Henryk M. Broder / 28.01.2019 / 12:00 / Foto: Thomas Edwards / 38 / Seite ausdrucken

Paritätischer Deutscher Bundestag

Alle Jahre wieder kommt ein Politiker daher und fordert eine Änderung des Wahlrechts. Mal geht es um Wahlgerechtigkeit, mal um Inklusion und immer darum, mehr Wähler und Stimmen zu mobilisieren.

Eine überparteiliche Initiative von Grünen, Sozial- und Christdemokraten machte vor Jahren den Anfang: Jedes Kind sollte von Geburt an ein Wahlrecht haben, das von den Eltern treuhänderisch ausgeübt würde, bis das „Kind“ 18 wird. Die ehemalige Familienministerin Manuela Schwesig schlug die Einführung eines „Familienwahlrechts“ vor, bei dem „ein Elternteil pro Kind eine zusätzliche Stimme“ bekäme. Ein Ehepaar mit drei Kindern hätte dann fünf Stimmen.

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Burkhard Lischka, fand, es sei „höchste Zeit, dass auch Menschen mit geistiger Behinderung wählen können“. Denn: „Wählen ist ein Grundrecht“, das auch Menschen, die eine „Vollbetreuung“ brauchen, nicht vorenthalten werden dürfe.

Zuletzt hat, anlässlich der 100. Jahrestages der Einführung des Frauenwahlrechts, der Volljurist und stellvertretende Präsident des Bundestages, Thomas Oppermann, SPD, gefordert, die Zahl der Wahlkreise sollte verkleinert und in jedem Wahlkreis ein Mann und eine Frau direkt gewählt werden.  

Heute Mann und morgen Frau

Der Vorschlag ist hilfreich, aber noch nicht ausgereift. „Mann“ und „Frau“ sind, wie wir inzwischen wissen, keine biologischen Tatsachen, sondern soziale Konstrukte. Und zwischen Mann und Frau gibt es inzwischen mindestens 70 Gender-Optionen, eine davon heißt „gender-fluid“ und bedeutet, dass man und frau täglich neu entscheiden kann, ob er bzw. sie ein Mann oder eine Frau sein will.  

Hinzu kommt: Im Bundestag sitzen nicht nur Männer und Frauen, sondern auch Christen und Atheisten, Muslime und Juden, Buddhisten und Zarathustrier, Vegetarier und Karnivoren, Menschen mit Laktoseintoleranz und Glutenunverträglichkeit, Raucher und Nichtraucher, Alkoholiker und Abstinenzler, Radfahrer und Petrolheads, Menschen mit und ohne Migrationshintergrund – und jede dieser Gruppen hätte einen Anspruch darauf, paritätisch im Bundestag vertreten zu sein.

Es würde die Debattenkultur enorm beleben. Nur müsste das Hohe Haus umbenannt werden: in Deutscher Paritätischer Bundestag.

Zuerst erschienen in der Zürcher Weltwoche

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Leserpost

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Dirk Jürgens / 28.01.2019

Bei soviel Parität hilft nur ein: Einheitsliste mit Blockparteien. Wahlkabinen können dann auch abgeschafft werden. Wer so doof ist und “Nein” ankreuzt, wird nach Bautzen deportiert und muss 24 Stunden am Tag Claus Kleber gucken. In der Volkskammer sitzt dann Dunya Halali neben Boris Becker.

S. Salochin / 28.01.2019

Sie haben Zombies vergessen, Herr Broder. Ich trete entschieden dafür ein, dass ebenso Vampire, Wiedergänger und Schlossgeister ein Wahlrecht und einen Kandidaten bekommen. Untote, Hui-Buh, das Schlossgespenst und Blutsauger würden ihren Job im Parlament jedenfalls besser erledigen als die humanoiden Politklone von der SPD-Wega.

Thomas Gruber / 28.01.2019

Menschen mit einer geistigen Behinderung sollten durchaus wählen dürfen, sie sind ja auch wählbar.

H.Roth / 28.01.2019

Es wundert mich, dass es noch keine explizite Feministinnenpartei gibt. Es gibt ja auch eine Tierschutzpartei und eine Rentnerpartei. Von mir aus kann sich jede Interessengruppe als Partei aufstellen. Und den Rest überlässt man dem Wähler. Ich habe schon immer nach Inhalten gewählt, ohne Rücksicht auf Aussehen oder Geschlecht des Abgeordneten. Es wundert mich nicht,  dass so ein Vorschlag von einer Partei kommt, der es an Inhalt mangelt wie nie zuvor.

Wilfried Paffendorf / 28.01.2019

Sie haben das Dran und das Reib vergessen (Stanislaw Lem, Sterntagebücher, 21. Reise)

ulix vanraudt / 28.01.2019

Lieber herr broder, ein Deutscher Paritätischer Bundestag ist Illusion. was wenn sie ihre geburtstagstore 2019 alleine essen? und sie ein bisserl zunehmen? furchtbar, wenn dann die bmi-parität aufgehoben würde ... bleiben dann nur neuwahlen?!? besser wäre es doch, das dilemma dadurch zu beheben, dass alle deutschen mitglieder des bundestags werden. mfg

Thomas Bonin / 28.01.2019

Herr Oppermann kann hier ein Zeichen setzen, sprich, mit gutem Beispiel vorangehen: Geschlechtsumwandlungen sind ja beileibe kein Tabu-Thema mehr. Als Langzeit-Privatversicherter dürfte seine Kasse sicher mit sich reden lassen. Sobald das Schule macht, hat sich das Problem erledigt. Kommen dann noch die zu erwartenden Geburtenzuwächse (nicht nur aus der augenscheinlich wachsenden Gruppe des alteingesessenen hiesigen Prekariats) hinzu - wie es kritisch eingestellte Fachkundige vorausgerechnet haben wollen - kann das System allerdings wieder kippen. Macht aber nix, dann treten halt Gleichstellungsbeauftragte zur Wahrung spezifisch männlicher Belange (im Rahmen einer sodann verifizierten Opfergruppen-Bestimmung) auf den Plan.

M.Braun / 28.01.2019

@Klaus Schmid / 28.01.2019 “Nach Darwin müssen die Deutschen aussterben - mit soviel Blödheit kann ein Volk nicht überleben.! Bingo!

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