Papst Franziskus und der Sozialismus

Seit März 2013 ist der Argentinier Jorge Mario Bergoglio Bischof von Rom. Der Jesuit ist anders als viele seiner Vorgänger. Schon in der Wahl seines päpstlichen Namens Franziskus kommt dies zum Ausdruck. Der Asket aus Buenos Aires verehrt den Bettelmönch Franz von Assisi. Mit seiner von Demut geprägten Amtsführung und dem Verzicht auf jedweden Prunk hat er sich viele Sympathien erworben. So bewundernswert sein Eintreten für die Ärmsten der Welt ist, sorgt Papst Franziskus mit seiner tiefen Verachtung für die Marktwirtschaft allerdings auch immer wieder für Irritationen. Sein ökonomisches Weltbild ist schlicht: Der Ursprung allen Leids ist der Kapitalismus.

Dass die entbehrungsreiche Zeit im bettelarmen Argentinien diese Haltung geformt hat, mag als Begründung dienen, doch nicht als Rechtfertigung. Denn so einfach, wie die krude Sicht des Pontifex Maximus es suggeriert, ist es bei weitem nicht. Nun hat Franziskus einmal mehr nachgelegt: In seiner vor kurzem vorgestellten Enzyklika geißelt der Kapitalismushasser das Streben nach Geld und Profit. Doch so recht er dort hat, wo kapitalistische Exzesse der Gesellschaft schaden, so falsch liegt er grundsätzlich. Denn das Streben nach mehr ist die Triebfeder allen Fortschritts und die Grundlage für den erfolgreichen Kampf gegen Armut und Hunger.

Ein Blick in jene Länder, die konsequent auf den Sozialismus setzen, führt uns seit Generationen vor Augen, dass es zur Marktwirtschaft keine Alternative gibt, will man möglichst vielen der mehr als acht Milliarden Menschen die Chance auf eine lebenswerte Zukunft erhalten. Dass der Papst dies leugnet, ist alarmierend, weil seine Autorität dort besonders groß ist, wo sozialistische Ideologien ohnehin auf fruchtbaren Boden fallen.

Hoffnung nur durch unternehmerisches Gewinnstreben

Gerade in Zeiten einer weltweit ausgerufenen Pandemie bräuchte es ein Kirchenoberhaupt, das den 1,3 Milliarden Gläubigen, die vielfach in Schwellen- und Entwicklungsländern leben, erklärt, dass der Weg in ein besseres Leben nur über Marktwirtschaft, Privateigentum und Wettbewerb führt, und die Lösung nicht in staatlichen Allmachtsphantasien, der Entmündigung der Bürger oder sozialistischer Leistungsfeindlichkeit liegt. „Diese Wirtschaft tötet“, hatte Franziskus über den Kapitalismus kurz nach seiner Amtseinführung einmal gesagt. Die Zuspitzung war dem Nachbeben der Weltfinanzkrise geschuldet. Heute wiederholt er dies glücklicherweise nicht mehr. Doch an seiner Haltung hat sich nichts geändert.

Dabei gäbe es in Corona-Zeiten auch für ökonomische Laien Anschauungsbeispiele genug, um zu belegen, dass erst durch unternehmerisches Gewinnstreben Hoffnung keimen kann. Nie zuvor ist so viel Geld in Forschung und Entwicklung geflossen, niemals haben so viele Firmen gleichzeitig an einem Virus geforscht, um wirksame Medikamente oder einen Impfstoff zu finden. Ganz gleich, wie man zu alledem steht, ob man die Aktivitäten für Hysterie hält oder für Profitgier, zeigen sie doch eines: Nur dort, wo sich der Einzelne etwas von seinem Engagement versprechen kann, geht es voran. Es ist richtig, dass der Papst mehr Solidarität und Nächstenliebe einfordert. Eine aus den Fugen geratene Welt braucht dies mehr denn je. Den Ausweg aus den vielen Krisen, Ungerechtigkeiten und Konflikten unserer Tage aber in sozialistischen Heilsversprechen zu suchen, ist geschichtsvergessen und ausgesprochen gefährlich.

Gelegenheit zu einem wichtigen gesellschaftlichen Impuls

Selbst aus dem Umfeld des Papstes wird deutliche Kritik laut. Und nicht nur in Deutschland sorgen seine Worte für Kopfschütteln bei Ökonomen. Wer den Kapitalismus als „Krankheit“ sieht, statt zu erkennen, dass erst der medizinische und technologische Fortschritt, den es ohne freie Märkte nicht gäbe, die Heilung von Krankheiten ermöglicht, fällt in die finsteren Zeiten vor der Aufklärung zurück, in denen die fatalistische Losung, man dürfe Gott nicht ins Handwerk pfuschen, so viel Leid und Tod über die Menschen gebracht hat.

