Johannes Richardt, Gastautor / 02.12.2014 / 07:00 / 7 / Seite ausdrucken

Paternalismus: Mit sanftem Zwang ins Glück (1)

Von Johannes Richardt

Bevormundung und Verbote bestimmen zunehmend den Alltag, analysiert Johannes Richardt. Auch subtilere Formen paternalistischer Politik sind auf dem Vormarsch. Was steckt hinter dem Begriff Paternalismus und in welchen Spielarten tritt er heute auf?

Eine Frau steigt in ihr Auto, will losfahren und plötzlich fängt es an zu piepen – weil sie sich nicht angeschnallt hat. Ein australisches Gericht zwingt einen Zeugen Jehovas gegen seine religiöse Überzeugung zu einer lebensverlängernden Bluttransfusion. Der deutsche Staat schreibt Krankenversicherungen für jeden Bürger gesetzlich vor. Während des letzten Bundestagswahlkampfes denkt der damalige FDP-Gesundheitsminister öffentlich über eine obligatorische Impfpflicht gegen Masern nach, der SPD-Vorsitzende wünscht sich ein generelles Tempolimit für Autobahnen und die Grünen fordern einen fleischfreien „Veggieday“ in deutschen Kantinen. Ein Ehemann versteckt die Schlaftabletten vor seiner depressiven Frau, weil er fürchtet, sie könne sich sonst was antun. Was haben diese Beispiele gemeinsam? Alle beschreiben Situationen, in denen Dritte über die Köpfe der Betroffenen hinweg Entscheidungen treffen, die angeblich deren Wohl dienen sollen. Es handelt sich um Paternalismus.

Formen des Paternalismus

Paternalismus hat viele Gesichter. Allgemein gesprochen tritt er immer dann auf, wenn „die Einflussnahme eines Staates oder eines Individuums auf eine andere Person gegen deren Willen gegeben ist und durch die Annahme motiviert oder verteidigt wird, der Person gehe es dadurch besser oder sie werde vor Schaden bewahrt“, so die Stanford Encyclopedia of Philosophy. [1] Solche Einflussnahme muss nicht immer politisch oder moralisch falsch sein. Es gilt abzuwägen. Verbot ist nicht gleich Verbot, Bevormundung nicht gleich Bevormundung auch Lüge nicht gleich Lüge.
So würden etwa die Ver- und Gebote der Straßenverkehrsordnung von kaum jemandem hierzulande grundsätzlich als paternalistisch begriffen werden, sondern eher als im Großen und Ganzen nützliche Regeln im Sinne der Allgemeinheit. Ebenso wenig sprechen wir im negativen Sinn von Paternalismus, wenn Eltern ihren Kindern vorschreiben, wann sie ins Bett zu gehen haben – Erwachsene haben gerade in familiären Beziehungen das Recht und die Pflicht, Heranwachsende im eigentlichen Sinne des Wortes zu bevormunden. Viele würden auch im Handeln eines Arztes, der einen schwerkranken Patienten nicht sofort über den vollen Umfang einer schweren Erkrankung aufklärt, weil er diesen nicht demoralisieren möchte, keinen Paternalismus, sondern eine nachvollziehbare therapeutische Maßnahme sehen. Wie sieht es aber mit einem moralischen Dilemma aus, das auf den Philosophen John Stuart Mill zurückgeht? [2] Ein Ausländer möchte eine Brücke überqueren. Wir wissen, dass sie schwer beschädigt ist, können es ihm aber nicht mitteilen, da wir seine Sprache nicht sprechen (Japanisch in Mills Beispiel). Dürfen oder müssen wir ihn notfalls mit physischer Gewalt aufhalten? Die wenigsten würden wohl grundsätzlich Nein sagen. Ein eher gemäßigter, aber dennoch paternalistischer Ansatz wäre es, zu sagen: Ja, und zwar solange, bis sichergestellt ist, dass er um die Gefahr der Situation weiß – um dann selbst wissentlich und willentlich eine Entscheidung zu treffen. Härtere Paternalisten könnten argumentieren, dass man ihn auch dann noch aufhalten dürfe, wenn er um den Zustand Brücke weiß, aber sie trotzdem überqueren möchte – die Verhinderung des potenziellen Schadens (im schlimmsten Fall der Selbstmord) wiegt schwerer als die autonome Entscheidung der Person.

