Die Entscheidung Organspender zu sein ist eine sehr persönliche Sache. Herr Spahn ist jung und möchte sich beweisen, indem er Aufmerksamkeit erregt. Das ist das Hauptziel seiner Aktion. Wir leben in einer moralisch merkwürdig gespaltenen Zeit: auf der einen Seite ist es ein hohes Ziel Menschenleben zu retten, auf der der anderen Seite ist die einzig wirksame Methode mehr Organe zu gewinnen selber unmoralisch: man müßte z.B. ein höhere Anzahl an schweren Verkehrsunfällen hinnehmen und es entsprechend mit der Sicherheitstechnik nicht übertreiben. Im Grunde degradiert eine Zwangsentscheidung für oder gegen Organspende ein individuelle moralischen Entscheidung, die immerhin den Verzicht auf einen natürlichen und würdevollen Tod beinhaltet - ausgeweidet werden ist nicht wirklich schön - zu einem kollektivistischen Ritual eines modernen Kanibalismus. Wir sind eine seltsame Menschheit und eine seltsame Zeit, wir debattieren über eventuelle statistisch auf hanebüchenen Annahmen beruhende frühzeitige Todesfälle durch Feinstaub, während wir jährlich weltweit das frühzeitige Ableben von 40 bis 50 Mio Menschen durch Abtreibung mit einem verlegenen Schulterzucken zur Kenntnis nehmen. Das ist immerhin pro Jahr grob einmal 2. WK. Aber diese Menschen sind halt noch so klein, daß man sie nicht sieht und sie dürfen auch nicht wählen. “Meine Organe gehören mir!”
Es sollte sich jeder genau über die Bedingungen informieren, unter denen die Organentnahme erfolgt. Sie erfolgt eben NICHT erst nach dem Tode. “Hirntod” ist eine Definition, die extra für die Transplantationsmedizin erfunden wurde. Das Hirn ist zwar unwiderruflich gewschädigt, der Rest des Körpers aber LEBT. Was das Unterbewußtsein bei der Entnahme spürt, wissen wir nicht. Das Beenden der Vitalfunktionen erfolgt erst DURCH die Entnahme. Es kann beim Aufschneiden zu erhöhter Pulsfrequenz, zu Adrenalinausschüttung und zu Bewegungsreaktionen kommen. Beatmung und Herzschlag erfolgen BIS ZUM SCHLUSS: Auf der anderen Seite können Organempfänger nur überleben, indem das Immunsystem außer Kraft gesetzt wird. Sonst würde das Organ sofort abgestoßen. Ihre Lebenserwartung beträgt zudem nur wenige Jahre.
@ Dr. Ilse Jüngling - Risiken und Nebenwirkungen der Transplantationsmedizin und die ethischen Implikationen überfrachten die Diskussion zur Organspende unnötig. Ohne das Vertrauen, dass der Facharzt im Einzelfall die richtige Diagnose stellt, die richtigen Therapien einleitet und sein “Handwerk” beherrscht, können wir uns die Diskussion um Empfänger- und Spenderbereitschaft sparen! Auch in der Transplantationsmedizin gibt es neben dem “state of the art” den ärztlich-wissenschaftlichen Pioniergeist! Dies alles unter Hinweis auf Geschäftemacherei der Pharmaindustrie infrage zu stellen, ist ziemlich schäbig - leider aber so links-antikapitalistisch, dass es in D als politisch korrekt durchgeht. - Sie sollten anstelle dieser hohlen und destruktiven Scheinargumentation für sich einmal die Frage beantworten: Würde ich mir ein lebensrettendes Organ implantieren lassen und wäre ich bereit, bei entsprechender Indikation Antibiotika, Immunsuppressiva, Antihypertensiva, Antazida, Analgetika, Narkosemittel, Psychopharmaka, Antidiabetika, Zytostatika, Antituberkulotika, Virostatika usw. - immerhin alles aus der profitgeilen Pharmaindustrie! - einzunehmen? (JA/NEIN)
Fremde Wertschöpfung bei fehlender Wertschätzung. Ganz toller Vorschlag. Von einer finanziellen Unterstützung der Hinterbliebenen bei den immer teurer werdenden Beerdigungskosten sieht man ab, da dadurch der Spendencharakter verloren geht. Da man bei einer Organentnahme (meist) noch lebt, kommt eine Organspende für mich nicht infrage. Konsequenter weise verzichte ich dann auch auf ein Fremdorgan. Zudem lese ich schon die Aufmacher: Organentnahme trotz Widerspruch (wurde nicht gleich gefunden oder übersehen; so ein Pech aber auch!). Gericht konnte kein Verschulden der Ärzte feststellen.
