Claudio Casula / 08.06.2015 / 10:06 / 24 / Seite ausdrucken

Orwell 2015, ein Update

Ich glaub´, ich muss George Orwells „1984“ noch einmal lesen. Als der Roman vor dreißig Jahren in aller Munde war, und natürlich Schullektüre, fehlte mir noch die Erfahrung, um wirklich zu verstehen, was uns der Autor sagen wollte.

Aber jetzt sind wir ja auf einem entsprechenden Weg. Das vorläufig letzte öffentliche Gedankenverbrechen hat Annegret Kramp-Karrenbauer begangen, die Ministerpräsidentin des Saarlandes, als sie für das derzeit angesagte Thema „Homo-Ehe“ nicht die nötige Begeisterung an den Tag legte.

Unabhängig davon, wie man zur Sache selbst steht, ist es offenbar nicht einmal mehr statthaft, durchaus nachvollziehbare Bedenken hinsichtlich der Folgen einer „Ehe für alle“ zu hegen - ganz so, als sei vollkommen auszuschließen, dass gewisse Ethnien unter Berufung auf diese Losung irgendwann daherkommen und Ehen mit Minderjährigen und / oder näheren Verwandten oder auch die Vielehe einfordern könnten. Jedenfalls hat nun eine Berliner Anwältin die Politikerin angezeigt - wegen Beleidigung und Volksverhetzung: „Diese Äußerung ist nicht mehr nur homophob, sondern menschenverachtend und in ihrem Gehalt gleichzusetzen mit den ähnlich verachtenden Äußerungen 1933 - 1945.”

Mit anderen Worten: So schnell ist man ein Nazi, jedenfalls für jene, die konservativ gleich für reaktionär halten und eigentlich jede Meinung, die ihrer eigenen widerspricht, im braunen Sumpf verorten. Als Erster durfte Thilo Sarrazin die Erfahrung machen, für eine kühle ökonomische (und durchaus langweilige) Bestandsaufnahme der deutschen Gegenwart als Rassist, Biologist und Menschenverächter angeprangert zu werden; der rüpelhafte Umgang mit dem Ex-Banker und -Politiker vor allem in den Medien gab die Richtung vor, wie künftig mit ähnlichen Gedankenverbrechern zu verfahren sei.

Zynischerweise wird Kritik an dieser selbst ausgrenzenden und diffamierenden Praxis gern mit dem lapidaren Hinweis abgebügelt, Sarrazin habe doch sein Buch (in dem es übrigens nur nebenbei um wenig segensreiche Einwanderer ging, deutsche Prolls nerven Sarrazin genauso) schreiben dürfen und viel Geld damit verdient. Das stimmt allerdings, und damit darf er sich, wenn er ein dickes Fell hat, darüber hinwegtrösten, dass er für seine öffentlich geäußerte Meinung seinen Job verlor und zur persona non grata gemacht wurde, der jeder Schwachkopf „krude Thesen“ unterstellen darf.

Womit wir bei Bernd Lucke und Frauke Petry wären. Beide wurden kürzlich mit „Nazis raus!“-Rufen bedacht, ersterer im Bordrestaurant eines ICE, letztere in einem Lokal in Göttingen. Bislang hat noch niemand einem der beiden irgendwelche nazistischen Äußerungen nachweisen können, aber offenbar reichen Kritik an unbegrenzter und in mancherlei Hinsicht problematischer Zuwanderung oder auch nur Kritik an der Euro-Politik vollkommen aus, um von geschichtsvergessenem Pöbel mit dem Nazi-Etikett versehen zu werden. Man muss wahrlich kein AfD-Anhänger sein, um diese Entwicklung für hochgradig gefährlich zu halten.

Und der Irrsinn ist längst alltäglich. Der Kabarettist und Comedian Dieter Nuhr darf nach einer Entscheidung des Stuttgarter Landgerichts von einem Salafisten „Hassprediger“ genannt werden, weil er es immer wieder wagt, echte Hassprediger zu verarschen.

Eine Ratgeberkolumnistin beim Anzeigenblättchen „OWL am Sonntag“ wird nach einem Online-Scheißesturm einen Kopf kürzer gemacht, weil der Chefredakteur es nicht schafft, ein paar lärmenden Twitterern zu bescheiden, dass eine harmlose Meinungsäußerung kein Kündigungsgrund sein darf.

