Peter Grimm / 02.09.2019 / 14:15 / Foto: Pixabay / 80 / Seite ausdrucken

Ost-Wahlen: Es wird immer bunter

Gerade denjenigen, denen es im Lande normalerweise nicht bunt genug sein kann, trieben es die Wähler in Sachsen und Brandenburg etwas zu bunt, weil sie mit ihrem Wahlverhalten die Parteien insbesondere in Sachsen in ungeliebte Dreier-Koalitionen zwingen. Das ist ziemlich gemein vom gemeinen Wahlvolk, deshalb müssen sich dessen Falschwähler auch nicht wundern, dass ihre Botschaft an die Verantwortungsträger, welche Probleme sie doch bitte in Angriff nehmen sollten, weiterhin ungehört bleibt. Klima-, Welt- und SPD-Rettung sind nun einmal drängender.

Und die Zurückdrängung der Partei, die von den Unzufriedenen gewählt wird, um ihrer Unzufriedenheit Ausdruck zu verleihen. Dummerweise haben die meisten der diesbezüglichen Aktionen und Kampagnen der letzten Jahre genau das Gegenteil bewirkt. Aber diese Wirkungslosigkeit ist natürlich kein Grund, an der bisher erfolglosen Strategie etwas zu ändern.

Warum auch? Auch im bunteren künftigen sächsischen Kabinett darf ja wahrscheinlich das alte Personal zum Teil bleiben, angereichert durch die Grünen. Die bemühten sich – damit in dieser Richtung auch nichts schief geht – die CDU immer wieder mahnend an das Abgrenzungsversprechen zur AfD zu erinnern.

Daran wird sie sich halten, doch es bleibt trotzdem nicht alles beim Alten. Im Gegensatz zu den Wahlen vergangener Jahre blieben die Vertreter aller etablierten Parteien erstaunlich entspannt. War früher jedes angewachsene AfD-Ergebnis Anlass für Schocks, Bestürzungen und Ängsten vor einer Zukunft, in der die Fackelträger des vierten Reichs ans Brandenburger Tor klopfen, freuten sich die Politiker diesmal überparteilich – trotz der Rekordergebnisse der AfD – darüber, dass jeweils eine ihrer Parteien knapp zur stärksten Kraft im Lande geworden ist. Bis auf die Grünen haben alle etablierten Parteien dramatisch verloren. Einziger weiterer wirklicher Wahlgewinner waren neben AfD und Grünen die Freien Wähler in Brandenburg. Doch auch die meisten Wahlverlierer traten dennoch auf, als stünden sie kurz vor dem alles entscheidenden Sieg.

Gefühlte Mehrheit durch viel Zuspruch?

Der erstaunlichste Auftritt kam von Sachsens SPD-Spitzenkandidaten und Wirtschaftsminister Martin Dulig. Das schlechteste SPD-Nachkriegsergebnis überhaupt quittierte er mit der klaren, lächelnd vorgetragenen Aussage:

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Genossinnen und Genossen, wir haben das schlechteste Wahlergebnis, wir sind aber der coolste Landesverband.

Das ist wirklich cool.

Und wie man sich als amtierende Regierungspartei den Absturz auf nicht einmal mehr acht Prozent Wählerzuspruch zu einem Wählerauftrag umdeuten kann, zeugt immerhin vom mutigen Aufbruch in große Interpretationsspielräume:

Wir haben mit diesem Wahlkampf einen Zuversichtswahlkampf gemacht und ganz vielen Leuten Hoffnung gegeben. Hoffnung, dass es auch weiterhin stabile politische Verhältnisse geben wird. Dass sich jemand drum kümmert, dass es gut wird in diesem Land. Und dieses Vertrauen hat man uns ausgesprochen, und zwar von den Wählerinnen und Wählern, die mit uns im Wahlkampf gesagt haben: „Los, macht es!“ Und genau diesen Auftrag nehmen wir auch an. Lasst uns weiterhin mit dieser Zuversicht rangehen.

Nutzen die coolen sächsischen Sozis an traurigen Wahlabenden vielleicht bewusstseinserweiterte Mittel? Oder will sich der sächsische Genosse Dulig seiner Partei als Erweckungsprediger empfehlen? Nur zur Erinnerung, die sächsische SPD zieht mit 7,7 Prozent als kleinste Fraktion in den Sächsischen Landtag ein.

„Es wird eine gute Regierung geben. Wir haben stabile Verhältnisse. Es gibt die klare Antwort gegen rechts. Wir überlassen ihnen auch nicht das Land. Ganz im Gegenteil. Es geht darum, dass wir mit dieser Zuversicht jetzt auch anpacken. Jetzt auch weitermachen. Und eben auch lernen. Lernen, wie wir jetzt damit umgehen. Weil diese SPD insgesamt – ihr geht es nicht gut. Aber wir haben auch in den letzten Wochen gezeigt, dass man, auch wenn die Umstände nicht gut sind, kämpfen kann. Für die richtige und gute Sache. […] Alle, diejenigen, die mit mir, mit uns gekämpft haben, wir haben doch gespürt, wie viel Leute uns auch Zuspruch gegeben haben, wie sie gemerkt haben, dort brennen Leute voller Leidenschaft, die sind mit dem Herzen dabei und genau mit dieser Leidenschaft, mit diesem Herzensanliegen, sich darum zu kümmern, dass es hier bessere Löhne gibt, bessere Renten, dass es darum geht, eine bessere Bildung für Sachsen zu machen, dass es darum geht, soziale Gerechtigkeit mit Leben zu füllen, das ist unser Auftrag und den nehmen wir an und deshalb, und deshalb: kurz traurig sein, anpacken, weiter machen.“