Die Enzyklika des Papstes enthält viel Wahres und spricht wichtige Themenfelder an. In der Verknüpfung aller Ungerechtigkeiten und Probleme mit der Marktwirtschaft vergibt Franziskus aber die große Gelegenheit zu einem wichtigen gesellschaftlichen Impuls. Statt Ansätze zu Reformen aufzuzeigen, um eine in Teilen außer Kontrolle geratene Globalisierung wieder aufs richtige Gleis zu setzen, statt Regierungshandeln anzuprangern, das demokratische Prinzipien aushebelt und damit erst Auswüchse ermöglicht, wie sie etwa zur Finanzkrise geführt haben, statt Mut zu machen, dass das individuelle Streben nach wirtschaftlicher Verbesserung uns aus der Krise führen kann, beschränkt sich der Papst auf eine Hassschrift, die alle Erfolge negiert, die erst durch die soziale Marktwirtschaft möglich wurden.

Sozialistische Systeme schaffen Armut und Unfreiheit. Dies sollte einem 84-Jährigen auch in den von der Welt abgeschirmten Gemächern des Petersdoms nicht verborgen geblieben sein. Es ist eine verstörende Erkenntnis, dass sich der Papst an die Spitze derer setzt, die in teils wohlfeilen Gewändern einen weltweiten Systemumsturz erzwingen wollen. Selten war die Katholische Kirche weiter weg von ihren eigenen Idealen.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Ramin Peymanis Blog Liberale Warte.

Foto: www.die-linke-rlp.de

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Ulla Schneider / 16.10.2020

@Julian Schneider: Hallo. Sie haben die,von Ihnen in Klammern gesetzten,Sätze nicht verstanden.  Die Interpretationen, wie auch Bedeutungen sind andere. Schauen Sie mal nach. Auch der Nazarener hat sich nicht alles gefallen lassen….... Mit Verlaub, ich denke, dass diese Sätze absichtlich widersprüchlich gehalten wurden, zum Wohle der Priesterschaft.

Ulla Schneider / 16.10.2020

Es gibt nicht nur genommene ” Werte”, es gibt viele gegebene ” Werte”. Grund und Boden ist häufig vererbt. In Italien sind die Ländereien zu pachten, oft für ein kleines Geld auf Lebenszeit. Hier bekommt man dafür nicht einmal 20 Qadratmeter zum bauen. - Die evang. Kirche hat mehr Besitztum in Deutschland als die katholische Kirche. Die evang. Kirche ist nicht weniger beteiligt an den Missbräuchen. Und keinen Deut besser, im Gegenteil. Sie arbeitet mit der Angst! Ich kann hier nicht 2 tausend Jahre Kirchentum des Bodenpersonals aufrechnen. Wesentlich ist, dass Franziskus den Nazarener nicht verteidigt. Er macht den Weg frei für die die da kommen.  Ist der Vatikan weg, sind sie noch schneller da. Also Vorsicht, die christl.jüd. Werte sind unser Erbe. Bedenken Sie, dass kath. Schulen und Kindergärten wahrscheinlich der letzte Bildungsort bleiben werden.

Andreas Rochow / 16.10.2020

Umverteilung bis alle gleich arm, gleich unfrei und gleich unglücklich sind! Wohin wollen sich die Oligarchen absetzen, wenn ihr Werk vollbracht ist? Ist das der Grund, weswegen Elon Musk von Merkel einen Umverteilungsraum im schönen Brandenburg geschenkt hat? Gesegnet sei die sozialistische Weltrevolution und der Sozialneid der ausschließlich Nehmenden. Amen

Thomas Schmied / 16.10.2020

“Wenn die Politik wirklich den Menschen dienen soll, darf sie nicht Sklave der Wirtschaft und der Finanzwelt sein.” Wenn die Kirche wirklich Gott und den Menschen dienen soll, darf sie nicht länger Hampelmann jenes Zeitgeistes sein, der sie am liebsten beseitigen würde.

Klaus U. Mayerhanns / 16.10.2020

Wer als Pontifex Maximus im Kirchensteuer-Geldturm baden kann, wie Donald Duck, der hat natürlich gut und leicht hetzen über Gewinnstreben und “Kohle”. Ob der aktuelle Pabst zusätzlich über irgend welche unbekannten Kontakte in den Himmel verfügt, die ihm den für seine sozialen Wohltaten erforderlichen Geldsegen für die Zeit nach der nach der päpstlichen Ausrottung des Kapitalismus bescheren werden, weiß ich nicht.

Volker Kleinophorst / 16.10.2020

Bei Nostradamus steht (also in Nostra-Sprech) so in etwa, dass der Westen fällt, wenn der “Antichrist” in Rom sitzt. Ich muss gestehen, als Ratzinger kam, dachte ich sofort daran. Denn der hätte mit links in jedem Apokalypse-Streifen diesen spielen können. Aber, da habe ich mich wohl geirrt. Der Untergang kommt mit dem freundlichen “Don Camillo” aus Argentinien. Defund the Churches.

