Henryk M. Broder / 20.01.2007 / 10:36 / / Seite ausdrucken

Outside The Beltway - 21

Auf dem Weg zum Flughafen höre ich NPR.  Anfangs eine Kopie der europäischen öffentlich-rechtlichen Stationen, inzwischen allen um Lichtjahre voraus: Radio als “state of the art”. Mittags schaltet NPR rüber zur BBC nach London, zur “worldhaveyoursay”, einem Call-in-Programm. Es geht um die Frage “Should a dead man become a father?”  BBC-Hörer diskutieren den Fall eines Israeli, der als Soldat mit 19 in Gaza getötet wurde und dessen Eltern nun ein Enkelkind von ihm haben möchten, mit Hilfe von Sperma, das ihm gleich nach seinem Tod entnommen wurde und mit dem nun eine Frau befruchtet werden soll, die er nicht gekannt hat. Eine Geschichte, die in Israel für heftige Debatten gesorgt hat. http://worldblog.msnbc.msn.com/archive/2007/01/18/33735.aspx
Auch die BBC-Hörer sind ganz aus dem Häuschen, finden die Geschichte “immoral” und “outrageous”, bedauern jetzt schon das ungeborene Kind, “das keine Chance hat, seinen Vater kennen zu lernen”. Es hört sich an, als wären sie alle Opfer eines kollektiven Samenraubs geworden und würden nun fürchten, dass sie für die Alimente aufkommen müssen.
Es gibt ja inzwischen alle möglichen Formen un-natürlicher Elternschaft in der Welt. Mann, Mann und Kind, Frau, Frau und Kind, Mütter tragen die Eizellen für ihre Töchter aus, alleinstehende Frauen kommen mit Hilfe einer Samenbank zu einem Designer-Baby. Männer deponieren in jungen Jahren ihre Spermien, um “später” Vater werden zu können. Im selben Maße, wie das ganz normale Ficken aus der Mode kommt, werden die Eingriffe in die “Natur” immer beliebter. Geschlechtsumwandlungen, die vor zehn Jahren noch live von RTL übertragen wurden, sind fast so unspekatulär geworden wie Übertritte zu einer anderen Religion.
Dieser Fall aber hat einen besonderen Hautgout. Es geht um einen toten israelischen Soldaten, um Juden und das göttliche Gebot: “Seid fruchtbar und mehret euch!” Entsprechend aufgeregt sind die Hörer, auch Wolfgang, der aus Deutschland anruft, ist ganz ausser sich: So was könne man doch dem Kind nicht antun… Ich würde gerne wissen, ob Wolfgang seinen Opa mal gefragt hat,  was er den Kindern auf dem Weg nach Lemberg angetan hat.
Seltsam, diese Obsession mit den Juden und mit Israel, die immer einen Aufhänger findet.
Als nächstes geht es bei der BBC um die Abschaffung der Todesstrafe in Ruanda. Auch ein wichtiges Thema, aber bei weitem nicht so aufregend wie der Samentransfer in Israel.

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