Gerd Buurmann / 21.08.2024 / 12:00 / Foto: Montage achgut.com / 13 / Seite ausdrucken

Parteitag der US-Demokraten: Bleibt es friedlich?

Vor genau hundert Jahren fand ein Parteitag der Demokratischen Partei in den USA statt. Der Parteitag der Demokraten von 1924 und der von 2024 zeigen auf erschreckende Weise eine gemeinsame Dimension: den Antisemitismus. 

Der Parteitag der Demokraten von 1924 fand vom 24. Juni bis zum 9. Juli im Madison Square Garden in New York City statt und war der am längsten ununterbrochen laufende Parteitag in der Geschichte der amerikanischen Politik. Es benötigte eine Rekordanzahl von 103 Wahlgängen, um einen Präsidentschaftskandidaten zu nominieren. Es war der erste große Parteikonvent, bei dem eine Frau für das Amt des Vizepräsidenten nominiert wurde. Ihr Name war Lena Springs. Der Außenseiter John W. Davis gewann schließlich die Präsidentschaftsnominierung im 103. Wahlgang als Kompromisskandidat nach einem langen und umkämpften Konvent zwischen den Favoriten William Gibbs McAdoo und Al Smith. Die spätere Wahl zum Präsidenten gewann deutlich der Republikaner Calvin Coolidge.

Während des Parteitags kam es zu mehreren Kontroversen, darunter auch um den Ku-Klux-Klan (KKK), der damals eine prominente Rolle in der Demokratischen Partei spielte. In den 1920er Jahren war der KKK in den USA auf dem Höhepunkt seiner Macht. Der Klan hatte nach dem Ersten Weltkrieg an Popularität gewonnen, da seine Führung Verbindungen zur Verabschiedung des erfolgreichen Alkoholverbotszusatzes zur US-Verfassung hatte. Dies machte den Klan in vielen Regionen der Vereinigten Staaten zu einer politischen Macht.

Der Klan war nicht nur gegen Schwarze, sondern auch gegen Juden, Katholiken, Einwanderer und gegen die Republikanische Partei. Der Klan sah die Republikaner als Bedrohung, weil sie in vielen Fällen für eine stärkere föderale Regierung und Bürgerrechte eintraten, insbesondere auch für Afroamerikaner. Auch im Süden, wo die Demokratische Partei dominierte, wurden Republikaner oft als Gegner der weißen Vorherrschaft angesehen, da die Republikaner unter Präsident Abraham Lincoln für die Abschaffung der Sklaverei gekämpft hatten, während die Demokraten mit dem Präsidenten der konföderierten Südstaaten, Jefferson Davis, für die Beibehaltung der Sklaverei gekämpft hatten.

Gewalttätige Spannungen zwischen Delegierten

Während des Parteitages 1924 gab es heftige Debatten darüber, ob eine Resolution verabschiedet werden sollte, die den Ku-Klux-Klan explizit verurteilte. Die Debatte führte zu teilweise gewalttätigen Spannungen zwischen pro- und anti-Klan-Delegierten. Die Klan-Delegierten widersetzten sich der Nominierung des Gouverneurs von New York, Al Smith, weil Smith ein römischer Katholik und Gegner des Alkoholverbots war. Die meisten unterstützten stattdessen William Gibbs McAdoo. Nicht-Klan-Delegierte, angeführt von Senator Oscar Underwood aus Alabama, versuchten, eine Verurteilung der Organisation wegen ihrer Gewalt in das Programm der Demokratischen Partei aufzunehmen. Der Vorschlag wurde knapp abgelehnt, und das Papier zur Ablehnung des KKK wurde daher nicht in das Programm aufgenommen.

Nicht nur im Parteitag waren Klan-Mitglieder anwesend, auch außerhalb waren Mitglieder des KKK in großer Zahl in New York City versammelt. Sie hielten sogar eine große Kundgebung auf einer Insel in der Nähe der Stadt ab, wo sie Kreuze verbrannten.

Auch im Jahr 2024 gibt es rund um den Parteitag der Demokraten in Chicago Demonstrationen von Menschen, die Mitglieder der Partei sind oder zumindest den Demokraten nahe stehen. Allerdings verbrennen sie keine Kreuze, sondern Fahnen, manchmal die amerikanische, aber etwas öfter die israelische. Zudem verstecken sie ihre Gesichter nicht hinter weißen, spitzen Kapuzen, sondern ab und zu hinter Palästinensertüchern.

