Roger Letsch / 05.09.2020 / 14:00 / Foto: Unknown / 22 / Seite ausdrucken

Pelosi und der Friseur: Die Regel gelten – für alle anderen 

Nancy Pelosi, die Mehrheitsführerin der Demokraten im US-Kongress und tapfere Zerreißerin von Trumpreden, hat ein Glaubwürdigkeitsproblem. Und auch wenn es die WELT, die als eines der wenigen deutschen Medien überhaupt darüber berichtet, es wie eine Kleinigkeit aussehen lassen möchte, steckt schon etwas mehr dahinter. Sie sei „reingelegt“ worden, beteuert Pelosi, die auf einem Überwachungsvideo eines Friseursalons in San Francisco auftauchte. Im Salon, ohne Maske. Und das, wo zu der Zeit Salons nur draußen und mit Maske einzelne Kunden bedienen durften. Die WELT lässt den Vorfall erscheinen, als handele es sich um einen Plot des Wahlkampfteams von Trump, den man bei FOXNEWS natürlich genüsslich ausschlachte. Doch gibt es einige Details, die in der WELT nicht erwähnt werden, die jedoch wichtig für das Verständnis der Aufregung sind, die weniger Pelosis Frisur als ihre Einstellung betreffen.

Zunächst muss man wissen, dass Maskenpflicht, Abstandsregeln oder gar zwangsweise Schließung von Geschäften angeht, Angelegenheiten der einzelnen Bundesstaaten oder der Countys sind. Es gibt viele Staaten, die überhaupt keinen Lockdown und nur sehr geringe und flexible Restriktionen wie Maskenpflicht und Abstandsregeln haben. In Kalifornien und speziell in San Francisco herrscht diesbezüglich ein strenges Regiment. Der Wahlbezirk, für den Pelosi im Repräsentantenhaus sitzt, ist ein Teil eben jener Stadt, in der auch die erwähnten Regeln für Friseurbesuche gelten – sie sollte also wissen, wie diese Regeln lauten und sich natürlich auch nicht darüber hinwegsetzen. Und selbst wenn nicht – seit wann schützt Unwissenheit vor Strafe?

Erica Kious, die Besitzerin des Salons „E Salon“ in San Francisco erklärte in einem Video auf Facebook, dass Pelosi nicht einfach so in ihrem Salon auftauchte, sondern dass eine Assistentin Pelosis diesen Termin mit einem der selbstständigen Friseure vereinbart hatte, die in Kious‘ Salon einen Platz gemietet haben. Pelosi versuchte wohl zunächst, einen Termin in ihrem Apartment zu vereinbaren, was ihr Friseur ablehnte. Stattdessen wurde ein Termin im Salon vereinbart, zu dem Pelosi – und genau das zeigen die Überwachungsvideos – keine Maske trug.

„Tut was ich sage, nicht was ich tue“

Ist es albern, auf solchen Petitessen herumzureiten? Eigentlich schon, doch wir leben in albernen Zeiten und wer – aus welchem gutem Grund auch immer – die Wirtschaft zum vollständigen Erliegen bringt und Regeln durchsetzt, die sogar klar verfassungswidrig sind, muss sich nicht wundern, wenn die reglementierten Menschen peinlich genau darauf achten, wie sich jene verhalten, die ihnen die Beschränkungen auferlegen. Zumal Verstöße mit empfindlichen Geldstrafen belegt sind.

Pelosi jedoch dreht den Spieß einfach um, beschuldigt die Salon-Inhaberin, sie in eine Falle gelockt zu haben und sieht ihre eigene Verantwortung lediglich darin, in die gestellte Falle getappt zu sein. Pelosi verlangt nun nichts weniger als eine Entschuldigung von Erica Kious. Unser Bundesgruß-Steinmeier hatte zumindest die Traute, sich für seine Masken- und Abstandslosigkeit in trauter Selfie-Runde zu entschuldigen.

„Tut was ich sage, nicht was ich tue“ ist leider das Motto gerade jener Politiker, die nach harten Sanktionen, Beschränkungen und Verboten lechzen. Der Lockdown kann ihnen nicht vollständig, die Strafe für Übertretungen – etwa der Maskenpflicht – nicht hart genug sein. Ob Pelosi ohne Maske beim Friseur oder Steinmeier ohne Maske beim Gruppenfoto im Urlaub – die scheinbare Nachlässigkeit entspringt meiner Meinung nach der Gewissheit, dass die Regeln für alle anderen gelten mögen, für jemanden, der die Bedeutungsleiter etwas weiter hinauf gestiegen zu sein glaubt, jedoch nicht.

Mir ist im Grund völlig gleichgültig, ob und wann Merkel, Steinmeier, Trump, Pelosi oder Biden Masken tragen. Ich gebe nur zu Protokoll, dass ich mir erlaube, ebenso wenig Angst beim Weglassen zu verspüren wie ganz offensichtlich Steinmeier oder Pelosi. Und ich erwarte, ebenso billig mit derlei Insubordination davon zu kommen.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Unbesorgt.