Eine Flugbegleiterin der United Airlines wird (straf-)versetzt, weil die gleich in die Welt hinausposaunte Klage einer Muslimin über „diskriminierende Behandlung“ (will heißen: Weigerung, eine Cola-light-Dose ungeöffnet zu übergeben), medial verstärkt, öffentliche Empörung auslöste und die Fluggesellschaft in Rekordzeit zum Einknicken brachte.

„United Airlines versuchte die Angelegenheit zunächst als ,Missverständnis hinsichtlich eine (sic!) Dose Diätlimonade herunterzuspielen´“, meint Spiegel online, um gleich darauf zu frohlocken: „Doch ohne Erfolg.“ Dabei kann man eine Nichtigkeit gar nicht herunterspielen - wohl aber zu absurder Größe aufblasen, was Frau Ahmad hundertprozentig wusste, als sie mit ihrer Pipifax-Geschichte an die Öffentlichkeit ging.

Die Komplizen in den Redaktionen, die das Meinungsklima prägen und damit auch Druck auf die Politik ausüben, funktionieren ja auch tadellos. Der Großteil der Medienschaffenden tickt zweifellos links oder jedenfalls in die Richtung, die man heutzutage für links hält. Früher jedenfalls beschwerte sich der Linke über „Berufsverbote“, wenn Kommunisten nicht in den Staatsdienst eingestellt wurden, heute goutiert er, dass Menschen für eine nicht genehme Meinungsäußerung gefeuert werden. Und warum? Aus dem gleichen Grund, aus dem sich der Rüde an den Eiern leckt: Weil er es kann. Denn jetzt ist er am Ruder.

Wie, jemand kritisiert den politischen Islam? Rassist! Oder Putins aggressives Auftreten? Kriegstreiber! Oder die Zuwanderung Hunderttausender, die möglicherweise auch eine Belastung darstellen können? Kaltherzig, xenophob! Selbst in dem traurigen Haufen älterer Herrschaften, die in Funktionskleidung durch Dresden schlurfen, um gegen „Islamisierung“ zu demonstrieren, vermag ein linksanständiger Deutscher schon eine akute Gefahr für die demokratische Gesellschaftsordnung zu erkennen.

Monatelang warnt und mahnt er, bis sich die dumpfdeutschen Demonstranten endlich wieder in ihre mit Eichenschrankwand ausgestatteten Wohnzimmer zurückziehen. Illner, Maischberger, Plasberg & Co. sorgen derweil dafür, dass in einer Talkrunde auf einen rechtspopulistischen Gedankenverbrecher mindestens vier rechtschaffene Diskutanten kommen, die dem Abweichler tüchtig einheizen, und das Klatschvieh im Studio applaudiert wie bei Honecker selig nur politisch korrekten Aussagen.

Gefragt sind dementsprechend Typen, denen ein Proktologe als Arzt für ganzheitliche Medizin gilt (unhöfliche Zeitgenossen reden derb von Arschlöchern): Ein Uwe Steimle etwa („Wieso zetteln die Amerikaner und Israelis Kriege an und wir dürfen als Deutsche die Scheiße bezahlen?“) oder ein Jürgen Todenhöfer, der den Islamischen Staat nicht nur für total unislamisch, sondern für eine perfide Ausgeburt des Westens hält, und dem selbst in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten jedes erdenkliche Forum zur Verfügung gestellt wird, um Millionen Menschen mit diesem Bullshit zu belästigen.

Geht das nur mir so, dass ich mich angesichts dieses grassierenden Irrsinns frage, was hier schiefgelaufen sein könnte? In einem Land, das sich vor Atomkraft, BSE und Feinstaub fürchtet, und in dem 43.000 vom Verfassungsschutz zur Islamistenszene gezählte Typen, darunter Hunderte Hardcore-Gefährder, kaum jemanden um den Schlaf bringen?