Normalerweise zielen paternalistische Maßnahmen direkt und ausschließlich auf die zu schützende Person oder Personengruppe. Dabei rücken moderne Paternalisten vor allem das körperliche oder psychische Wohl ihrer Mitmenschen in den Fokus; früher hingegen wurde sich oft einer moralisierenden Sprache bedient. So argumentierten etwa die Abstinenzbewegung oder die Anti-Prostitutionsbewegung des 19. Jahrhunderts damit, die Würde der Objekte ihrer Verbotsmaßnahmen – Trinker und Prostituierte in diesen Fällen – wiederherstellen oder sie zumindest vor allzu großer moralischer Degeneration bewahren zu wollen. Es gibt einen Paternalismus der Mittel und einen der Zwecke. Erster liegt vor, wenn etwa im Fall der Gurtpflicht argumentiert wird, ein Gurt sei ein geeignetes Mittel, den von jedem rationalen Autofahrer anerkannten Wunsch, sicher von A nach B zu kommen, zu gewährleisten. Der zweite Fall liegt vor, wenn Individuen vor ihren eigenen, als irrational betrachteten Zwecken geschützt werden sollen, zum Beispiel Motorradfahrer, die zum Tragen eines Helms auch dann gezwungen werden können, wenn sie sich lieber den Wind durch die Haare wehen lassen würden. [3]

Paternalismus und Gesellschaft

Letztlich stellt sich bei jeder Form des Paternalismus, sei es im privaten oder im öffentlichen Leben, immer die Frage ihrer Legitimität. Manche finden vor allem paternalistische Maßnahmen seitens des Staates problematisch; Paternalismus seitens nichtstaatlicher Organisationen hingegen ist OK – etwa wenn im Ludwigshafener BASF-Stammwerk eine verbindliche Helmpflicht für Fahrradfahrer unter den Mitarbeitern besteht, obwohl der Bundesgerichtshof (BGH) eine solche Mitte des Jahres in einem Urteil verworfen hatte. [4] Selbstverständlich ist es richtig, zwischen dem Paternalismus staatlicher und nichtstaatlicher Akteure zu differenzieren. Der moderne Staat verfügt über ganz andere Machtmittel und Repressionsmöglichkeiten gegenüber den Einzelnen als jeder noch so große multinationale Konzern. Allerdings beeinflusst jede paternalistische Maßnahme – vom räumlich begrenzten Helmverbot in Ludwigshafen bis zur mit polizeilicher Gewalt durchgesetzten Alkoholprohibition in den Vereinigten Staaten zu Beginn des letzten Jahrhunderts – auch das Klima des gesellschaftlichen Zusammenlebens und das Bild der Gesellschaftsmitglieder von sich selbst und ihren Mitmenschen. Es geht hier also nicht nur um die Frage nach einem angemessenen Verhältnis zwischen Bürger und Staat – konkret gesprochen, wie viel Macht staatlichen Instanzen zukommen sollte, einschränkend oder Anreize setzend ins Leben der Bürger einzugreifen – auch wenn das zweifelsohne ein zentraler Aspekt der Paternalismusdebatte ist. Jede paternalistische Maßnahme enthält zudem implizite Urteile darüber, welche Wertschätzung wir dem Wert der persönlichen Autonomie beimessen, welches Maß an Rationalität und Mündigkeit wir uns selbst, aber vor allem unseren Mitmenschen zutrauen, und wie wir das Wohl von Individuen gegenüber ihrem Recht gewichten, eigenverantwortliche Entscheidungen zu treffen. Es geht also zentral um die Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben möchten und nach welchen Prinzipien wir sie einrichten wollen.