Daniel Oehler / 16.10.2020

Es ist geradezu sektiererisch, den Kapitalismus zu verdammen und dabei die Marktwirtschaft zu meinen. Die Exzesse der Superreichen - vornehmlich in den USA - die sich an der Corona-Krise hemmungslos bereichert haben, sind KEIN Grund, die Marktwirtschaft zu beseitigen. Das offiziell kommunistisch regierte China hat die Armut hunderter Millionen Menschen beseitigt, indem sozialistische Planwirtschaft durch Marktwirtschaft ersetzt wurde. An sozialistische Ökonomie glaube nur noch pseudointellektuelle Traumtänzer im Westen und in den katholischen und evangelischen Kirchen. In der Dritten Welt, v.a. in Afrika und den arabischen Petro-Ländern, deren Ökonomie ohne Öl auf dem Niveau Zentralafrikas läge, zeigt sich, dass weder Kapitalismus noch Sozialismus das Problem sind, sondern Korruption, Vetternwirtschaft, religiöser Fanatismus, Aberglaube incl. Hexenkult, hemmungslose Vermehrung, Feudalismus, Sklaverei, Fatalismus, Chaos und ein Mangel von Verständnis für Präzision. In Japan fahren Züge auf die Sekunde genau, in weiten Teilen Afrikas und Arabiens kommt man zu vereinbarten Terminen mit einer oder mehrerer Stunden Verspätung. Deutschland ist Dank grüner Ideologie dabei, sich in Richtung Dritter Welt zu verändern. Dann wird der Wohlstand der Bevölkerung entsprechend absinken.

Frances Johnson / 16.10.2020

Mit Erzwingen, so wahr, muss man davon ausgehen, dass Schritt 1 die Demontage von Papst Benedikt war und ein Plan vorliegt und zwar schon länger.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Ramin Peymani, Gastautor / 27.05.2022 / 14:00 / 22

„The Deal“: Blick in eine dystopische Zukunft

Der soeben erschienene Film „The Deal“ ist ein Meisterwerk der Produzenten von „Independence Day“. Verstörend real wirkte das Gezeigte angesichts der letzten beiden Jahre, und…/ mehr

Ramin Peymani, Gastautor / 04.05.2022 / 06:15 / 61

Warum Boris Becker besser in die Politik gegangen wäre

Boris Becker wird mindestens die nächsten 15 Monate wegen Insolvenzverschleppung im Gefängnis verbringen. In der Politik wäre der deutschen Tennislegende das nicht passiert. Es war…/ mehr

Ramin Peymani, Gastautor / 25.02.2022 / 16:00 / 16

Der Dämon des Parteienstaates

Das 1967 geschaffene Parteiengesetz war ein Wendepunkt. Es gab den Parteien viel weitergehende Befugnisse und Einflussmöglichkeiten sowie Zugriff auf die Gelder der Steuerzahler. Seither hat…/ mehr

Ramin Peymani, Gastautor / 29.12.2021 / 16:00 / 22

An die Diskursfeinde

Wie kann es sein, dass einer, der aus eigener Erfahrung weiß, wie unangenehm eine Corona-Erkrankung sein kann, als „Corona-Leugner“ diffamiert wird, nur weil er die…/ mehr

Ramin Peymani, Gastautor / 06.12.2021 / 16:00 / 13

Gottloses Weihnachtstheater

Die besinnliche Zeit ist immer auch eine Zeit der Tränen, dieses Jahr mehr denn je. Zum zweiten Mal gibt es staatlich verordnete Einsamkeit, die Familien…/ mehr

Ramin Peymani, Gastautor / 30.11.2021 / 11:00 / 28

In der Impfpflicht-Talkrunde bei Servus TV

Reisen bildet. Schon Mark Twain wusste: „Man muss reisen, um zu lernen.“ Und so bin auch ich mit vielen Eindrücken und Erkenntnissen aus Salzburg zurückgekehrt.…/ mehr

Ramin Peymani, Gastautor / 23.11.2021 / 15:00 / 38

Unheilvolle Signale: Die Schrecken der Impfpflicht

Es ist aber auch wirklich vertrackt mit dem Totalitarismus. Er nutzt immer nur einigen wenigen. Und immer nur eine begrenzte Zeit. Das sollten die Hetzer…/ mehr

Ramin Peymani, Gastautor / 16.11.2021 / 11:00 / 23

Klimagipfel: Das programmierte Scheitern der Heuchler

Auch der 26. Weltklimagipfel war nicht mehr als das Schaulaufen der Heuchler. 14 Tage lang durfte nach Herzenslust CO2 produziert werden, mehr vielleicht als es…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com