Chaim Noll / 26.02.2022 / 12:00 / Foto: Achgut.com / 26 / Seite ausdrucken

Palästina: Einladung an Abgeordnete der Grünen

Fortschrittliche Menschen wissen es schon lange: Palästina brennt. Es brennt vor gekränkter Ehre. Vor allem aber verbrennt es Müllkippen und leitet Abwasser in Flüsse. Eigentlich ein Fall für die Grünen.

Manchmal sehe ich sie von meiner Dachterrasse: schwarze Rauchsäulen in der judäischen Wüste, ein paar Kilometer nördlich von meinem Haus. Dann weiß ich, dass sie dort wieder Berge von Autoreifen verbrennen oder ein paar Wracks abfackeln oder die Müllkippen, die sie zufällig immer auf der Seite ihres Dorfes aufhäufen, wo die nächste jüdische Siedlung liegt. Dann denke ich an die Müllberge in bestimmten Gegenden von Paris und anderswo in Europa. Eine neue Art Terror.

Wir haben ihn lange ignoriert. Wie man ihn auch in Europa ignoriert. In der Zeichensprache der Verursacher ist es einer der stärksten Ausdrücke ihrer Missachtung, darüber steht vielleicht noch das Werfen mit Schuhen oder Vergewaltigung. Der Müll ist zugleich Ausdruck ihrer Misere: Die ständig einen eigenen Staat fordernde Palästinensische Autonomie-Behörde unter Führung ihres Präsidenten Abbas hat es in mehreren Jahrzehnten üppiger Versorgung mit internationalen Hilfsgeldern nicht geschafft, eine funktionierende Müllabfuhr zu organisieren, geschweige denn Müllentsorgung oder -aufbereitung.

Wie in alter Zeit wird, was man aus dem Weg haben möchte, ins nächste Tal gekippt, die Abwässer werden in den nächsten vorbeifließenden Bach geleitet, möglichst so, dass es den Ausblick aus einer nahegelegenen jüdischen Stadt oder Siedlung gründlich verdirbt. Und dass, wenn man bei günstigem Wind Großverbrennungen veranstaltet, der schwarze, beißende Qualm in deren Richtung zieht – oder der Gestank aus den verseuchten Gewässern.

Monster-Müllkippe am Dorfrand

Fortschrittliche Menschen wissen es schon lange: Palästina brennt. Es brennt vor Leidenschaft in seinem Freiheitskampf, es brennt vor gekränkter Ehre, es brennt, um Zeichen gegen die Besatzung zu setzen. Soweit die bekannten Assoziationen. Um die alltäglichen Brände, die spontane Müllentsorgung, die katastrophale Umweltverschmutzung hat sich bisher außer den vollgequalmten jüdischen Nachbarn niemand gekümmert. Ihre Klagen, ihre Foto-Dokumentationen und Abwasser-Messungen fanden kaum Beachtung, denn es handelt sich bei den Betroffenen um die derzeit meistverachteten Juden der Welt: die sogenannten „Siedler“.

Daher überrascht es, wenn ausgerechnet J Street, eine als Siedler-feindlich bekannte, sich selbst als „linksliberal“ bezeichnende jüdische Lobby-Organisation, deren Mitglieder und Sponsoren zumeist in den USA leben, plötzlich Interesse an diesem Missstand zeigt. Die Organisation hat, wie israelische Medien berichten, gleich zehn von ihr bei den letzten Wahlen finanziell unterstützte demokratische Kongress-Abgeordnete dazu bewegen können, in die sogenannte „Westbank“ zu reisen und sich dort mit Vertretern israelischer Siedler-Organisationen zu treffen.

Die Abgeordneten sind selbstverständlich alle „links“ und stehen den israelischen Siedlungen ablehnend gegenüber. Sie erwiesen sich aber diesem Besuch als ernsthaft interessiert und sehr umgänglich. Ein Siedler lud sie sogar zum Kaffee in sein Haus ein und zeigte ihnen von der Terrasse die Monster-Müllkippe am Dorfrand der benachbarten palästinensischen Ortschaft. Wie meistens brannten dort auch an diesem Tag einige Müllhaufen oder aufgehäufte Autoreifen und gaben der Luft über der jüdischen Siedlung den bekannten würzigen, einzigartigen Geruch.

