Manfred Haferburg / 02.12.2018 / 15:05 / Foto: Pixabay / 44 / Seite ausdrucken

Paris ohne Worte – und bitte keine Verschwörungstheorien

Für mich ist Paris die schönste Stadt der Welt. Aber Schönheit entsteht bekanntlich im Auge des Betrachters. Und ich liebe Paris, eben weil es für mich so schön ist. Was ich heute nach der gestrigen Randale der Casseurs sehen musste, macht mich sprachlos. Mir fehlen einfach die Worte.

Gleich vorweg ein paar Worte zu den Verschwörungstheorien, die unweigerlich nach solchen Ereignissen hochkochen. Ich glaube nicht, dass Macron die Randalierer losgeschickt hat, um die Gilets Jaunes zu desavouieren. Das braucht er gar nicht, das wissen die ganz von alleine. Und ich habe gesehen, dass die Polizei sie keineswegs gewähren ließ. Nur hatten die CRS-Polizisten der hochmobilen Guerilla-Taktik der vielen Randalierer-Kleingruppen praktisch nichts entgegenzusetzen.

Die Chaoten tobten sich in den vielen Seitenstraßen aus, die zum Arc de Triomphe führen. Sie tarnten sich mit gelben Westen. Und die Polizei muss zum Eigenschutz zugweise agieren. So können drei Randalierer zwanzig Polizeikräfte binden. Die CRS tat erfolgreich ihr Bestes, meine Hochachtung vor diesen Frauen und Männern. 260 Verhaftungen sprechen für sich.

Die Felder der Seligen – Champs-Elysées – blieben diesmal völlig verschont. Dafür wurde ein Nationalsymbol Frankreichs, das 1836 errichtetes Denkmal am Place Charles-de-Gaulle in Paris schwer beschädigt. Er gehört zu den Wahrzeichen der Metropole. Unter dem Bogen liegt das Grabmal des unbekannten Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg mit der Ewigen Flamme, im Französischen Flamme du Souvenir (dt. Flamme der Erinnerung) genannt, im Gedenken an die Toten, die nie identifiziert wurden. Der Arc ist schwierig zu schützen, weil der Platz so riesig ist und 12 Prachtstraßen auf den Platz münden. So konnten Chaoten immer wieder durch die Polizeiabsperrungen gelangen. Dazu ist zu bemerken, dass auch die Chaoten sehr strategisch und „professionell“ vorgingen.

Die Schändung des Nationalsymbols 

Der ganze Sockelbereich des Triumphbogens wurde „getagt“, das heißt, mit Losungen besprüht. „Macron verschwinde“, „Antifa“, „ACAB“, „Gelbwesten Triumpf“, „Nieder mit dem System“ und vieles andere mehr. Einer der gigantischen Reliefstatuen wurde das Gesicht weggeschlagen und ich meine, dass eine Gruppe durch dieses Loch ins Innere vorgedrungen ist. Hier verwüsteten sie das Besucherzentrum auf unvorstellbare Weise, bevor sie aufs Dach vordrangen. Ich hoffe, dass wenigstens diese Verbrecher gefasst wurden. Die Reinigungsarbeiten der „Tags“ haben begonnen, werden aber mehrere Tage anhalten. 

Die Casseurs wollten auch das Grabmal des unbekannten Soldaten schänden, wurden aber von einer Gruppe der Gelbwesten mit Hilfe der Polizei daran gehindert. Die Leute mit den gelben Westen und ein Zug CRS bildeten mit ihren Körpern eine Barriere um das Geländer, so dass die Casseurs nicht an die Ewige Flamme gelangen konnten. Die paar Flaschen, die den Bronzesockel trafen, waren schnell weggeräumt. Die Schändung ihres Nationalsymbols trifft den Nationalstolz der Franzosen hart und wird ein Nachspiel haben.

Die schönen, drei Meter hohen Gusseisenzäune der Gebäude rund um den Etoile sind fast alle umgerissen und demoliert. Ich hätte geglaubt, dass es dazu mindestens eines Traktors bedarf, weil sie so massiv sind. Das zeigt aber, wie „professionell“ die Vandalen gewütet haben.