In einem Land, in dem zuweilen durchaus begründete Sorgen der Bürger nicht ernst genommen werden, während Politiker wie Andrea „Pippi“ Nahles Verordnungen erlassen, die das Paternosterfahren regeln? In einem Land, in dem vom Geheimdienst allen Ernstes „Transparenz“ gefordert wird und das die nationale Sicherheit wohl besser bei einem Ströbele aufgehoben wähnt? In einem Land mit über 80 Millionen Einwohnern, dem ein bisschen mehr Meinungsvielfalt und, ja, auch: Streit ganz gut tun würde, in dem aber die Gesellschaft selbst den Tugendterror ausübt, den ein Robespierre noch mit dem Wohlfahrtsausschuss organisieren musste und von dem Orwell sich nicht träumen ließ, dass es dafür durchaus keines totalitären Systems bedürfen könnte?

Ich weiß: Möglicherweise errege ich, weil ich die Stirn habe, mich im Sinne Kants meines eigenen Verstandes zu bedienen und gegebenenfalls „Der Kaiser ist ja nackt!“ zu rufen, den Unmut von GedankenpolizistInnen wie Yasmin Fahimi. Aber Vorsicht, Genossen: Ich habe einen Migrationshintergrund, von dem ich jederzeit rücksichtslos Gebrauch machen kann! Zwar keinen muslimischen, also gewissermaßen nur einen Migrationshintergrund zweiter Klasse, aber dennoch: Kein leichtes Spiel für die Tugendterroristen. Das wird ein Spaß.

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Leserpost

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Josefa Pröbsting / 09.06.2015

Danke für diesen Artikel, der mir aus tiefster Seele spricht. Manchmal frage ich mich, ob wir denn schon alle verrückt sind. Da werden Meinungen manipuliert,  indem die Medien Informationen weglassen oder sogar verfälschen. Selbst im Bekanntenkreis lotet man seine Meinungen aus, um nichts Falsches zu sagen. Oft bin ich überrascht, dass sogar “Normale” ihre Statements dem allgemeinen “Stream” angepasst haben. Meine Frage ist: Warum lassen wir uns das gefallen? Warum haben wir Angst, eine andere Meinung zu vertreten? Vor wem oder was haben wir Angst? Wollen wir “dazugehören”? Ist es leichter und “wohliger” zur Masse zu gehören? Haben wir keinen Mumm mehr? Eine Minderheit von nicht mal 20% bestimmt, und alle haben sich zu fügen, sonst ... Ich verstehe das alles nicht, und keiner gibt mir Antwort auf meine Fragen. Es ist schon so: Brot und Spiele für das Volk. Das Erwachen wird kommen, und es wird böse sein!

Marcelo Strumpf / 09.06.2015

Werter Herr Casula, bislang habe ich alle Ihre auf den Punkt gebrachten Beiträge begrüßt, vor allem jene, die plumpe antisemitische Tendenzen in manch einer „Israelkritik“ entlarvten. Umso mehr verwundert es mich, wie wenig Fingerspitzengefühl Sie in einem klaren Fall von Homophobie zeigen. Ihr Rundumschlag gegen die die Nazikeule schwingende Sarrazin- und AfD-KritikerInnen richtet sich auch gegen eine Anwältin, die Sie mit der Gedankenpolizei aus Orwells „1984“ vergleichen, weil sie die CDU-Politikerin Kramp-Karrenbauer wegen deren Äußerungen zum Thema Homo-Ehe angezeigt hat. Mir scheint, Sie haben wirklich nicht verstanden, was der Autor des Romans – der übrigens nicht erst vor 30 Jahren in aller Munde und Schullektüre war – uns sagen wollte. In Orwells Roman geht es um ein totalitäres System und um die totale Überwachung. Und damit haben Schwule ihre Erfahrungen, denn sie waren in Deutschland – und sind es noch immer in vielen Ländern – Opfer staatlicher Überwachung und polizeilicher Gewalt. Sie drehen nun den Spieß um und machen aus einer Anwältin, die die infamen Bemerkungen von Frau Kramp-Karrenbauer für strafrechtlich relevant hält, eine fiese Gedankenpolizistin. Dass sie gegen Homophobie vorgeht, ist für Sie „Tugendterror“.  Es ist natürlich Ihr gutes Recht, sich Frau Kramp-Karrenbauers Bedenken gegen die „Homo-Ehe“ anzuschließen oder die Ehe als Hetero-Monopol erhalten zu wollen. Allerdings hört der Spaß auf, wenn die Homo-Ehe, wie in diesem Fall geschehen, als Vorhof zur Hölle, als Türöffner für Inzucht und Polygamie ausgelegt wird. Frau Kramp-Karrenbauers „Bedenken“ sind nicht bloß eine konservative Meinung oder ein „Gedankenexperiment“, sondern ein Konstrukt und Spiegelbild einer herabwürdigenden Ideologie, wie sie im Tausendjährigen Reich üblich war, als man zum Beispiel in ekelerregenden Propagandafilmen Juden mit Ratten verglich. Die CDU-Politikerin stellt schwule/lesbische Liebes- und Lebensbeziehungen als minderwertig dar. Sie dämonisiert die Homo-Ehe und nennt sie in einem Atemzug mit Inzucht und Polygamie. Polygamie/Bigamie ist in Deutschland strafbar.  Frau Kramp-Karrenbauers „Gedankenexperiment“ versucht also, die Gleichstellung von homosexuellen mit heterosexuellen Lebenspartnerschaftsverträgen zu verhindern, indem sie die Lebens-/Liebesbeziehungen Mann-Mann und Frau-Frau in die Nähe von in Deutschland kriminellen Handlungen rückt. In den „Homo-Ehe-nein-Danke!“-Gedanken von Kramp-Karrenbauer lebt der Gedanke von „Unzucht“ fort sowie der 1994 gestrichene Schwulenparagraph 175, der für Tausende von Schwulen KZ, Tod und Folter bedeutete. Meinungsfreiheit – so wie ich sie verstehe – bedeutet nicht,  mit meiner Meinung dazu beizutragen, Menschen zu diffamieren, zu kriminalisieren und Vorurteile zu schüren.  

