Manfred Haferburg / 11.11.2018 / 15:15 / Foto: Bundesheer Fotos / 31 / Seite ausdrucken

Paris am 11.11. um 11:11 Uhr

Der Waffenstillstand, der das sinnlose Menschenschlachten des Stellungskrieges an der Somme beendete, wurde in Compiègne in einem komfortablen Speisewagen von den Generälen unterzeichnet, die dem Horror über lange Zeit aus sicherer Entfernung zugesehen hatten. Die Unterzeichnung erfolgte am 11.11.1918, genau um 11:00 Uhr.

Heute kamen fast 70 Staatschefs unter dem Arc de Triomphe im Zentrum von Paris zusammen, um sich 100 Jahre nach dem Verbrechen im Namen des Krieges gegenseitig zu versichern, dass dies nie wieder geschehen dürfe. Den genauen Zeitpunkt des Jubiläums hatten die Staatsvertreter verpasst – ihr Bus kam wenige Minuten zu spät. Der Waffenstillstand war 1918 um 11:00 Uhr in Kraft getreten. Nur Trump und Putin trafen separat zu der Feier ein.

Um 11:11 regnete es in Strömen. Eine Rotte Mirage-Jagdflugzeuge qualmte im Tiefflug die Trikolore in den Regenhimmel, mehr gab es nicht zu sehen. Die Politiker saßen fernab und unerreichbar unter eigens dazu aufgestellten Dächern. Angela Merkel durfte neben Macron und musste neben Trump sitzen – welch feinsinnige Disziplinarmaßnahme – das Bild sagt alles.

Die Pariser Bürger, die sich das Spektakel ansehen wollten – einige hatten sich zur Feier des Tages rührend in Kostüme des Jahres 1918 gekleidet – wurden bitter enttäuscht, weil es nichts weiter zu sehen gab als ein paar von Polizeifahrzeugen verdeckte Großbildschirme und massive Rückwände von Ehrentribünen. 

Um den Arc de Triomphe eine echte no-go-area

Die Schutzzone um den Arc de Triomphe, eine echte no-go-area, betrug mehr als 300 Meter, bis zu der Rue Tilsit. Ein Vordringen für Fußgänger auf die Champs-Elysées war nicht möglich. Noch nie habe ich den Arc de Triomphe Bereich so menschenleer gesehen. Alle 12 Straßen, die zum Triumphbogen führen, waren von ihrem Anfang mindestens 500 Meter für Fahrzeuge gesperrt. Ein Heer von schwerbewaffneten Gendarmen mit Maschinenpistolen im Anschlag bildete einen hermetischen Kordon um den Ort des Geschehens. Einige Prachtstraßen, wie die Avenue Wagram, durfte man nicht mal außerhalb dieses Schutzkreises überqueren. 

Hinter den Metallabsperrzäunen standen in Richtung des Ereignisses große Mannschaftswagen der Gendarmerie quer auf den Straßen und nahmen jede Sicht, auch auf die Bildschirme. Sie sollten womöglich eindringende Lastwagen stoppen. Noch nicht einmal die Tribünen konnten die Bürger sehen. Ich fragte einen der schicken Gendarmen in Ritterrüstung, für wen denn das Spektakel sei? Charmant und diplomatisch antwortete er: „Das können Sie sich doch wohl denken, Monsieur“. 

Habe ich nicht erst letzte Woche eine wissenschaftliche Studie gesehen, nach der das Sicherheitsgefühl der Bürger so gut wie noch nie war? Diese Aussage gilt jedenfalls offenbar nicht für die versammelte Politikelite der Welt. 

Es bleibt auch nach 100 Jahren dabei: Generäle sterben nicht in der Schlacht. Und Politiker auch nicht.

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Karl Johnson / 11.11.2018

“Es bleibt auch nach 100 Jahren dabei: Generäle sterben nicht in der Schlacht. Und Politiker auch nicht.” Im Verlauf des 2. Weltkrieges ist eine 4 stellige Zahl deutscher Generäle gestorben. Bei den Russen wird es nicht anders gewesen sein. Die meisten Generäle sitzen nun mal nicht im Führerbunker und stellen darüber hinaus ein begehrtes Ziel dar.

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