ich leider viel zu optimistisch. Doch ich sah in jenem Text auch voraus, dass „das Pendel von einer Seite auf die andere Seite schwingt, und immer ein paar Grad zu weit".

Wenn das stimmt – und ich habe wenig Zweifel daran –, dann war die In-Prosecco-Veritas-Clique von Sylt bloß ein Aperitif, eine Vorspeise, ein viel zu teures Häppchen vorab. Das Hauptgericht kommt erst noch, und es wird…  teuer, auch und gerade für die, die in der Freizeit „nur" T-Shirt und Kapuzenpulli tragen.

 

Dushan Wegner (geb. 1974 in Tschechien, Mag. Philosophie 2008 in Köln) pendelt als Publizist zwischen Berlin, Bayern und den Kanaren. In seinem Buch „Relevante Strukturen“ erklärt Wegner, wie er ethische Vorhersagen trifft und warum Glück immer Ordnung braucht. Dieser Beitrag erschien zuerst auf seinem Blog Dushanwegner.com

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Leserpost

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Sam Lowry / 27.05.2024

“Impfung, Kampf gegen rechts, Klima pp., Propaganda pur”; ich habe 2003 das TV abgeschafft, und das ist gut so…

Talman Rahmenschneider / 27.05.2024

C2H5OH macht schon komische Sachen: “Beim „EU-Eastern Partnership Summit” in Riga (21. und 22. Mai 2015) begrüßte Juncker die EU-Staatschefs auf ziemlich wackeligen Beinen und einem flotten Händchen – einige Politiker bekamen eine freundschaftliche Ohrfeige. Ungarns Premierminister Viktor Orban begrüße Juncker mit den Worten: „Ach, da kommt der Diktator.“ Wir lieben ihn alle, den Drink. Oder fast alle. Ab und zu läuft jemand aus dem Ruder. Gerade in Gruppen.

Talman Rahmenschneider / 27.05.2024

Das ist doch peanuts. “Im Alkohol-Rausch soll Nixon einen Atomschlag auf Nordkorea angeordnet haben”.....welt de. Kissinger intervenierte, meinte, man solle bis zum Morgen warten.

Rainer Hanisch / 27.05.2024

@Frau Altmann: Die Politkasper interessiert “das Volk* doch nur, wenn sogenannte “Wahlen” sind, um ihre Pfründe zu sichern.

Leo Hohensee / 27.05.2024

besoffene ausgelassene junge Partygänger mit einem blöden Text zu einer Musik zum Grölen. Und Laschet heute morgen: “die sind alle schon namentlich festgestellt und haben auch alle schon ihren Job verloren.”—Das kommt mir vor wie Lynchjustiz. Aber Laschet fand ja die Not der Leute im Ahrtal auch sehr amüsant - dieser Pharisäer

Udo Bültmann / 27.05.2024

wie man hören kann, sind heute sind viele froh, daß Laschet gelacht hat

Silas Loy / 27.05.2024

“Ausländer raus!” bezeichnet hier wohl die angeschärfte Version von “Das Boot ist voll!” und ist keine “rassistische”, sondern eine politische Parole infolge einer ideologisierten und illegalen Einwanderungspolitik der Regierenden mit ungeheuren Kollateralschäden, enormen Kosten und nachhaltigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen. Auch die Ablehnung weiterer Ausländerkolonien wie denen der DITIB-hörigen Erdogannationalisten oder kriminellen libanesischen Sippen in Deutschland ist nicht “rassistisch”, sondern natürlich nur politisch zu verstehen. Wer sein Land nicht aus “humanitären” Gründen vergewaltigen lassen will, wer nicht kolonisiert werden will, kann angeblich nur ein Rassist sein. Wenn schon die Alten Schachteln gegen Rechts nichts kapieren, bleibt wohl nur noch die Hoffnung auf die Jugend, um deren rechtmässiges Erbe und um deren Zukunft hier jeden Tag ihre besoffene und feige Elterngeneration “neu verhandeln” lässt, anstatt endlich eine echte und vernünftige Einwanderunspolitik auf die Beine zu stellen, die dem Land nicht schadet, sondern seinen Erfordernissen im heutigen globalen Kontext gerecht wird.

Tina Kaps / 27.05.2024

In der FAZ erschien jüngst der (hinter KEINER Bezahlschranke stehende) Artikel „Gibt es Söhne ohne Eltern?“ über den Besuch in einer Kaserne. Von einem „abenteuerlichen Herz einer jungen Frau“ ist die Rede und von einem Jungen der vorsichtig fragt, ob auch Minderjährige in die von Rheinmetall umgerüsteten Lkw klettern dürfen. „Natürlich“, strahlt der Soldat, „bloß nicht schüchtern sein.“ Wie passen diese Rheinmetall-Werbezeilen zu der Tatsache, dass die Deutschlandfahne unerwünscht ist, die deutsche Hymne umgewidmet und „Deutschland den Deutschen“ angeprangert wird? Tja.

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