Am Übelsten hat es die Avenue Kleber und die Avenue Grande Armée getroffen. Halb Paris ist auf den Beinen, um sich diese Verwüstung anzusehen. Hier sieht es aus, wie nach einem Bürgerkrieg. Dutzende Autos und zig Motorroller verbrannt oder vandalisiert, dutzende Scheiben von Geschäften eingeschlagen, die Geschäfte geplündert oder demoliert. Die Casseurs machten keine Unterschiede. Ob Brasserie, Apotheke, Weinhandlung, Bank, oder Versicherung: die bruchsicheren drei Zentimeter dicken Verbundglasscheiben eingeschlagen oder mitsamt Rahmen herausgerissen. Ich warf einen Blick in die Räume einer betroffenen Versicherung – eine unvorstellbare Verwüstung. 

Existenzen wurden vernichtet

Mehrere Bankomaten wurden aus den Wänden gerissen und völlig demoliert. Keine Bushaltestelle, in der nicht die Scheiben eingeschlagen wurden, kaum ein Verkehrszeichen, das noch steht. Ein Absperrgitter aus dreißig Millimeter Vierkantstahl wurde fünffach abgesägt! Die Fensterscheiben der Anwohner in den darüber liegenden Stockwerken der haussmannischen Häuser eingeworfen, die Sandsteinwände besprüht. Der häufigste Tag war übrigens „ACAB“. Und ich weigere mich hier aus Respekt vor den CRS-Polizisten, dies auszuschreiben.

Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie es sich für den Inhaber eines kleinen Geschäftes anfühlt, seine Existenzgrundlage auf diese Weise verwüstet zu sehen. Macron hat recht, wenn er sagt, dass er friedliche Proteste versteht, aber diese Gewalt absolut inakzeptabel ist. Ich habe ein Interview mit dem französischen Innenminister Castaner gesehen, in welchem er die Gewalt auf das Schärfste verurteilte und sagte, dass diese Gewalt mit dem Protest der Gilets Jaunes nicht das Geringste zu tun hätte. Kein französischer Politiker ist so dumm, dass er die Gewaltausbrüche durch die Casseurs dazu instrumentalisieren würde, die politischen Gegner zu diffamieren, wenn er weiß, dass er damit gleichzeitig 75 Prozent seiner Bevölkerung vor den Kopf stößt. 

Foto: Pixabay

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Thomas Weidner / 02.12.2018

Herr Haferburg - Stichwort “Verschwörungstheorien”: Jetzt schütten Sie aber nicht das Kind mit dem Bade aus! Wie “Erkenntnis” funktioniert, sollten Sie aber doch wissen. Man stellt eine Theorie bzw. Arbeitshypothese auf - und versucht sie zu verifizieren. Und andere Menschen, welche ebenfalls an “Erkenntnis” interessiert sind, jedoch eine gegenteilige Meinung haben, versuchen die Arbeitshypothese zu falsifizieren. Wenn man aber schon von Anfang an keine Theorie aufstellen darf - kann wird es kaum noch Erkenntnis geben. Wollen Sie - wollen wir das? Oder ganz konkret: Wer hätte vor 15 Jahren gedacht, dass eine deutsche Regierung das eigene Land an eine diffuse, wie immer geartete “globale Welt” verschachert? Absolut jeden, der nach D kommen möchte, willkommen heißt und ihn auch gleich mit der deutschen Grund-voll-versorgung pampert - selbst wenn dieser Mensch nicht im Traum daran denkt, sich an irgendwelche deutsche Spielregeln zu halten? Dass diese Menschen in ca. fünf Jahren das Wahlrecht haben werden? Dass es in einigen von Europas Städten Gebiete gibt, die man als “exterritorial” bezeichnen muss, weil das jeweilige Landesrecht dort nicht mehr durchgesetzt werden KANN? Achtung - Verschwörungstheorie!

Uta-Marie Assmann / 02.12.2018

Kleine Korrektur am Rande: als Wahlfranzose wissen Sie, Monsieur Haferburg, doch sicher, dass es die giletS (plural)  jaunes sind. Ihre Auffassung, dass es hier keine Instrumentalisierung der Krawalle gibt, teile ich nur sehr bedingt. Haben Sie schon vergessen, was Macron nach dem vergangenen Wochenende sagte ? Das wird er jetzt kaum wiederholen, nachdem es zu offensichtlich ist, woher genau die Gewalt kam : ganz sicher nicht von den gilets jaunes !