Der Parteitag der Demokraten ist 2024 von massiven Demonstrationen überschattet, die sich besonders gegen den Staat Israel richten. Am Montag gab es einen antiisraelischen Protestmarsch, der in unmittelbarer Nähe des United Centers begann, wo Joe Biden in der Nacht seine Rede hielt. Der Parteitag dauert bis Donnerstag, und weitere Protestmärsche sind geplant. Die Veranstalter rechnen mit Zehntausenden von Teilnehmern.

Forderung nach Waffenembargo gegen Israel

Der Druck auf die Demokraten kommt jedoch auch im Jahr 2024 nicht nur von der Straße, sondern ebenfalls von innen. Rund dreißig Delegierte fordern von der Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris ein entschiedeneres Vorgehen und ein Waffenembargo gegen Israel, bis das Land einem Waffenstillstand im Gazastreifen zustimmt. Andernfalls drohen sie, ihre Zustimmung zu verweigern. Diese Forderungen zeigen deutlich die Spaltung der Partei in der Israel-Palästina-Frage. Während das ältere Parteiestablishment tendenziell proisraelisch eingestellt ist, tendiert der jüngere Flügel eher zu einer propalästinensischen Position. Trotz der überwältigenden Begeisterung über die Nominierung von Kamala Harris und ihrem Vizekandidaten Tim Walz droht die Israel-Frage die angestrebte Einigkeit der Demokraten zu erschüttern.

Mit Chicago als Austragungsort des Parteitags hat die Partei eine Hochburg linker Organisationen ausgesucht. Die Stadt wird zudem von einem sehr links stehenden Bürgermeister, Brandon Johnson, regiert. Ein besonders radikaler Teil der Demonstranten plant weitreichende Störungen. Michael Boyte, Anführer der antiimperialistischen Gruppe „Behind Enemy Lines“, bezeichnet den Parteitag als „kriminell und illegitim“ und plant, nicht nur in der Nähe zu protestieren, sondern die Veranstaltung aktiv zu stören. Von vielen Demonstrierenden wird Joe Biden „Genocide Joe“ (Völkermord-Joe) und Kamala Harris „Killer Kamala“ (Mörderin Harris) genannt.

Der Parteitag der Demokraten von 1924 und der von 2024 zeigen auf erschreckende Weise eine gemeinsame Dimension: den Antisemitismus. 1924 erlebte der Parteitag eine tiefgreifende Spaltung, die durch die Präsenz des Ku-Klux-Klans und seine antisemitischen Ansichten verschärft wurde. Der Klan, der gegen Juden und andere Minderheiten hetzte, beeinflusste die politische Atmosphäre und die internen Konflikte der Partei maßgeblich.

Ein Jahrhundert später, im Jahr 2024, ist der Parteitag erneut von internen Spannungen geprägt, diesmal durch Proteste gegen den jüdischen Staat Israel. Hinter der Forderung der Demonstranten nach einer harten Haltung gegen Israel verbirgt sich nicht selten tiefer Judenhass.

Ob der Parteitag von 2024 ebenfalls eskalieren wird, bleibt abzuwarten.

 

Gerd Buurmann. Als Theatermensch spielt, schreibt und inszeniert Gerd Buurmann in diversen freien Theatern von Köln bis Berlin. Er ist Schauspieler, Stand-Up Comedian und Kabarettist.  Im Jahr 2007 erfand er die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Mit seinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und den von ihm entwickelten Begriffen des „Nathan-Komplex“ und des „Loreley-Komplex“ ist er in ganz Deutschland unterwegs. Seit April 2022 moderiert er den Podcast „Indubio“ der Achse des Guten. Sein Lebensmotto hat er von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!“

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Karl-Heinz Vonderstein / 21.08.2024

Ich finde, Kamala Harris ist eine nichtssagende Politikerin. Trotzdem wollen angeblich mehr als Dreiviertel der Deutschen sie lieber als neuer US-Präsident als Trump. Wo machen die immer solche Umfragen? In Hochburgen der Grünen?

Karl-Heinz Vonderstein / 21.08.2024

In der ntv Sendung von Beisenherz war letztens Jens Spahn zu Gast. Eine anwesende Journalistin konnte nicht verstehen, warum Politiker von der CDU Kontakte zu Politikern der Republikaner haben. Die war bestimmt eine Grünen Anhängerin.