Voller Freude implantieren Kardiologen oftmals und sehr gerne des Geldes wegen Stents in die Blutgefäße ihrer Patienten. Sie würden auch voller Freude und des Geldes wegen menschliche Ersatzteile austauschen. Ist eine privat finanzierte Niere lukrativer als eine kassenfinanzierte. Wird dem Politiker ein schnellerer Termin zugesichert als dem Arbeiter am Fließband? Werde ich als Patient zum Spekulationsobjekt? Für mich ist das Leichenfledderei.
Die Lösung wäre doch so einfach: Organnehmer werden in der Warteliste bevorzugt, wenn sie selbst einen Organspendeausweis Jahre vorher ausgefüllt haben. Sofort würden die Anträge für solche Ausweise steigen. Die Lösung jetzt macht mir als Arzt ein ungutes Gefühl. Wenn viel Geld im Spiel ist, ist Missbrauch immer wahrscheinlich. Eine wesentliche Kontrollinstanz, nämlich für die Einwilligung erst Vertrauen aufzubauen, fällt dann weg. Insofern nutzt dieses Gesetz den Leistungsanbietern und nicht den Patienten ... was sonst.
Es ist normal und gesund, dass sich ein normaler und gesunder Mensch nicht mit der Frage beschäftigt, ob er nach dem Tod seine Organe spenden will, um einem anderen Menschen das Überleben zu gewähren. An der beklagten fehlenden Spendebereitschaft werden weder moralisierende Hinweise auf eine vermeintliche Pflicht im Namen phantasierter Menschenrechte - noch boulevardesk verkitschte Einzelfälle von Lebendspenden Prominenter - zuletzt bei Frank Plasberg (ZDF) - etwas ändern. Die Widerspruchslösung, die Gesundheitsminister Spahn und Kombattanten vorschlagen, ist totalitär. Sie spielt Menschenleben gegeneinander aus - ein gefährlicher, ein geradezu kriegerischer Verstoß gegen die unsere ethische Kultur, das Selbstbestimmungsrecht und das Grundgesetz.! Unter keinen Umständen darf es ein moralisches oder verbrieftes Recht zur postmortalen Organentnahme OHNE die ausdrückliche Einwilligung des “Spenders” geben. Appelle an die Bereitschaft zur Organspende sollten durch eine konkrete Denkübung ersetzt werden, die für die Beantwortung zweier einfacher Fragen erforderlich ist: 1. Bin ich bereit, mir ein Spenderorgan implantieren zu lassen, wenn die Ärzte dies für die ultimativ lebensrettende Maßnahme halten? (JA/NEIN) 2. Bin ich bereit, nach Feststellung meines Todes, meine Organe bedingungslos der Transplantationsmedizin zur Verfügung zu stellen? (JA/NEIN) - Die widerruflichen Antworten auf diese Fragen sollten gut sichtbar die Stammdaten auf der Gesundheitskarte ergänzen. Dabei müssen die Antworten auf Frage 1 und Frage 2 nicht konkordant sein, weil sie bedingungslos gegeben werden. Ihre Engführung stellt aber sehr wohl eine logische Verknüpfung der Entscheidung des potentiellen Empfängers/Spenders her, die in der Diskussion permanent außer Acht gelassen wird: Auch für die Implantation eines Spenderorgans ist die Einwilligung des Empfängers zwingend erforderlich!
Was mich interessiert: 1. Bekomme ich eine Spendenquittung? 2. Kann ich meinen Spenderausweis mit Konditionen versehen? Zum Beispiel: Grüne kriegen von mir höchstens einen Zehennagel, Veganer nicht mal das.
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