Joachim Nikolaus Steinhöfel / 23.08.2021 / 17:00 / Foto: Achgut.com / 48 / Seite ausdrucken

Olaf Scholz auf der Zielgeraden

Wie es aussieht, hat SPD-Kandidat Scholz das Momentum auf seiner Seite, weil Union und Grüne sich in den eigenen Fuß schießen. Was könnte kommen?

Was wir jetzt schon wissen, ist, dass Deutschland unter Wert regiert wurde und auch nach der Bundestagswahl unter Wert regiert werden wird. Wer heute (nach Eurorettung, Energiewende, Flüchtlingskrise, Corona und Afghanistan) nach wie vor der Überzeugung ist, dass die dramatischen gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Schäden, die Angela Merkel unserer Demokratie zugefügt hat, das Äquivalent guten und ruhigen Regierens und des „Vom-Ende-her-Denkens“ sind, hat lange keine Bilder vom Flughafen in Kabul mehr gesehen. Eine würdige Coda ihres politischen Wirkens.

Was habe ich mich über Olaf Scholz lustig gemacht, als er tönte, er würde Kanzler werden. Jetzt sieht es aber so aus. Stand heute hat er sehr gute Chancen. Allerdings ist das nicht wirklich sein Verdienst. Die Ursache liegt in den schon historischen Fehlentscheidungen einer bis auf Restbestände in ideologischer Selbstauflösung begriffenen CDU, der in einer Nachtsitzung unter maßgeblicher Mitwirkung von Wolfgang Schäuble ein Kandidat oktroyiert wurde, der als Ministerpräsident an die absoluten Grenzen seiner intellektuellen und politischen Leistungsfähigkeit gelangt ist.

Schäuble hätte die Macht gehabt, Merkel 2015 zu stürzen. Sein schwerster Fehler aus jüngster Zeit. Jetzt hat er Laschet durchgesetzt. Mit Söder stünde die Union klar vorne. Was nichts daran ändert, dass ich Horst Seehofers noch äußerst zurückhaltende Einschätzung, Söder habe „charakterliche Schwächen“, einschränkungslos teile. „Die Union, das bin ich“ hat er vielleicht noch nicht gesagt, aber davon – und noch mehr von sich selbst – ist er unerschütterlich überzeugt.

Geschlecht toppt Kompetenz

Die andere historische Fehlentscheidung, von der Scholz profitiert, hat ihre Grundlage in einer sehr feinsinnigen politischen Ironie. Die Grünen wurden Opfer des bei ihnen real existierenden Feminismus, bei dem Geschlecht Kompetenz toppt. Was zu dem Ergebnis führte, dass sie eine Kandidatin wählten, der ihr Ego wichtiger ist als ihre Partei.

„Wenn Annalena als Frau sagen würde, ich mache es, weil ich eine Frau bin – und die Frauen haben das erste Zugriffsrecht – dann hat sie es, natürlich“, so Habeck bei Anne Will.

Ein derart unausgegorener Bockmist von jemandem, in dessen Partei Geschlecht ein soziales Konstrukt ist (der also nach der Beschlusslage der Grünen eigentlich selber als Frau hätte antreten können), hat dazu geführt, dass die Grünen, die mit Habeck 5–10 Prozentpunkte besser liegen würden, eine völlig durchschnittliche Völkerrechtlerin nominiert haben, die sich selber völlig überschätzt, keine Qualitäten und keine Lebensleistungen vorzuweisen hat und sich im Glauben, sie sei eine politische Lichtgestalt, in Lichtgeschwindigkeit demontiert hat.

Die SPD fährt eine gute Kampagne. Ihr wahres Gesicht jenseits von Malu Dreyer, Tschentscher und Weil zeigt sie nicht. Die größte Gefahr für Scholz, der Union und Grünen genüsslich bei ihrer Selbstverstümmelung zuschauen kann, ist aktuell ein weiterer dümmlicher Tweet von Saskia Esken.

Hoffnung auf starke FDP als Korrektiv

Und die Sozis haben das Momentum auf ihrer Seite. In den Wahlkampf würde enorme Bewegung kommen, wenn die Union Laschet und die Grünen Baerbock durch Söder und Habeck ablösten. Es ist ganz einfach. Union und Grüne könnten das sogar konzertiert verabreden: Wir beide tauschen die Spitzenkandidaten. Wird nicht passieren, weil sie auch das nicht können. Aber was würde passieren, stellen wir uns das einmal als Arbeitsthese vor? Schwarz-Grün, Söder/Habeck würde die Wahl gewinnen und Söder würde Kanzler. Ein Schrei der Erlösung würde durch die Union hallen, die Grünen müssten ihren muffigen Gender- und Quotenquatsch opfern und den klar qualifizierteren Mann der erwiesen unfähigen Frau vorziehen. Laschet ist, wenn nicht noch ein Wunder geschieht, schon heute Geschichte, Spahn schreibt in seiner Millionenvilla bereits an dem Text für die Machtübernahme in der Union für den Montag nach der Bundestagswahl.