Dragan Isakovic / 02.12.2018

Da braucht es keine Spekulationen auf Basis tagespolitischer Ereignisse. Es reicht ein Blick nach Brasilien oder vergangene Aufstände in den Banlieus. Wer sich Favelas leistet, der muss Militär einsetzen damit die Stadtzentren bei Großdemonstrationen der Bürgerlichen nicht von der organisierten Kriminalität mit ihren Schläger- und Plündertrupps überrollt werden. Das letztere sich für Kommunisten/Antifa halten, ist auch nichts neues. Nun haben die Banlieus/Migrantenmillieu zusammen mit Pseudolinken eine Größe erreicht, das Frankreich das Problem nicht mehr verstecken kann. Selbstverständlich sind alle Symbole nationaler Souveränität und Geschichte diesem verhasst, die Polizei ist der natürliche Feind jeder kriminellen Organisation. Man ist gut vernetzt, flexibel und hat Informanten in der Verwaltung. Deutschland kommt da auch noch hin. Hamburg und Kölln waren nur erste isolierte Ereignisse. Die Antifa wird den Schulterschluss mit allen radikalen Kräften suchen, welche den Staat zu schwächen gedenken und immer härter und besser organisiert zuschlagen, man wird Frankreich in dieser Entwicklung bald ein holen. Sobald der Sozialstaat auch hier abgeschmolzen werden muss, dürfte es los gehen.

Rolf Menzen / 02.12.2018

Wieder lauter Besserwisser hier. Herr Haferburg als Augenzeuge und Anwohner wird wohl ein wenig mehr Einblick in die Vorgänge haben als all die Sofaexperten.

jogi alb / 02.12.2018

Ruptly-TV hat gestern live “von der Front” berichtet,mehrere Stunden. Man hat die Kriminellen mehr gewähren lassen , als es für eine organisierte, erfahrene Einsatzleitung möglich ist. Man hat die Antifaschisten und Co. die Autos wenige Meter entfernt abfackeln lassen und zugesehen, wie Geschäfte geplündert wurden. Habe einige Screenhots der Übertragung gemacht. Das war Passivität pur. Die Kriminellen hatten ihren Spass und Macron einen Gefallen getan, so dumm sind Linken,weil die echten Gelbwesten unterwandert wurden.

Brigitte Brils / 02.12.2018

Es ist anscheinend in Westeuropa kein Protest auf den Straßen mehr möglich, ohne das linke Chaoten und bunte Vorortler plündernd an ihr Zerstörungswerk gehen. Nein, ganz so plump wie “unsere” sind französische Politiker nicht, sie werden eine so breit aufgestellte Bewegung wie die Gelben Westen nicht gegen das bessere Wissen des Volkes diffamieren. Aber trotzdem: Wird der Ausnahmezustand nicht gerade den Protest des französischen Volkes treffen?

Andre Hartmann / 02.12.2018

Sehr geehrter Herr Haferburg, es mag sein das man in Frankreich diese Gewaltausbrüche nicht dazu verwendet um die Gelbwesten zu diskreditieren, in Deutschland tut man es aber bereits. Auf dem Online-Portal des Focus finden Sie die Schlagzeile “Hier verwüsten Gelbwesten das Herz von Paris”. Die Ereignisse kommen den “derzeit Regierenden” wohl auch sehr zupass. Cui bono?

Nathalie Nev / 02.12.2018

Emmanuel Macron hat diese Bewegung der (richtigen) gilets jaunes zuerst mit Verachtung gestraft und dann versucht sie zu diabolisieren. Selbst Politiker haben ihn gewarnt. Zwischen 60 und 70 Prozent des Kraftstoffpreises wandert in die Taschen der Regierung. Bis jetzt ist Macron nicht von der neuen Preissteigerung ab Januar 19 zurueckgetreten. Momentan laufen endlich Verhandlungen an.

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