Was für eine Geschichte! Geheimabsprachen, Aufteilung der Herrschaftsgebiete unter der Hand, Wortbruch und dann der Showdown auf offener Bühne. Verhältnisse wie in einem Mafia-Film der schlichteren Machart: Zwei Gangs haben beschlossen, gemeinsam abzukassieren, weil das mehr bringt, als um die Macht zu streiten. Weil aber nur einer den Hut aufhaben kann, wird man sich einig, dass zunächst der eine Bandenchef und dann der andere die Geschäfte führen soll. Jedem werden die gleiche Zeit zugebilligt. Großes Ganovenehrenwort, in die Hand versprochen.
Dann aber kommt es, wie es kommen muss. Als der Zeitpunkt der Ablösung heranrückt, pfeifen die bereits Gekrönten auf ihre Zusage. Von dem vereinbarten Wechsel wollen sie nichts mehr wissen. Sie wären ja schön blöd, wenn sie das Zepter aus der Hand gäben. Die anderen, die ihnen zuerst in den Sattel halfen, haben das Nachsehen. Dass Sie es im umgekehrten Fall genauso halten würden, ändert nichts daran, dass sie es jetzt sind, die dumm dastehen. Das wurmt.
Hauen und Stechen
Die Gelackmeierten sinnen auf Rache. Sie wollen ihrerseits blankziehen, indem sie den gemeinsam hinterlassenen Schmutz unter dem Teppich vor kehren, ohne sich länger um Ehre und Ansehen zu scheren. Und schwuppdiwupp ist der schönste Bandenkrieg im Gange, ein Hauen und Stechen, wie es dieser Tage im Kampf um den Vorsitz des EU-Parlaments für Schlagzeilen sorgt.
Weil die Roten, die den Posten zuerst, die erste Hälfte der Legislaturperiode, mit ihrem Mann aus Würselen besetzt hatten, davon nicht lassen wollen, haben die Schwarzen ein Papier aus der Ablage gefischt, das eigentlch das geteilte Geheimnis der Paten bleiben sollte. Datiert ist es auf den 24. Juni 2014. Unterschrieben haben es Martin Schulz und Manfred Weber, der erste für die S & D, die „Progressive Allianz der Sozialisten und Demokraten“ im EU-Parlament, der zweite als Fraktionsvorsitzender der „Europäischen Volkspartei“ (EVP), bei der CDU und CSU dick eingeschrieben sind. Von beiden Seiten wurde in der geheimen Verschlusssache festgelegt, sich gegenseitig bei der Wahl eines ihrer Vertreter zum EU-Präsidenten zu unterstützen. Gemeinsam wollt sie einmal diesen einmal jenen für jeweils ins Amt hieven. Mit einer „Zusatzvereinbarung“ stiegen die Liberalen nachträglich ein.
Ein politischer Schwindel, so gesetzwidrig organisiert wie die krummen Geschäfte der Mafia. In der Wirtschaft würde das den Tatbestand unerlaubter Preisabsprachen erfüllen. Das Bundeskartellamt müsste einschreiten und saftige Geldbußen verhängen. In der Politik freilich wäre damit wenig gewonnen. Da deren Verdächtigen dem Steuerzahler ohnehin auf der Tasche liegen, müsste er am Ende noch für die finanzielle Bestrafung ihres Schachers um Posten und Ämter aufkommen.
Dann fliegen die Fetzen
Das Syndikat hat sich die Demokratie längst unter den Nagel gerissen. Statt um die Macht zu konkurrieren, indem sie dem Bürger unterschiedliche Angebote machen, bilden die Parteien ein Kartell, dessen Mitglieder sich intern darauf verständigt haben, die Demokratie gemeinschaftlich auszuplündern. Solange dabei jeder seinen Schnitt macht, keine der etablierten Partei, egal ob an der Regierung oder in der Opposition, zu kurz kommt, laufen die Geschäfte denn auch wie geschmiert. Erst wenn einer den Hals nicht voll bekommt, fliegen die Fetzen. Dann hauen sie sich gegenseitig in die Pfanne.
Wir erleben eine Gaunerkomödie wie jetzt eben im Kampf um den Chefsessel im EU-Parlament. Wer am Ende des Stückes über wen triumphiert, werden wir in wenigen Tagen, am kommenden Montag, den 17. 01. 2017, erfahren. Dann ist Wahltag im EU-Parlament. Und danach? Danach wird es nicht lange dauern, bis die Streithammel wieder ein Herz und Seele sind.
Der nächste Deal, ausgehandelt hinter verschlossenen Türen, kommt so sicher wie der nächste Sommer: Pack schlägt sich, Pack verträgt sich, solange die Bürger nicht dazwischen gehen.