Dieser Aspekt wird heute zum Knackpunkt in der ganzen Diskussion: Wenn sich die BASF-Angestellten mit der Helmpflicht auf dem Firmengelände arrangiert haben oder vielleicht auch arrangieren mussten, so hätten sich bei einem anderslautenden BGH-Urteil wohl mit ziemlicher Sicherheit irgendwann auch die allermeisten Deutschen damit arrangiert, beim Fahrradfahren eine unförmige Kopfbedeckung tragen zu müssen – es wäre wohl zumindest niemand deswegen auf die Barrikaden gegangen. An viele kleinere paternalistische Eingriffe gewöhnen sich die Betroffenen irgendwann und es gibt meistens auch eine beachtliche Zahl von Leuten, die sie begrüßen. Prägnantes Beispiel: die Mitte der neunzehnhundertsiebziger Jahre nach großen Kontroversen eingeführte und heute weitestgehend akzeptierte Anschnallpflicht in Autos.

Freiheit stirbt heute scheibchenweise. So mögen viele Einzelmaßnahmen für sich allein betrachtet auch gar nicht weiter schlimm sein, vielleicht ein bisschen lästig oder nervig für die Betroffenen, manchmal aber auch praktisch oder bequem. Es ist die schiere Masse der kleinen Eingriffe in alle möglichen Lebensbereiche, die den Paternalismus zu einem Problem werden lässt, das uns alle angeht und glücklicherweise auch immer mehr Menschen sauer aufstößt, denn vor allem das trübe Menschenbild hinter den Eingriffen rührt an den geistigen Fundamenten einer freien Gesellschaft. Dabei haben sich in den letzten Jahren einige Themengebiete herauskristallisiert, die unter besonders strenger Beobachtung der modernen Paternalisten stehen – sie werden im zweiten und dritten Teil der Serie vorgestellt.

Johannes Richardt ist Redaktionsleiter der Zeitschrift NovoArgumente in der dieser Artikel zuerst erschien.


Anmerkungen:

1 Gerald Dworkin: „Paternalism“, 2014 in: Edward N. Zalta (Hg.): Stanford Encyclopedia of Philosophy.

2 Vgl. John Stuart Mill: Über die Freiheit, 1859.

3 Der Verweis auf die Irrationalität des Wunsches, helmfrei Motorrad zu fahren, wird in der aktuell nach wie vor in einzelnen US-Bundessstaaten geführten Debatte über eine Helmpflicht von den Regulierungsbefürwortern ins Feld geführt. Daneben wird vor allem mit der Social Burden Theory argumentiert, wonach die Allgemeinheit eine Helmpflicht deswegen festlegen darf, weil für helmlos verunglückte Motorradfahrer deutlich höhere Gesundheitskosten anfallen würden, die teilweise von der Allgemeinheit getragen werden müssten. In Texas gilt die Helmpflicht für Erwachsene ab 21 Jahren nicht, wenn der Fahrer eine ausreichende Krankenversicherung oder ein Sicherheitstraining vorweisen kann, wodurch die soziale Last für die Steuerzahler reduziert wird.

4 „Bundesgerichtshof entscheidet: Keine Helmpflicht für Radfahrer“, RP-Online.

