Wolfram Weimer / 28.03.2008 / 11:04 / 0 / Seite ausdrucken

Oswald Merz

Der Grüne Oswald Metzger wechselt zur CDU. Auf den ersten Blick kann sich Angela Merkel freuen, denn ihre schwarz-grüne Machtoption bekommt ein neues Gesicht. Auf den zweiten Blick aber offenbart der freigeistige Metzger, was der CDU völlig abhanden gekommen ist: ein marktwirtschaftliches Profil. Die Partei Ludwig Erhards ist seit der Vertreibung von Friedrich Merz auf einem ordnungspolitischen Schlingerkurs. Den Attacken von SPD und Linkspartei auf die Marktwirtschaft hat die Union weder klare Antworten noch überzeugendes Personal entgegenzusetzen. In einer Mischung aus hektischem Wegducken und schleichender Selbstsozialdemokratisierung verliert die Merkel-CDU genau das aus den Augen, was sie im letzten Wahlkampf noch versprochen hat: einen marktwirtschaftlichen Neubeginn.

War Angela Merkel auf dem legendären Parteitag von Leipzig noch überzeugt, dass man mit Ludwig Erhards Freiheits-Programm das Wirtschaftswunder 2.0 herbeiregieren könne, so weht nun der Wind des Neo-Etatismus aus dem Kanzleramt. Die Steuern steigen, der Staat weitet sich aus, die Wirtschaft und ihre Manager werden kulturell verteufelt, Struktur-Reformen unterbleiben, nicht einmal einen ausgeglichenen Haushalt hat man hinbekommen.

Die deutsche Politik macht – siehe die Agenda 2010 - eine glatte Rolle rückwärts. Dabei hatte sich Deutschland unter Gerhard Schröder – im Vergleich zur neuen Regierung wirkt der mit seiner Agenda plötzlich wie eine Lichtgestalt ordnungspolitischer Klarheit – gerade einmal aufgemacht, aus dem Stahlkäfig der rheinischen Republik langsam herauszuwälzen. Nein, natürlich nicht in den Garten der Freiheit eines Paul Kirchhof. Auch nicht in die Weiten osteuropäischer, asiatischer oder gar angelsächsischer Freiheitsprärien. Das vernünftige Ziel wäre das holländische oder alpenländische Modell – also der behutsam geöffnete, aber sozial und kulturell eingehegte Park. Das wenigstens bräuchte Deutschland. Nun aber rutschen wir zurück in den Hinterhof des bürokratischen Etatismus. Kein Garten, nirgends.

Just in dieser Lage kommt ein schwäbischer Grüner daher und hält der Union den Erhard-Spiegel vor. Oswald Metzger sagt auf einmal mit erfrischender Klarheit das, was in der Sphäre des deutschen Mittelstands viele denken, aber aus der Union lange nicht mehr zu hören war. Schlagartig wird dem Publikum klar, wie groß der Verlust eines Friedrich Merz für die Union gewesen ist. Die Stimme der wirtschaftlichen Vernunft, die immer eine Grundmelodie der CDU gewesen ist, sie war verstummt.

Ob Oswald Metzger die Rolle des Merz-Doubles tatsächlich dauerhaft spielen kann, wird man abwarten müssen. Einige nennen ihn zwar schon den „Oswald Merz“. Doch vielen wäre eine Rückkehr des Originals Friedrich Merz lieber. Das freilich wird Angela Merkel verhindern. Und so könnte es kommen wie einst bei Otto Schily. Der wechselte von den Grünen zur SPD und wurde schließlich rot-grüner Minister. Warum sollte Oswald Metzger in einem künftigen Jamaika-Kabinett nicht Wirtschaftsminister werden? Vielleicht weil die CDU so marktwirtschaftlich wie er gar nicht mehr denkt!

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Wolfram Weimer / 26.06.2020 / 06:00 / 80

Corona als Kanzlermacher

In der CDU knistert es. Die Kanzlerkandidatur-Frage legt sich wie eine Krimispannung über die Partei. Im Dreikampf und die Merkelnachfolge zwischen Markus Söder, Armin Laschet…/ mehr

Wolfram Weimer / 12.06.2020 / 10:00 / 47

Nichts ist unmöglich: AKK als Bundespräsidentin?

„Das ist die größte Wunderheilung seit Lazarus“, frohlocken CDU-Bundestagsabgeordnete über das Comeback ihrer Partei. Die Union wankte zu Jahresbeginn dem Abgrund entgegen, immer tiefer sackten…/ mehr

Wolfram Weimer / 23.04.2020 / 06:10 / 183

Robert Habeck: Die grüne Sonne geht unter

Am 7. März erreichten die Grünen im RTL/n-tv-Trendbarometer noch Zustimmungswerte von 24 Prozent. Monatelang waren sie konstant die zweitstärkste Partei in Deutschland, satte 8 Prozentpunkte betrug der…/ mehr

Wolfram Weimer / 27.02.2020 / 06:11 / 135

Die CDU braucht einen Notarzt

Friedrich Merz tritt an – und er hat vier Trümpfe in der Hand. Erstens führt er die Umfragen nicht nur an. Er liegt seit Monaten…/ mehr

Wolfram Weimer / 22.02.2020 / 06:18 / 19

SPD-Comeback in Hamburg?

Lange hatten die Grünen gehofft. Doch nun zeigen die Umfragen: Die Hamburg-Wahl wird die SPD wohl gewinnen. Es bahnt sich sogar ein bundesweiter Stimmungsumschwung im…/ mehr

Wolfram Weimer / 14.02.2020 / 06:14 / 106

Die CDU sucht den Merkel

„Angela Merkel will Armin Laschet. Die CDU-Basis will Friedrich Merz.“ So fasst ein CDU-Spitzenpolitiker aus der Bundestagsfraktion die K-Debatte in der Union zusammen. Mit dem…/ mehr

Wolfram Weimer / 13.12.2019 / 06:23 / 33

Batterien aus Deutschland? Potzblitz, und es geht doch!

Monatelang war es bloß ein Gerücht: Angeblich verbaut der Technologiekonzern Apple in seinen Kopfhörern “AirPods” deutsche Batterien. In Asien lachte man darüber – die Deutschen…/ mehr

Wolfram Weimer / 05.12.2019 / 12:00 / 69

Kevin, der Defibrillator der Macht

Den größten Verlierer im SPD-Umbruch kennt jeder: Olaf Scholz. Seine Macht ist brutal pulverisiert, seine Autorität wird bereits von Mitleid getragen, seine Karriere wirkt schlagartig…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com