Wie Herr Dahlgrün richtig anführt, leben wir in Zeiten, in denen ein deutscher Vizekanzler tatsächlich allen ernstes fragt, wie das mit der Grenzsicherung “gehen soll”. Wundert es da noch jemanden, wenn zunehmend Rufe nach einem starken Mann laut werden? Die Chattering Classes versuchen durch das Aufstellen infantiler Pseudo-Dychotomien eine friedliche Diskussion der Probleme, die das Volk umtreiben, zu verhindern. Dadurch werden sie aller Wahrscheinlichkeit nach genau das Gegenteil von dem erreichen, was sie vorgeben, zu wollen: Statt friedlichem Zusammenleben stehen uns gewaltsame Konfliktlösungen ins Haus.
Was die Grenzsicherung betrifft, fehlt hier eine weitere “Dichotomie”: Merkel behauptete, 3.000 km Außengrenze ließen sich nicht sichern, erwartete aber eben dies von einem Deal mit der Türkei, die eine viel längere Außengrenze hat. Tatsächlich ging es darum, häßliche Szenen an deutschen Grenzen zu vermeiden und in die Türkei zu verlagern - Szenen, die man Merkel hätte anlasten können und die ihr Image als Anwärterin auf den erhofften Friedensnobelpreis beschädigt hätten. Wie man Grenzen sichert, wurde mit Schließung der Balkanroute relativ unspektakulär vorgemacht. Ein Punkt wie dieser macht deutlich, daß es hier weniger um logische Dichotomien oder Denkfehler und vielmehr um Lügen und Propaganda geht. Soweit diese Serie nicht diesem Umstand etwas tiefer auf den Grund geht, erliegt sie selbst einem Denkfehler. Die ganze Krise ist kein Problem von “falschen Dichotomien”, sondern von politischen Absichten und deren Vernebelung. Statt auf der Ebene politischer Rhetorik und deren Logik zu argumentieren, hielte ich es für sinnvoller und notwendiger, eben diese politischen Absichten mal gründlicher aufzuklären. Abgesehen von der bemühten Ausdrucksweise, hat diese Serie bislang keine einzige Einsicht zu Tage befördert, die nicht schon aaO 1000mal vorgetragen wurde. Aber vielleicht kommt das ja noch…
Einer der im letzten Absatz beschriebenen eklatanten Denkfehler des “Schutzsuchenden” als Opfer sitzt nicht in Deutschland, aber seit mehreren Monaten in der Schweiz. Der in Schweden abgewiesene Ex-Innenminister Ousman Sonko, der Folter und des Mordes Beschuldigter, des unter Mitnahme der Staatskasse am Ende doch noch abgetretenen Präsidenten von Gambia, Mr. Jammeh, fand vollkommen unbehelligt von rechtsstaatlichen Prüfungen im Schweizer Kanton Bern Unterschlupf, obwohl es hinreichend viele Anfangsverdachtsmomente gibt, daß er vor ein Strafgericht gehört.
Sehr geehrter Herr Dr. Dahlgrün, Ihre Ausführungen treffen den Nagel auf den Kopf. Schade ist nur, dass Sie Ihre Stimme e r s t j e t z t erheben. Bleibt nur zu hoffen, dass diese vielleicht auch zu einem Hinterfragen der alternativlosen Meinungen bei unseren politisch Verantwortlichen führt. Denn: Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.