Dr.Karl Landscheidt / 08.06.2015

Lieber Herr Casula, Ich würde am liebsten ein Flugblatt aus Ihrem Artikel machen und verteilen, so sehr sprechen Sie mir aus der Seele. Aber ich werde es wohl nicht machen. Deshalb nur : Danke!

Nicolas Lenz / 08.06.2015

Nun ja, die Aussage der Frau Kramp-Karrenbauer ist ein wenig zwiespältig. Im Grunde stimme ich ihr zu, aber auch nur, weil ich generell jeglichen staatlichen Eingriff in irgendeine einvernehmliche menschliche Beziehung ablehne. Wenn aber Frau Kramp-Karrenbauer so etwas sagt, sagt sie das nicht, weil sie die Freiheit verteidigt, sondern weil ihr konservativ-katholischer Kopf sich beim Gedanken an Liebe, die sich nicht so abspielt, wie sie es sich vorstellt, sofort so verkrampft, dass es kein Spaß mehr ist. Das sie dafür Contra kriegt, finde ich mehr als angemessen. Das dann allerdings irgendein Moralapostel ihr gleich per Gericht den Mund verbieten will, ist natürlich nicht mehr angemessen und verstößt gegen die Meinungsfreiheit. Das ermöglichen aber auch erst die Gesetze zu Beleidigung und Volksverhetzung, die dringend abgeschafft werden sollten. Das aber wird in unserer Gesellschaft der politischen Korrektheit, wie der Autor sie treffend charakterisiert, wohl nie passieren.

Gisela Tiedt / 08.06.2015

“Geht das nur mir so, dass ich mich angesichts dieses grassierenden Irrsinns frage, was hier schiefgelaufen sein könnte?” Nein. Mir ist angst und bange, seit geraumer Zeit hier den überwunden geglaubten Alptraum meiner Jahre in der DDR wiederbelebt zu finden: das stupide Nachbeten der Dogmen einer immer recht habenden Partei.

