Organspende ja – Organabgabe nein!

Ich habe mich frei und freiwillig dazu entschieden, Organspender zu sein. Wenn die widerrufliche Organabgabe eingeführt führt, ist es gut möglich, dass ich widerspreche.

Seit vielen Jahren trage ich stets einen Organspende-Ausweis bei mir. Wenn meine Organe nach meinem Tod einem anderen Menschen das Leben retten können, dann freue ich mich. Dies ist eine willentliche Entscheidung meinerseits. Ich freue mich über jeden, der diese Entscheidung in ähnlicher Weise trifft.

Es muss auch eine solche willentliche Entscheidung bleiben. Es ist bedauerlich, dass nur wenige Menschen in Deutschland willentlich erklärte Organspender sein wollen. Aber es gibt Gründe, warum dies so ist: Angesichts der Organskandale in den letzten Jahren und dem ohnehin weit verbreiteten Misstrauen gegenüber Großsystemen, Wissenschaft und Medizin ist es kein Wunder, dass sich Menschen entweder mit diesem ohnehin schwierigen Thema nicht auseinandersetzen und schon gar nicht damit einverstanden erklären wollen, hier und jetzt über die Entnahme eigener Organe zu entscheiden. Hiermit muss man sich auseinandersetzen.

Es gibt eindeutig zu wenige Spender

Organspende ist wichtig. Es gibt eindeutig zu wenige Spender. Ich bin Anhänger moderner Medizin und auch modernster Gen- und Biotechnologie. Ich würde es begrüßen, wenn die Entwicklung in die Richtung bedarfsgerecht hergestellter Organe im Rahmen personalisierter Medizinforschung schnell vorangetrieben und somit Organspende langfristig überflüssig würde, einfach, weil aus körpereigenen Zellen für jeden von uns Organe nachgezüchtet werden können. Auch hierfür gilt es zu streiten. Leider bewegt sich Deutschland in diesem wie in so vielen anderen zukunftsträchtigen Forschungsbereichen eher in die entgegengesetzte Richtung. Solange dies der Fall ist, brauchen Patienten Organspenden. 

Offensichtlich gelingt es aber weder der Politik noch den Gesundheitsverbänden, die Bereitschaft zur Organspende zu erhöhen. Dass angesichts dieses Scheiterns nunmehr die freiwillige und willentliche Organspende umgewandelt werden soll in eine Organabgabe, der man aktiv widersprechen muss, ist hingegen typisch für das weit verbreitete Freiheitsverständnis und das vorherrschende Menschenbild in den deutschen Entscheiderkreisen. „Und bist Du nicht willig, ... so nehme Dir die Zustimmungsverpflichtung einfach ab“: Diesem Gedanken folgend wäre die Umwandlung der Organspende in eine widerrufliche Organabgabe ein Schritt in eine gefährliche und freiheitsfeindliche Richtung.

Eine stillschweigend von allen vorausgesetzte und nur durch Widerruf auszusetzende Spende ist keine Spende, sondern eine Zwangsabgabe. Ginge es nicht um die Rettung von Menschenleben, ich würde ohne Zögern sofort die Freiheit für mich reklamieren und der Organabgabe willentlich widersprechen. Es ist widerlich, als freiheitsliebender Mensch überhaupt in eine derartige Entscheidungssituation gezwängt zu werden. Wer glaubt, Menschen zu sozialem Verhalten zwingen zu müssen, entehrt sie, missachtet ihre Bedenken und ihr Recht auf Selbstbestimmung und erklärt sie alle zu Patienten.

