Gastautor / 21.01.2025 / 06:15 / Foto: Montage achgut.com/ Imago / 91 / Seite ausdrucken

Pech gehabt – Marla-Svenja ist eine Frau

Das Outing von Marla-Svenja Liebich als Frau lässt gerade diejenigen hyperventilieren, die sich so sehr nach dem Selbstbestimmungsgesetz gesehnt haben. Warum? Soll eine wegen Volksverhetzung verurteilte Person keine Frau sein dürfen?

Von Udo Vetter.

Mit einem einzigen behördlichen Antrag für ein paar Euro Gebühren entzaubert eine Frau namens Marla-Svenja gerade das sogenannte Selbstbestimmungsgesetz. Dieses Gesetz erklärt die Zuordnung jedes Menschen zu einem biologischen Geschlecht für obsolet. Maßgeblich ist seit Herbst 2024 nur noch die Selbsteinschätzung zum eigenen Geschlecht, abzugeben beim zuständigen Standesamt.

Jetzt heulen die Apologeten des Gesetzes auf, weil ihnen Marla-Svenjas mutiger Schritt zu ihrem wahren Ich nicht passt. Was für ein Witz. Man nimmt Marla-Svenja nun plötzlich nicht ab, dass sie eine Frau ist. Liegt es womöglich an Marla-Svenjas Gesichtsbehaarung? An der als maskulin gelesenen Kleidung? Oder dem Umstand, dass sie juristische Probleme wegen ihrer rechten Gesinnung hat?

Das allerdings sollten die einschlägigen Kreise wissen: Die Frage, wie jemand aussieht, ist schlicht nicht mehr relevant fürs soziale Geschlecht. Ebenso wenig die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen. Was sich übrigens schon daran zeigt, dass Eltern für ihre minderjährigen Kinder nun das Geschlecht selbst festlegen können. Sogar bei einem männlichen Säugling, der im Bettchen wider Erwarten nach der rosa statt der blauen Rassel greift. Die Bedenken gegen das Gesetz waren bekannt, dennoch wurde es durchgeboxt, und zwar mit seltener Überheblichkeit. „Transfrauen sind Frauen“, bürstete etwa Familienministerin Lisa Paus Detailfragen ab. Auch der ebenfalls zuständige Bundesjustizminister Marco Buschmann vermochte keine Probleme zu erkennen.

Bis zu zehntausend Euro kann das Deadnaming kosten

Nun sitzen viele da, „glauben“ den Geschlechterwechsel von Marla-Svenja nicht und raunen, dass sowas ja Missbrauch ist. Es sind dieselben Leute, welche den Freiheitswunsch auf die Spitze getrieben haben. Das Gesetz sieht nun mal keine Prüfung vor, ob ich mein Geschlecht tatsächlich wechseln möchte. Es war nach erklärtem Willen der Verantwortlichen geradezu Hauptanliegen, dass „entwürdigende“ Prüfungen, wie sie in früheren Gesetzen vorgesehen waren, entfallen. Als entwürdigend wurde offenbar schon die harmlose Kontrollfrage empfunden, ob das Ganze nicht vielleicht nur ein Trollversuch ist. Ergebnis: Auch die fiesesten Trolle können nun Frauen sein. Falls es weibliche Trolle gibt, was ich jetzt nicht googeln möchte, gilt das natürlich auch umgekehrt.

Folgerichtig gibt es im Selbstbestimmungsgesetz auch keine Regelung in die Richtung, dass Marla-Svenja etwas an ihrem Aussehen ändern müsste, mit Piepsstimme zu sprechen oder gar Hormone zu nehmen hätte. Die sogenannte Selbsteinschätzung ist juristisch unangreifbar; eine Missbrauchsklausel gibt es nicht. Und wer sich jetzt, wie so viele, gegen diese gesetzliche Vorgabe durch zynische oder gar scharfe Worte über Marla-Svenja gegenüber dem doch so ersehnten Gesetz versündigt, verletzt gleichzeitig die Persönlichkeitsrechte und die Würde dieser mutigen Frau – und zwar auf krasse, geradezu unmenschliche Art und Weise.

Marla-Svenja hat bereits angekündigt, dass sie jeden verklagt, der ihren Wunsch, zumindest für ein Jahr bis zum Ablauf der ersten Wechselfrist als Frau zu leben, nicht respektiert. Sie kann jeden anzeigen, der zum Beispiel durch Nennung ihres früheren Namens offenbart, dass sie sich mal als „Mann“ durchs Leben bewegt hat. Das Bußgeld für einen Verstoß gegen das sogenannte Offenbarungsverot ist nicht unerheblich. Bis zu zehntausend Euro kann das Deadnaming kosten, also mehr als die Geldstrafe für eine Beleidigung von Agnes Strack-Zimmermann.