Thomas Schmied / 08.06.2015

Hallo Herr Casula! Das wird ein subjektiver Kommentar. Für mich ist dieser ganze Irrsinn auch ein Krieg der Begriffe. Kann irgendjemand genau definieren, was konservativ oder was reaktionär ist? Einige haben´s versucht aber eine stringente, abschließende Definition gibt es nicht. Was zählt ist, dass ein Begriff als gerade (noch) akzeptabel belegt ist und der andere nicht. Bei “politisch links” und “politisch rechts” ist es ähnlich. Trotzdem sind sich alle gerade sicher, dass zum Beispiel Islamkritik “rechts” ist - wie bescheuert eigentlich. Leute, die heute noch die “Wahrheiten” des Zeitgeistes hinterfragen wissen, dass es immer zu einer Demokratie gehörte, dass es in gewisser Weise mindestens zwei konträre Lager gibt, die sich mit Argumenten bekriegen. Meinem Halbwissen nach saßen die Einen (Konservativen) auf der rechten Seite und die Anderen (Progressiven) auf der linken Seite. Heute drängeln sich alle “links” oder irgendwie in der Mitte, weil die selbsternannten Linken “rechts” erfolgreich zur Tabuzone gemacht haben und mit dieser einfachen Methode alles automatisch verteufeln, was nicht in ihr Raster passt. “Rechts”, das ist heute irgendwie Holokaust, Islamkritik, Gestapo, Heterosexualität, Hitler, Ralf Giordano, Josef Mengele und Akif Pirincci. Das ist Irrsinn - aber dieser Einheitstopf funktioniert bestens! Das haben sie durchgesetzt, es wirkt im Prinzip als geltendes, unhinterfragtes Denkraster, bei allen etablierten Journalisten, allen Medien, allen regierenden Parteien und deshalb auch in der Bevölkerung. Natürlich hat Josef Mengele nicht die Bohne mit Akif Pirincci zu tun - aber die über Jahre geschaffenen, bewußt ausgeprägten Synapsenverknüpfungen in unseren Hirnen verorten Beide irgendwie in der gleichen Schublade - und in dieser Schublade liegt, wen sie dort aus irgendwelchen Gründen hineinpressen wollten. Das ist sehr praktisch. Nur wer sich kritisch des eigenen Verstandes bedient, kommt da raus und hinterfragt diese “Logik”. “Nazi” ist sinnentleerter Kampfbegriff Nummer 1 in Deutschland, der langsam von seiner ursprünglichen Bedeutung völlig entkoppelt wird. Dennoch sind die unseligen zwölf Jahre, auf die nicht wenige Zeitgenossen die deutsche Geschichte reduzieren möchten, wirkmächtiger denje. Denn wir erleben einen Krieg der Begriffe, der stärkeren Wörter, bei dem der Verstand auf der Strecke bleibt. “Nazi” erlebt derzeit gleichzeitig eine Bedeutungsverschiebung, die ins Banale abgleitet. Ich habe erlebt, wie Jugendliche oder Studenten es “nazimäßig” nannten, als in der Bahn der Fahrschein kontroliert wurde. Wenn man sich in einer bestimmten Kneipe verabredet hatte, sollte man nicht “nazimäßig” die vereinbarte Zeit einhalten. Keine Ahnung, ob ich das gut oder schlecht finden soll. Es zeigt aber, dass immer stärker die Wirkung von Begriffen zählt und immer weniger ihr Gehalt - und das finde ich eindeutig schlecht.

Roland Schmiermund / 08.06.2015

“Geht das nur mir so, dass ich mich angesichts dieses grassierenden Irrsinns frage, was hier schiefgelaufen sein könnte?” Ich glaub, wir beide sind auf der gleichen Wellenlänge. Meine Vermutung ist, dass wir allesamt einfach besseres zu tun hatten, als uns mit Unsinn auseinander zu setzen. Jetzt rächt sich das. Eine radikale Minderheit möchte uns beherrschen. Mir kann auch niemand erzählen, dass die meisten Bürger in diesem Land nicht sowas von die Schnauze voll haben. Gruß

Ansgar Ankelmann / 08.06.2015

Meine Lehre aus 1984: Menschen halten auch das Widersinnigste und Schrecklichste auf Dauer aus. Es muss nur möglichst als normal erklärt werden und daher kommen, dann bemerken es die Leute am Ende nicht einmal mehr. Ein kleiner Tipp: Bei YouTube gibt’s ein Video namens “Asyl in Deutschland Reporteam Undercover im Asylantenheim Doku deutsch” zu finden (doku.directory Kanal). Zwei besonders investigative ÖRTV Journalistinnen ziehen ins Asylheim ein und erleben den harten Alltag dort. Ab Minute 26:00 beschreibt eine der beiden eine besondere Szene kultureller Erfahrung. Einfach mal vorstellen, die Situation wäre nicht mit einer eritreischen Frau, sondern einem eritreischen Mann abgelaufen. Sie wurde zur “bitch” gemacht und merkt es nicht einmal mehr. So weit sind wir schon..

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