Quentin Quencher / 05.02.2019 / 06:20 / Foto: GillyBerlin / 50 / Seite ausdrucken

Papa, gib Gas!

Wer Kinder hat, die heute in Deutschland, in Baden-Württemberg sowieso, zur Schule gehen, der weiß, wie diese im Sinne des Ökologismus oder ganz allgemein mit grüner Ideologie indoktriniert werden. Ich verkneife es mir, hier die vielen kleinen und großen Übungen, oft versteckt in scheinbar anderer Thematik, zu erläutern. Es geschieht im Stil eines von mir so bezeichneten „kulturellen Exerzierens“.

Freilich könnte ich mich nun mit meinen Kindern zusammensetzen, mir berichten lassen, was sie so ständig diesbezüglich über sich ergehen lassen müssen, um dann mit ihnen zusammen die jeweilige Ideologie, die immer dahinter steht, herauszufiltern und zu hinterfragen. Manchmal tue ich das auch, ansatzweise zumindest und nur so lange, wie mir Aufmerksamkeit und Interesse geschenkt wird.

Hauptsächlich aber mache ich umgekehrt genau das Gleiche wie die Schule, nämlich subtil zu indoktrinieren, in Form von Spielchen beispielsweise. In einer Auseinandersetzung auf hinterhältige Waffen zu verzichten, würde nur dann Sinn machen, wenn es der Gegner auch tut. So aber bin ich gezwungen, es ihm gleichzutun. Ein Beispiel, wie das geht, will ich hier kurz beschreiben.

Gegen Gängelungen kann man sich wehren

Meist bringe ich zwei meiner Töchter mit dem Auto zur Schule, die ist zwei Orte weiter und würden sie den öffentlichen Nahverkehr benutzen, wären sie ewig lange unterwegs. Also spiele ich das Taxi, es macht mir nichts aus, im Gegenteil, und ich kann es auch gut einrichten. Manchmal ist in einer 30er-Zone in Wendlingen eine elektronische Warntafel angebracht, die mir anzeigt, mit welcher Geschwindigkeit ich gerade unterwegs bin. Jeder Autofahrer kennt diese Dinger, die oftmals zur Illustration noch irgendwelche glücklichen oder verärgerten Smileys anzeigen.

Normalerweise, schon weil ich keine Lust habe, ständig Strafzettel zu bezahlen, halte ich mich an Geschwindigkeitsbegrenzungen. Taucht aber so eine Anzeigetafel am Straßenrand auf und meine Kinder sitzen im Auto, dann gebe ich Gas. Nur an dieser Stelle und nur, um ein verärgertes Smiley zu sehen. Als ich es das erste Mal tat, fragte mich die Ältere, warum ich es tue. Meine Antwort war fast ehrlich: Weil mich Gängelungen jeder Art gehörig nerven und es mir ein Bedürfnis ist, dagegen zu opponieren. Was ich ihnen nicht sagte, war, dass ich es nur ihretwegen tue, damit sie lernen, dass man sich gegen Gängelungen immer wehren kann.

Ich liebe diese Autofahrten mit meinen Töchtern. Es ist praktisch die einzige Zeit am Tag, in der ich mit ihnen ungestört kommunizieren kann. Falls sie ihre Smartphones nicht gerade an haben. Aber sie wissen, dass ich diese Dinger ebenfalls herzlich verachte, selbst keines besitze, und ihnen immer wieder sage: „Smartphones machen dumm! Sie verleiten dazu, immerzu nachzuschauen, wo doch Nachdenken viel wichtiger wäre.“ Also lassen sie es, wahrscheinlich aus Respekt zu mir, lieber in der Tasche.

Regeln sind da, um hinterfragt zu werden

Aus meinen kleinen Spielchen mit der Geschwindigkeitsanzeige am Straßenrand entwickelten sich grundsätzliche Gespräche, beispielsweise über die Sinnhaftigkeit von Regeln. Andere Eltern sehen ihre Aufgabe darin, ihren Kindern Regeln beizubringen, ich dagegen, dass alles, was man ihnen sagt und über Regeln beizubringen versucht, hinterfragt werden muss. Das ist freilich ein Luxus, den ich mir nur erlauben kann, weil sie die Regel: „Begegne jedem Menschen mit Respekt“ zutiefst verinnerlicht haben. Daran ist aber mehr ihre Mutter als ich schuld.