Foto: Unknown via Wikimedia Commons

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Leserpost

netiquette:

Dr. Roland Mock / 05.09.2020

@Herrn Lattek: Was ist an Herrn Letschs Text „seltsam“ oder unverständlich ? Pelosi hat sich nicht an die Regeln gehalten, die sie selbst propagiert. Nennt man Doppelmoral. @Herr Unger: Großartiger Kommentar. Genau das ist der Punkt: Die amerikanische Linke befürchtet, weitere vier Jahre von der zentralen Macht ausgeschlossen zu werden. Daher wendet sie schon vorbeugend restlos alle schmutzigen Tricks an, die Trump irgendwie doch noch zu Fall bringen könnten. Ich bin zuversichtlich, daß die Amis nicht so dämlich sind wie sie von der bildungsfernen deutschen Journaille dargestellt werden.

giesemann gerhard / 05.09.2020

Verstehe das Problem nicht: Wenn sich die Pelosi einen Coronarinfarkt holt beim Figaro und stirbt, dann hat Trump ein Problem weniger, so what? Wenn die Demonstranten in Berlin zwee Wochen später sterben wie die Fliegen wegen Infekt, dann hat Geisel recht und ein Problem weniger. Lassen wir den Leuten doch ihren Spaß.

Renate Schlierkamp / 05.09.2020

Ich habe meiner Friseurin zu verstehen gegeben, daß ich nicht gewillt bin, Maske zu tragen, oder mich in irgendeine Liste einzutragen, um dann von der Gesundheits-Stasi meinen Betrieb stillegen zu lassen,  nur weil eine ihrer Kundinnen schräg hustet!! Sie kam dann gerne zu mir nach Hause! Und als ich dann zu ihr in den Salon kam, wurde ich diskret auf einen Seitenplatz gesetzt, ohne Maske und ohne andere Zickereien! Alles ist möglich, wenn man nur nachdrücklich erklärt, daß man diesen Unsinn nicht mitmachen will! Die Leute wachen langsam, aber sicher auf, und das Hemd ist einem wichtiger als die Hose.

Sabine Lotus / 05.09.2020

Moin H@rr Lattek, ist es wirklich Aufgabe dieses Authors, Sie irgendwo 2007 aus dem Sommermärchen abzuholen? Ich frage für einen Freund.

N. Schneider / 05.09.2020

Was erlauben Letsch? Nancy Pelosi “the highest-ranking female elected official in United States history, the second in the presidential line of succession, immediately after the vice president” auf eine Stufe mit dem gemeinen Pöbel zu stellen. Als ob für sie, durch Geburt dem erlauchtesten (bzw. erleuchteten) Kreis der Democrats angehörend, 1987 folgte sie ihren Vater Thomas D’Alesandro Jr. als Member of the U.S. Congress nach, zudem Schwester des Politikers Thomas D’Alesandro III, Maskenpflicht bestünde. Völlig zurecht beklagt sie die Insubordination der Friseurin. Und bitte mehr Respekt für unseren großartigen Präsidenten Steinmüller.

Udo Latteck / 05.09.2020

Seltsamer Text. Ich sehe hier eine Vermengung zweierlei Sachverhalte. Auf der einen Seite eine Umkehrung der Verantwortlichkeit, dann aber ein gewisses Verständnis von Ihnen dafür, sich nicht an die Regeln halten zu müssen, weil sie a) nicht für einen selbst gelten und b) als unsinnig erachtet werden. Wenn die Regel für einen selbst nicht gilt, dann nur, weil man über den Dingen zu stehen glaubt, aber nicht, weil man das Risiko der Infektion gegen Null tendieren sieht. Beides geht nicht. Das Risiko einer Infektion besteht. Punkt. Das wissen auch die Machthaber. Sie aber meinen, die Reglementierungen kommen den Machthabern zu pass. Dieses müssten sie aber weitläufiger ausführen. Auch die “albernen Zeiten” müssten Sie dem Leser näher veranschaulichen. Denn das Hauptargument gegen Pelosi im Test ist die Schuldumkehr aufgrund Überheblichkeit und Verantwortungslosigkeit, und nicht die veranlassten Reglementierungen wegen der Pandemie, die einer anderen Logik folgen. Und auch wenn man persönlich den Bundespräsidenten Franz Walter Steinmeier nicht mag, so gebietet es der Respekt vor dem Amt, von einer Verballhornung abzusehen. Zudem wirkt es anbiedernd und schwächt die Argumentation.

Franz Klar / 05.09.2020

Das wirkliche Problem ist , daß wir leider keine ” Fox News ” haben , wo Journalisten ihren Job machen : den Politikern die Zügel anziehen… .

Volker Kleinophorst / 05.09.2020

Die Gesetze gelten nur für uns, die Herrscher-Schweine sind natürlich gleicher als das Schlachtvieh. Pelosi ist bei Bigotterie schon ein tolles Beispiel: ich finde ja das es durchaus auch ein Verdienst vom Trump ist, dass deutlich geworden ist, zu was für einem übler Haufen die US-Democrats mit Clinton, Obama, Pelosi, Schiff und diesen unsäglichen Bügermeistern, die “mostly peaceful Aufstände unter ihrer Verantwortung dulden, mittlerweile verkommen sind. PS.: Was ich mich an Pelosi als Klatschaffinen interessiert: Pelosi war ja schon, damals echt süß, auf der Inaugurationsfeier von JFK. Da gibt es Bilder. Was da die Frage ist? Ernsthaft?  ;)

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