Sieht man mal vom Multimillionär bin Laden ab, so sind
fast alle Gewalttäter unserer Tage - Neonazis,
migrationshintergründige U-Bahn-Prügler,
Selbstmordattentäter am Strand von Tel Aviv, you name
it - arme Schlucker, die, so scheint es, kaum einen
Cent in der Tasche und mangels guter Schulbildung auch
nix in der Birne haben. Arme Hunde eben, die sich für
ihr trauriges Schicksal leider nur an den Falschen
rächen, anstatt Herrn Ackermann ins Gesicht zu
springen oder Herrn Olmert den Weg zum Friedhof zu
zeigen. Dagegen hilft, so die allgemeine
Grundüberzeugung, nur ein toll gemischter Strauß aus
Arbeitsplätzen, besserem Quartiersmanagement, mehr
Bildung, mehr Hilfsgeldern, dann wird schon alles
wieder gut. Aus Böcken werden Schafe, aus Löwen
Lämmer.
Alles Kappes, sagt uns ein Wissenschaftler aus den
USA. Der Mann heisst Alan Krueger, lehrt Ökonomie an
der Princeton University und hat sich die Antwort auf
eine einfache Frage vorgenommen: Warum wird einer
Terrorist?
“What makes a terrorist?” By Alan Krueger
http://www.american.com/archive/2007/november-december-magazine-contents/what-makes-a-terrorist
Ist der Terrorist immer ein Kind der Armut? Warum wird
einer Bombenleger, ein anderer Bankier? Und hat George
W. Bush Recht, wenn er sagt: “We fight against poverty
because hope is an answer to terror”?
Die Antwort ist verblüffend einfach: Nein! Auch Laura
Bush irrt, wenn sie sagt: “A lasting victory in the
war against terror depends on educating the world’s
children.” Denn Gewalttäter und Terroristen wird man
nicht aufgrund erbärmlicher Lebensumstände, sondern
einfach, weil man es so will. Alles eine Frage der
Wahlfreiheit - der ökonomische oder soziale
Hintergrund, dem man jeweils entstammt, spielt dabei
keine oder nur eine untergeordnete Rolle.
Klingt wie von Oswald Metzger oder von Guido
Westerwelle, ist aber empirisch belegt. Schon in den
1930er Jahren fiel einem amerikanischen Forscher auf,
daß die Lynchrate im Süden der USA mit dem Ende der
Großen Depression nicht zurückging, was sie eigentlich
dem sozio-ökonomischen Paradigma gemäß hätte tun
sollen.
Alan Krueger und ein Kollege untersuchten in den
frühen 1990er Jahren in 543 Landkreisen in
Deutschland, warum Menschen gegen andere gewalttätig
wurden; Gewaltexzesse bzw. Morde in Rostock, Lübeck
und Hoyerswerda waren die Auslöser. Die beiden
Forscher fanden heraus, “that poor economic conditions
do not seem to motivate people to participate in hate
crimes… We found that the unemployment rate, the
level of wages, wage growth, and average education
were all unrelated to the incidence of crimes against
foreigners”.
Wie steht es aber mit dem (islamischen) Terrorismus?
Entspringt er der Verzweiflung über fehlenden
Mindestlohn oder der Wut über eine erneute Anpassung
der Abgeordnetendiäten? Greifen Palästinenser zu
Steinen, Mollies und Granaten, weil die Fallafel immer
kleiner und die Kalaschnikows immer teurer werden?
Nein, sagt Krueger. Sogar trotz Aussicht auf einen
Aufschwung und angesichts sinkender Arbeitslosigkeit
brach in den Autonomiegebieten die Intifada los: “Just
before the outbreak of the second intifada, the
Palestinian people believed that the economic
situation was improving—a judgment consistent with the
falling unemployment rate at the time. The intifada,
then, did not appear to be following dashed
expectations for future economic conditions.”
Ähnliches gilt auch für Al-Qaida, wie eine Studie von
Marc Sageman zeigt, einem früheren CIA-Offizier. Das
Terrornetzwerk ist durchwegs gut ausgebildet, seinen
führenden Mitgliedern fehlt es nicht am nötigen
Kleingeld : “A high proportion of members of al-Qaeda
were college educated (close to 35 percent) and drawn
from skilled professions (almost 45 percent).”
Mohammed Atta, der Chef der 9/11-Todesflieger, war
kein ägyptischer Fellache, sondern ein Ingenieur und
Sohn eines Rechtsanwalts.
Der Princeton-Ökonom Krueger sieht die Ereignisfelder
“Terrorismus” und “politische Gewalt” von den gleichen
Mechanismen geprägt, wie sie auf jedem Marktplatz
herrschen: Angebot und Nachfrage regeln das Geschäft.
Der politische Terror ist auf Überzeugungstäter
angewiesen, die intelligent genug sind, um zu
verstehen, um welche hehren Ziele es geht. Das
erfordert ein hohes Maß an Verstandesfähigkeiten, an
Reflexionskraft und Einsicht in die politische
Notwendigkeit, um so mehr, da das eigene Leben dabei
auf dem Spiele steht: “So the organizations select
more able participants—which again points to those who
are better educated and better off economically.”
So schlußfolgert Krueger denn auch: “International
terrorists are more likely to come from
moderate-income countries than poor ones.” Tröstlich
für diesen Kontinent mit seinen Menschen- und
Demokratierechten: Länder mit wenig Bürgerfreiheiten
tendieren viel eher dazu, Terroristen zu produzieren
als solche ohne diese Freiheiten.
Aber Vorsicht! Auch das fand der Wissenschaftler
heraus: Es ist die Kraft der Idee, die letztlich den
Ausschlag gibt. Das starke politische oder religiöse
Motiv, der Glaube und die Überzeugung an die “gerechte
Sache” machen einen zum Terroristen, nicht die
armseligen Verhältnisse, aus denen er sich
herausbomben will: “Most terrorists are not so
desperately poor that they have nothing to live for.
Instead, they are people who care so fervently about a
cause that they are willing to die for it.”
Wer vom Terror spricht, zumal vom islamistischen, wird
also künftig weniger von der ungerechten Weltordnung
zu reden haben als vielmehr vom religiösen Glauben,
der die Terroristen durchdringt - vom Islam.
Ein Koranvers wie: “Und kämpfet wider sie, bis keine
Verfolgung mehr ist und aller Glaube auf Allah
gerichtet ist” (Sure 8:39) in Verbindung mit den
letzten Worten des Propheten: “Mir wurde aufgetragen,
alle Männer so lange zu bekämpfen, bis sie sagen: Es
gibt keinen Gott außer Allah” (Mohammeds
Abschiedsbotschaft, März 632) kann mehr Unheil
anrichten als von allen Nord-Süd-Dialogen,
Mikrokredit- oder Weltbankprogrammen zusammengenommen
je in der Welt verhindert werden kann.