„Papa, gib Gas!“, rief die Jüngere von der Rückbank. Ich war in Gedanken versunken und hatte nicht bemerkt, dass wir schon ganz nahe an der Anzeigetafel waren. Prompt beschleunigte ich. „Wow, Rekord: 48!“, ertönte es jauchzend von hinten. Die Ältere auf dem Beifahrersitz grinste nur und fragte eher rhetorisch und keinesfalls vorwurfsvoll: „Ach, Papa, warum liebst du das so?“ „Weil er toll ist!“, fiel ihr die Jüngere ins Wort. Wenn sowas die eigenen Kinder über ihren Vater sagen, dann ist das natürlich Balsam für die Seele, aber noch viel mehr bestärkt es die Erkenntnis: Die Schule wird sich bei meinen Töchtern mit ihren grünen Indoktrinierungen schwer tun.

Zuerst erschienen auf Quentin Quenchers Blog Glitzerwasser.

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Leserpost

netiquette:

Peer Munk / 05.02.2019

Bei der Geschwindigkeitsbegrenzung geht’s auch um Sicherheit. Die meisten Unfälle geschehen durch zu hohe Geschwindigkeit, das kann niemand ernsthaft bestreiten, es sei denn, er überschätzt sich selbst. Nun könnte man sagen: Das muss jeder für sich selbst entscheiden, welches Risiko er in Kauf nimmt. Das Problem ist, dass ich als Verkehrsteilnehmer das Risiko ebenfalls trage, wenn irgendwer meint, er könne eine Kurve mit 120 nehmen statt mit 80 oder er könne durch eine 30er Zone sicher mit 50 durchbrettern.

Jürgen Probst / 05.02.2019

Herr Quester, wenn Ihre Tochter demnächst von Leuten wie Ihnen überfahren wird, werden Sie sicher Verständnis aufbringen. Oder? Ich hoffe heimlich immer noch, dass Ihr Schwachsinn eine Satire war.

M. Schöntag / 05.02.2019

Ich musste beim Lesen doch sehr schmunzeln. Da es zur Zeit meiner Vaterfreuden diese bescheuerten Grinsekästen noch nicht gab, hatten wir eine vergleichbare Übung. An jeder Stelle, an der ein Blitzkasten stand, wurde gehupt. Das hatte diverse Vorteile. Da es sich um eine Gefahrenstelle handeln musste, wurden andere Verkehrsteilnehmer entsprechend gewarnt. Sodann verhindert man mit solch einem sozialen Verhalten gleichzeitig auch das Einrosten der Hupe. Und last but not least stärkte diese Maßnahme ob der gemeinsamen Freude auch stets den generationenübergreifenden Zusammenhalt. Insgesamt also ein gesellschaftlich wertvolles und begrüßenswertes Handeln ;-)

Karla Kuhn / 05.02.2019

“Man muss sich nur die unsägliche Klimaschutz-Debatte anschauen, um einzusehen, dass wir unsere Kinder lieber zu mündigen Querulanten als zu ängstlichen Ja-Sagern erziehen sollten.“MEHR brauche ich nicht zu kommentieren !!  HERVORRAGEND !

Claire Müller / 05.02.2019

Schrecklich, die Stöcke in den Hintern werden offensichtlich auch bei Achse-Kommentatoren immer länger und stecken immer fester. Anders kann ich mir die stumpflinken Reaktionen auf diesen köstlichen Einblick in das Familienleben Quencher nicht erklären. Herr Quencher, ich bin mir sicher, Ihr beidenTöchter werden zu zwei ganz tollen, selbstständig denkenden Erwachsenen werden. Solange die Sicherheit bei diesen kleinen Späßen nicht auf der Strecke bleibt, können nur die absoluten Miesepeter daran etwas aussetzen.

Rolf Lindner / 05.02.2019

@ Herrn Quencher: Wenn auch das Beispiel, mit dem Sie die Erziehung Ihrer Töchter zu selbstständigem Denken demonstrieren möchten, vielleicht etwas unglücklich gewählt wurde, beglückwünsche ich doch alle Eltern, wenn eine solche Erziehung gelingt. Ist sicherlich am Anfang stressig, aber später braucht man sich nicht für seine Kinder schämen. Hatten kürzlich so einen Fall mit einem Parolen nachplappernden jungen Mann. Habe zuerst an die bedauernswerten Eltern gedacht.

Max Schmidt / 05.02.2019

Scheinbar schwierig das Mittelmaß zu finden in Deutschland zwischen “Anarchie ist geil” und “Still gestanden, Augen nach rechts”

Michael Schreck / 05.02.2019

@Günter Schaumburg: Es lebe die Anarchie! Allerdings eine sozial ausgerichtete, quasi “Sozialanarchie“.

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