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Leserpost

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Markus Weber / 02.12.2014

Sehr geehrter Herr Richardt, ein erfrischender Artikel. Endlich nennt es jemand mal beim Namen. Ich möchte nur drei Bemerkungen beisteuern: 1) Auf einem Internet-Forum las ich neulich den luziden Kommentar (frei wiedergegeben) “..was heisst hier, in einem demokratsichen Staate solle Volkes Wille sich durchsetzen? Wenn man in Deutschland das Volk, also buchstäblich jeden Bürger und Bewohner auf sich allein gestellt eine gemeinsame Gestaltung der Zukunft und Gesellschaft mit gleichem Gewicht zur Verlautbarung zugelassen hätte, dann lebten wir (gemeint: die Deutschen) noch heute gänzlich ohne Staat…” Offenbar braucht es als Initiationsakt für einen Staat so etwas wie Gründerväter - wohlmeinende, weise Paternalisten, die das Vertrauen der Bevölkerung in einer Art Vorschuss geniessen und von ihr Gestaltungsfreiheit übertragen bekommen haben. 2) In der US-amerikanischen Politik-Szene war mal ein gewisser Cass Sunstein schwer angesagt. Er verbreitete mit Erfolg, der Bürger schlechthin bedürfe regelmässig eines “nudges”, einer kleinen Kopfnuss, um das Richtige eher zu tun als das Falsche (von der Regierung Unerwünschte). Er plädierte dafür, der Staat solle mit allerhand zwielichtigem Gewächs und mit grenzwertigen Methoden z.B. die “Truther”-Szene infiltrieren, damit dort nicht so arg die schädlichen Losungen ausgebrütet würden und am Ende noch wegen Popularität Verbreitung fänden. Auf seinen Aufsatz mit A. Vermeulen angesprochen, konnte er sich an diese eine Veröffentlichung nicht mehr erinnern - so viele hat der raus, der Wissenschaftler. Potzblitz! 3) An einer Stelle schildert Alan Sabrosky den Dialog am Army War College mit einem jungen Austausch-Studenten aus Israel. Der habe stolz verkündet: “So nach und nach sitzen unsere Landsleute und ihre Verbündeten in jeder Kammer, in jedem Gremium von Euch ein und üben Kontrolle aus. Darauf sind wir stolz. Halt, nicht böse werden! Es ist doch zu euerm Guten. Versteht das doch!” Man mag wünschen, dass dieser Dialog so nie stattgefunden hätte, gänzlich unwahr oder zumindest bei weitem nicht repräsentativ sei. Wobei: Gönner- und Ziehväter der einzigen verbleibenden Supermacht zu sein, ist natürlich ein ethisch-sozialer Aufstieg - zumal für geflohene Kasachen.

Klaus-Peter Kubiak / 02.12.2014

Ich hatte einige Zeit eine berufliche Flaute (ich bin freiberuflicher Übersetzer), und Mühe, das tägliche Essen auf den Tisch zu kriegen. Die Einführung der gesetzlich vorgeschriebene Krankenkasse, die wir einem ehemaligen Mitglied einer marxistisch-maoistischen Zelle (Ulla Schmidt) und einer Kanzlerin zu verdanken haben, deren Doktorarbeit über die Vorzüge des Sozialismus ich gern einmal lesen würde (zu schade, dass die Arbeit irgenwie verschollen ist !), war für mich ein harter Schlag. Man wollte mir das Haus wegnehmen, das ich von meinen Eltern geerbt hatte. Ich wollte unter gar keinen Umständen zum Sozialamt, und war der Meinung, dass das eine private Sache der Einstellung wäre. Man sagte mir jedoch, dass ich “mich strafbar” machen würde, wenn ich nicht zum Sozialamt gehen würde. Glücklicherweise hat sich meine berufliche Situation dann doch noch verbessert. Aber inzwischen kann man keiner mehr vormachen, dass wir hier in einer Demokratie leben. Deutschland ist inzwischen so links geworden, dass von Demokratie eigentlich nur noch eingeschränkt die Rede sein kann. Dass wir eine “freie Rede” haben, darf uns darüber nicht hinwegtäuschen, denn wenn die Politiker das Gefühl hätten, dass sich dadurch irgendetwas ändern würde, dann hätte man schon längst Gesetze dagegen erlassen.

Matthias Strickling / 02.12.2014

So geht langsam die Freiheit den Bach runter und unsere gesellschaft wird immer sozialistischer. Es gibt einfach zuviele Menschen, welche, wie unser Staat glauben, daß nur der Staat weiss, was für das einzelne Individuum gut ist. So gesehen eine Schrittweise Verdoofung der Menschen. Die Verdoofung wird ja auch in der Schulbildug gefördert: Kinder, welch kaum noch richtige Orthografie lernen, katastrophale Ergebnisse bei Lernstandserhebungen und Schrittweise Senkung des Lernniveaus. Demnächst bekommt man in Deutschland das Abitur, wenn man Lesen und Schreiben kann. Doof macht glücklich. Ein Hoch auf unseren Staat.

