Alex Feuerherdt / 28.04.2017 / 17:30 / Foto: Henning Schlottmann / 6 / Seite ausdrucken

Pax Christi: In Gottes Namen gegen Israel

Wer in Essen eine Ausstellung präsentieren möchte, darf sich gewiss glücklich schätzen, wenn er es in der zentral gelegenen, altehrwürdigen und imposanten Münsterkirche tun kann. Zumal das Bistum Essen sicherlich nichts in seinem Dom zeigen würde, was es in irgendeiner Weise problematisch oder gar anstößig findet. Man kann deshalb wohl davon ausgehen, dass die Ausstellung mit dem Titel „Mauer Museum Bethlehem“, die am heutigen Dienstag im Kreuzgang des Essener Münsters eröffnet wird, bei den Bischöfen auf Sympathie trifft. Organisiert und verantwortet wird sie von Pax Christi, der katholischen Organisation der Friedensbewegung. Deren Bethlehemer Partnereinrichtung, das Arab Educational Institute (AEI), hat die rund 120 Tafeln erstellt, die zu der Schau gehören. 15 davon werden nun im Essener Dom zu sehen sein. Worum es in der Präsentation geht, beschreibt Pax Christi so:

„Wer im Heiligen Land war, kennt die Mauer, die Israel und Palästina trennt und das Leben der Palästinenser oft unerträglich macht. Jeder Palästinabesucher kennt aber auch die Graffiti, die an die Mauer gesprüht sind: aggressive, witzige, romantische Bilder, die von der Wut, dem Humor, den Hoffnungen und den Träumen der Menschen zeugen. In Anlehnung an diese Graffiti zeigt das AEI […] das ‚Wall Museum‘ (Mauermuseum): Es sind Geschichten, die von den Mitgliedern der Frauen- und der Jugendgruppe gesammelt, auf wetterfeste Tafeln gedruckt und an der Mauer angebracht wurden. Sie berichten davon, wie das Leben unter der israelischen Besatzung den Alltag der Menschen, der Frauen und ihrer Familien beeinflusst und erschwert. Sie geben aber auch einen Einblick in ihr Durchhaltevermögen (‚Sumud‘), ihre Menschlichkeit und – manchmal – ihren Humor.“

Die Tafeln hat das AEI auf seiner Internetseite und in einem Buch dokumentiert. Auf ihnen sind subjektive, ungeprüfte Äußerungen palästinensischer Frauen und Mädchen aus Bethlehem, Beit Jala, Beit Sahour und benachbarten Dörfern zu lesen. Es sind Geschichten, die sich vorwiegend um angebliche Schandtaten der israelischen Armee drehen: sexuelle Belästigungen, Demütigungen, Häuserzerstörungen, Schüsse, Festnahmen; sogar einen Esel sollen die Soldaten inhaftiert haben. Andere Texte haben zum Inhalt, wie sich Bewohner gegen die behaupteten Schikanen wehren. Was man in der Ausstellung dagegen vergeblich sucht, sind Hinweise darauf, warum es die israelischen Sperranlage – die nur zu einem kleinen Teil aus Mauerwerk und ansonsten aus einem Zaun besteht – überhaupt gibt.

Ohne „Intifada“ keine Sperranlage

Und das, obwohl es in den Erzählungen recht häufig um den Anlass dafür geht, ohne dass er jedoch als solcher identifiziert wird: Es war die zweite „Intifada“ mit ihren unzähligen Selbstmordattentaten, die den jüdischen Staat zu drastischen Maßnahmen zwecks Sicherung seiner Grenzen nötigte. Denn die Terroristen – die auch aus Bethlehem und Umgebung kamen – konnten bis dato relativ problemlos ins israelische Kernland vordringen, um dort in Bussen, in Cafés und an anderen belebten Orten ihr tödliches Werk zu verrichten. Erst der Bau von Zaun und Mauer hinderte sie effektiv daran. Die „Intifada“ kommt in der Ausstellung jedoch nicht als der antisemitische  Pogromterror vor, der sie war, sondern sie wird als Protest verharmlost, der von den Israelis brutal unterdrückt worden sei.