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Leserpost

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A.Kaltenhauser / 04.09.2018

An der ganzen Diskussion stört mich der Umstand, dass man überhaupt dazu aufgerufen wird Organe zu spenden, ohne auch nur einen Gegenwert zu erhalten. Der Einwand lautet dann immer: Dann wäre es ja keine Spende mehr!  Was aber nicht stimmt, da der Spender hieraus keinen Nutzen mehr ziehen kann. Während natürlich der Patient mit dem neuen Organ besser und länger leben soll, profitieren Ärzte, Krankenhäuser, Krankenkassen durch eine Spende massiv; Rabatte bei der Rechnungsstellung sind mir nicht bekannt. Man könnte folglich auch einen Betrag zu den Beerdigungskosten des Spenders beisteuern. Bei den ausufernden Kosten hierfür eine wirkliche Hilfe, die auch für ein vermehrtes Spenderorganaufkommen sorgen könnte. Bei Menschen, die ihren Körper nach dem Tod der Wissenschaft spenden, geschieht dies bereits. In München werden deren Körper danach auf Kosten der Institute beerdigt und jährlich findet eine Feier statt, zu der die Angehörigen geladen werden. Ich finde dies eine gute Regelung.

Harald Schrader / 04.09.2018

Es ist erstaunlich, wie man mit dem Brustton des moralisch Überlegenden die elementaren Gesetze der Logik über Bord wirft und allen Ernstes behauptet, dass Menschen zu sozialem Verhalten gezwungen würden, es freiheitsberaubend wäre, sie entehrt würden und man ihre Bedenken und ihr Recht zur Selbstbestimmung missachten würde, wenn man einen Widerspruch zur Organspende mit zwei Zeilen in einem Brief formulieren und diesen mit einer 70 Cent Briefmarke versehen in den nächsten Postkassen werfen kann. Wahrscheinlich wird man es in naher Zukunft auf dem elektronischen Weg mit einem Aufwand von zwei Minuten bewältigen können. Sollte man dieser mit einem elementaren Denkfehler behafteten Argumentation nicht folgen, droht Heitmann mit einer humanitär höchst fraglichen Trotzreaktion, die implizit auch andere auffordert, das gleiche zu tun. Vor etwa 30 Jahren habe ich anlässlich meiner Forschung über den sicheren Nachweis des Hirntodes in Norwegen mit einem Leitartikel in der norwegischen medizinischen Zeitschrift eine ähnliche Diskussion angeregt und eine Widerspruchslösung vorgeschlagen. Es gab auch damals eine kontroverse Diskussion, aber kein Beitrag war so unlogisch und, meiner Ansicht nach, so mitleidlos, wie dieser oder wie die Aussage vom Vorsitzenden des deutschen Ethikrats, Peter Dabrock, im ZDF Nachrichten Interview vom 03.09.2018. Man hat später in Norwegen keine Widerspruchslösung eingeführt. Dies war einfach aus dem Grund, weil die Organspende Bereitschaft in der Bevölkerungim Gegensatz zu Deutschland bis jetzt die Wartezeiten auch für die meisten älteren Patienten in einem akzeptablen Rahmen gehalten hat. Das kann sich jedoch jederzeit ändern. Sollte man der Argumentation der Gegner der Widerspruchsregelung in Deutschland folgen, besteht die Gefahr, dass Deutschland in Zukunft auf dem Gebiet der Organspende mit Zehntausenden von vermeidbaren verfrühten Todesfällen zu den inhumansten Ländern dieser Erde gehören. wird.