Luft kennt keine Grenzen

Ich vermute, J Street hat den Abgeordneten begreiflich machen können, dass die Luft nicht in den Siedlungen stehenbleibt, sondern mit Wind und Wetter in Bewegung ist, was bedeutet, dass die giftigen Partikel und Gase dieser Brände auch beliebte Touristenorte der amerikanischen Linken wie Tel Aviv oder Jerusalem verpesten. Dass Luft keine Grenzen kennt, auch nicht die von den Friedensaktivisten sorgsam gehütete „Demarkationslinie“ zwischen der „Westbank“ und „proper Israel“. Dass die seit Jahren ignorierte Vergiftung und Verschmutzung des Elements, das wir alle zum Atmen brauchen, allgemein und übergreifend ist. Oder, noch beunruhigender, dass auch die Palästinenser unter der ungesunden Luft leiden müssen.

„Der internationale Ansatz, automatisch Sympathie und Nachsicht mit den Arabern zu zeigen“, erklärte der zum Kaffee besuchte Siedler seinen Gästen, „ermutigt nur zu weiterer Vergiftung dieser wertvollen Gebiete im Mittleren Osten. Statt Israel ständig daran zu hindern, diese Landschaften zu entwickeln, solltet ihr uns dabei helfen. Denn jedermann muss auf diesen verräucherten Straßen fahren, ganz gleich, ob er Jude ist oder Araber.“ Ein einfacher Gedanke. Die überraschende Offenheit der um das Wohl der Palästinenser besorgten Kongress-Abgeordneten, diesen Gedanken zu berücksichtigen, hat mich auf den Einfall gebracht, es auch einmal mit ihren deutschen Kollegen zu versuchen.

Ich wohne am Rand der „Westbank“, etwa fünfhundert Meter vom berühmten „Zaun“ entfernt, gerade noch „auf der richtigen Seite“, doch der Gestank der Brände oder des mit Abwässern verseuchten Wadi Hebron ist bei günstigem Wind gut wahrnehmbar, und die in den Himmel qualmenden Müllhaufen in der Wüste bieten von meiner Terrasse ein eindrucksvolles Bild. Ich spreche hiermit eine Einladung aus, gerichtet an umweltbewusste deutsche Politiker, vor allem an Abgeordnete der regierenden Grünen: Besuchen Sie mich auf eine Tasse Tee oder Kaffee in meinem Haus in der judäischen Wüste und sehen Sie selbst, wie Palästina brennt.

Meine Einladung kommt von Herzen und ist ganz ernst gemeint. Sie sorgen sich weltweit um die Sauberkeit der Luft, Sie können nicht schlafen, wenn Sie an das Schicksal der unterdrückten Palästinenser denken, Sie fühlen sich aber auch für Israels Sicherheit verantwortlich – Sie sind daher genau die Richtigen, darauf Einfluss zu nehmen, was mit Ihren großzügig gespendeten Hilfsgeldern geschieht. Ob sich davon nicht vielleicht doch eine palästinensische Müllabfuhr bezahlen lässt.

Anmerkung: Eindrucksvolle Feuer-Bilder sind im Internet zu finden unter Google-Stichworten wie waste incineration Palestine, Müllverbrennung Westbank etc.

Foto: Achgut.com

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Hans-Peter Dollhopf / 26.02.2022

Als die Hamas vor etlichen Jahren den allwöchentlichen “Sturm” von Zivilisten auf die Gaza-Grenzbefestigung organisierte, karrte sie aus der ganzen Enklave Demonstranten, Frauen und Kinder, an und die mussten dann in einem “Sichtschutz” aus giftigem Rauch verbrannter Autoreifen an der Grenze herumturnen. Pallywood produzierte “apokalyptische” Aufnahmen dazu. Ich vermute, von den Teilnehmern haben inzwischen etliche Krebs entwickelt. Man gebe auf “swisscows” einmal “Gaza Sturm Grenzzaun israel” ein und klicke in der Filterzeile auf “Bilder”! Besser kann Propaganda mit demonstrierter zynischer Menschenverachtung nicht nach hinten los gehen. Mir tun die verarschten Teilnehmer leid.