Also im Klartext heißt das jetzt, dass es zwar kaum Wählerstimmen, aber viel Zuspruch für die SPD gab, weshalb man jetzt mitregieren müsse? Sind das dann gefühlte Mehrheiten? Aber vielleicht werden ja keine gefühlten Mehrheiten gebraucht, denn die neue bunte Regierung gilt eigentlich schon als ausgemacht. Es muss nur noch jemand allen CDU-Abgeordneten beibringen. Schade, dass die sächsische CDU keinen solchen Erweckungsprediger wie Martin Dulig hat. Aber vielleicht kann sie sich den ja unter bunten Koalitionären mal ausleihen.

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Michael Scheffler / 02.09.2019

Wiebke Lenz, Sue suchen vermutlich nach: „Denn sie kämpfte für unsere Sa-che!“

Sebastian Gumbach / 02.09.2019

Warum fragen sich weder SPD noch CDU, warum sie in dieser und allen vorangegangeben Wahlen seit 2015 so schlecht abgeschnitten haben? Und warum wurde ausgerechnet die AdD so stark? Die Antwort liegt auf der Hand: Weil die AfD die einzige Partei ist, die nachhaltig für den deutschen Nationalstaat, die Sicherung deutscher Grenzen und den Stopp der Massenmigration nach Deutschland eintritt. Das ist der Grund, und sonst keiner. Weder Digitalisierung, noch Ökostrom oder Rettung des Weltklimas haben in dem Ausmaß damit erwas zu tun.

HaJo Wolf / 02.09.2019

Alle “Altparteien” werde miteinander und mit dem Teufel koalieren, um jede Regierungsbeteiligung der AfD zu verhindern. Es hilft nur eins: die AfD muss die absolute Mehrheit erringen, dafür müssen wir alle kämpfen. Selbst solange die fragwürdigen Gestalten noch in der AfD sind. Sonst ist es zu spät und das rotgrüne Gutmenschenpack hat unser Land ruiniert. WEG mit CDU SPD FDP GRÜNEN LINKEN! Die hatten ihre Chance und haben die Demokratie in Deutschland zerstört.

Wiebke Lenz / 02.09.2019

Und Frau AKK antwortet auf die Frage, ob ca. 25 % der Wähler ignoriert werden können, mit “Ja, wir können!” Herzlichen Glückwunsch, Demokratie ...

Peter Michel / 02.09.2019

@Herr Jungnickel, als ich letzte Woche auf der Autobahn gerade Dresden durchquerte, hörte im Radio die Werbung des Moritz ihrer Martin Dulig. Bei seiner Partei, so die Werbung, gibt es Nächstenliebe. Passt doch.

Jürgen F. Matthes / 02.09.2019

Lieber Peter Grimm, mit dem Wahlslogan “Freiheit statt Sozialismus” wurden von der AFD massenweise die Stimmen der ehemaligen DDR Bürger in Sachsen und Brandenburg eingesammelt. Auch weil diese ursprüngliche Zukunfts-Maxime der CDU von den nach links schielenden Verantwortlichen der einstigen Volkspartei der AFD überlassen wurde, braucht man sich über deren Erfog nicht zu wundern.

Wolfgang Richter / 02.09.2019

Dieser Soze hat vermutlich den Rest des Zeugs gefunden und geraucht, dessen Inhaltsstoffe den Schröder nach seiner Abwahl 2005 ziemlich lustich daher kommen ließ. Vielleicht hätte er auch erklären könne, was man jetzt zum Wohle des Wahlbürgers anpacken wolle, entsprechend in vergangenen Legislaturperioden verpennt hatte. Aber selbst zu dieser Erkenntnis ist er nicht fähig. Hätte er doch erkannt, daß er sich selbst überlebt hat und würde den Abgang machen, heimlich still und leise, statt mit einem Text wie vorstehend die eigene Unzurechnungsfähigkeit zu dokumentieren. Bei solchen Clowns werden Comedians arbeitslos.

Karsten Dörre / 02.09.2019

Das Nachwahl-Gedöns hat einen sehr bitteren Beigeschmack, der den Alt-Parteien in Ermangelung eines Geschmacksnerv als süßlich vorkommt: zu sagen, viele Parteien haben eine Partei verhindert und man fühle sich als Sieger. Und wenn die SPD weiter so macht, wird sie sich selbst abwählen. Auch andere Parteien stoßen in das selbe Horn und suggerieren lediglich, was sie von Wahlen und Demokratie wirklich halten. In der DDR gab es dafür die sogenannte Nationale Front.

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