Ihr habt es so gewollt

Darüber hinaus hat Marla-Svenja auch zivilrechtliche Ansprüche. Ihr Geschlechtseintrag definiert nun ihr Geschlecht, und zwar völlig losgelöst von biologischen Wahrheiten. Damit einher geht juristisch der entsprechende Achtungsanspruch. Wer also nur erwähnt, dass Marla-Svenja nicht immer eine Frau war, riskiert eine Klage auf Unterlassung und Schmerzensgeld. Angesichts der Intensität, mit der momentan auf der armen Frau herumgehackt wird, wird ihr Medienanwalt in den kommenden Monaten bestens ausgelastet sein.

Interessanterweise sieht das Gesetz auch keine Sonderregelung für die klassiche Presse vor. Auch diese muss also Marla-Svenjas Geschlecht respektieren – mit Wirkung in die Vergangenheit. Aber gut, hier eine kleine Einschränkung. Es handelt sich um den ersten öffentlichkeitwirksamen Fall. Hier werden die Gerichte womöglich ein überragendes Berichterstattungsinteresse sehen, sofern die in den bisherigen Berichten durchaus anzutreffende Häme gegenüber Marla-Svenjas Entscheidung nicht überwiegt. Die Pressefreiheit hat also vielleicht um Haaresbreite Vorrang, denn eine Berichterstattung über einen Fall ist nicht möglich, ohne den Fall zu beschreiben. Aber für künftiges Deadnaming wird das nicht mehr gelten.

Fazit mit schönem Gruß an Lisa Paus, Marco Buschmann und die Community: Marla-Svenja ist eine Frau. Ihr habt es so gewollt, jetzt lebt damit.

 

Udo Vetter ist Fachanwalt für Straftrecht und betreibt eine eigene Kanzlei. Dieser Beitrag wurde zuerst auf seiner Website law blog veröffentlicht.

Foto: Montage achgut.com/ Imago

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Leserpost

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Peter Wagner / 21.01.2025

Liebe Marla-Svenja Liebich, halte dem linksgrünen Filz mal den Spiegel (aber einen echten) vor. Dankeschön, alles Gute und liebe Grüße!

Josef Gärtner / 21.01.2025

Einstein hat ja mal eine Definition von “Wahnsinn” geliefert. Aber das Folgende finde ich noch passender: Man stellt schwachsinnige Regeln auf. Und dann wundert man sich und jammert, dass diese Regeln exakt befolgt werden. Wie verrückt ist das denn!

Lutz Liebezeit / 21.01.2025

@ MarcusCato Der römische Diktator Caligula hat sein Pferd zum Konsul ernannt. Er nahm es mit in den Senat und verlangte von den Senatoren, daß sie es mit “Herr Senator” ansprechen.  Wer das nicht wollte, bekam eine Freikarte für den Zirkus. / Die gefährlichsten Waffen sind die Menschen kleinen Kalibers. Wieslaw Brudzinski Die überdrehen das Rad, weil es ihnen an Verstandeskräften fehlt.

Volker Kleinophorst / 21.01.2025

Ich finds Super. Klasse Marla. Der Dummheit mitten in die Fresse getreten.

Steffen Huebner / 21.01.2025

@ W. Liebisch - Es wäre ein Rechtsbruch, wenn man eine Frau im bundesdeutschen Männergefängnis inhaftieren würde, weil eine Missachtung des Geschlechts, in diesem Fall von Frau Marla-Svenja Liebich. Die Justizbehörde würde selbst gegen das Gesetz verstoßen.

Manfred Wetzel / 21.01.2025

Und jetzt mal ganz ohne Ahnung. So aus dem Bauch raus, um Kopf und Kragen. Nach der Geburt eines Kindes lässt sich in 99% der Fälle das Geschlecht per Augenschein erkennen. Hat`s einen Schniedel, so wird es wohl ein Mann werden. Hat´s keinen Schniedel, so wird es wohl eine Frau werden. Wie gesagt, bei 99% aller Fälle. Für das eine Prozent der Unbestimmbaren, die werden es nicht leicht haben. Für die kann es schwierig werden, mag ich nicht leugnen. Aber all Jenen, die meinen im falschen Körper geboren zu sein, für die gibt es Hoffnung. Sie stecken nicht im falschen Körper, sie stecken nur im falschen Gehirn.

janblank / 21.01.2025

Die Deutschen werden der Welt nicht nur für ihre herausragenden Leistungen in der Musik, Philosophie, Wissenschaft und Technik im Gedächtnis bleiben sondern auch für den einzigartigen Umstand, dass eine ganze Kultur auch in brüllendem Gelächter verschwinden konnte. Wenn ich schon dieses Tränentier von “Familienministerin” nebst dem überfahrenen Hamster mit Brille, der da in Berlin herumpräjudiziert, also wirklich - ich muss aufpassen, nicht in den Fernsehsessel zu puschen… .

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