In der SRF-Tagesschau vom 25. April 2025 wurde ein Interviewpartner aus dem Gazastreifen als einfacher „Bewohner von Gaza“ vorgestellt. Nach Recherchen von Audiatur-Online handelt es sich bei dem Mann jedoch um einen bekannten Korrespondenten des katarischen Pro-Hamas-Senders Al Jazeera.
Rami Abu Taima ist kein gewöhnlicher Zivilist oder „Bewohner von Gaza“, wie SRF titelt, sondern ein aktiver Meinungsjournalist in Gaza. Er arbeitet als Korrespondent für den in Katar ansässigen Nachrichtensender Al Jazeera Arabic und ist eigentlich ein Propagandist der Terrororganisationen Hamas- und Palästinensischer Islamischer Dschihad.
Al Jazeera wird nicht nur von der israelischen Regierung als „Sprachrohr der Hamas“ bezeichnet. Sogar SRF eigene Analysen bestätigen, dass Al Jazeera im Gaza-Konflikt nicht neutral berichtet: „Al Jazeera nimmt klar Partei in diesem Konflikt“, so SRF-Nahostredaktor Philipp Scholkmann, der von „blinden Flecken“ in der Berichterstattung spricht. Der Sender zeige die palästinensischen Terrororganisationen als „Widerstandsgruppen“ und die israelische Armee als „Besatzungsarmee“, was dem Narrativ der Hamas entspreche.
Abu Taima verwendet beziehungsweise reproduziert in seinen Berichten einen der Hamas nahestehenden Sprachgebrauch. So bezeichnete er die palästinensischen Terroristen in Übereinstimmung mit dem Usus von Al-Jazeera als „Widerstandskämpfer“ und dokumentiert deren Aktionen ohne Distanzierung.
Keine kritischen Äußerungen gegenüber der Hamas
So berichtete er Ende 2024 aus Khan Younis über die grausame Übergabezeremonie der sterblichen Überreste von vier Geiseln durch die Hamas und den Islamischen Dschihad, darunter die beiden Kleinkinder Kfir und Ariel Bibas und ihre Mutter Shiri. Ein Transparent drohte: „Rückkehr des Krieges = Rückkehr der Gefangenen in Särgen“, sollte Israel die Kämpfe wieder aufnehmen. Abu Taima transportiert die Botschaften der Hamas 1 zu 1 mitten unter den Terroristen an sein Publikum.
Von Abu Taima sind keine kritischen Äußerungen gegenüber der Hamas bekannt. Öffentliche Kritik am Hamas-Regime in Gaza sucht man in seinen Beiträgen vergeblich – was angesichts seines Arbeitgebers Al Jazeera und der faktischen Kontrolle der Medien durch die Hamas in Gaza nicht verwundert. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass Abu Taima selbst formelles Mitglied der Hamas ist, aber er ist journalistisch und ideologisch eng mit der Hamas-Führung verbunden, die von Katar aus unterstützt wird.
Am 27. Februar 2024 startete er auf GoFundMe eine Spendenkampagne für die Evakuierung seiner Familie aus Gaza. Unter dem Titel „Urgent Evacuation for Rami’s Family“. Das finanzielle Ziel waren mindestens 5.000 US-Dollar pro Person. Tatsächlich kamen rund 35.000 Schweizer Franken von 972 Spendern zusammen. Organisiert wurde die Aktion von einer angeblichen Vertrauten Abu Taimas in England, die die Gelder auf sein Konto weiterleitete. Was mit den Geldern geschah, ist unklar. In der Nacht zum 25. April 2025 seien bei einem israelischen Luftschlag auf Khan Younis mehrere Angehörige von Rami Abu Taima getötet worden, berichtete Al Jazeera und veröffentlichte dazu einen Bericht mit Bildern des trauernden Reporters.
Meister der Märtyrer
Am 31. Juli 2024 teilte er auf seinem Instagram Account ein Video mit dem Titel „Botschaften des Märtyrer-Kommandeurs“ mit einer hetzerischen Rede von Hamas-Chef Ismail Haniyeh der am gleichen Tag im Iran zu Tode kam. Er schrieb dazu „Meister der Märtyrer“.
Am 23. Juli 2023 postete Rami Abu Taima ein Foto von sich auf Instagram von einer Feier zur Ehrung der besten Schulabgänger. Es handelte sich dabei um den Jahrgang des „Märtyrers Ahmad Abu Daqa“. Ahmed Abu Daqa war ein hochrangiger Kommandant der Hamas im Gazastreifen. Er wurde im Mai 2023 bei einem gezielten israelischen Luftangriff getötet. Laut israelischen Angaben war er stellvertretender Kommandeur der Raketenabschusseinheit der Hamas und spielte eine Schlüsselrolle bei der Planung und Durchführung von Angriffen auf Israel.
Am 29. Mai 2021 veröffentlichte er ein Bild auf dem links Benjamin Netanjahu mit den Worten „Wir haben Hamas und den Islamischen Dschihad zurückgeworfen und die Operation wird weitergehen, egal wie lange es dauert.“ zitiert wird. Auf der rechten Seite wird der Sprecher der Saraya al-Quds Brigaden, der Terrororganisation Palästinensischer Islamischer Dschihad zitiert: „An die Führung des Feindes: Unsere Fähigkeiten und Mittel sind in Ordnung, und wir haben noch mehr. Dies ist nur ein sehr kleiner Ausschnitt einer großen Vorbereitung, die wir seit Monaten für eure Konfrontation treffen.“
Eine ungefilterte Bühne
Am 19. Mai 2021 teilte Abu Taima ein Propaganda Bild, das symbolisch zwei Terroristen vereint. Links vom Palästinensischen Islamischen Dschihad und rechts von der Hamas. Darunter steht: „Gemeinsam werden wir siegen. Und vertreiben die Besatzer aus unserem Land.“ „Gemeinsam opfern wir uns. Wir marschieren weiter für die Befreiung unserer al-Aqsa-Moschee“.
Vor diesem Hintergrund erscheint die Darstellung von Rami Abu Taima in der SRF-Tagesschau als einfacher „Bewohner von Gaza“ mehr als fragwürdig. Da er im Beitrag ohne weitere Einordnung gezeigt wurde und zu Wort kam, konnten die Zuschauer nicht erahnen, dass es sich bei ihm um einen professionellen Journalisten mit Agenda der Hamas handelt. Gerade weil Abu Taima für einen Sender arbeitet, der im Nahostkonflikt einseitig Stellung bezieht, wäre es notwendig gewesen, seine Funktion offen zu benennen. So entstand ein verzerrtes Bild: Ein erfahrener Kommunikator tritt zufällig als scheinbar neutraler Augenzeuge oder „Mann von der Straße“ auf.
Ohne diesen Kontext konnte der Eindruck entstehen, hier spreche ein unabhängiger Zivilist für die leidende Bevölkerung Gazas, während in Wirklichkeit ein Medienprofi und Teil des Hamas-nahen Nachrichtenapparates das Wort ergriff. SRF hat mit dieser Einblendung (wieder einmal) nicht nur seine Zuschauer getäuscht, sondern bewusst einem Hamas-nahen Propagandisten eine ungefilterte Bühne gegeben – ohne jede Einordnung.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei Audiatur Online.
Gerardo Raffa ist Redaktionsleiter bei Audiatur-Online und Geschäftsführer der Audiatur-Stiftung.