Norbert Budczynski / 04.09.2018

Organe können nur sog. “Hirntoten” entnommen werden. Per annum gibt es in der BRD meines Wissens ca. 4.000 Hirntote. Selbst wenn nun 82,5 Millionen Deutsche sich zur Organentnahme bereiterklären: es gibt dadurch doch nicht mehr Hirntote! Polemisch könnte man sagen: die größten Feinde der Organentnahme sind Fahrergurt, Airbags, ABS und Radfahrerhelme. Immer mehr Menschen sind durch verfettete, verkalkte, drogengeschädigte, krebsbefallene Organe und Gewebe gar nicht mehr Organersatzlager geeignet. Es sind doch genau diese Personen, die z.B. durch schwerste Schlaganfälle und nachfolgendem Hirntod als Organ"spende"quelle in Frage kämen. Ein nicht unwesentlicher Teil der entnommenen Organe wird übrigens benötigt, um bereits Transplantierte wegen Abstoßungsreaktionen erneut zu transplantieren. Ich hatte von ca. einem Drittel gelesen. Ihnen oder einem Ihrer nächsten Verwandten würde gegebenenfalls der Pimmel für eine Penistransplantation abgeschnitten, die Hände für eine Handtransplanation, die Gesichthaut abgeschält, die Augen, die Nieren, die Leber, die Lungenflügel herausgenommen und auch weiteres Gewebe entfernt, das Mark aus den Knochen gesaugt: was bleibt denn da noch vom Menschen übrig?! Wenn es schon den Tatbestand der “Störung der Totenruhe” gibt - warum verstößt dann das Ausschlachten menschlicher Körper eigentlich nicht gegen die im Grundgesetz genannte “Würde des Menschen”?

Robert Trako / 04.09.2018

Bei der bestehende Lage zur Organspende warne ich davor, keinen Organspendeausweis zu haben. Vor allem, wenn man KEIN Organ spenden möchte! Der Ausweis gibt die Möglichkeit, ausdrücklich einer Organentnahme zu wiedersprechen.

Sönke Reimann / 04.09.2018

Der Text ist leider nicht überzeugend, alle Argumente sind nur Behauptungen. Mal anders herum ( genauso behauptet ): In einer solidarischen Gemeinsschaft sollte die Organweitergabe nach dem Tode zur Lebensrettung Todkranker derart selbstverständlich sein, dass die Möglichkeit aktiv zu widersprechen ausreicht, um die individuellen Freiheiten weniger zu gewährleisten. Der Bedarf ist in der Gemeinschaft vorhanden und zumeist Bequemlich- und Gleichgültigkeit die Gründe für das geringe Spendenaufkommen als philosophische Vorbehalte der Nichtspenderausweisträger. Damit ist die soziale und solidarische Gemeinschaft sogar zu dieser lange überfälligen Beweislastumkehr ethisch verpflichtet!

Andreas Stüve / 04.09.2018

Meiner Ansicht nach ist dieser ” Vorstoß” ein weiterer Schritt in den Totalitarismus. Nicht nur, dass uns der Staat AUSPLÜNDERT, nein, jetzt möchte er uns auch noch AUSWEIDEN. Nach der Steuerpflicht (nachvollziehbar), der GEZ-Pflicht (nicht nachvollziehbar) kommt jetzt die ” Organspendepflicht”. Und eine PFLICHT zu einer Spende erinnert mich sehr stark an die DDR, wo pünktlich am Gehaltstag alle ” Organisationen” der DDR-Gesellschaft Schlange standen und eine Spende ” erbeten” haben, gegen die man sich nicht wehren konnte. Schon seltsam, wie in einem Land , dass unter einer ” Menschenrechtsdiktatur” leidet, plötzlich auch wieder an Pflichten erinnert wird. Ich habe mich übrigens schon einige Male mit dem Gedanken getragen, Organspender zu werden. Wenn jetzt der Staat dafür mobil macht, werde ich nicht mehr überlegen, sondern widersprechen.

B.Kröger / 04.09.2018

Wer garantiert, dass es korrekt zugeht, wenn für “Prominente” dringend Organe gesucht werden? Wer garantiert, dass man im Fall eines Unfalls nicht ganz schnell als Organreserve genutzt wird? Das muss schon genau geklärt werden, bevor man derartige Dinge anstößt. Da Berlin so viele Dinge so außerordentlich unfähig angeht, schwant mir bei solchen Gedanken nichts Gutes.

Justin Theim / 04.09.2018

Auch hier wieder der Versuch, mit vorgeblich “humanitären” Argumenten das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit einzuschränken und die Totenruhe zu stören. So wie damals Frauen skandierten “Mein Bauch gehört mir!”, so rufe ich heute laut: Mein Körper und alles, was sich darin befindet, gehört mir!

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