Aber da unsere Laienschauspieler – von Ego, Machtgier und Inkompetenz gesättigt – mit einer Kanzlerin, der ihre Partei völlig egal ist und die unbeteiligt und gleichgültig vom Spielfeldrand deren Niedergang kühl observiert, den Kandidatenwechsel nicht drauf haben, bekommen wir jetzt einen Bundeskanzler Olaf Scholz in einer Ampel. Denn Rot-Rot-Grün macht Scholz nicht. Er mag während G20, Wirecard, Cum-Ex usw. Leistungsnachweise erbracht haben, die erschütternd sind, aber er ist klug genug, sich nicht den ideologischen Trümmerhaufen Linkspartei ins Haus zu holen. Dann lieber Lindner, mit dem er die linken Avancen der eigenen Partei in Schach halten kann. Also kann man nur auf eine möglichst starke FDP als Korrektiv hoffen. Ich weiß, wann hätte die FDP diese Hoffnungen jemals nicht enttäuscht. Niemand wird aktuell mit der AfD koalieren, weshalb Stimmen dorthin in puncto Zusammensetzung der Regierung keine Rolle spielen werden. Das Kuriose ist, dass das jetzt aktuell auch für jede Stimme gelten könnte, die man der CDU gibt, solange sie mit Laschet in den Abgrund taumelt.

Beim Deutschlandtrend heute liegen Union und SPD mit 22 Prozent gleichauf. Nächste Woche kommt die erste Umfrage, wo die SPD vorne liegt, vermutlich von Forsa.

Dieser Beitrag erschient zuerst auf dem Blog von Joachim Nikolaus Steinhöfel.

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Hubert Bauer / 23.08.2021

Rot-Schwarz-Grün-Koalition, passend zur (derzeitigen) Flagge von Afghanistan. Ich überlege schon lange, ob die SPD auf Bundesebene neben Olaf Scholz noch eine zweite vorzeigbare Person hat? Florian Post scheint es nicht mehr in den Bundestag zu schaffen. Die Brandenburger und Rheinland-Pfälzer scheinen mit der SPD noch einigermaßen zufrieden zu sein. Gibt es dort fähige Leute?

Karl Schmidt / 23.08.2021

Wer eine Koalition wählt, bekommt immer grüne Politik. Die Kartell-Parteien sind nichts anderes als Konzerne, die für Wahlergebnisse vergütet werden, und dieses Geld in die Lenkung der Bürger von oben reinvestieren. Der Parteienstaat hat insofern eine neuen “Höhepunkt” erreicht, weil sich die Parteien nicht einmal mehr ernsthaft inhaltlich streiten. Das Geld, das aus der Machterlangung über den Staat in die Kassen der Parteien fließt, ist wichtiger als politische Differenzen, also die Vertretung der (unterschiedlichen) Interessen der Bürger. Wer das unterstützt, indem er taktisch im Gefüge des Kartells wählt, kann das System nicht beindrucken. Es geht ja gerade darum, keine Auswahl zu bieten, die Kritiker zu frustrieren. Daher ist Ihre Empfehlung und Ihre Schlussfolgerung so kurzsichtig und falsch. Tun wir das, was sinnlos erscheint, denn es ist richtig und es entfaltet Wirkung. Ich bin sicher, das Kartell wird sehr verstimmt sein und den Druck erhöhen. Und genau das wird - wir bei Corona - den Widerstand stärken und mehr Menschen zum Nachdenken bringen. Die Provokation (durch Abweichung) ist das wirksamste Mittel gegen die (scheinbar) Übermächtigen.

Arne Borg / 23.08.2021

Shit in - shit out - Meinungsforschungsinstitut. Denen geht der Arsch auf Grundeis - die Parteien haben ihre eigenen Analysen - und die sehen ganz anders aus. Die Versuche (z.B. Söder gegen Aiwanger) gehen total daneben. Glaube keiner Meinungsumfrage, die du nicht selbst gefälscht hast. Wer zu wem - sehr interessant besonders bei Meinungsforschungsinstituten.