Karl Helger / 02.12.2014

Herr Richardt, so sehr ich die FDP auch aus tiefstem Herzen hassen, aber mit dem Impf-Beispiel haben Sie leider ein sehr schlechtes gebracht. Im Gegensatz zu Entscheidungen, die nur mich persönlich betreffen ist die Impfung etwas, das auch meine Umwelt betrifft, die durch mein Nichthandeln zu Schaden kommen kann. Es wäre also vergleichbar nicht mit dem Gurt-Piepsen sondern ohne Bremsen und mit abefahrenen Reifen auf der Autobahn 250 zu fahren - es gibt halt auch noch andere Menschen auf der Strasse, deren Gesundheit bspw. einen Tuev aus liberalen Gründen rechtfertigt. Weiterhin ist die Bezeichnung “paternalistisch” für ein solches Verhalten ziemlich daneben. Nachdem wir mehr und mehr Frauen in die Politik bekommen haben in den letzten Jahren wird unsere Gesellschaft immer totalitärer, daher wäre “maternalistisch” angebrachter.

Marlies Eggerstedt / 02.12.2014

Vater Staat sorgt für seine Kinder und er ist nicht allein. So sorgen sich Parteien, Lobbyistengruppen, Gutmenschen jeder Farbe, Sorte und Art, Vorbeter der gerade angesagten Gesinnung, Ernährungberater und was da noch so kreucht und fleucht. Sie führen uns Unwissende wohlwollend, aber zunehmend bestimmt sich politisch-korrekt und ethisch einwandfrei zu äußern, fair-trade Kaffee zu trinken und grün-vegetarisch-vegan zu essen. Es ist sicher nicht bös gemeint, aber Astrid Lindgren wußte eben nicht, dass das Wort “Negerkönig” ganz, ganz falsch ist und die Hersteller der Negerküsse konnten sich gerade eben noch zu den Schokoküssen retten, bevor sie der Boykott der hochmoralischen Süßigkeitenesser traf. Dabei auch diese belasten verantwortungslos das Gesundheitssystem durch ungesunde, unverantwortliche Essgewohnheiten. Und so geht es weiter und weiter, ein Dominoeffekt. Alle Gebote und Verbote, alle unsichtbaren Gesinnungswegweiser sind ja nur zum Besten des unreifen Bürgers, dessen Erziehung offensichtlich lebenslanger Bemühungen bedarf durch solche, die sich im Besitz des politisch-korrekten, ethisch-einwandfreien Wissens fühlen und dies gerne im vollen Bewußtsein ihrer Wichtigkeit über alle Kanäle und alle Medien verquatschen. Um nicht den Humor zu verlieren, bleibt nur Erich Kästner: Ja die Bösen und Beschränkten sind die Meisten und die Stärkern. Aber spiel nicht den Gekränkten. Bleib am Leben, sie zu ärgern!

Thomas Baader / 02.12.2014

“Ein australisches Gericht zwingt einen Zeugen Jehovas gegen seine religiöse Überzeugung zu einer lebensverlängernden Bluttransfusion. “ Bei diesem Punkt könnte man allerdings darüber streiten, ob es sich um Paternalismus im selben Sinne wie die anderen genannten Beispiele handelt. Hier handelt es sich um eine unmittelbar lebensrettende Maßnahme. Aktuell dazu: In Florida hat ein Gericht entschieden, dass die indianischen Eltern einer (ich glaube) zwölf Jahre alten krebskranken Tochter das Recht haben, ihr Kind aus dem Krankenhaus zu nehmen und einer modernen Krebsbehandlung zu entziehen, um sie statt dessen mit traditioneller Stammesheilkunst zu behandeln. Die Ärze sagen: Mit modernen schulmedizinischen Methoden hätte das Kind eine 90%ige Überlebenschance. Ohne eine solche Behandlung hingegen ist der baldige Tod fast hundertprozentig sicher. Ich kritisiere selbst sehr häufig Paternalismus in verschiedenen Formen. In diesem Fall aber bedeutet das Gegenteil von Paternalismus offenbar auch schon mal, dass ein Gericht ein Kind zum fast sicheren Tod verurteilt.

Julian S. Bielicki / 02.12.2014

Es ist vielmehr ein Maternalismus als ein Paternalismus.

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