Nun würde gewiss niemand behaupten, dass die Sperranlagen für die palästinensischen Bewohner keine Härten mit sich bringen. Aber die Ausstellung und der dazu gehörige Einführungstext, den die AEI-Direktorin Rania Murra und der AEI-Berater Toine van Teeffelen verfasst haben, vermitteln das Bild, dass Israel die Mauer in Bethlehem nicht gebaut hat, um seine Bürger vor Selbstmordattentätern zu schützen, sondern aus reiner Boshaftigkeit zur Knechtung der Palästinenser. Entsprechend findet sich auf den Schautafeln auch kein Wort der Kritik am palästinensischen Terror, obwohl die Mauer ohne ihn gar nicht gebaut worden wäre. Und deshalb ist das im Begleittext erklärte Ziel des „Mauermuseums“, sich selbst abzuschaffen – nämlich gemeinsam mit dem Bauwerk als solchem –, nur so zu verstehen, dass der jüdische Staat kein Recht haben soll, sich gegen Angriffe zu verteidigen. Die Palästinenser kommen nur als friedliebende, unschuldige, bewundernswerte Opfer einer israelischen Aggression vor. Terroristen gibt es demnach gar nicht unter ihnen.

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Leserpost

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M. Haumann / 29.04.2017

Dass sich in Deutschland, wieder mit freundlicher Unterstützung der Kirchen, einmal erneut der Antisemitismus so ungehindert verbreiten könnte wie derzeit zu beobachten, wäre für meinen schlimmsten Alptraum ein zu grosser Horror gewesen. Und was erlaubt sich ein deutscher Aussenminister mit Rückendeckung der Regierungschefin inzwischen sogar vor Ort? Aber auch die Vermutung vieler, dass es mit der gezielten Brüskierung Israels um Wählerstimmen der widerlichsten Art gegangen sein könnte, ist einfach zu furchtbar für mein seelisches Fassungsvermögen. Eins aber haben jetzt traurig viele Protagonisten geschafft, was ich mein Leben lang auch nicht für möglich hielt: dass ich mich abgrundtief für dieses Land schäme.

Jaco Sandberg / 29.04.2017

Deutschland tritt mittlerweile in die Fußstapfen der DDR, was die (Nicht-)Beziehungen zu Israel anbetrifft. Eine Kostprobe war das perfide Auftreten Gabriels gegenüber Israel bei seinem letzten Besuch. Vollkommen unakzeptabel.

Matthias Krause / 28.04.2017

Nach dem Koran Allahs gehört das Land Israel nur und einzig den Juden. (Sure 7, 137) ....das Land links und rechts des Jordan…. Und in der Bibel steht, das Gott der Allmächtige, der Herr sein Volk Israel wieder in ihr Land bringen wird. ( z.B. Hes. 38,8) Es mag ja Menschen geben, die sich für schlauer halten als Gott der Allmächtige…..nur kämpfen sie mit ihren Aktionen und Terrorakten direkt gegen Gott. Wenn man bedenkt, das die sogenannten Palästinenser, eigentlich keinerlei Recht auf das Land haben, dann ist der Einsatz von Pax Christi doppelt verwerflich.  

Marcel Seiler / 28.04.2017

Das ist doch auch bei uns so: die Verharmlosung islamischen Terrors. Übertrieben gesagt: wer als Westler nicht bereit ist, sich vom islamischen Terror umbringen zu lassen, hat sein Lebensrecht verwirkt.—Irgendwie hat sich unterschwellig die Auffassung eingenistet, dass man als Westler kein wirkliches Lebensrecht hat. Merkwürdig. Aber wie kann man gegen diese immer wieder unterschwellig transportierte Auffassung angehen?

Wilfried Cremer / 28.04.2017

“Pax Christi” gehört zu den Teilen der katholischen Kirche, die früher oder später als Schlacken ausgeschwemmt werden, mitsamt gewissen Bischöfen. Man muss halt bis zur Ernte warten.

Thomas Rießinger / 28.04.2017

Die Ausstellung wäre ein schönes Ausflugsziel für Sigmar Gabriel. Da ist er endlich mal unter Gleichgesinnten.

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