Wolf Hagen / 23.08.2021

Mag sein, dass niemand mit der AFD koalieren wird und das ist auch gut so, solange die AFD ihre Referenzen Richtung Putin und Russland nicht überdenkt. Dennoch ist sie die einzige wirkliche Opposition und nicht jeder mag seine Stimme den Versagern der Einheitsparteien geben. Daran, dass der nächste Kanzler ein kompletter Vollpfosten sein wird, ändert man so oder so nichts mehr, egal wen man wählt. Man kann nur hoffen, dass der nächste Kanzler durch irgendwen, oder irgendwas vor Ablauf der Legislaturperiode gestürzt wird, bevor Deutschland völlig im Abgrund verschwunden ist.

A. Iehsenhain / 23.08.2021

FDP und Grüne konnten insgeheim schon immer gut miteinander - bestes Beispiel ist das Liebespaar Jürgen Möllemann und Jamal Karsli, die sich 2002 im fröhlichen Antisemitenstadl gegenseitig die Eier schaukelten. Sollte es zu einem Dreiklang von Roter Sozengrütze, Gelbbauch-Unken und Grünmüll kommen, wird das am besten als Corona-Ampel gehandhabt - eine solche schaltet nämlich selten auf Grün…

Andreas Müller / 23.08.2021

Was ist denn heute mit der Achse los ? Erst kommt Herr Bonhorst mit einem Artikel, in dem er erzählt, Scholz sei der Vernünftigste und Besonnenste im politischen Angebot, obwohl er im unmittelbar davor attestiert, daß man nicht wisse, wofür der stehe. Dann erzählt Frau Lengsfeld, daß die erste rot-grüne Regierung Schröder nowendige Reformen angepackt und bewältigt habe. Wer die Zeit miterlebt hat, fragt sich, worüber schreibt die Frau ? Aus Gerald Hüther wird dann noch Gerhard Hüther, wenn man schon mit erfolgreichen Leuten zu Gange ist. Und jetzt präsentieren Sie noch Herrn Steinhöfel, den Mann aus dem dramatischen Fach, der auf eine starke FDP hofft und im nächsten Satz nachschiebt, er wüßte, daß diese Partei die Hoffnungen stets enttäuscht habe. Liebe Achse-Autoren, wenn Sie von Politikern als Laienschauspielern sprechen und von unausgegorenem Bockmist reden, dann haben Sie sicherlich recht, aber was die Achse heute präsentierte, war eine bemerkenswerte Form von journalistischem Bockmist.

g.schilling / 23.08.2021

Scholz ist ein aufgeblasener Typ der auf ruhige Hand macht, weil er nichts in der Hand hat. G20 vergeigt und mit einem Ministeramt belohnt. Für dieses “Gesellenstück” hätte er aus der Politik verschwinden müssen. CumEx Millionen Steuergelder verplempert. Ja und, ist doch nicht seine Kohle. Wirecard untätig gewesen. Seine Fähigkeiten sind doch schon nach dem Frühstück aufgebraucht. Und mit Sprüchen wie: “Ich habe Respekt für Dich” macht er sich auch nicht wählbar. Von so einer Pfeife möchte ich nicht geduzt werden und sein Soziprogramm mit 12 € Mindestlohn kann er sich an seine buchstäbliche Glatze nageln. Er will damit nur mehr Sozialabgaben und Steuern generieren. Außerdem heizt er die Preise damit an und die Lohnabstandsklausel wird aufgehoben. Alle Arbeitnehmer mit Stundenlöhnen unter 20 € werden damit für ihre Arbeit abgewatscht. Am Ende bekommen noch mehr Wohngeld o.ä. Unterstützungsleistungen. Mietendeckel hier, Obergrenze da. Nur die Landesgrenzen müssen offenbleiben für neue Sozialhilfeempfänger.

Dr. Günter Crecelius / 23.08.2021

Ihre Scholzhymne hört sich schön an, aber ich glaube, Sie überschätzen den Herrn gewaltig. Die Wahrscheinlichkeit, daß er sich gegen den knallroten Parteischwanz durchsetzen kann, halte ich für null. Der hat schon einem Helmut Schmidt, der in einer ganz anderen Liga spielte, das Genick gebrochen. Und auch Ihre Einschätzung Habecks halte ich für blauäugig, abgesehen von seinen Fähigkeiten im Vergleich mit der Völkerrechtlerin. Den Pseudophilosophen mit seiner Bewunderung des chinesischen Modells und dem Bekenntnis, daß er mit Deutschland nichts anfangen kann, halte ich für brandgefährlich in Verbindung mit den Altmaoisten/Polpotisten in seiner Partei., die voll funktionsfähige Kernkraftwerke aus bloßer Ideologie durch Sprengung unbrauchbar machen, so, als hätten sie die alleinige Wahrheit und Zukunftssicht gefressen. An diesem Kandidatentableau kann ich nichts auch nur annähernd Positives entdecken. Das wird eine Wahl zwischen Pest, Cholera und Typhus.

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