Gerd Buurmann / 21.08.2024

Lieber Herr Driesel, Der Artikel, auf den Sie sich beziehen, ist vermutlich dieser hier: https://chicagoreader.com/news-politics/in-1939-nazis-rallied-in-chicago-to-make-germany-great-again/ Der Artikel aus der *Chicago Reader* beschreibt eine Nazi-Kundgebung, die 1939 im Chicago Pavilion stattfand. Der Ausdruck “Make Germany great again” war jedoch kein zentraler oder öffentlich verwendeter Slogan bei der dort beschriebenen Veranstaltung. Die Überschrift des Artikels zieht vielmehr eine provokative Parallele zwischen dieser historischen Veranstaltung und moderneren politischen Slogans wie “Make America Great Again”, um eine thematische Ähnlichkeit zu betonen. Es gibt jedoch keine historischen Belege dafür, dass “Make Germany great again” bei der Kundgebung 1939 tatsächlich verwendet wurde.

Franz Klar / 21.08.2024

@Gerd Buurmann : ” ...die Fahnen, die sie verbrennen, selbst gekauft und bezahlt haben und durch das Verbrennen niemanden gefährden, ist das alles eine Meinungsäußerung” . Ja , aber : “Wer nur einen Verbrennungsvorgang unterläßt , rettet das ganze Weltklima ! ” sei die Maxime unserer Zeit .  Kompostieren ist hier das mildere Mittel der Wahl !

Peter Petronius / 21.08.2024

Herr Buurmann, Sie erinnern mich (inzwischen) an Brian Griffin, den sprechenden, auf zwei Beinen gehenden Hund der Familie Griffin in der TV-Serie “Family Guy”. Brian ist sehr intelligent (Mitglied der MENSA, Club der Hochbegabten) und gebildet (Literatur und Musik, Opern sowie Jazz), zuweilen dem Alkohohl zugeneigt (Martini trocken), gelegentlich depressiv und ein Hardcore Liberal in allen Bereichen. In der Episode “Excellence In Broadcasting” (FOX 03.10.2010) will er dem erzkonservativen Radiomoderator Rush Limbaugh (1951-2021, er nannte 2007 Obama einen “Magic Negro”) bei einer Signierstunde mal so richtig die Meinung geigen. Aber Limbaugh ist sehr freundlich zu Brian, springt diesem schlagkräftig bei, als er von einer Straßengang überfallen wird. Brian liest Limbaughs Buch und mutiert vom Hardcore Liberal zum Hardcore Erzkonservativen. Limbaugh nimmt dies zunächst mit Begeisterung wahr, sagt Brian dann aber, daß er nach wie vor ein Hardcore Liberal ist, da er aggressiv wie diese gegen Andersdenkende vorgeht. Mh, das scheint wohl das Schicksal von Konvertiten zu sein ..., der Welt und sich selbst zu beweisen, daß man sich geändert habe, obwohl dies nicht stimmt. Vergleiche zu Wolf Biermann möglich.

Peter Petronius / 21.08.2024

Zum Kuckuck nochmal, was erlauben Demokraten?! Jetzt haben die Ku-Klux-Klan Demokraten doch glatt eine farbige Frau(!) zur Kandidatin gemacht, nochdem sie bereits eine farbigen Mann ins Weiße Haus wählen ließen, sogar zwei Mal, diese Wiederholungstäter. “Obama und Harris, alles Kuckukskinder, nur Camouflage”, sagt sich ein in Köln weltweit bekannter Stand Up Comedian. ... das Ganze noch mit einem unausgesprochenen “sind nicht uneingeschränkt für Israel, sind Antisemiten” zu garnieren, schwach, ganz schwach. PS: Kennedy war der erste Katholik im Weißen Haus.

Helmut Driesel / 21.08.2024

  Im selben Chicago, so habe ich gerade gelesen, fand am 18 Juni 1939 eine Kundgebung vor Tausenden naziaffinen Zuhörern statt mit dem Leitspruch: “Make Germany great again!” Da hatte der Donald Trump wahrscheinlich mal eine alte Zeitung gefunden. Als Jahrgang 46 natürlich völlig unbelastet.

Lutz Herrmann / 21.08.2024

Genau da gehört der Klingbeil hin. Zwischen die Judenhasser und Abtreibungsförderer der Democrats.

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