Jochen Lindt / 26.02.2022

Geht ja noch. Ab und zu kann man sogar noch ein Stück Landschaft erkennen. Im Libanon nicht mehr. Das ganze Land ist eine einzige stinkende Müllkippe.  Das landet alles im Mittelmeer. Einfach mal googlen: Libanon+trash.

W. Renner / 26.02.2022

Herr Noll, sie wissen doch, dass die Grünen es unter der Rettung des Weltklimas nicht machen. So ein bischen Gestank, Dreck und Plastikmüll bei seinen „Freiheitskämpfern“ im Geiste, kann doch einen Grünen nicht zu profaner Arbeit bewegen.

S.Buch / 26.02.2022

Die Grünen frönen ideologisch bedingt dem Doppelstandard. Was die einen (Freunde) dürfen, dürfen die anderen (Feinde) noch lange nicht. Und damit dieses Willkür- und Unrechtssystem nicht hinterfragt werden kann, werden Tabus aufgebaut. Demnach wäre dieser Artikel ganz klar als rassistisch einzustufen, womit auch schon klar ist, dass der palästinensische Umgang mit dem Müll jeder Diskussion entzogen ist.

Franz Klar / 26.02.2022

Räucherware hält sich gut - altes arabisches Sprichwort ! Machste als Zuwanderer nix dran ...

Holger Kammel / 26.02.2022

Eins wollte ich noch sagen, Herr Noll. Das ist dann wieder mein Land, wenn Sie Präsident sind. Ein bewußt politisch machtloser Präsident, der aber Zeichen setzt. Das habe ich das letzte mal unter Roman Herzog erlebt.  Die Teilnahme eines deutschen Präsidenten an einer Gedenkfeier In Auschwitz, ohne daß der eine Rede schwafelt, sich mit einer Kippa anbiedert, sondern in der zweiten Reihe still steht, mit hutbedecktem Kopf schweigt, das ist angemessen. Das ist Charakter.

Holger Kammel / 26.02.2022

Warum bin ich im festen Glauben, daß man bei der Vorfahrenssuche unserer Grünen zwangsläufig bei üblen faschistischen Mördern landet? Warum denke ich, daß die, die heutzutage als “Nahhtziiess” bezeichnet werden, diese eher weniger unter ihren Vorfahren haben? Die Goldhagen-These über das faschistische Gen teile ich. Wir haben genau eine, rein faschistische Partei- die Grünen im Land. Deren politische DNA besteht nicht im Umweltschutz, sondern im antideutschen Rassenhaß..Vollstrecker des Testaments Adolf Hitlers. Ihre Parteigänger haben mittlerweile andere Parteien übernommen.. Wehret den Anfängen.

Peter Krämer / 26.02.2022

Sehr geehrter Herr Noll, vermutlich wissen Sie selber, das ihre Einladung nicht angenommen wird. Unsere Grünen besitzen eine äußerst selektive Wahrnehmung, ich bin mir nicht sicher, ob die Politiker und Anhänger dieser es selber überhaupt realisieren. Jahrzehntelang war der Kampf gegen Gentechnik Standardprogramm, nun werden Skeptiker der Gentechnik-Impfung diffamiert, natürlich auch mit den Begriffen “rechts” und Nazi. Um jeden bedrohten Baum wird gekämpft, “Aktivisten” ketten sich an jedes wertlose Gehölz, um eine Fällung zu verhindern. Aber die Entwaldung ganzer Bergkuppen und Landstriche für Windräder findet offenen Beifall. Und in dieser naiven Logik ist eben Israel böse und Palästina gut, Argumente werden daran nichts ändern.

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